Esther Vilar

Esther Vilar

Esther Vilar (eigentlich: Esther Margareta Katzen; * 16. September 1935 in Buenos Aires) ist eine argentinisch-deutsche Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Schaffen

Vilar, Tochter deutsch-jüdischer Emigranten, studierte Psychologie in Argentinien und Soziologie und Medizin in Wilhelmshaven und München. Sie arbeitete zunächst als Ärztin. Später war sie als Übersetzerin und Rundfunkautorin tätig und begann Bücher zu schreiben. Esther Vilar ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung.[1]

Mit ihrem Buch Der dressierte Mann wurde sie 1971 als Schriftstellerin durch ihren Auftritt in der Eurovisionssendung Wünsch Dir was bekannt. In diesem Buch formulierte sie die provokante These, dass nicht – wie von der damals aufkommenden Frauenbewegung postuliert – die Frau durch den Mann unterdrückt werde, sondern umgekehrt der Mann durch die Frau.[2] Mit dem Buch löste sie große Kontroversen aus und war teilweise heftigen Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen ausgesetzt. Nach ihrer eigenen Aussage war dies der Grund für ihre Emigration aus Deutschland.[3]

Im Jahre 1975 lieferte sie sich ein Fernsehduell mit Alice Schwarzer, die als Vertreterin der Frauenbewegung zu dieser Zeit bekannt wurde. Nach der Ausstrahlung wurde die Sendung kontrovers diskutiert, insbesondere fiel die hohe Aggressivität auf, mit der Alice Schwarzer gegen Esther Vilar vorgegangen war:[4] „Sie sind nicht nur Sexistin, sondern auch Faschistin“. Außerdem verglich Schwarzer das Buch der jüdischen Autorin mit der antisemitischen Zeitung Der Stürmer. Die Meinungen darüber, wer als dominierend aus diesem Fernsehduell hervorging, waren geteilt.[5]

In ihrem Buch Das Ende der Dressur (1977) richtete Vilar sich ausführlich gegen die angebliche Meinungsführerschaft von Lesben, denen sie vorwarf, heterosexuelle Frauen zu verführen, die „normalerweise für ihre ausgefallenen Wünsche absolut unzugänglich wären“. Um dies zu können, würden sie die feministische Bewegung nutzen, die quasi nur aus Lesben und „männlichen Feministinnen“ bestände.

Esther Vilar veröffentlichte weitere Bücher und Theaterstücke, die sich oft gegen „linke“ und feministische Positionen wendeten. Zu ihren bekannten Texten zählt die eigenwillige Auseinandersetzung mit Henrik Ibsens Schauspiel Nora oder ein Puppenheim, das in den 1970er Jahren von der Frauenbewegung stark rezipiert wurde.

In Der betörende Glanz der Dummheit wendete sie sich gegen eine zu große Spezialisierung. In der vorangestellten Widmung heißt es: „Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel“ (von Bertrand Russell). In Die 25 Stunden Gesellschaft propagierte sie ein alternatives Arbeitszeitmodell. Vilar versuchte, unter Zuhilfenahme von zwei 5-Stunden-Einheiten pro Tag, das Miteinander besser zu regeln. Jeder der Partner solle eine Schicht arbeiten, so dass immer jemand bei den Kindern sein könne. Die Wochenarbeitszeit würde sich auf 25 Stunden verringern, die Lebensarbeitszeit sich dadurch aber verlängern. Dies allerdings müsste ohne Lohnausgleich geschehen. In Das polygame Geschlecht beschrieb sie in einem Abschnitt, was ihrer Ansicht nach Liebe sei.

Vilar sieht ihr eigentliches Thema in der Auseinandersetzung mit den sehr grundsätzlichen Größen „Freiheit“ und „Gefangenschaft“. Insbesondere gesteht sie, wie sie selbst im Nachwort zu ihrem Buch Die Antrittsrede der amerikanischen Päpstin hervorhebt: „Die Angst vor der Freiheit – die Sehnsucht, alle persönliche Verantwortung in die Hände eines anderen zu legen, sich aus freien Stücken dessen Befehlen zu beugen – war von jeher das Thema meiner schriftstellerischen Arbeit und wird wohl bis zuletzt irgendwie bestimmend für sie bleiben.“ [6]

