Euro-Tunnel

Euro-Tunnel
Verlauf des Eurotunnels
Verladestation Eurotunnel-Terminal bei Folkestone

Der Eurotunnel, auch Kanaltunnel genannt, ist ein 50 Kilometer langer Eisenbahntunnel unter der Meeresstraße Ärmelkanal zwischen Folkestone in Kent (England) und Coquelles nahe Calais (Frankreich).

Das lange geplante und sehr kostspielige Tunnelbauprojekt, dem einige fehlgeschlagene Baupläne vorangingen, wurde 1994 vollendet. Der Eurotunnel besteht aus zwei eingleisigen Haupttunneln für die Züge und einem zweispurigen Servicetunnel für schmale Fahrzeuge.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Koordinaten der Tunnelportale
Nordwestportal
bei Folkestone
51° 5′ 49″ N, 1° 9′ 23″ O51.0970833333331.156257
Südostportal
bei Coquelles
50° 55′ 24″ N, 1° 46′ 47″ O50.9232777777781.77972222222227

Der Eurotunnel befindet sich unter der Straße von Dover, einer Meerenge am östlichen Ende des Ärmelkanals, die vom Atlantik im Westen zur Nordsee im Osten, einem seiner Randmeere, überleitet. Der Tunnel verbindet die Stadt Folkestone (11 Kilometer südwestlich der Stadt Dover) in der Grafschaft Kent (Region Südostengland, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland) mit der Ortschaft Coquelles (4,5 Kilometer südwestlich der Stadt Calais) im Departement Pas-de-Calais (Region Nord-Pas-de-Calais, Frankreich). Er verläuft in Nordwest-Südost-Richtung und verbindet die Insel Großbritannien mit Kontinentaleuropa.

Das Nordwestportal des Eurotunnels befindet sich 2,5 Kilometer nordwestlich der Innenstadt von Folkestone, das direkt an der nördlichen Ärmelkanalküste liegt. Sein Südostportal befindet sich knapp 2 Kilometer südwestlich von Coquelles und ist 3,5 Kilometer von der südlichen Ärmelkanalküste entfernt.

Geschichte

Vorgeschichte

1751 schlug der Franzose Nicolas Desmaret vor, eine Verbindung zwischen England und Frankreich herzustellen. 1802 legte der französische Bergwerksingenieur Albert Mathieu hierfür einen ersten ernsthaften Entwurf vor. Die Verbindung sollte mit Pferdekutschen betrieben werden. Die Varne-Sandbank sollte hierzu zu einer künstlichen Insel mit Pferdewechselstelle aufgeschüttet werden. Durch Kamine, die einige Meter über die Wasseroberfläche hinausragten, sollte der Luftaustausch garantiert werden. Der Plan wurde nicht umgesetzt, da er technisch nicht realisierbar war und zudem der Krieg zwischen Frankreich und England wieder ausbrach. Napoléon Bonaparte erörtert das Thema im Rahmen der Friedensgespräche von Amiens mit dem britischen Staatsmann Charles James Fox.

1803 folgte ein Tunnelentwurf des Engländers Henri Mottray. Grundlegende technische Probleme blieben hierbei jedoch ungelöst.

Kanaltunnelvorschlag Mitte des 19. Jahrhunderts

1851 stellte Hector Moreau, ebenfalls ein Franzose, seine Idee vor, einen Stahltunnel auf dem Meeresgrund zu verlegen. Jedoch kam auch dieser Tunnel nicht zustande, da viele politische und vor allem technische Voraussetzungen nicht erfüllt waren.

1856 beauftragte Napoléon III. eine wissenschaftliche Kommission damit, die Machbarkeit zu begutachten. Diese bezeichnete die Pläne des französischen Bauingenieurs Thomé de Gamond als realisierbar. Gamond hatte seit 1834 mehrere Pläne für eine Verbindung zwischen Frankreich und Großbritannien ausgearbeitet. 1855 legte er den Entwurf eines 33 km langen zweigleisigen Eisenbahntunnels vor, der bis zu 75 m unter dem Meeresgrund liegen sollte.[1]Politische Differenzen verhinderten die Umsetzung des Projektes.

