Airride

Airride

Als Airride-Fahrwerke werden im herkömmlichen Sprachgebrauch Luftfahrwerke bezeichnet, die für eine nachträgliche, also nicht werksseitige, Fahrzeugtuning vor allem bei Sportwagen oder -bikes verwendet werden. Häufig ist die Rede von einem „Airride“ als solches, ohne die weitere Bezeichnung „Fahrwerk“.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Im Gegensatz zum konventionellen Begriff einer Luftfederung, werden Airride-Fahrwerke (engl. air = Luft; to ride = fahren) von spezialisierten Firmen für die Nachrüstung im Hobbybereich entwickelt, gefertigt und vertrieben. Die Palette der ausrüstbaren Serienfahrzeuge wächst dabei stetig. Somit können auch Fahrzeuge, für die werksseitig keine Luftfederung bestellbar war, nicht einmal als Sonderausstattung, nachträglich damit ausgerüstet werden. Dies geschieht vornehmlich im Bereich des Fahrzeugtunings auf Grund der jederzeit möglichen stufenlosen Höhenverstellung per Knopfdruck aus dem Fahrzeuginneren (wahlweise per Fernbedienung). Der Komfortaspekt, der bei werksseitigen Luftfahrwerken die Hauptrolle spielt, gerät dabei in den Hintergrund.

Sinn und Zweck

Audi A3 quattro '03 mit Airride (hier: Hinterachse ganz oben, Vorderachse luftlos

Die fahrzeugspezifisch gefertigten pneumatischen Luftfahrwerke bestehen wie ihre werksseitigen Verwandten aus speziell abgestimmten Stoßdämpfern und einem Luftbalg, der die sonst übliche Stahlfeder ersetzt.

Die bei Fahrzeugen der Oberklasse eine wichtige Rolle spielenden Regelkreise waren anfangs nicht vorhanden. Im Vordergrund stand die Möglichkeit, das Fahrzeug stufenlos in der Höhe verstellen zu können. Die Verstellung konnte von ganz hoch erfolgen, teilweise über Serienhöhe hinaus, bis ganz tief, teilweise bis auf dem Boden abgelegt. Durch die somit erzielte Optik und die Möglichkeit bei gewissen Situationen (z.B. hohe Bordsteinkante an einer Einfahrt) eine Beschädigung des tiefergelegten Fahrzeuges vermeiden zu können, finden Airride-Fahrwerke zunehmenden Anklang in der Fahrzeugtuningszene. Fahrzeuge mit Allradantrieb mit gleichzeitiger Straßenzulassung können durch den Airride das Höhenniveau größer stellen und unbefestigte Straßen fahren, ohne mit dem Fahrzeugchassis oder den Spoilern auf dem Boden aufzusetzen bzw. Wasserläufe durchqueren zu können, ohne dass der Fahrer nasse Füße bekommt.

Durch das steigende Interesse kommen immer mehr regelnde Systeme mit aufwändigen Sensoren und Regelventilen zum Einsatz, um dem Kompromiss aus Sicherheit, Komfort und Dynamik gerecht zu werden.

