Erschöpfung (Recht)

Erschöpfung (Recht)

Der Begriff der Erschöpfung kommt aus dem Immaterialgüterrecht. Er besagt, dass sich ein Schutzrechtsinhaber (etwa eines Patents, einer Marke oder eines Urheberrechts) bezüglich dieses konkreten Produkts nicht mehr auf sein Schutzrecht berufen kann, sofern es einmal mit dessen Willen in Verkehr gebracht ist.

Inhaltsverzeichnis

Beispiel

Wurde ein Gegenstand, der auf einer patentierten Lehre basiert, vom Patentinhaber an einen Dritten willentlich verkauft, so darf der Dritte (zumindest im privaten Bereich) den patentierten Gegenstand weiterverkaufen, ohne dass ihm dies der Patentinhaber gem. §§139 i.V.m. 9 PatG verbieten darf.

Hintergrund

Immaterialgüterrechte gewähren aus ökonomischer Sicht staatliche Monopolrechte. Der Rechtsinhaber hat regelmäßig viel Zeit und Geld zur Erzeugung der geschützten Information aufgebracht. Deshalb soll das Schutzrecht sicherstellen, dass er die Monopolerlöse aus dem Verkauf der patentierten Gegenstände erhält. Dieser Schutzzweck ist jedoch dann erreicht, wenn der Rechtsinhaber den Gegenstand gegen Entgelt in Verkehr gebracht hat. Seine weiteren Befugnisse an der konkreten Sache (nicht an der gesamten geschützten Information) sind damit erschöpft.

Geltungsbereich

Der Erschöpfungsgrundsatz gilt sowohl nationalstaatlich als auch im Europäischen Wirtschaftsraum.

Für die europaweite Erschöpfung ergeben sich hingegen Besonderheiten. Denn eine der Zielsetzungen der Europäischen Union ist die Verwirklichung eines einheitlichen Binnenmarktes (siehe Europäischer Binnenmarkt). Dies umfasst insbesondere die Abschaffung von handelsbeschränkenden Maßnahmen. Die (nationalen) gewerblichen Schutzrechte begründen jedoch Ausschließlichkeitsrechte, indem sie dem Inhaber eine Monopolstellung gewähren, und beschränken so faktisch den Binnenmarkt. Andererseits bieten gewerbliche Schutzrechte einen großen Anreiz zur wirtschaftlichen Fortentwicklung. Zudem würde die EU in die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten eingreifen, wenn sie erklären würde, dass sich die (national gewährten) Immaterialgüterrechte durch Inverkehrbringen in einem Mitgliedstaat auch in allen anderen erschöpfte. Dieses Spannungsverhältnis gilt es aufzulösen.

Rechtlicher Hintergrund: Dieses Spannungsverhältnis ergibt sich auch aus Regelungen des EG-Vertrages (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft). In den Normen des Art. 28, 30 EGV ist das Ziel des einheitlichen Binnenmarktes geregelt, in Art. 295 EGV ein Gebot für die EG, nicht in die nationalstaatlichen Eigentumsordnungen einzugreifen.

Der EuGH löst dieses Spannungsverhältnis z. B., indem er festlegt, dass (nur) nicht in Maßnahmen eingegriffen werden darf, die zum Schutz des spezifischen Gegenstandes (Kern des Schutzrechts) gehören. Das Importrecht (z. B. beim Parallelimport) ist nicht Kernbestand des Schutzrechts. Daher sind Parallelimporte zulässig.

Das Schweizerische Bundesgericht hat sich im Kodak-Entscheid für die nationale Erschöpfung von Patentrechten entschieden. Für andere Immaterialgüterrechte gilt jedoch die internationale Erschöpfung.

Wichtige Entscheidungen

  • USSC Quanta Computer v. LG Electronics
  • BGH „Handhabungsgerät“
  • Kodak-Entscheid

Weblinks

Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Erschöpfung — 1. Grundsatz: E. bezeichnet den Umstand, dass die von ⇡ gewerblichen Schutzrechten und ⇡ Urheberrechten dem Rechtsinhaber vorbehaltenen Befugnisse nicht so weit reichen, dass er auf den weiteren Verkehr mit den geschützten Gegenständen Einfluss… …   Lexikon der Economics

  • Recht auf Faulheit — Das Recht auf Faulheit (Im Original: »Le droit à la paresse«) ist eine literarisches Werk von Paul Lafargue aus dem Jahre 1880 zur Widerlegung des »Rechts auf Arbeit« von 1848. Es handelt sich um die bekannteste Schrift Lafargues. Sie erschien… …   Deutsch Wikipedia

  • Das Recht auf Faulheit — (Im Original: »Le droit à la paresse«) ist ein literarisches Werk von Paul Lafargue aus dem Jahre 1880 zur Widerlegung des »Rechts auf Arbeit« von 1848. Es handelt sich um die bekannteste Schrift Lafargues. Sie erschien zuerst in… …   Deutsch Wikipedia

  • Exklusionsrecht — Unter Geistigem Eigentum (auch intellektuelles Eigentum, engl. intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen Gütern verstanden. Geistiges Eigentum wird daher auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Inhaber eines solchen Rechts… …   Deutsch Wikipedia

  • Gewerblicher Rechtsschutz — Unter Geistigem Eigentum (auch intellektuelles Eigentum, engl. intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen Gütern verstanden. Geistiges Eigentum wird daher auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Inhaber eines solchen Rechts… …   Deutsch Wikipedia

  • Gewerbliches Schutzrecht — Unter Geistigem Eigentum (auch intellektuelles Eigentum, engl. intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen Gütern verstanden. Geistiges Eigentum wird daher auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Inhaber eines solchen Rechts… …   Deutsch Wikipedia

  • IP-Hersteller — Unter Geistigem Eigentum (auch intellektuelles Eigentum, engl. intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen Gütern verstanden. Geistiges Eigentum wird daher auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Inhaber eines solchen Rechts… …   Deutsch Wikipedia

  • Immaterialgüter — Unter Geistigem Eigentum (auch intellektuelles Eigentum, engl. intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen Gütern verstanden. Geistiges Eigentum wird daher auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Inhaber eines solchen Rechts… …   Deutsch Wikipedia

  • Immaterialgüterrecht — Unter Geistigem Eigentum (auch intellektuelles Eigentum, engl. intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen Gütern verstanden. Geistiges Eigentum wird daher auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Inhaber eines solchen Rechts… …   Deutsch Wikipedia

  • Immaterielle Monopolrechte — Unter Geistigem Eigentum (auch intellektuelles Eigentum, engl. intellectual property) werden absolute Rechte an immateriellen Gütern verstanden. Geistiges Eigentum wird daher auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Inhaber eines solchen Rechts… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”