Wenige Jahre später präsentierten 1867 die britischen Ingenieure John Hawkshaw und William Low den Entwurf für einen 34 km langen und 100 m unter dem Meeresspiegel liegenden Eisenbahntunnels. Basierend auf diesem Entwurf gründete sich 1872 eine französisch-englische Kanaltunnelgesellschaft, die drei Jahre später per Gesetz die Bauerlaubnis erhielt. Inzwischen hatte Hawkshaw seinen Entwurf aufgrund erster vorliegender geologischer Untersuchungen nochmals überarbeitet. Er plädierte aus Sicherheitsgründen für eine leicht gekrümmte Linienführung in härterem Kreidegestein, welche die Länge des Tunnels auf 37 km erhöhte. Die Pläne wurden von den englischen Bahngesellschaften South Eastern Railway und London, Chatham and Dover Railway wegen der Anbindung ihrer Bahnhöfe in Dover und Folkstone begrüßt. Die Kanaltunnelgesellschaft hielt hingegen an der geraden Linienführung unter Umgehung der beiden Bahnhöfe fest. Zur Linienfestsetzung wurden 1882/83 weitere geologische Untersuchungen u.a. mittels Bohrungen mit Tunnelbohrmaschinen durchgeführt. Dabei wurden von französischer Seite 1800 m Stollen und von englischer Seite 1400 m Stollen unter dem Meeresgrund aufgefahren.[2]Doch bereits 1882 verfügte das englische Handelsamt die Einstellung der Arbeiten, insbesondere Sir Garnet Wolseley hatte im Parlament heftig gegen das Vorhaben protestiert.

Es folgten noch zahlreiche weitere Pläne, Ideen und Vorstellungen, wie und wo man einen Tunnel von Frankreich nach Großbritannien bauen könnte, jedoch waren auch diese Ideen nicht zu verwirklichen.

1955 erklärte das britische Verteidigungsministerium, dass aus militärischer Sicht keine Einwände mehr gegen einen Tunnel bestünden. 1957 wurde die Kanaltunnel-Arbeitsgemeinschaft gebildet. Im Juli 1960 schlug eine Studiengruppe vor, zwei Tunnelröhren für Eisenbahn und dazu einen Servicetunnel zu bauen. Das Projekt sollte privat finanziert werden. Im Jahr 1973 wurde zwischen Großbritannien (Premierminister Edward Heath) und Frankreich (Präsident Georges Pompidou) auch die Vereinbarung eines solchen Vorhabens geschlossen, 1975 wurden die Pläne wegen der Ölkrise jedoch zurückgestellt.

Planung des Eurotunnels

Im Jahre 1984 wurde die Idee Großbritannien mit dem Festland zu verbinden, wieder aufgegriffen, wobei insgesamt fünf Pläne mit den verschiedensten Kombinationen aus Tunneln, Dämmen und Hängebrücken vorgestellt wurde[3], z.B. die EuroRoute[4]. Letztendlich entschieden sich britische und französische Regierung für den privat finanziertem Bau und Unterhalt des Eurotunnels. Im März 1985 erfolgte die Ausschreibung für das Tunnelprojekt. Den Zuschlag erhielt das britisch-französische Konsortium „The Channel Tunnel Group Ltd/France-Manche SA“. Von den vier eingegangenen Angeboten wurde somit derjenige Plan, der dem von 1973 am nächsten kam, ausgewählt und am 20. Januar 1986 verkündet. Der Vertrag wurde durch die zwei Regierungen in Canterbury, Kent am 12. Februar 1986 unterzeichnet und 1987 ratifiziert.

Der geplante Weg des Tunnels sollte von Calais nach Dover verlaufen (ein Weg, der länger als die 33 Kilometer der kürzestmöglichen Ärmelkanalquerung ist). Der Tunnel sollte in einer einzigen Kreideschicht verlaufen und dieser folgen, wodurch er tiefer gehen würde als vorangegangene Versuche. Auf großen Strecken des Weges liegt der Tunnel so etwa 40 Meter unter dem Meeresgrund, wobei der südliche Abschnitt tiefer liegt als der im Norden.

