Ernst Heinkel

Ernst Heinkel
Ernst Heinkel

Ernst Heinkel (* 24. Januar 1888 in Grunbach; † 30. Januar 1958 in Stuttgart; vollständiger Name: Ernst Heinrich Heinkel) war ein deutscher Ingenieur und Flugzeug-Konstrukteur.

Inhaltsverzeichnis

1908 bis 1911 – Der Beginn

Ernst Heinkel beschäftigte sich schon früh mit der damals noch jungen Fliegerei. Zunächst begann seine Karriere mit einem Maschinenbau-Praktikum in einer Erzgießerei. Mit dem Herbstsemester 1907 begann Ernst Heinkel sein Studium an der Technischen Hochschule Stuttgart in der Fachrichtung Maschinenbau. Er gehört zur Burschenschaft Ghibellinia. Als Student erlebte er das Zeppelinunglück vom 5. August 1908 in Echterdingen bei Stuttgart und für ihn wurde klar, dass die Zukunft der Luftfahrt in Flugzeugen bestand. Nach dem Unglück beschäftigte er sich mit dem Flugzeugbau, der in Deutschland allmählich begann. 1909 besuchte er in Frankfurt am Main die erste internationale Flugschau in Deutschland. Schon ein Jahr später baute er sein erstes eigenes Flugzeug nach den Planvorlagen von Henri Farman. Es folgten unzählige Flugversuche auf dem Cannstatter Wasen, die er fast mit seinem Leben bezahlte: Am 19. Juli 1911 stürzte Heinkel aus 40 Meter Höhe über Untertürkheim ab und verletzte sich schwer.

1911 bis 1922 – Erste Flugzeuge

Trotz des Unfalles war Heinkel jetzt klar, dass er Flugzeuge bauen wollte. Am 1. Oktober 1911 ging er als Konstrukteur zur Luft-Verkehrs-Gesellschaft A.G. (L.V.G.). Die L.V.G. baute 1911 unter Chefkonstrukteur Franz Schneider nur zwei Doppeldecker, Typ D 3, in der Bauart der Albatros Flugzeugwerke, die wiederum auf den Farman-Doppeldeckern beruhten. 1912 baute man einen verbesserten Doppeldecker mit verkleidetem Bug, von dem 18 Stück an die Heeresverwaltung verkauft wurde, und einen Eindecker heraus. In dieser Zeit heiratete Heinkel.

Im Dezember 1912 ging er zu den Albatros Flugzeugwerken, wo er sein erstes eigenes Flugzeug, die Albatros B.II, einen Aufklärer, entwickelte. Während des gesamten Ersten Weltkriegs kam dieser Flugzeugtyp zum Einsatz. 1914 ging Ernst Heinkel als Werksdirektor zu den Hansa- und Brandenburgische Flugzeug-Werken, für die er unter anderem einige Wasserflugzeuge, darunter das Flugboot Hansa-Brandenburg CC und den Hansa-Brandenburg KDW entwarf.

Durch die Auflagen des Friedensvertrages von Versailles konnte Heinkel nach dem Krieg zunächst keine Flugzeuge bauen. Er gründete in seinem Heimatort Grunbach eine kleine Werkstatt, in der er Militärfahrzeuge umrüstete. Um 1920 konstruierte Heinkel für die Caspar-Werke in Travemünde einige Weiterentwicklungen seiner Hansa-Brandenburg-Maschinen, die ab 1921 von der Svenska Aero AB in Lidingö unter Mitarbeit von Carl Clemens Bücker, dem Gründer der späteren Bücker Flugzeugbau, montiert wurden.

Heinkel (links) bei der Erprobung im Windkanal

1922 bis 1933 – Die Heinkel Flugzeugwerke

1922 gründete Ernst Heinkel in Rostock-Warnemünde sein eigenes Unternehmen, die Ernst Heinkel Flugzeugwerke. Aufgrund der Auflagen des Versailler Vertrages durften in Deutschland Flugzeuge nur mit technischen und zahlenmäßigen Einschränkungen gebaut werden. Dies führte dazu, dass Ernst Heinkel ausländische Auftraggeber suchte, für die er Flugzeuge entwarf, die dann unter Lizenz im Ausland gebaut werden konnten. Einen solchen Partner fand er in der Kaiserlich Japanischen Kriegsmarine, für die Heinkel katapultgestartete Wasserflugzeuge – lizenzbasiert – in Schweden bei Svenska Aero AB bauen ließ. In Deutschland wurden seine Katapult-Wasserflugzeuge hingegen nur in der zivilen Seefahrt als Postflugzeuge auf den großen Passagierschiffen installiert.

