Emo-Rock

Emo-Rock

Emo (Emotional Hardcore; engl. [ˈiːmoʊ], dt. auch [ˈeːmo]) bezeichnet ursprünglich ein Subgenre des Hardcore-Punk, auch Emocore genannt, das sich durch das stärkere Betonen von Gefühlen wie Verzweiflung und Trauer sowie durch die Beschäftigung mit gesellschaftlichen, politischen und zwischenmenschlichen Themen auszeichnet.

Ungefähr seit dem Jahre 2000 wird mit Emo auch ein jugendkulturelles Modephänomen bezeichnet, das mit dem gleichnamigen Musikstil nur mittelbar in Verbindung steht.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Probleme

Generell gestaltet sich die Definition von Emo schwierig, weil die Genre-Bestimmung und die daraus resultierende musikalische Einteilung innerhalb der Hardcore/Punk-Szene – zumindest in den Anfangstagen – nicht in diesem Maße vorhanden war. Viele sehen den Begriff – ähnlich wie beim Grunge – als einen von außen hineingetragenen Musikbegriff für eine Art von Musik, die so gar nicht abgrenzbar ist.

Guy Picciotto, der unter anderem in der Band Rites of Spring spielte, sagte dazu in einem Interview:

„I’ve never recognized ‚emo‘ as a genre of music. I always thought it was the most retarded term ever. I know there is this generic commonplace that every band that gets labeled with that term hates it. They feel scandalized by it. But honestly, I just thought that all the bands I played in were punk rock bands. The reason I think it’s so stupid is that – what, like the Bad Brains weren’t emotional? What – they were robots or something? It just doesn’t make any sense to me.“[1]

(Auf Deutsch etwa: „Für mich war ‚Emo‘ nie ein Musikgenre. Ich hielt es für den dümmsten Begriff überhaupt. Es gibt diese Binsenweisheit, dass alle Bands, die als Emo bezeichnet werden, den Begriff hassen, sie fühlen sich stigmatisiert. Ehrlich gesagt dachte ich, all die Bands, in denen ich spielte, seien Punkrockbands. Emo halte ich für einen dämlichen Begriff, schließlich spielen auch Bands wie die Bad Brains emotionale Musik, das sind ja schließlich keine Roboter oder sowas. Es ergibt schlicht keinen Sinn.“)

Ein zusätzliches Problem der Abgrenzung ist durch das seit Beginn der 2000er Jahre entstandene Modephänomen entstanden. Dieses bezieht sich auf bestimmte Haarschnitte und Kleidungsstücke, die ursprünglich von bestimmten, dem Genre assoziierten Bands getragen wurden. Mit diesem Stil werden heute allerdings zumeist Bands in Verbindung gebracht, die zumindest im engeren Sinne nicht dem gleichnamigen Musikgenre angehören (siehe auch Emo und Mode sowie Emo und Indierock)

Entstehung

Als Ursprung von Emo gilt die sogenannte Washington D.C.-Hardcore-Punk-„Schule“, die neben den Westcoast-Gruppen und später dem New York Hardcore (NYHC) als die wichtigste und stilbildendste in der Hardcore-Bewegung gilt. Bands wie Minor Threat, Government Issue oder auch die frühen Bad Brains prägten den Hardcore-Punk aus Washington. Schon Anfang der achtziger Jahre suchten einige Musiker innerhalb der Hardcore/Punk-Szene Wege, um eine Antwort auf die zunehmende Härte und den Machismo – also Umgangsformen, die nicht viel mit den Hardcore-Idealen zu tun haben – von Teilen innerhalb der Hardcore-Szene zu finden.

Stattdessen wollten sie offen Emotionen und Gefühle zeigen und dies auch in ihren Songs verarbeiten, und dies ist – trotz aller fortschrittlicher Gedanken im Hardcore – in der damaligen rauen, eher pessimistisch denkenden, Hardcore-Szene schon ein wenig verpönt.

Als wichtiger Wegbereiter gilt die Band Rites of Spring, die Mitte der 1980er Jahre aktiv war. Vorher hatte schon die Band Hüsker Dü aus Minneapolis emotionale Passagen in ihre Lieder eingebaut und Liebe und Verzweiflung thematisiert. Nachdem Rites of Spring aufgelöst wurde, formierten sich wenig später die Bands Embrace und Fugazi, die beide zu den wichtigsten Bands im Emo und Post-Hardcore-Bereich zählen.

Die Pionierband des Genres, Fugazi, live, 2002

Inspiriert von dem als klassischen D.C. Sound[2] bekannt gewordenen Emo- bzw. Hardcore-Punkklängen bildeten sich Ende der achtziger Jahre weitere Bands wie Nation of Ulysses, Shudder To Think und Fire Party, die den Post-Hardcore/Emo weiterentwickelten. Vor allem die ebenfalls zu dieser Zeit existierende Band Moss Icon trug zum Sound des Emos bei. So wurde das – heute bekannte – Laut/Leiseschema und der Wechsel zwischen geschrienem und clean gesungenem Gesang von vielen nachfolgenden Bands übernommen (siehe unten).