Werke

Sachbücher

  • Die Lust an der Unfreiheit. Erläuterungen zur Theorie des Genetivismus. Caann, München 1971, ISBN 3-87121-008-0.
  • Der dressierte Mann. Bertelsmann, Gütersloh 1971, ISBN 3-5700-8949-2 (formal falsche ISBN).
  • Das polygame Geschlecht. Das Recht des Mannes auf zwei Frauen. Caann, München 1974, ISBN 3-87121-012-9.
  • Das Ende der Dressur. Modell für eine neue Männlichkeit. Droemer-Knaur, München/Zürich 1977, ISBN 3-426-04590-7.
  • Die Fünf-Stunden-Gesellschaft. Argumente für eine Utopie. Herbig, München/Berlin 1978, ISBN 3-7766-0894-3.
  • „Alt“. Manifest gegen die Herrschaft der Jungen. Herbig, München/Berlin 1980, ISBN 3-7766-1089-1.
  • Der betörende Glanz der Dummheit. Econ-Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1987, ISBN 3-430-19368-0.
  • Die 25-Stunden-Woche. Arbeit und Freizeit in einem Europa der Zukunft. Mit einem Vorwort von Oskar Lafontaine. Econ-Taschenbuch-Verlag, Düsseldorf 1990, ISBN 3-612-23068-9.
  • Die Erziehung der Engel. Wie lebenswert wäre das ewige Leben? Econ, Düsseldorf u. a. 1992, ISBN 3-430-19367-2.
  • Heiraten ist unmoralisch. Lübbe, Bergisch Gladbach 1994, ISBN 3-7857-0745-2.
  • Alt heisst schön. Manifest gegen den Jugendkult. Lübbe, Bergisch Gladbach 1995, ISBN 3-404-60401-6.
  • Katholikinnen aller Länder vereinigt euch. Lübbe, Bergisch Gladbach 1995, ISBN 3-7857-0812-2.
  • Denkverbote. Tabus an der Jahrtausendwende. Lübbe, Bergisch Gladbach 1998, ISBN 3-7857-0905-6.

Belletristik

  • Mann und Puppe. Roman. Caann, München 1969.
  • Der Sommer nach dem Tod von Picasso. Ein Spiel. Caann, München 1969.
  • Bitte keinen Mozart. Satirischer Roman. Herbig, München/Berlin 1981, ISBN 3-7766-1179-0.
  • Die Antrittsrede der amerikanischen Päpstin. Herbig, München/Berlin 1982, ISBN 3-7766-1224-X.
  • Die Mathematik der Nina Gluckstein. Novelle. Scherz, Bern/München/Wien 1985, ISBN 3-502-11800-0.
  • Rositas Haut. Roman. Econ-Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1990, ISBN 3-430-19369-9.
  • Eifersucht. Roman für drei Faxmaschinen und ein Tonbandgerät. Lübbe, Bergisch Gladbach 1999, ISBN 3-7857-0998-6.
  • Die sieben Feuer von Mademoiselle. Roman. Lübbe, Bergisch Gladbach 2001, ISBN 3-7857-2029-7.
  • Reden und Schweigen in Palermo. Erotik-Thriller. konkursbuch, Tübingen 2008, ISBN 978-3-88769-726-6.

Theaterstücke

  • Helmer oder Ein Puppenheim. Variation über ein Thema von Henrik Ibsens. Ullstein, Frankfurt/Berlin/Wien 1981, ISBN 3-548-20188-1.
  • Die neuen Prinzen. 1982.
  • Die amerikanische Päpstin. 1982.
  • Erziehung der Engel. 1996.
  • Speer. Mit Beiträgen von Klaus Maria Brandauer und Wolfgang Schäche. Fotos von Jim Rakete. Transit, Berlin 1998, ISBN 3-88747-128-8.
  • Carmen. Schauspiel für zehn Mobiltelefone.
  • EiferSucht. Ein Stück für drei Schauspielerinnen, zwei Tänzer, fünf Musiker und drei Faxmaschinen.
  • Das Lächeln des Barrakuda.
  • Liebeslied für einen ruhelosen Mann. (Penelope)
  • Mathematik der Liebe.
  • Der Moskito.
  • Reden und Schweigen in Palermo.
  • Reisen mit Lady Astor.
  • Die Strategie der Schmetterlinge.
  • Stundenplan einer Rache. (Tristan und Isolde)
  • Sylt.
  • Der Tangotänzer.
  • Tennis.

Weblinks

Fußnoten

  1. Giordano-Bruno-Stiftung: Beirat: Vilar, Esther. Abgerufen am 6. September 2011.
  2. Esther Vilar: Author’s Introduction to The Manipulated Man. August 1998, abgerufen am 16. August 2011.
  3. Peer Teuwsen: Esther Vilar: «Liebe macht unfrei». In: Die Weltwoche. Nr. 51, 2007.
  4. Im Clinch. In: Der Spiegel. Nr. 7, 1975 (online).
  5. Klaudia Brunst: Fernsehen: Frau gegen Frau. In: Die Zeit. Nr. 25, 2005.
  6. Esther Vilar: Die Antrittsrede der amerikanischen Päpstin. Ullstein, Frankfurt/Main 1996, ISBN 3-548-20429-5, S. 123.

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