Bau und Eröffnung

Tunnelführung im Querschnitt.

Gebaut wurde der Tunnel auf Druck Margaret Thatchers hin ohne staatliche Zuschüsse. Am 15. Dezember 1987 begannen die Bohrungen auf der englischen Seite, am 28. September 1988 erfolgte der Start der Arbeiten in Frankreich. Am 1. Dezember 1990 kam es zum Durchstich am Grunde des Kanals – 15,6 Kilometer von Frankreich, 22,3 Kilometer von Großbritannien entfernt.

Mit dem Bau des Tunnels waren 15.000 Arbeiter über sieben Jahre beschäftigt, wobei der Tunnel von beiden Seiten gleichzeitig vorangetrieben wurde. Der Hauptauftragnehmer für den Bau war ein britisch-französisches Baukonsortium. Die Ingenieure verwendeten große Tunnelbohrmaschinen (TBM), dies sind bewegliche Aushöhlungsfabriken, die das Bohren, den Abtransport des Materials und den Prozess des Abstützens der weichen und durchlässigen Tunnelwände mit Auskleidungselementen (sog. Tübbing) kombinieren. Nachdem die britischen und die französischen TBMs jeweils nahe der Mitte eingetroffen waren, wurde jeweils die französische TBM abgebaut, während die britischen in den Felsen umgeleitet und dort zurückgelassen wurde. Auf der englischen Seite wurden fast vier Millionen Kubikmeter Kreide ausgegraben, wovon ein großer Teil unter der Shakespeare-Klippe nahe Folkestone ins Meer geschüttet wurde, um 36 Hektar Land zu gewinnen. Die so entstandene Landzunge Samphire Hoe befindet sich im Eigentum der Firma Eurotunnel.

Der Kanaltunnel besteht aus drei parallelen Tunneln: zwei eingleisigen Haupttunneln (Durchmesser 7,6 Meter) im Abstand von etwa 30 Metern, in denen die Züge jeweils nach Norden beziehungsweise Süden fahren, und dazwischen einem kleineren zweispurigen Servicetunnel (Durchmesser 4,8 Meter). Dieser Servicetunnel, der mit schmalen Fahrzeugen befahren wird, ist durch Querdurchgänge in regelmäßigen Abständen (etwa alle 375 Meter) mit den Haupttunneln verbunden. So bekommt das Wartungspersonal einen sicheren Zugang zum Tunnelkomplex, und im Notfall kann von hier aus die Evakuierung eingeleitet werden. Weiterhin ist der Servicetunnel notwendig zum Abbau der aerodynamischen Stoßwelle, die sich vor dem Zug aufbaut, wenn dieser durch den Haupttunnel fährt.

Die Baukosten waren mit 15 Milliarden Euro doppelt so hoch wie ursprünglich geplant.

Am 1. Dezember 1990 trafen sich die beiden Tunnelbaumannschaften dort, wo sich heute eine der „Überkreuzungshallen“ befindet, in denen die Züge von einer Hauptröhre in die andere umgeleitet werden können. Damit war es zum ersten Mal seit dem Ende der letzten Eiszeit vor über 13.000 Jahren wieder möglich, trockenen Fußes vom europäischen Festland nach Großbritannien zu gehen. Durch den Einsatz von Laservermessung beim Tunnelbau trafen sich beide Röhren mit einer Abweichung von lediglich 35 Zentimetern in der Horizontalen und 6 Zentimetern in der Vertikalen. Bei den Planungen war eine Abweichung von maximal 250 Zentimetern einkalkuliert worden.

Am 20. Juni 1993 erreichte der erste Testzug Großbritannien durch den Eurotunnel. Der Tunnel wurde von Königin Elizabeth II. und vom französischen Präsidenten François Mitterrand in einer feierlichen Zeremonie am 6. Mai 1994 offiziell eröffnet.

