Ethnophaulismus

Ethnophaulismus

Ethnophaulismus ist ein 1944 von Abraham Aron Roback geprägter Neologismus, der für die abwertende Bezeichnung für eine Ethnie stehen soll.[1]

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Ethnophaulismus, von griech. ἔθνος, ethnos, „Volk“ und φαῦλος, phaulos, „gering; wertlos; böse“ ist ein pejoratives exonymisches Ethnonym („abwertende Fremdbezeichnung für eine Volksgruppe“). Im Angloamerikanischen existiert der Ausdruck Derogatory Ethnic Label, Abk.: DEL[2], (deutsch: „herabwürdigende ethnische Bezeichnung“), der den Begriff Herabwürdigung als Fachausdruck der Antidiskriminierung einführt. Der Begriff Ethnophaulism konnte sich im Amerikanischen nicht durchsetzen, statt dessen wird heute der Begriff ethnic slur gebraucht.

Beispiele

Auf die Deutschen (bzw. Deutschsprachigen) bezogen gibt es Ausdrücke wie im Amerikanischen Kraut, im Britischen/Amerikanischen Fritz, im Englischen Hun („Hunnen“), in der Schweiz Schwabe, im Französischen Boche, im Italienischen Crucco, im Niederländischen Mof, im Dänischen Sakse (zu Sachse), im Polnischen Szwab und Szkop, auch im Kroatischen und Serbischen Švabo (Pl. Švabi), im Russischen Фриц (Fritz), beziehungsweise Tschechischen skopčák.[3]

Studien zu Ethnophaulismen in den Vereinigten Staaten

Erdman B. Palmore stellte fest, dass mit dem steigenden sozialen Abstand einer ethnischen Mehrheit zu einer anderen ethnischen Gruppe die Anzahl der verschiedenen Ethnophaulismen ansteigt.[4] So bestehen für Schwarze mehr Ethnophaulismen als für Weiße. Hinzu kommt, dass diese Ethnophaulismen sich bei Schwarzen oft auf von Weißen unterschiedliche Körpermerkmale beziehen.[5]

Nach einer Untersuchung Irving L. Allens von 1982 ergäben sich in den Vereinigten Staaten abwertende Namensgebungen vor allem im Zusammenhang mit „Immigration, Siedlungsverhalten, Stadtzuzug, Berufsspezialisierung und innergesellschaftlichen Wanderungen spezifischer Volksgruppen.“[6] Auch subkulturelle Gruppen seien mit Schimpfworten belegt, die Regional-, Klassen- und Konfessionsunterschiede zum Ausdruck brächten. Ethnophaulismen dienten nach Allen dazu, Minderheiten sozial unterzuordnen, ihnen den sozialen Aufstieg zu verweigern und sie von Machtmitteln und Einfluss auszuschließen. Vergangene und gegenwärtige Ungerechtigkeiten sollten mit diesen „Wort-Waffen“ im Sinne eines Weißsein legitimiert werden. Es handele sich dabei um einen ideologischen Prozess.[7]

Literatur

  • Irving L. Allen: The Language of Ethnic Conflict. Social Organization and Lexical Culture. New York 1983
  • Jeff Greenberg, S. L. Kirkland, Tom Pyszcynski: Some Theoretical Notions and Preliminary Research Concerning Derogatory Ethnic Labels. In: Geneva Smitherland-Donaldson, Teun A. van Dijk (Hrsg.): Discourse and Communication. Detroit 1988, S. 74-92
  • Manfred Markefka: Vorurteile - Minderheiten - Diskriminierung. Ein Beitrag zum Verständnis sozialer Gegensätze. 7. Auflage, Luchterhand Verlag Neuwied, Kriftel, Berlin 1995, ISBN 3-472-01935-2, S. 35 ff.
  • Erdman B. Palmore: Ethnophaulims and Ethnocentrism. In: Milton E. Barron: Minorities in a changing world. New York 1967, S. 205-210
  • Jobst Paul: Das >Tier< -Konstrukt - und die Geburt des Rassismus. Zur kulturellen Gegenwart eines vernichtenden Arguments. Unrast Verlag ISBN 3-89771-731-X [insb. S. 10-28]

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Ethnophaulismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. A. A. Roback: A dictionary of international slurs (ethnophaulisms) : With a supplementary essay on aspects of ethnic prejudice. Sci-Art, Cambridge, Mass. 1944.
  2. Greenberg, Kirkland, Pyszcynski: Some Theoretical Notions. 1988.
  3. Bezeichnungen für Deutsche in anderen Sprachen findet man in: Andrea und Martin Schöb: Piefkes, Krauts und andere Deutsche. Was die Welt von uns hält. Bucher, München 2008, ISBN 978-3-7658-1615-4.
  4. Palmor: Ethnophaulims. 1967, S. 207.
  5. Markefka: Vorurteile. 1995, S. 36.
  6. Markefka: Vorurteile. 1995, S. 37.
  7. Nach Markefka: Vorurteile. 1995, S. 37 f..

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