Aufbau und Funktion

Zum Betrieb sind zahlreiche Komponenten notwendig, die im Innenraum (teilweise auch im Motorraum) des Fahrzeugs untergebracht werden müssen. Zur Erzeugung des Luftdrucks werden Kompressoren, Lufttanks, Magnetventile und Luftschläuche verbaut. Zur Erhaltung des Kofferraumvolumens in Hinblick auf die Alltagstauglichkeit werden diese Komponenten häufig in die Reserveradmulde ähnlich der Gas-Tanks von umgerüsteten Benzin-Fahrzeugen eingebaut. Die eigentliche Höhenverstellung geschieht an den Federbeinen bzw. Luftbälgen selbst. Je nach Ausführung des Serienfahrwerks werden die serienmäßigen Schraubenfedern durch Luftbälge ersetzt. Außerdem werden speziell auf das Fahrzeug und die Luftbälge abgestimmte Stoßdämpfer verbaut. Die Stoßdämpfer entsprechen bei den Basismodellen eines Airrides in der Funktion konventionellen Sportstoßdämpfern. Fortgeschrittenere Varianten besitzen zudem elektronisch härteverstellbare Dämpfer.[1] Die Luftbälge blasen sich bei Druckbeaufschlagung auf und heben somit das Fahrzeug an bzw. senken es bei Minderung des Luftdrucks (durch Ablassen in die Atmosphäre) ab. Die Steuerung der Luftströme geschieht per Schalter im Innenraum über Magnetventile, die die Luft aus dem Lufttank in die entsprechenden Luftbälge verteilen. Zum Absenken des Fahrzeugs wird die im Balg befindliche Luft (Überdruck) beim Öffnen der Ablassventile durch Druckausgleich (nicht Eigengewicht des Fahrzeuges) in die Umgebung abgeblasen. Dabei entsteht das für Airride-Fahrzeuge typische Ablassgeräusch. Die vor den Magnetventilen im Lufttank befindliche Luft wird durch einen elektrischen Kompressor erzeugt, der Luft aus der Umgebung ansaugt und in den Tank hinein verdichtet. Damit zur Betätigung der Höhenverstellung immer genügend Druck(-luft) vorhanden ist, schaltet sich der Kompressor bei Erreichen eines Mindestdrucks im Lufttank automatisch ein. Bei Erlangen eines eingestellten Maximaldrucks schaltet er sich automatisch wieder aus.

Wie bereits erwähnt, werden zur Ansteuerung gängige Magnet-Wegeventile verwendet. Diese können als 5/3- (mit zwei Blindstopfen werden diese zu 3/3-Wege Ventilen) oder als 2/2-Wege Ventile ausgeführt sein.

Verwendung von 5/3-Wegeventilen: Diese vereinigen die Steuerung zum Auf- und Ablassen in einem Ventil. Die drei Schaltstellungen:

  • Alle Leitungen abgesperrt
  • Luftzufuhr vom Tank in den Luftbalg
  • Luftabfuhr vom Balg in die Umgebung

Für die achsweise Steuerung werden somit für Vorder-und Hinterachse jeweils ein 5/3-Wegeventil benötigt. Die zwei nicht benötigten Anschlüsse werden mit Blindstopfen luftdicht verschlossen.

Verwendung von 2/2-Wegeventilen: Diese sind weniger komplex und daher günstiger austauschbar als die 5/3-Wege Ventile. Allerdings werden doppelt so viele 2/2-Ventile benötigt wie für die Ansteuerung mit 5/3-Ventile. Die 2/2-Wegeventile erfüllen jeweils nur zwei Schaltstellungen:

  • Alle Leitungen abgesperrt
  • Luftzufuhr vom Tank in den Luftbalg oder Luftabfuhr in die Umgebung

Es werden also für Auf- und Ablassen einer Achse zwei 2/2-Wege Ventile benötigt (eines für das Höherlegen, eines für das Tieferlegen). Insgesamt sind für die achsweise Steuerung vier 2/2-Wegeventile notwendig.

Zur Ansteuerung jedes einzelnen Luftbalges wird die doppelte Anzahl der Ventile benötigt, bei 5/3-Wege Ventilen also vier und bei 2/2 Wege-Ventilen acht Stück. Diese sogenannte Einzelradansteuerung ist jedoch nur für Showzwecke erlaubt und nicht in der StVZO, da ein etwaiger ungünstiger Luftverlust die Lenk- und Beherrschbarkeit des Fahrzeuges bei der Fahrt durch die enorme Achsverschränkung erheblich beeinträchtigen kann. Aus fahrdynamischer Sicht verhindert die Einzelradansteuerung jedoch, dass bei Kurvenfahrt die Luft des kurvenäußeren Balges in den kurveninneren gedrückt wird. Die jeweiligen Bälge sind voneinander getrennt und es entsteht eine deutlich geringere Wankbewegung.