Geschichte nach der Eröffnung

Aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten wurde am 12. Mai 2006 der Handel von Aktien der Betreibergesellschaft ausgesetzt. Seit 2. August 2006 bestand Gläubigerschutz für die Betreibergesellschaft. Der Aktienhandel wurde erst am 28. März 2007 wieder aufgenommen

Eine von der CIA am 19. Dezember 2006 an den französischen Geheimdienst weitergegebene Information versetzte britische und französische Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft, da ihrzufolge ein Terroranschlag auf den Tunnel unmittelbar bevorstehen solle.

Unfälle/Pannen

Im oder am Eurotunnel kam es zu folgenden in der Presse beachteten Unfällen oder Pannen:

  • Am 18. November 1996 geriet ein Shuttle in Brand. Der Tunnel wurde auf mehreren Kilometern Länge beschädigt und es entstand ein Sachschaden in Höhe von 250 Millionen Euro.
  • Im August 2006 wurde der Tunnel für mehrere Stunden gesperrt, nachdem der Motor eines im Zug transportierten Lastwagens in Brand geraten war.
  • Am 11. September 2008 gegen 15.55 Uhr kam es zu einem Unfall. Der Brand eines LKWs auf einem Zug in Fahrtrichtung Calais führte 11 km vor der Ausfahrt auf der französischen Seite zum Zughalt. Der Brand konnte von der Feuerwehr erst nach 20 Stunden gelöscht werden. 32 Menschen wurden aus dem Zug in Sicherheit gebracht, die meisten Lastwagenfahrer. 14 Personen davon erlitten Verletzungen in Form einer leichten Rauchvergiftung. Die französischen Einsatzkräfte wurden von mehreren Fahrzeugen aus Großbritannien unterstützt. Der Tunnel wurde bis zum 13. September für den gesamten Zugverkehr gesperrt, da der entsprechende Bereich geräumt werden musste. Am 14. September 2008 konnte dann in der vom Feuer nicht betroffenen Röhre ein reduzierter Betrieb aufgenommen werden. Die vom Brand betroffene Röhre blieb für mehrere Wochen komplett geschlossen[5][6][7]. Das letzte Drittel dieser Röhre wurde am 9. Februar 2009 wiedereröffnet.[8]

Zahlen und Fakten

Der Tunnel ist 50 Kilometer lang, wobei 38 Kilometer unterseeisch verlaufen. Die durchschnittliche Tiefe beträgt 40 Meter unter dem Meeresgrund. Der Tunnel ermöglicht seit Mai 1994 den Eisenbahntransport von Personen und Fahrzeugen. Jedes Jahr nutzen fast 7 Millionen Passagiere die 35-minütige Reise durch den Tunnel.

Die American Society of Civil Engineers (Amerikanische Gesellschaft der Bauingenieure) hat den Tunnel zu einem der modernen sieben Weltwunder erkoren.

Wirtschaftliche Bedeutung

Finanzlage

Die auf Drängen von Margaret Thatcher ohne Staatshilfe finanzierten Baukosten, die die Planungen zudem um mehr als 100 % überschritten, können aus dem Betrieb nicht getilgt werden. Die Aktie des Betreibers des Bahntunnels unter dem Ärmelkanal war 1987 für 35 Franc (5,34 Euro) an der Börse gestartet. Auch die Passagierzahlen blieben mit weniger als 60 % weit hinter den ursprünglichen Planungen zurück. Nach einem Höchstkurs von umgerechnet 19,51 Euro 1989 stürzte die Aktie ab. Am 9. Februar 2004 vermeldete Eurotunnel einen Nettoverlust für 2003 von nahezu 1,9 Milliarden Euro aufgrund größerer Abschreibungen. Derzeit liegt die Schuldenlast von Eurotunnel bei etwa 9 Milliarden Euro. Der Börsenkurs liegt ca. 90 % unter dem Emissionskurs, die Aktie war vom 12. Mai 2006 bis zum 28. März 2007 vom Handel ausgesetzt. Da Gespräche um eine Umschuldung inklusive Schuldenverzicht durch die Großbanken um etwa die Hälfte zu keinem Ergebnis führten, beantragte Eurotunnel am 14. Juli 2006 Gläubigerschutz, dem am 2. August 2006 stattgegeben wurde. Eurotunnel hatte sechs Monate Zeit, mit den Gläubigern ein Sanierungskonzept zu vereinbaren, was am 27. November 2006 auch geschah.

