Erwin Kessler

Erwin Kessler

Erwin Kessler (* 29. Februar 1944 in Romanshorn) ist ein militanter Schweizer Tierschützer. Er ist heimatberechtigt in Felben-Wellhausen, Thundorf und Zürich. Sein Studium als Bauingenieur an der ETH Zürich hat er mit dem Doktortitel abgeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Verein gegen Tierfabriken

Nach Aussage des Journalisten Hans Stutz war Erwin Kessler in den 1970er Jahren Mitglied der Nationalen Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat (den heutigen Schweizer Demokraten).[1]

Vom Schweizer Tierschutz (STS) enttäuscht, gründete Kessler am 4. Juni 1989 den Verein gegen Tierfabriken (VgT) mit Sitz in Tuttwil, den er seither präsidiert. Heute ist er auch dessen hauptamtlicher Geschäftsführer. Gemäss den Statuten entscheidet der Vorstand über Massnahmen. Den Mitgliedern und der Bevölkerung wird nahegelegt, Tierquälereien zu melden. Der VgT besucht dann diese Betriebe heimlich und fotografiert. Er deckt dabei viele Verstösse gegen die Tierschutz-Gesetzgebung und damit kantonale Vollzugsdefizite auf. Diese Missstände machen gelegentlich auch vor bäuerlichen Betrieben nicht halt, die mit dem Bio Suisse-Label für besonders naturnahe und tiergerechte Produktion ausgezeichnet sind.

Der VgT prangert an, dass die Veterinärämter und Gerichte ihren vom Gesetz belassenen Auslegungsspielraum mehrheitlich zu Gunsten der Tierhalter einsetzen, etwa bei der Bemessung der Bussenhöhe oder mit der Akzeptierung von ein paar wenigen Halmen Stroh-Einstreu, mit denen die Schweine zwar halbwegs ihren Spieltrieb, nicht aber ihren Nestbau-Trieb befriedigen können. Es kommt gelegentlich vor, dass die teils unter wirtschaftlichem Druck der Marktöffnung stehenden Tierhalter kantonale Inspektoren tätlich bedrohen. Erwin Kessler und seine Mitarbeitenden wurden mehrfach tätlich angegriffen; umgekehrt attackierte Kessler einen 70-jährigen Landwirt mit Reizgas, als dieser ihn am Weitergehen hindern wollte. Ob es sich bei den Tierschutz-Missständen um Ausnahmefälle handelt oder ob sie aufs Ganze gesehen häufig sind, ist schwer abzuschätzen, da der VgT die von Beginn weg positiven Beispiele relativ selten erwähnt.

Juristische Auseinandersetzungen

Ab 1994 hatte Erwin Kessler die nach seiner Meinung unkorrekte Tierhaltung des Klosters Fahr im Visier. Im August 1998 verbot ihm das Obergericht des Kantons Aargau jegliche öffentliche Kritik an dieser Institution.

Erwin Kessler wurde bereits 1997 in einem ersten Prozess zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 45 Tagen verurteilt. Im zweiten Prozess 2001 wurde er vom zuständigen Bezirksgericht Bülach zunächst zu neun, später noch zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Das Zürcher Obergericht hat dieses Urteil – wegen Notwehrexzess und mehrfacher Verstösse gegen die Rassismus-Strafnorm im Zusammenhang mit seiner Kritik am betäubungslosen jüdischen und moslemischen Schächten – 2004 bestätigt. Das Urteil wurde dann durch das Kassationsgericht wieder aufgehoben, der Fall an das erstinstanzliche Bezirksgericht zurückgewiesen. Dieses hat ihn am 26. Oktober 2007 noch teilweise schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt.[2]

Einer der Rassismus-Anklagepunkte ist Kesslers Aussage in den VgT-Nachrichten, sinngemäss: Wenn die Juden weiterhin betäubungslos schächteten, seien sie nicht besser als ihre Nazi-Henker. Kessler lehnt das Schächten unter Betäubung nicht ab. Vor allem orthodoxe Juden wollen aber an dem jahrtausendealten Brauch unverändert festhalten. Das betäubungslose Schächten von Säugetieren ist in der Schweiz verboten, wird allerdings gelegentlich illegal praktiziert. Erlaubt ist es bei Geflügel, und der Schächtfleisch-Import ist allgemein frei, was Kessler ebenfalls stört.

Kessler ist in eine Vielzahl von Prozessen verstrickt. Jeder, der ihn Antisemit nennt, ihm Kontakte zur Revisionistenszene nachsagt oder eine seiner Tierschutzaktionen behindert, muss mit teuren und aufwendigen Prozessen rechnen. Dies obwohl das Bundesgericht bereits 2002 festgehalten hat, dass ein Artikel der Berner Tageszeitung Der Bund zulässig war, der Kessler Kontakte zur Neonazi- und Revisionistenszene vorwarf.[3] Andererseits hat Kessler in nicht den Antisemitismus betreffenden Menschenrechts-Prozessen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits zweimal Recht erhalten, das zweite Mal erst jüngst wegen Zensurierung eines Werbespots durch SF DRS[4]

Kessler hat eine Vielzahl von Bundesgerichts-Urteilen erwirkt, so u.a.: BGE 119 Ib 305, 120 IV 154, 123 II 402, 123 IV 97, 123 IV 211, 124 I 267, 129 II 35, 129 III 49, 134 I 286, 134 II 120.

Publizistisches Wirken

Erwin Kessler schrieb ein Buch zum Thema „Tierfabriken in der Schweiz“. Von ihm verfasste Artikel wurden in der Mythen-Post und in seiner Hauszeitschrift, den VgT-Nachrichten, veröffentlicht.

  • Tier-Fabriken in der Schweiz. Fakten und Hintergründe eines Dramas. Orell Füssli, Zürich 1991 (Kompletter Text online)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Den Letzten beisst Kessler, Erwin von Hans Stutz, ursprünglich in der WOZ vom 14. April 2005 erschienen
  2. http://www.vgt.ch/justizwillkuer/schaechtprozess-2/urteil-bezger-071026.pdf Text des Gerichtsurteils vom 26. Oktober 2007 (als PDF-Datei)
  3. Siehe das Gerichtsurteil vom 13. November 2002 oder den NZZ-Artikel vom 28. Dezember 2002
  4. VgT-Nachrichten, Ausgabe Juli 2009

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