Eulersches Polygonzugverfahren

Eulersches Polygonzugverfahren

Das eulersche Polygonzugverfahren oder explizite Euler-Verfahren (auch Euler-Cauchy-Verfahren) ist das einfachste Verfahren zur numerischen Lösung eines Anfangswertproblems.

Es wurde von Leonhard Euler 1768 in seinem Buch Institutiones Calculi Integralis vorgestellt. Cauchy benutzte es, um einige Eindeutigkeitsresultate für gewöhnliche Differentialgleichungen zu beweisen.

Das Verfahren wird manchmal in der Physik als Methode der kleinen Schritte bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Das Verfahren

Zur numerischen Lösung des Anfangswert-Problems:

 \dot{y}=f(t,y), \quad \quad y(t_0)=y_0

für eine gewöhnliche Differentialgleichung wähle man eine Diskretisierungs-Schrittweite h > 0, betrachte die diskreten Zeitpunkte

 t_k=t_0+kh, \quad \quad k=0,1,2,\dots

und berechne die iterierten Werte

 y_{k+1}=y_k+hf(t_k,y_k),\quad k=0,1,2,\dots

Die berechneten Werte yk stellen Approximationen an die tatsächlichen Werte y(tk) der exakten Lösung des Anfangswert-Problems dar. Je kleiner die Schrittweite h gewählt ist, desto mehr Rechenarbeit ist nötig, aber desto genauer werden auch die approximierten Werte.

Eine Modifikation des Verfahrens besteht hier darin, dass man die Schrittweite variabel wählt. Eine sinnvolle Veränderung der Schrittweite setzt einen Algorithmus zur Schrittweiten-Steuerung voraus, der den Fehler im aktuellen Schritt abschätzt und dann die Schrittweite für den nächsten Schritt dementsprechend wählt.

Wird ein Verfahren über yk + 1 = yk + hf(tk + 1,yk + 1) definiert, erhält man das implizite Euler-Verfahren.

Eigenschaften

Stabilitätsgebiet des expliziten Euler-Verfahrens

Das explizite Euler-Verfahren hat Konsistenz- und Konvergenzordnung 1. Sein Stabilitätsgebiet ist der Kreis um -1 mit Radius 1 in der komplexen Zahlenebene.

Verallgemeinerungen

Es lässt sich im Wesentlichen durch zwei verschiedene Ideen auf effizientere Verfahren verallgemeinern.

  • Die erste Idee ist, bei der Berechnung des nächsten Schrittes mehr als nur einen der zuvor berechneten Werte mit einzubeziehen. Auf diese Weise erhält man Verfahren höherer Ordnung in der Klasse der linearen Mehrschrittverfahren.
  • Die zweite Idee ist, bei der Berechnung des nächsten Schrittes die Funktion f(t,y) auf dem Intervall [tk,tk + 1] an mehreren Stellen auszuwerten. Auf diese Weise erhält man die Klasse der Runge-Kutta-Verfahren.

Die Klasse der allgemeinen linearen Verfahren bezieht beide Ideen der Verallgemeinerung mit ein und enthält die Klasse der linearen Mehrschrittverfahren sowie die Klasse der Runge-Kutta-Verfahren als Spezialfall.

Literatur

  • E. Hairer, S.P. Norsett, G. Wanner: Solving Ordinary Differential Equations I, Springer Verlag
  • M. Hermann: Numerik gewöhnlicher Differentialgleichungen, Anfangs- und Randwertprobleme, Oldenbourg Verlag, München und Wien, 2004, ISBN 3-486-27606-9

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Leonard Euler — Leonhard Euler Leonhard Euler, Pastell von Emanuel Handmann, 1753 (Kunstmuseum Basel) …   Deutsch Wikipedia

  • Leonhard Euler — Leonhard Euler, Pastell von Emanuel Handma …   Deutsch Wikipedia

  • Euler-Verfahren — Der Begriff Eulerverfahren steht für folgende numerische Verfahren zum Lösen von Differenzialgleichungen das explizite Eulerverfahren, auch Eulersches Polygonzugverfahren oder Euler Cauchy Verfahren genannt das implizite Eulerverfahren das Euler… …   Deutsch Wikipedia

  • Numerische Verfahren — Die Liste numerischer Verfahren führt Verfahren der numerischen Mathematik nach Anwendungsgebieten auf. Inhaltsverzeichnis 1 Lineare Gleichungssysteme 2 Nichtlineare Gleichungssysteme 3 Numerische Integration 4 Approximation und Interpolation …   Deutsch Wikipedia

  • Adams-Bashforth-Methode — Mehrschrittverfahren sind Verfahren zur numerischen Lösung von gewöhnlichen Differentialgleichungen. Im Gegensatz zu Einschrittverfahren, wie etwa dem Eulerschen Polygonzugverfahren oder den Runge Kutta Verfahren, nutzen Mehrschrittverfahren die… …   Deutsch Wikipedia

  • Adams-Bashforth-Verfahren — Mehrschrittverfahren sind Verfahren zur numerischen Lösung von gewöhnlichen Differentialgleichungen. Im Gegensatz zu Einschrittverfahren, wie etwa dem Eulerschen Polygonzugverfahren oder den Runge Kutta Verfahren, nutzen Mehrschrittverfahren die… …   Deutsch Wikipedia

  • Adams-Moulton-Methode — Mehrschrittverfahren sind Verfahren zur numerischen Lösung von gewöhnlichen Differentialgleichungen. Im Gegensatz zu Einschrittverfahren, wie etwa dem Eulerschen Polygonzugverfahren oder den Runge Kutta Verfahren, nutzen Mehrschrittverfahren die… …   Deutsch Wikipedia

  • Adams-Moulton-Verfahren — Mehrschrittverfahren sind Verfahren zur numerischen Lösung von gewöhnlichen Differentialgleichungen. Im Gegensatz zu Einschrittverfahren, wie etwa dem Eulerschen Polygonzugverfahren oder den Runge Kutta Verfahren, nutzen Mehrschrittverfahren die… …   Deutsch Wikipedia

  • Mehrschritt-Verfahren — Mehrschrittverfahren sind Verfahren zur numerischen Lösung von gewöhnlichen Differentialgleichungen. Im Gegensatz zu Einschrittverfahren, wie etwa dem Eulerschen Polygonzugverfahren oder den Runge Kutta Verfahren, nutzen Mehrschrittverfahren die… …   Deutsch Wikipedia

  • Prädiktor-Korrektor-Methode — Mehrschrittverfahren sind Verfahren zur numerischen Lösung von gewöhnlichen Differentialgleichungen. Im Gegensatz zu Einschrittverfahren, wie etwa dem Eulerschen Polygonzugverfahren oder den Runge Kutta Verfahren, nutzen Mehrschrittverfahren die… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”