Nachdem der Tunnelbetreiber im Januar 2007 wiederum durch das Urteil eines Pariser Handelsgerichts durch Gläubigerschutz vor dem Konkurs gerettet werden konnte, wurde der Spielraum für das hochdefizitäre Unternehmen in der Folge wieder eng. Bis 15. Mai 2007 konnten die rund 500.000 Aktionäre ihre Anteile gegen Titel der Nachfolgefirma Groupe Eurotunnel (GEC) tauschen. Mit der Umgründung ist ein Entschuldungsplan verbunden, der die Kreditlasten auf 4,16 Mrd. Euro mehr als halbiert hat. Wäre das Vorhaben allerdings nicht wie geplant umgesetzt worden, hätte die alte - mit 9 Mrd. Euro verschuldete - britisch-französische Eurotunnel-Gesellschaft Insolvenz anmelden müssen. Der Erfolg des Aktientauschs war von den Banken erwartet worden, da die Aktionäre sonst mit einem Totalverlust hätten rechnen müssten.

Für das Jahr 2007 konnte die Betreibergesellschaft, welche eine Konzession für die Nutzung des Tunnels bis 2086 besitzt, erstmals einen Gewinn von einer Million Euro vermelden.[9]

Die Dividende für 2008 beträgt 4 Cent, bei einem Nettogewinn von 40 Millionen Euro.[10]

Betrieb

Der Tunnel wird von der Firma Eurotunnel betrieben. Durch den Tunnel verkehren vier Arten von Zügen, von denen die beiden Shuttle-Systeme durch das Unternehmen Eurotunnel betrieben werden.

Innenansicht eines Autowaggons im Eurotunnel
  • Eurotunnel Shuttle, früher Le Shuttle, ein Zug, der Autos, Busse und Motorräder zwischen Coquelles (Calais) und Folkestone transportiert. Die Fahrzeuge fahren in ein- oder zweistöckigen abgeschlossenen Zugsegmenten. Die Passagiere bleiben in oder bei ihrem Fahrzeug und dürfen umhergehen. Toiletten sind in jedem dritten Zugwaggon vorhanden. Die reine Fahrtzeit beträgt 35 Minuten, die gesamte Überfahrt (Autobahnausfahrt Calais – Autobahneinfahrt Folkestone) gut 90 Minuten. Der Shuttle ist damit seit der Ausmusterung der Hovercrafts zwischen Calais und Dover im Jahr 2000 die schnellste Verbindung mit dem Auto zur Insel.
  • „Freight shuttle trains“ für Lastwagen. Die Fahrer reisen in separaten Personenwaggons.
  • Frachtzüge für herkömmliche Schienenfracht, die durch die English, Welsh & Scottish Railway in Kooperation mit der SNCF angeboten werden.

Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Eurotunnels gab es nur auf französischer Seite eine Schnellfahrstrecke die LGV Nord. Die Eurostar-Züge aus Frankreich und Belgien waren hier von Anfang an mit bis zu 300 km/h unterwegs. Auf der englischen Seite in der Grafschaft Kent wurden größtenteils alte, nicht für hohe Geschwindigkeiten geeignete Strecken benutzt. Seit dem 4. September 2007 gibt es auch auf britischer Seite zwischen Tunnel und London eine durchgehende, durch die britische Regierung teilfinanzierte Hochgeschwindigkeitsstrecke, den Channel Tunnel Rail Link (CTRL), heute unter dem Namen High Speed One (HS1). Dessen erster Teil zwischen Eurotunnel und Fawkham Junction ist bereits im September 2003 in Betrieb gegangen. Innerhalb des Tunnels fahren die Züge mit bis zu 160 km/h.

