Ernst Lautz

Ernst Lautz
Roland Freisler ernennt Lautz zum Generalstaatsanwalt beim Landgericht Berlin am 31. August 1936
Ernst Lautz während der Nürnberger Prozesse

Ernst Lautz (* 13. November 1887 in Wiesbaden; † 22. Januar 1977 in Lübeck[1]) war ein nationalsozialistischer deutscher Jurist. Er war Oberreichsanwalt im Deutschen Reich und wurde im Juristenprozess zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lautz wurde nach seinem juristischen Examen zunächst Soldat im Ersten Weltkrieg und war ab 1920 Staatsanwalt in Neuwied. 1930 wechselte er als Oberstaatsanwalt nach Berlin ans Landgericht und Kammergericht. Er war Mitglied der Deutschen Volkspartei. 1936 wurde er Generalstaatsanwalt in Berlin und wechselte 1937 nach Karlsruhe. Lautz, der im Mai 1933 der NSDAP beigetreten war, wurde ab dem 1. Juli 1939 als Oberreichsanwalt am Volksgerichtshof als Ankläger tätig. Er nahm an der Tagung der höchsten Juristen des Reiches am 23. und 24. April 1941 in Berlin teil, bei der Viktor Brack und Werner Heyde über die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ in den Gaskammern der Aktion T4 informierten. Er war im Verfahren gegen Beteiligte des Attentats vom 20. Juli 1944 Vertreter der Anklage. Zusammen mit Roland Freisler wandte er sich am 30. Januar 1945 mit einem Appell an die Deutsche Justiz, um die Ergebenheit zum „Führer“ zu bekräftigen.

Verurteilung als Kriegsverbrecher

Lautz wurde am 14. Dezember 1947 im Nürnberger Juristenprozess zu zehn Jahren Haft verurteilt, da er in verbrecherischer Weise in die Durchführung der Polen- und Judenstrafrechtsverordnung verwickelt war, die von Franz Schlegelberger verfasst worden war. Am 1. Februar 1951 wurde er vorzeitig aus der Haft im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen (wie auch Schlegelberger).

Skandal um die Pension

Lautz lebte nach seiner Haftentlassung bis zu seinem Tode in Lübeck. Das Pensionsamt in Kiel[2] hatte seine Pensionsansprüche seit dem 1. Dezember 1952 (1951 und 1952 bestand Anspruch auf seine Stellung und Gehalt als Oberreichsanwalt) eines Oberreichsanwalts auf die 1936 unter den Nationalsozialisten erfolgte Beförderung zum Generalstaatsanwalt beim Kammergericht in Berlin „gekürzt“. Der von den Stuttgarter Nachrichten im Dezember 1956 (nach fünf Jahren) aufgedeckte politische Skandal in der Bundesrepublik führte nach weiteren fünf Jahren disziplinarrechtlicher juristischer Gefechte (es ging auch darum, mit welchem Titel man ihn ansprechen durfte: „Oberreichsanwalt a.D.“) schließlich zu einer „Gnadenpension“ von 600 DM. Ein von Eugen Gerstenmaier angestrebtes Verfahren kam nicht zustande, da der Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen vom 26. Mai 1952 eine nochmalige Verurteilung durch deutsche Gerichte verbot.

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich – Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 360.
  • Lothar Gruchmann: Justiz im Dritten Reich 1933–1940. Anpassung und Unterwerfung in der Ära Gürtner. 3. verbesserte Auflage. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-53833-0, (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 28).
  • Munzinger-Archiv, Internationales Biographisches Archiv 5/1961.

Einzelnachweise

  1. Peter Voswinckel: Geführte Wege. Die Lübecker Märtyrer in Wort und Bild. Kevelaer 2010, ISBN 978-3-7666-1391-2, S. 199. Nach Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich – Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 360 starb Lautz am 21. Januar 1979.
  2. Schleswig-Holstein ging unter den Bundesländern besonders großzügig mit seiner Karriere um. Siehe die Verhaftung von Werner Heyde 1959 in Flensburg. Siehe auch das Wirken des Staatssekretärsohnes und CDU-Ministers Hartwig Schlegelberger

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lautz — ist der Name folgender Personen: Ernst Lautz (1887–1979), deutscher Jurist Julius von Lautz (1903–1980), deutscher Politiker Ludwig Lautz (1830–1884), deutscher Bankier und Politiker Diese Seite ist eine …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Lat–Laz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Juristen-Prozess — Der Nürnberger Juristenprozess fand vom 17. Februar 1947 bis zum 4. Dezember 1947 als dritter der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus im Nürnberger Justizpalast vor einem …   Deutsch Wikipedia

  • Juristenprozess — Der Nürnberger Juristenprozess fand vom 17. Februar 1947 bis zum 4. Dezember 1947 als dritter der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus im Nürnberger Justizpalast vor einem …   Deutsch Wikipedia

  • Nürnberger Juristenprozess — Der Nürnberger Juristenprozess fand vom 17. Februar 1947 bis zum 4. Dezember 1947 als dritter der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus im Nürnberger Justizpalast vor einem …   Deutsch Wikipedia

  • Oberreichsanwaltschaft — Die Oberreichsanwaltschaft war eine Reichsoberbehörde im Geschäftsbereich des Reichskanzleramtes; ab 1918 war sie dem Geschäftsbereich des Reichsjustizministeriums zugeordnet. Nach § 143 Abs. 1 Nr. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) alter… …   Deutsch Wikipedia

  • Oberreichsanwalt — Brief des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof am 16. Mai 1944 an die Staatsanwaltschaft Kiel Die Oberreichsanwaltschaft war eine Reichsoberbehörde im Geschäftsbereich des Reichskanzleramtes; ab 1918 war sie dem Geschäftsbereich des… …   Deutsch Wikipedia

  • Лаутц, Эрнст — Эрнст Лаутц Ernst Lautz Имя при рождении: Эрнст Лаутц Род деятельности: юстиция Дата рождения …   Википедия

  • Liste von Persönlichkeiten der Stadt Wiesbaden — Diese Liste enthält in Wiesbaden geborene Persönlichkeiten sowie solche, die in Wiesbaden ihren Wirkungskreis hatten, ohne dort geboren zu sein. Beide Abschnitte sind jeweils chronologisch nach dem Geburtsjahr sortiert. Die Liste erhebt keinen… …   Deutsch Wikipedia

  • List of Axis war criminals — The following is a list of people suspected of committing war crimes on behalf of Nazi Germany or any of the Axis Powers during World War II. It does not include people from Allied countries who were suspected of treason.The Nuremberg Trials*… …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”