Erziehungsgeld

Erziehungsgeld

Erziehungsgeld war für Geburten zwischen 1. Januar 1986 und 31. Dezember 2006 eine Ausgleichsleistung des deutschen Staates für einen Elternteil, der das Kind vorwiegend erzog.

Inhaltsverzeichnis

Anspruchsvoraussetzung

Der Elternteil, der Erziehungsgeld haben wollte, durfte nur einer Teilzeitarbeit von maximal 30 Stunden pro Woche nachgehen. Schüler und Studenten als Eltern durften jedoch ihrer Berufsausbildung in vollem Umfang nachgehen. Es durften bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.

Die Einzelheiten des Erziehungsgelds waren im Bundeserziehungsgeldgesetz geregelt, ebenso die des Erziehungsurlaubs.

Höhe und Bezugsdauer

Bei Einführung 1986 wurde die Höhe und Bezugsdauer des Erziehungsgelds auf 600 DM für zehn Monate festgesetzt. 1988 wurde die Bezugsdauer auf zwölf Monate verlängert.[1] Die Dauer des Erziehungsgeldbezugs wurde schrittweise bis auf zwei Jahre erhöht.[2] Seit 1998 konnte man sich entscheiden, ob man für maximal 24 Monate den Regelbetrag beziehen wollte, oder aber das sogenannte budgetierte Erziehungsgeld für maximal zwölf Monate in größerer Höhe.[2] 2003 betrug der Regelbetrag 307 Euro, das budgetierte Erziehungsgeld 460 Euro; zum 1. Januar 2004 wurden die Beträge auf 300 und 450 Euro gesenkt.[3]

Mit Zustimmung des Arbeitgebers war es möglich, die Elternzeit in zwei Abschnitte aufzuteilen und ein Jahr zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes zu nehmen.

Landeserziehungsgeld

Einige Bundesländer (Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen) zahlten im 3. Lebensjahr freiwillig noch zusätzlich ein reduziertes Landeserziehungsgeld. Rechtsgrundlage waren entsprechende Landesgesetze. In Mecklenburg-Vorpommern gab es für Kinder, die bis zum 1. Mai 2002 geboren wurden, Landeserziehungsgeld. Nach Einführung des Elterngeldes ist teilweise ein Landeselterngeld an die Stelle des früheren Landeserziehungsgeldes getreten.

Existenzsicherung

Für Alleinerziehende mit Kleinkindern unter 3 Jahren stellte das Erziehungsgeld eine existenzsichernde finanzielle Situation knapp oberhalb der Armutsgrenze her, da das Erziehungsgeld, anders als alle übrigen Einkommensarten, nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wurde.[4] Beim Übergang zum späteren Elterngeld blieb diese Situation insoweit bestehen, als dass der Sockelbetrag von 300 Euro nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wurde, wobei jedoch die Höhe und Dauer der Förderung verringert wurde. Das 2010 vorgetragene Sparpaket sieht vor, den Bezug von Elterngeld auf das Arbeitslosengeld II gegenzurechnen.

Kritik

Kritisiert wurde, dass das Erziehungsgeld Hausfrauen deutlich besser stelle als zuvor, berufstätige Mütter benachteilige und alleinstehende Mütter diskriminiere.[5] Laut dem Soziologen Christoph Butterwegge sollten Mütter durch das Erziehungsgeld motiviert werden, sich für mehrere Jahre auf die Familienarbeit zu konzentrieren und sich hierfür aus der Erwerbsarbeit zurückzuziehen.[6] Die Regelungen wurden im Magazin Emma als „Mütterfalle“ bezeichnet, denn Mütter, die diese Spielräume ausschöpften, seien „als Konkurrenz um Stellen mit Aufstiegschancen praktisch ausgeschaltet“; als Alternative wurde vorgeschlagen die starre Dreijahresregelung beim Erziehungsurlaub in ein über mehrere Jahre aufteilbares Zeitkonto so umzuwandeln, dass beispielsweise beide Eltern sechs Jahre lang halbtags arbeiten könnten.[7]

Geschichte

Das Bundeserziehungsgeld wurde für Kinder, die seit dem 1. Januar 2007 geboren sind, durch das Elterngeld ersetzt. Insofern war die Bezugszeit des Erziehungsgeldes spätestens Anfang 2009 beendet.

Das Erziehungsgeld war 1986 an die Stelle des früher gewährten Mutterschaftsurlaubsgeldes getreten, das damals monatlich 510,00 DM betrug und auf das aber zuvor nur erwerbstätige Frauen Anspruch hatten. Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld wurden aufbauend auf das Familienmodell der Versorgerehe in seiner modernisierten Form konzipiert, und nach Inkrafttreten des Gesetzes wurde das Erziehungsgeld fast ausschließlich von Frauen in Anspruch genommen.[8]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Axel Schildt: Innere Entwicklung der Bundesrepublik bis 1989. In: Informationen zur politischen Bildung (Heft 270). Bundeszentrale für politische Bildung, abgerufen am 25. Juni 2010. Abschnitt „Sozialpolitik“
  2. a b Wolfgang Erler: Alleinerziehende in Deutschland: Die Karriere eines Themas in Forschung und Sozialpolitik. DJI, abgerufen am 25. Juni 2010 (PDF). Fußnote S. 2 f.
  3. Sonja Dörfler: Familienpolitische Maßnahmen zum Leistungsausgleich für Kinderbetreuung - ein Europavergleich. In: Working Paper Nr. 22. Österreichisches Institut für Familienforschung, 2002, abgerufen am 25. Juni 2010 (PDF). S. 5
  4. Wolfgang Erler: Alleinerziehende in Deutschland: Die Karriere eines Themas in Forschung und Sozialpolitik. DJI, abgerufen am 25. Juni 2010 (PDF)., S. 3
  5. Annemarie Mennel: Erziehungsgeld. Oder: Wie Vater Staat die Mütter erziehen will. Emma, September 1985, abgerufen am 24. Januar 2009.
  6. Christoph Butterwegge u. A.: Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland, 2. Ausgabe, Gabler Wissenschaftsverlage, 2008, ISBN 3531159151, 9783531159157, S. 100
  7. Gunhild Gutschmidt: Die Mütterfalle. Emma, Januar/Februar 1997, abgerufen am 24. Januar 2009.
  8. Sonja Munz: Frauenerwerbstätigkeit im Spannungsfeld veränderter Lebensentwürfe und wohlfahrtsstaatlicher Regelungen, ifo-Schnelldienst 50, Heft 23, S. 21-35, 1997, (Online-Version). Abgerufen am 24. Januar 2009.
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