Richtlinien und Gesetzeslage gemäß der StVZO

In Bezug auf die Eintragung des Systems in den Fahrzeugschein gibt es bereits für viele Fahrzeugmodelle TÜV-Gutachten, mit welchem das legale Führen eines Airride-Fahrzeuges auf öffentlichen Straßen möglich ist. Dabei sind zusätzliche Auflagen zu berücksichtigen:

  • Das System muss über einen Warnsummer verfügen, der bei unter- oder überschreiten eines vorhereingestellten Drucks ertönt
  • Bei komplett druckfreiem System muss die Freigängigkeit der Räder und das gefahrlose Bewegen des Fahrzeugs gegeben sein
  • Eine Verstellung der Fahrzeughöhe darf nur im Stand möglich sein. Eine entsprechende Verbindung zur Zündung oder Handbremse des Fahrzeugs sollte also existieren
  • Der Einbau muss durch eine Fachwerkstatt erfolgen, die die vom Hersteller des Airride-Fahrwerkes vorgesehene Ausbildung nachweisen kann
  • Die Höhenverstellung darf nur achsweise erfolgen (Vorder und Hinterachse getrennt).
  • Wie bei anderen Sportfahrwerken muss die allgemeine Freigängigkeit der Räder für ein ungehindertes Fahren gewährleistet sein

Situation in den USA

In den Vereinigten Staaten sind derartige Systeme sehr bekannt. In Europa werden pneumatische Airride-Systeme oft mit hydraulischen Systemen verwechselt. Während in den USA beide Systeme sehr verbreitet sind, ist dies in Europa und speziell in Deutschland vor allem bei den pneumatischen Airride-Systemen der Fall. Dies hat den Grund, dass die hydraulischen, so genannten "Lowrider"-Fahrwerke, die mit Öldruck, Ölpumpen und Hydraulikzylinder arbeiten, in Deutschland nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen sind. Für Showzwecke, Messen und ähnliche Zwecke gibt es jedoch einige Firmen, die Fahrzeuge damit ausstatten.

Hersteller

Folgende Firmen haben sich auf die komplette Produktion, die teilweise Produktion unter Lizenz oder den Handel von und mit Airride-Fahrwerken spezialisiert.

  • Hessen.Airride.Sytstems - Airride-System der Firma Bullock-Style
  • AirbagIt/Chassis-Tec - US-amerikanischer Hersteller
  • HPS - Seit 1993 Hersteller aus der Schweiz, gilt als Pioneer und erster Hersteller von "McPherson Luft-Federbeinen" überhaupt (global), zum Teil TÜV geprüfte Airride-Fahrwerke in West-Europa
  • Sportex Airridesysteme in der Schweiz legal zugelassene Airridesysteme, mit zum Teil eigener Fertigung
  • G.A.S. - German Airride Systems, erster Hersteller von straßenzugelassenen Airride-Systemen in Deutschland
  • BSS - Unternehmen, das seinen Marktanteil hauptsächlich in den BeNeLux-Ländern behauptet
  • Showtime Hydraulics - Systeme aus zusammengestellten Komponenten, mit eigener Fertigung
  • Bagyard Airride - Hersteller aus Österreich, verwendet Bilstein-Stoßdämpfer
  • airride supplies - Vertrieb von eigenen Lufterzeugungskits und reichhaltigem Zubehör für Airride-Fahrwerke
  • Thunderbike - Hersteller von Airride-Fahrwerken für Motorräder [2]

weitere Firmen in Deutschland:

  • automotive dynamics
  • airride supplies
  • Black Forest Customs
  • Bullock-Style
  • Deep-Dreams
  • Style-n-Chrome
  • LA Customs
  • Streetec
  • low-ride-productions

Literatur

  • Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jäger, Robert Bosch GmbH: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. 25. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden, 2003, ISBN 3-528-23876-3
  • Max Bohner, Richard Fischer, Rolf Gscheidle: Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik. 27.Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2001, ISBN 3-8085-2067-1
  • Peter Gerigk, Detlev Bruhn, Dietmar Danner: Kraftfahrzeugtechnik. 3. Auflage, Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 2000, ISBN 3-14-221500-X
  • Peter A. Wellers, Hermann Strobel, Erich Auch-Schwelk: Fachkunde Fahrzeugtechnik. 5. Auflage, Holland+Josenhans Verlag, Stuttgart, 1997, ISBN 3-7782-3520-6

Einzelnachweise

  1. Airride Produktion Luftfederung
  2. http://www.thunderbike.de/galleries/tb_galleries/airride_special.php

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