Die im Auftrag der Deutschen Lufthansa entwickelte Heinkel He 70 war das mit Abstand schnellste Passagierflugzeug seiner Zeit. Die Maschine erreichte mit leistungsschwächeren deutschen Motoren 1932 bereits eine Geschwindigkeit von über 370 km/h, mit stärkeren britischen Rolls-Royce-Motoren über 400 km/h.

Aufgrund der Pionierleistungen im Bereich der aerodynamischen Verbesserungen der Flugzeugzelle wurde Ernst Heinkel zum Ehrendoktor ernannt. 1925 verlieh ihm die Technische Hochschule Stuttgart und 1932 die Universität Rostock diesen Ehrentitel, der ihn berechtigte, mit „Doktor Heinkel“ angesprochen zu werden.

1933 bis 1945 – Zeit des Nationalsozialismus

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 wurde Heinkel Mitglied der NSDAP.[1] Im selben Jahr begann die vorerst noch geheim gehaltene neue deutsche Luftwaffe mit der Beauftragung von Flugzeugwerken zur Entwicklung und Herstellung von Kampfflugzeugen. Die HE 111, ein zweimotoriger ursprünglich als Verkehrsflugzeug geplanter Bomber, fand dabei besondere Beachtung durch die Luftwaffenführung. In Oranienburg (Heinkel-Werke Oranienburg) nahe Berlin wurde zwischen 1936 und 1937 eigens ein großes Werk zur Fertigung der He 111 errichtet, das bei Staatsbesuchen als Vorzeigewerk und Symbol deutscher Industrieleistung präsentiert wurde. Obwohl diese Anlage den Namen „Ernst Heinkel Werke“ trug, war sie ausschließlich Eigentum der deutschen Luftwaffe und wurde erst später von Ernst Heinkel selbst gekauft.[2]

1937 wurde Ernst Heinkel zum Wehrwirtschaftsführer ernannt, ungeachtet der häufigen Auseinandersetzungen zwischen Heinkel und den Behörden der NSDAP, insbesondere der SS.

Herrenabend der Lilienthal-Gesellschaft im Neuen Palais zu Potsdam am 11. Oktober 1938, v. l. Ernst Udet, Erhard Milch und Ernst Heinkel, Aufnahme aus dem Bundesarchiv

Ernst Heinkel war besessen von der Idee, Hochgeschwindigkeitsflugzeuge zu entwickeln. Deshalb spendete er Wernher von Braun einige seiner Flugzeuge, damit von Braun an diesen seinen neuartigen Raketenantrieb erproben konnte. 1938 wurde mit der He 176 das erste mit Flüssigtreibstoff betriebene Raketenflugzeug der Welt getestet. In Hans von Ohain fand Heinkel den richtigen Visionär, denn sie teilten beide die gleiche Leidenschaft. Heinkel stellte von Ohain als Chefingenieur in seinen Werken an und dieser entwickelte mit seinem Team das Heinkel HeS 3, das erste Strahltriebwerk der Welt. Am 27. August 1939 startete das erste Düsenflugzeug, die He 178, der Heinkel Flugzeugwerke auf dem Flughafen Rostock-Marienehe.

1938 wurde Ernst Heinkel neben Ferdinand Porsche und Fritz Todt mit dem 1937 von Adolf Hitler neu gestifteten Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet, den er sich mit Willy Messerschmitt zur Hälfte (50.000 Reichsmark) teilte.

1939 erwarb Heinkel in Jenbach (Tirol) ein zuvor „arisiertes“ Metallwerk, das er technologisch erneuerte und auf Leichtmetallproduktion umstellte.

Ernst Heinkel war der Typus eines eigenbrötlerischen Erfinder-Unternehmers und verfolgte eine Firmenstrategie, immer neue Werke und Tätigkeitsbereiche zu akquirieren. Mit seinem hierbei eingeschlagenen forschen Tempo zog er sich jedoch die Kritik maßgeblicher Vertreter der Rüstungswirtschaft zu und musste sich schließlich einer von der Rüstungsbehörde vorgegebenen finanziellen Konsolidierung beugen, die sich 1943 in der Gründung der „Ernst Heinkel AG“ (EHAG) niederschlug. Mit der Konstruktion der AG wurde Heinkels direkter Einfluss auf seine Betriebe mit einer Belegschaft von rund 50.000 Menschen, vorwiegend Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, vorerst gestoppt. Zwar behielt er zwei Drittel des Gesellschaftskapitals, musste sich aber mit dem Posten eines Aufsichtsratsvorsitzenden begnügen.

