Evangelische Landeskirche in Nassau

Evangelische Landeskirche in Nassau

Die Evangelische Landeskirche in Nassau war eine Landeskirche des Deutschen Reichs. Dabei handelte es sich um die Kirche des ehemaligen Herzogtums Nassau bzw. ab 1866 des „Konsistorialbezirks Wiesbaden“ der preußischen Provinz Hessen-Nassau, die bis 1945 bestand. 1925 war die Kirche jedoch wieder in „Evangelische Landeskirche in Nassau“ umbenannt worden.

Geschichte

Die Geschichte der Evangelischen Landeskirche in Nassau ist untrennbar mit derjenigen des Herzogtums Nassau bzw. seiner Vorläuferterritorien verbunden. Die Herrscher der verschiedenen nassauischen Territorien gingen zur Reformation über und gestalteten die jeweiligen Kirchen nach 1529 entsprechend um.

Unter Graf Johann VI. (1559-1606) wurde in Nassau-Dillenburg das reformierte Bekenntnis eingeführt. 1584 gründete Johann VI. die Hohe Schule in Herborn, die zu einer der wichtigsten Ausbildungsstätten reformierter Theologen und zu einem Ausstrahlungspunkt reformierter Theologie wurde.

Der Reichsdeputationshauptschluss (1803) und die nachnapoleonische Neuordnung der deutschen Territorien (1814/15) führte Nassau-Dillenburg (ohne das Siegerland), Nassau-Weilburg und weitere Gebiete zum Herzogtum Nassau zusammen, dessen Einwohnerschaft nun neben einem beträchtlichen katholischen Anteil zu etwa gleichen Teilen aus lutherischen und reformierten Protestanten bestand.

In Nassau entfaltete der Gedanke einer Vereinigung der beiden evangelischen Konfessionen aus Anlass des 300-jährigen Reformationsjubiläums 1817 besondere Kraft. Auf einer Synode am 5. August 1817 in Idstein wurde einstimmig die Vereinigung beider Konfessionen zu einer „evangelisch-christlichen Kirche“ beschlossen und am 11. August 1817 durch herzogliches Edikt angeordnet. Damit ist die Union von Nassau die erste Union in Deutschland. Anders als die durch den Landesherrn durchgesetzte Preußische Union war die Nassauer Union unter breiter Beteiligung der Geistlichkeit im Konsens zustande gekommen und führte daher auch nicht zu Separationen unzufriedener Gemeinden. Die geistliche Leitung der unierten Kirche nahmen zunächst die im Amt verbliebenen Generalsuperintendenten Friedrich Giesse (reformiert) und Georg Emmanuel Christian Theodor Müller (lutherisch) gemeinsam wahr. Als Giesse 1827 sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, wurde Müller alleiniger „evangelischer Landesbischof“ von Nassau.

1866 wurde das Herzogtum Nassau von Preußen annektiert. Die Nassauische Kirche wurde aber nicht in die Evangelische Landeskirche in Preußen eingegliedert, sondern blieb – unter Oberaufsicht des Königs von Preußen – selbständig. 1867 wurde in Wiesbaden ein Konsistorium gebildet, das neben den nassauischen Territorien auch das lutherische Hessische Hinterland (Gladenbach, Biedenkopf) umfasste und damit dem preußischen Regierungsbezirk Wiesbaden ohne den Stadtkreis Frankfurt entsprach. Die geistlichen Leiter der Kirche trugen nach dem Tod von Landesbischof Wilhelm Wilhelmi (1882) wieder den Titel Generalsuperintendent und wurden auf Vorschlag eines Synodalausschusses vom preußischen König ernannt. 1878 erhielt Nassau eine Kirchenverfassung mit presbyterial-synodalen Elementen nach Vorbild der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung von 1835.

Nach Ende des landesherrlichen Kirchenregiments (1918) wurde die Kirchenverfassung so modifiziert (1922–1925), dass die landesherrliche Kirchengewalt nun vom Landeskirchentag, d .h. der Synode, wahrgenommen wurde. Das bisher vom Wiesbadener Konsistorium verwaltete Kirchengebiet wurde zur „Evangelischen Landeskirche in Nassau“; ihr geistlicher Leiter trug seit 1922 wieder den Titel „Landesbischof“.

1934 bzw. endgültig 1945/46 wurde die „Evangelische Landeskirche in Nassau“ mit der Evangelischen Landeskirche in Hessen und der Evangelischen Landeskirche Frankfurt am Main zur Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (damaliger Name der Kirche: „Evangelische Kirche Nassau-Hessen“) vereinigt.


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