Euler-Maclaurin-Formel

Euler-Maclaurin-Formel

Die Euler-MacLaurin-Formel oder Eulersche Summenformel (nach Leonhard Euler und Colin Maclaurin) ist eine mathematische Formel, die die Berechnung eines Integrals mit der Berechnung einer Summe von Stützstellen verbindet.

Inhaltsverzeichnis

Euler-MacLaurin-Formel

Sei g \in C\,^{2m+2}[0,1] (also eine Funktion, die auf dem Intervall [0,1] mindentens 2m+2 mal stetig differenzierbar ist). Dann existiert eine Zahl \xi \in ]0,1[, so dass

\int_0^1 g(t)\,\mathrm dt = \frac{g(0)}{2} + \frac{g(1)}{2} + \sum_{k=1}^{m}\frac{B_{2k}}{(2k)!}\left(g\,^{(2k-1)}(0)-g\,^{(2k-1)}(1)\right) - \frac{B_{2m+2}}{(2m+2)!}g\,^{(2m+2)}(\xi)

gilt, wobei Bk die Bernoulli-Zahlen (B_2=1/6, B_4=-1/30, \ldots) sind.

Dies ist die einfachste Formel der Euler-MacLaurinschen Summenformel. Mit dieser Formel ist es möglich den Fehler der Trapezregel für das Intervall [0,1] zu bestimmen. Der Term \tfrac{g(0)}{2} + \tfrac{g(1)}{2} = \tfrac{1-0}{2}(g(0) + g(1)) ist genau die Approximation eines Integrals durch ein Trapez. Die beiden restlichen Summanden liefern folglich den Fehler, der dabei entsteht. Besonders zu erwähnen ist, dass diese Formel keine Abschätzung ist sondern eine echte Gleichheit und, dass sie sich noch für andere Approximationen verallgemeinern lässt.

Verallgemeinerung

Eine etwas allgemeinere Fassung der Formel ist die folgende: Ist f auf [0;n] mindestens 2k + 2-mal stetig differenzierbar, dann gilt

\sum_{i = 1}^{n-1} f(i) + \frac{f(n) + f(0)}{2} = \int_{0}^{n} f(x) \,\mathrm{d}x + \sum_{j = 1}^{k} \frac{B_{2j}}{(2j)!} [f^{(2j-1)}(n) - f^{(2j-1)}(0)] + R_k,

wobei

R_k = \frac{1}{(2k+1)!} \int_{0}^{n} B_{2k+1}(x-\lfloor x\rfloor)f^{(2k+1)}(x)\,\mathrm{d}x

mit dem Bernoulli-Polynom B2k + 1 ist.

Anwendungen

Verwendet man eine beliebig oft differenzierbare Funktion f, dann liefert die Euler-MacLaurin-Formel oft keine konvergente, sondern nur eine asymptotische Reihe.

  • Setzt man zum Beispiel f(x) = ln(1 + x) auf dem Intervall [0;n − 1], dann erhält man die allgemeine Stirling-Reihe.
  • Setzt man f(x) = xk, wobei k eine Konstante ist, erhält man die Faulhabersche Formel.
  • Eine wichtige Anwendung hat die Euler-Maclaurin-Formel bei periodische Funktionen, die über eine oder mehrere Perioden integriert werden sollen. Für solche Funktionen sind alle Ableitungen an den Integralgrenzen identisch gleich und deshalb verschwindet die Summe der Differenzen der ungeraden Ableitungen. Das Integral lässt sich also durch n-fache Anwendung der Trapezregel mit einem Fehler der Ordnung O(2n) approximieren ([1]. Dies erklärt unter anderem, warum die diskrete Fouriertransformation durch Summation und die Approximation mittels Tschebyschow-Polynomen eine so hohe Genauigkeit haben.
  • Die Euler-Maclaurin-formel hat ebenfalls eine wichtige Anwendung bei Funktionen, die an beiden Integralgrenzen so gespiegelt werden können, so dass sie zusammen mit allen Ableitung stetig fortgesetzt werden können. Für solche Funktionen sind alle ungeraden Ableitungen an den Integralgrenzen gleich Null und deshalb verschwindet die Summe der Differenzen der ungeraden Ableitungen ebenfalls. Folglich ist auch hier der Fehler von der Ordnung O(2n). Unabhängig von den theoretischen Hintergründen der Gauß-Quadratur lässt sich die Gauß-Tschebyschew-Integration bzw. das Integral \textstyle \int_{0}^{\pi}\,g(\cos\,t)\,\mathrm dt allein mit der Euler-Maclaurin-Formel herleiten [2].
  • Benutzt man anstelle der Trapezregel die Mittelpunktsregel, kann auf die manchmal problematische Funktionsauswertung an den Rändern verzichtet werden und die Differenzen der ungeraden Ableitungen werden jeweils um den Faktor
    
(1-\tfrac{2}{4^k})
    verkleinert. Die Beiträge der Differenzen zum Gesamtfehler werden also kleiner, wie es bei Anwendung der Mittelpunktsregel zu erwarten ist. Der Faktor findet sich ähnlich auch in der Romberg-Integration gerader und ungerader Funktionen wieder.

Literatur

  • Konrad Knopp: Theorie und Anwendung der unendlichen Reihen, Springer-Verlag
  • Josef Stoer & Roland Bulirsch: Einführung in die Numerische Mathematik 2. 5. Auflage. Springer-Verlag, Neu York/Berlin/Heidelberg u. a. 2005, ISBN 978-3-540-23777-8, Kap. 3.3.

Einzelnachweise

  1. Numerische Mathematik I (2009), Matthias Gerdts; S.172-175; http://www.mathematik.uni-wuerzburg.de/~gerdts/TEACHING/NUMIWS2009/numerik_1.pdf
  2. Teubner-Taschenbuch der Mathematik (Der Bronstein 1996; ISBN 3-8154-2001-6); S.1134

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