Ein Großteil der Heinkel-Werke wurde 1945 zerstört bzw. enteignet und demontiert.

Der „Förderkreis Luft- und Raumfahrt Mecklenburg-Vorpommern e. V.“ in Rostock widmet seit 1993 seine Aktivitäten unter anderem der Luftfahrtgeschichte (Suche, Restaurierung, Erhalt von Gegenständen und Dokumenten).

1945 bis 1958 – Nachkriegszeit

Die Beurteilung von Heinkels Rolle im Nationalsozialismus führte, vor allem durch von ihm selbst geschönte Darstellungen und Legenden um seine Person, zu Zerwürfnissen. Heinkel ließ bereits im Oktober 1945 eine Broschüre verteilen, die den Titel „Die Beziehungen von Herrn Prof. Dr. Ernst Heinkel zum Nationalsozialismus“ trägt und in der er sich zum Opfer und Gegner des NS-Regimes stilisierte. In einem Brief an die Entnazifizierungsbehörde teilte Heinkel mit: „Ich bin ja als Antifaschist bekannt […] Seit 1933 bin ich Parteigenosse, aber nie Nazi gewesen, ich hatte dauernd Krach mit den Gauleitern, Kreisleitern usw.“[3] Ernst Heinkel wurde 1948 verhaftet und zunächst als „Mitläufer“ des NS-Regimes, nach dem Berufungsverfahren jedoch aufgrund seiner Nähe zu dem Widerstandskreis von Canaris vor Kriegsende als „Entlasteter“ von den Alliierten eingestuft.

Sein Versuch, das 1939 erworbene Werk im österreichischen Jenbach, das nach Kriegsende als „Deutsches Eigentum“ eingestuft worden war, zurückzubekommen, scheiterte.

1950 begann der Neubeginn der Heinkel-Werke in Stuttgart mit der Produktion von Motoren, unter anderem für Veritas (Automobilhersteller). Ab 1953 wurden Motorroller gebaut. Diese „Heinkel Tourist“ genannten Roller mit Viertaktmotor und in Öl laufendem Kettenantrieb wurden schnell wegen ihrer Robustheit berühmt. Im Jahr 1954 gründete Heinkel die „Ernst Heinkel Motorenbau GmbH“ in Karlsruhe. 1955 erweiterten die Heinkel-Werke das Sortiment um Kabinenroller. Ab 1958 kehrten die Heinkel-Werke in Speyer mit der erneuten Flugzeugentwicklung unter dem Namen Ernst Heinkel-Flugzeugbau zu ihren Wurzeln zurück. Die Firma ging 1964 in der Vereinigte Flugtechnische Werke GmbH (VFW) – Fokker GmbH auf, die heute unter PFW Aerospace AG firmiert.

Auszeichnungen

Literatur

  • Ernst Heinkel: Meine Flugzeuge im Großdeutschen Freiheitskampf. Berlin 1941.
  • Karl Heinz Jahnke: Ernst Heinkel und die Stadt Rostock. Eine Dokumentation. Satow 2002.
  • Peter Schubert: Geschichte der Luft- und Raumfahrt in Mecklenburg-Vorpommern. Rostock.
  • Jürgen Thorwald (Hrsg.), Ernst Heinkel: Stürmisches Leben. Stuttgart 1953.
  • Gerhard Lau: Der entlastete Techniker oder auch: Meine Begegnung mit Ernst Heinkel. Rostock o.J. (d.i.2008), ISBN 978-3-934116-77-1.
  • Norbert Rohde: Historische Militärobjekte der Region Oberhavel, Band 1, Das Heinkel-Flugzeugwerk Oranienburg. Velten Verlag GmbH, Leegebruch 2006, ISBN 3-9811401-0-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. aktualisierte Auflage, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2005, S. 239.
  2. Norbert Rohde, S. 56, 167, 168
  3. zit. nach: Paul Erker: Ernst Heinkel. Die Luftfahrtindustrie im Spannungsfeld von technologischem Wandel und politischen Umbruch. In: Deutsche Unternehmer zwischen Kriegswirtschaft und Wiederaufbau. München 1999, S. 253.

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