Ernst Uhrlau

Ernst Uhrlau
Ernst Uhrlau (re.) mit Wolfgang Ischinger, 2009

Ernst Uhrlau (* 7. Dezember 1946 in Hamburg) ist Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) und Mitglied der SPD.

Nach dem Abitur 1967 studierte Uhrlau Politikwissenschaft, Soziologie und Volkswirtschaft an der Universität Hamburg. 1974 wurde er Lehrer an der Landespolizeischule Hamburg; von 1975 bis 1981 war er als persönlicher Referent und Leiter des Senatorenbüros in der hamburgischen Behörde für Inneres tätig. Im Anschluss war er von 1981 bis 1991 stellvertretender Leiter des Landesamtes für Verfassungs­schutz in Hamburg und von 1991 bis 1996 als dessen Leiter tätig. 1996 wurde Ernst Uhrlau zum Hamburger Polizeipräsidenten ernannt.

Karriere in Berlin

1998 wechselte Uhrlau in die Hauptstadt, wo er als Ministerialdirektor Leiter der Abteilung VI (Bundes­nachrichtendienst, Koordinierung der Nachrichten­dienste des Bundes) im Bundeskanzleramt wurde. Als Vertreter des Geheimdienstkoordinators – des Chefs des Bundes­kanzleramtes – war Uhrlau dort die Schnittstelle zwischen Bundes­regierung und dem Bundes­nachrichtendienst, dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD). Zu den bekannt gewordenen Erfolgen seiner Arbeit gehört der von Uhrlau als „ehrlichem Makler“ vermittelte Gefangenen­austausch im Januar 2004 zwischen Israel und der libanesisch-schiitischen Terrorbewegung Hisbollah.[1]

Seit dem 1. Dezember 2005 ist Uhrlau als Nachfolger von August Hanning Präsident des Bundes­nachrichtendienstes. Sein erster Fall in diesem Amt war die Entführung der Susanne Osthoff.[2]

Im Skandal um die Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled al Masri gab Uhrlau 2006 zu, dass der BND informiert war, diese Information jedoch nicht sofort weitergegeben hatte.[3] Die Bundesregierung verfügte eine Reorganisation der BND-Spitze, durch die Uhrlau seitdem drei Vizepräsidenten zur Seite stehen.[4]

Positiv wahrgenommen wurde die Rolle des BND bei den Ermittlungen zur Steuerflucht nach Liechtenstein und die erneute Vermittlung bei einem weiteren Austausch zwischen Israel und Hisbollah.[5]

Im April 2008 wurde Uhrlau mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, nachdem der Bundes­nachrichtendienst 2006 den afghanischen Handels- und Industrieminister Amin Farhang überwachte und dabei auch E-Mails der Spiegel-Reporterin Susanne Koelbl mitgeschnitten hatte.[6] [7] In einem persönlichen Gespräch habe sich Uhrlau laut Koelbl bei ihr entschuldigt.[8]

Ein weiterer Rückschlag war die Verhaftung dreier BND-Agenten im Kosovo nach dem Bombenanschlag auf die EU-Vertretung in Priština, über die Uhrlau von seiner eigenen Behörde nicht informiert wurde.[9] [10] [11]

Im Zusammenhang mit der Untersuchung, inwiefern deutsche Geheimdienstinformationen den Irakkrieg unterstützt haben, klagte Uhrlau über die „Skandalisierung von Aktionen, die im geheimen Regierungsbericht zu den Vorwürfen längst dargelegt sind. Wir sitzen am kürzeren Hebel: Die Geheimhaltungsvorschriften hindern uns oft, Vorhaltungen zu widerlegen, indem wir den wahren Sachverhalt an die Öffentlichkeit bringen.“[12]

Uhrlau wird am 1. Januar 2012 als Chef des Bundesnachrichtendienstes abgelöst von Gerhard Schindler (FDP).[13]

Uhrlau ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Söhne.

Weblinks

 Commons: Ernst Uhrlau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ulrike Putz: GEFANGENEN-AUSTAUSCH IN NAHOST - Lässt Deutschland für Israel drei Terroristen frei? In: Spiegel vom 26. Januar 2004.
  2. MARTIN KLINGST: Der Schweiger. In: DIE ZEIT Nr. 49 vom 1. Dezember 2005
  3. pca: Nicht kriegsentscheidend FAZ vom 2. Juni 2006
  4. Hubert Gude: Stets zu Diensten - Nach Pleiten und Affären im Bundesnachrichtendienst muss BND-Chef Uhrlau viele Kompetenzen abgeben FOCUS Nr. 44 (2007)
  5. Gefangenenaustausch: Ehrliche Makler zwischen Hizbullah und Israel FAZ vom 15. Juli 2008
  6. Spiegel Online: Der Herr der Spione darf bleiben
  7. THORSTEN JUNGHOLT UND JOACHIM PETER: BND-SPITZELAFFÄRE: Aktion Kuhhandel oder warum Ernst Uhrlau bleibt Welt vom 24. April 2008
  8. Wer kontrolliert die deutschen Geheimdienste? 25. November 2008
  9. "BND-CHEF UHRLAU: Ahnungslos an der Spitze In: Tagesspiegel vom 8. Dezember 2008
  10. Andreas Förster: Auf Abruf In: Berliner Zeitung vom 1. Dezember 2008.
  11. SCHARFE KRITIK NACH PANNENSERIE: Kanzleramt attackiert BND-Chef Uhrlau SpiegelOnline vom 7. Dezember 2008
  12. BND-CHEF ERNST UHRLAU: „Der 11. September ist nicht wiederholbar“ Interview mit dem Tagesspiegel vom 8. September 2008.
  13. FDP-Mitglied Schindler soll BND-Chef werden, tageschau.de, 29. Oktober 2011

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