Erwin und Elmire

Erwin und Elmire
Tischbein: Goethe 1787 in Rom

Erwin und Elmire ist ein Singspiel mit dem Libretto von Johann Wolfgang von Goethe. Die erste Fassung wurde am 13. September 1775 in Frankfurt am Main mit der Marchandschen Truppe, die zweite am 10. Juni 1796 von Luise von Göchhausen in Weimar aufgeführt. Das Gedicht Ein Veilchen auf der Wiese stand aus dem Werk vertonte Mozart am 8. Juni 1785 (KV 476).

Inhaltsverzeichnis

Ein Schauspiel mit Gesang (1773–1775)

Goethes Gartenhaus 1830
Sieh! wie ist der Tag so schön;
Komm, laß uns in Garten gehn.
Sieh! die Blumen blühen all,
Hör! es schlägt die Nachtigall

singt Olimpia und möchte mit dem Gesang ihre Tochter Elmire aufheitern. Eigentlich hat Elmire Glück, denn die Mutter lässt ihr bei der Gattenwahl freie Hand: Nimm, welchen du willst von den sechsen! Mehr noch, Olimpia meint, die Ehe ist für Elmire angebracht, und wenn ein Weib Menschenverstand hat, kann sie sich in alles fügen.

Zunächst hat Elmire Ausflüchte: Ich habe immer mehr für mich gelebt als für andere. Olimpia weiß es besser. Erwin ist der Richtige für Elmire. Seine Geschicklichkeit, sein Fleiß ersetzte den Mangel eignes Vermögens... Er ist von gutem Hause. Nun bricht die Wahrheit aus Elmire heraus. Ihr Kaltsinn war es, der ihn fort getrieben hat.

Mein Stolz hat ihm das Herz gebrochen.

Elmire ist außer sich und befürchtet das Schlimmste. Wenn er nun nicht nur seine Mutter, seine Freunde, sondern vielleicht die Welt verließ – Schrecklicher Gedanke!

Aber mit der Mutter Olimpia im Bunde ist der gute alte Bernardo, ehemals Elmires französischer Sprachmeister, Freund und Vertrauter. Olimpia und Bernardo wollen Elmires Glück, wollen Elmire wieder mit Erwin zusammenbringen. Diesen Plan führt Bernardo nun durch. Zunächst aber schlägt er in Elmires Kerbe.

Hin ist hin,
Und tot ist tot!

Recht hat Bernardo, fügt Elmire bei und beklagt Erwins Abwesenheit. Ich habe ihn gepeinigt, ich hab ihn unglücklich gemacht... ich hatte sein Herz mit Füßen getreten.

Doch Bernardo kennt Elmire. Sie sei im Grunde gut. Elmire muss widersprechen. Bernardo weiß weiter. Er empfiehlt Elmire einen Beichtiger mit langem weißem Bart, der draußen im Wald als Einsiedler wohnt und dem sie sich anvertrauen sollte. Elmire geht in ihrer Not auf den Vorschlag ein.

Ich muß, ich muß ihn sehen,
Den göttergleichen Mann!

Szenenwechsel. Natürlich ist Erwin jener Einsiedler. Er spricht das Innere Wühlen aus: Ich sehe sie hier, sie ist immer gegenwärtig vor meiner Seele und meint Elmire. Bernardo kommt und rät ihm zu einer anderen. Erwin will nichts davon wissen. Bernardo ruft:

Erwin! – Sie liebt dich.

Der gute Alte hat gleich das Passende für Erwins Kostümierung als heiliger Mann im Gepäck. Und schon kommt Elmire in der äußersten Verlegenheit das Tal herauf geschlendert und seufzt:

Sieh mich, Heilger, wie ich bin,
Eine arme Sünderin

und wird konkret.

Ich vernahm sein stummes Flehn,
Und ich konnt ihn zehren sehn.

Erwin erfasst bald die Situation und jubiliert:

Ha! sie liebt mich!
Sie liebt mich!

Er schickt Elmire fort, aber nur ein Stückchen. Dann eilt er ihr nach und legt die Verkleidung ab. Elmire verspricht Erwin am Ende des Spiels:

All mein künftig Leben
Liebster! weih ich dir.

Ein Singspiel (1787)

1786 schrieb Goethe an seinen Freund, den Komponisten Philipp Christoph Kayser: „Mit Erwin und Elmire habe ich vor Statt Mutter und Bernardo noch ein Paar iunge Leute einzuführen die aus eine andre Weise in Liebes Uneinigkeit leben, also zwey Intriguen die sich zusammenschlingen und am Ende beyde sich in der Einsiedeley auflösen. Vom Gegenwärtigen bliebe nichts als die singbarsten Stücke die Sie auswählen könnten.“

Erstdruck und Vertonung

Deetjen[1] zitiert eine Handschrift aus dem Goethe- und Schiller-Archiv: „Goethes Singspiel ‚Erwin und Elmire‘ erschien zuerst in seinen ‚Schriften‘ Band 5. 1788. Es wurde mehrfach komponiert, unter anderem auch von der Herzogin Anna Amalia.“

Weitere Vertonung stammen von:

Aufführung

Luise von Göchhausen[2] schrieb Anfang Juni 1796 an Goethe: „Wir gedenken Morgen Abend vor einer kleinen Gesellschaft bey verschloßnen Thüren Ihre Operette, Erwin und Elimire, zu spielen. Die Herzogin weiß nichts davon, und wir hoffen, ihr eine kleine Freude damit zu machen. Nun kommt die Bitte! Sie mögten uns das Theater, nebst denen dazu gehörigen 2 Decorationen und der Beleuchtung gütigst erlauben. Solte die Beleuchtung Schwürigkeiten machen, so wollen wir uns auch gern zu herbey schaffung der Lichter verstehn.“

Selbstzeugnisse

Goethe im Jahre 1828

„Schreibt mir bald wie es euch gefällt auch wie Erwin gefallen hat. Ihr müßt immer dencken daß diese Stücke gespielt und gesungen werden müssen, zum Lesen, auch zum blosen Aufführen hätte man sie viel besser machen können und müssen.“

– Brief Goethes vom Mai 1788 an Charlotte von Stein

„Ich habe zeither fleisig an meinen Operibus fort geboßelt und getüftelt. Erwin, Claudine, Lila, Jeri ist alles in bester Ordnung.“

– Brief Goethes vom 16. Februar 1788 aus Rom an Herzog Carl August

„Später Claudine von Villa Bella und Erwin und Elmire gelesen.“

– Goethes Tagebuch, Eintrag vom 15. August 1828

Literatur

Quelle
  • Johann Wolfgang von Goethe: Poetische Werke, Band 3. Phaidon, Essen 1999, ISBN 3-89350-448-6, S. 135 – 182.
Ausgaben
Sekundärliteratur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deetjen S. 185
  2. Deetjen S. 125

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