Der Eurotunnel verbindet zwar die Schienennetze des europäischen Festlandes mit dem in Großbritannien, ein freier Zugverkehr ist aber wegen des kleineren, britischen Lichtraumprofils nicht möglich. Der Tunnel selbst und die CTRL-Neubaustrecke sind jedoch im breiteren mitteleuropäischen Lichtraumprofil ausgeführt. Die Altstrecke in Kent ist mit 750 V Gleichstrom und einer seitlichen Stromschiene elektrifiziert. Der CTRL hat die auch in Frankreich und im Eurotunnel verwendete Oberleitung mit 25 kV 50 Hz erhalten. Da der CTRL erst 2007 eröffnet wurde haben die Eurostarzüge das britische Lichtraumprofil und zusätzliche Trittstufen an den Türen, die sich an die unterschiedlichen Bahnsteighöhen und -abstände anpassen lassen. Weiter waren sie sowohl mit Stromabnehmern für Oberleitung wie auch bis zur Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke in England mit Schleifern für eine seitliche Stromschiene ausgerüstet.

In den letzten Jahren hat die Bedeutung des Tunnels für den Verkehr zugenommen, da sich der Zugverkehr gegen Fähren und Billigflieger besser durchsetzen konnte.[11]

Politische Bedeutung

Häufig benutzten Asylbewerber, die sich in Großbritannien bessere Aussichten auf Asyl als in Frankreich erhofften, den Tunnel zur illegalen Einreise nach Großbritannien. Nur wenige versuchten, durch den Tunnel zu laufen oder sich an den Zügen selbst festzuhalten. Die meisten versteckten sich in Frachtbehältern oder auf Lastkraftwagen, die den Tunnel durchqueren. 2002 führte die britische Immigrationsbehörde in Kent ein hochentwickeltes Abhör- und Durchleuchtungssystem ein, um die Versteckten durch ihre Herzschläge oder ihre Atmung aufzuspüren. Anfang 2003 überzeugte die britische Regierung die französischen Behörden, das umstrittene Asylbewerberlager bei Sangatte zu schließen, das oft Ausgangspunkt solcher Aktionen von Asylbewerbern gewesen war.

Bedeutung in den Medien

Im Spielfilm Mission: Impossible von Brian De Palma aus dem Jahr 1996 wird Tom Cruise an einem Zug hängend von einem Hubschrauber in den Tunnel hinein verfolgt. Diese am Computer erstellten Szenen sind jedoch nicht realistisch und zeigen auch nicht den tatsächlichen Eurotunnel, da in einigen Szenen die Elektrifizierung vollständig fehlt und die dargestellten Fahrgeschwindigkeiten für eine Trasse dieser Kategorie undenkbar sind.

Literatur

  • Friedhelm Ernst: „Eurostar“ und „Eurotunnel“. In: Eisenbahn-Kurier. Nr. 272/Jahrgang 29/1995. EK-Verlag GmbH, ISSN 0170-5288, S. 84–86.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Victor von Röll: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1, Berlin/Wien 1912-1923, S. 106 (Stichwort "Ärmelkanal-Tunnel")
  2. Victor von Röll: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1, Berlin/Wien 1912-1923, S. 106 (Stichwort "Ärmelkanal-Tunnel")
  3. http://www.guardian.co.uk/uk/2007/apr/02/transport.world Suspension bridge planned for Channel, Guardian, 02.04.2007
  4. http://www.cbrd.co.uk/histories/euroroute/ EuroRoute,CBRD; Zugriff am 09.03.2009
  5. spiegel.de vom 11. September 2008
  6. BBC: Channel Tunnel disruption goes on, 12. September 2008
  7. tagesschau.de vom 13. September 2008
  8. Eurotunnel Wiedereröffnung am 9.2.2009 (Pressemeldung des Betreibers
  9. Tagesschau: Nach massivem Schuldenerlass - Eurotunnel verdient erstmals Geld (Stand: 08.04.2008 14:48 Uhr)
  10. http://news.bbc.co.uk/2/hi/business/7923045.stm
  11. welt.de: Am Ende des Tunnels, 13. November 2004

51.0166666666671.457Koordinaten: 51° 1′ 0″ N, 1° 27′ 0″ O


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