Andy Radin, ehemaliger Bassist bei der Screamo-Band Funeral Diner, beschreibt den Stil und Einfluss von Moss Icon so:

„Moss Icon strips the 'emo' element down to the core, and adds a great deal of intricate, arpeggiated guitar melody (by Tonie Joy, later of Born Against, Lava, Universal Order of Armageddon, etc.) with a strong focus on loud/soft dynamics. The vocals, too, break new ground by building up to actual top-of-the-lungs screaming at songs' climaxes.“[3]

Nach einiger Zeit entstanden auch in anderen Hardcore-Zentren Emo-Bands, an der Westküste sowie an der Ostküste, vor allem rund um New York City.

Zum Einen bilden sich Ende der achtziger bzw. Anfang der neunziger Jahre New Yorker Emo-Bands, wie die einflussreiche Band Policy of 3 oder auch die kurze Zeit existierende Native Nod, sowie Bands mit einem härteren Emo-Sound, von denen Merel zu den Bekanntesten gehörten.

An der Westküste bildeten sich zum Anderen in etwa zur selben Zeit Emo-Bands wie etwa Still Life, als auch Bands wie Heroin, Indian Summer, Antioch Arrow, Universal Order of Armageddon und Swing Kids, die ebenfalls einen härteren Emo-Stil spielten. Der Sound der härteren Emo-Bands entwickelte sich – wie auch der, der härteren New Yorker Bands – später zum Screamo (siehe hier). Teilweise werden auch schon diese Bands damit beschrieben. Vorher hatten schon Bands aus dem Bereich Punkrock und Melodic Hardcore, etwa Jawbreaker und Dag Nasty, in ihren Stil Emo-Elemente integriert.

Mitte der neunziger Jahre folgten Bands wie Falling Forward, die den „typischen“ Emo-Sound weiter festigten.

Billy Werner, Frontmann der Band Hot Cross

Weiterhin folgten gegen Ende des Jahrhunderts weitere Bands, etwa die einflussreichen Four Hundred Years und auch Gruppen wie Thursday, die den ewas experimentelleren und in Teilen ruhigeren Sound des Emotional Hardcore weiterentwickelten. Zum Anderen entstanden eher straighteren Emo spielende Bands, wie die vormals als „reine“ Hardcore-Punk-Band gegründete Gruppe boysetsfire.

Im Screamo-Bereich bildeten sich ab Mitte der neunziger Jahre mit Saetia, Funeral Diner und Anderen wichtige Bands.

Die Screamo-Band Hot Cross entsteht ebenfalls im Jahr 2000, obgleich ihr Sound stärker experimentell mit anderen Genres spielt, während 2003 mit Still Life eine einflussreiche Emoband nicht mehr aktiv ist.

In jüngerer Vergangenheit existieren mit Sleepytime Trio, Life at These Speeds, Sinaloa sowie stärker Screamo-orientierten Gruppen wie City Of Caterpillar, Pg. 99 oder Wolves zahlreiche Bands dieses Genres.

Entwicklung in Deutschland

Die Emo/Hardcore-Punk-Band Kurhaus

Noch stärker als der eigentliche Hardcore-Punk war die Entwicklung von Emo in Deutschland geprägt durch US-Amerikanische Bands und Einflüsse. Erst seit Ende der 1990er Jahre existieren in Deutschland Emobands, die zum Teil auch international bekannt sind. Gerade im Screamo-Spektrum, das weniger US-zentriert ist, existiert etwa mit den 1998 gegründeten Yage eine deutsche Band, die international Maßstäbe setzte.[4]

Sänger André der deutschen Screamo-Band Andorra Atkins 2007

Ein Großteil der deutschen Emobands ist eher dem härteren Emo bzw. Screamo als den D.C. Emo-Formen zuzuordnen.

Gerade Screamobands wie Escapado oder andorra~atkins (früher Kill.Kim.Novak) konnten in jüngerer Vergangenheit – für ihre Verhältnisse – gewisse kommerzielle Erfolge verzeichnen und erfreuen sich größerer Beliebtheit.

Größere Band-Szenen existieren etwa in und um Hamburg/Schleswig-Holstein (Escapado, Kurhaus), Berlin (Syn*Error, Malatesta, It.Is.Imperative) oder Nordrhein-Westfalen bzw. dem Ruhrgebiet (Andorra Atkins, Longing For Tomorrow).

Daneben existieren beispielsweise mit Days in Grief kommerziell erfolgreiche Post-Hardcore-Gruppen, die öfter als Emo bezeichnet werden.

Emo und Indierock

In den neunziger Jahren wurde der Begriff Emo zunehmend auch für einige Bands verwendet, die stärkere Einflüsse aus dem Bereich des Indierock in ihre Musik integrierten. Emo wurde zum Ende der Achtziger zum Teil experimenteller und nahm immer mehr Merkmale des ebenfalls aus Hardcore/Punk-Kreisen entstanden Indierocks auf. Gerade der Sound von Post-Hardcore-Bands, etwa Fugazi und Hoover, diente vielen Bands dabei als Inspiration.

Als Startpunkt dieser Entwicklung wird oft das Album Diary von Sunny Day Real Estate aus dem Jahr 1994 gesehen.

Steve Huey (All Music Guide) beschrieb die Band und das Album wie folgt:

„Diary, virtually defined emo in the 90s. Diary was the album that made emo accessible, fusing its gnarled guitars and nakedly emotional vocals with more than a hint of melodic Seattle grunge.“[5]

Weitere Bands, die den Indierock-lastigen Emo prägten bzw. prägen sind vor allem The Get Up Kids, Texas is the Reason, The Promise Ring.

Dennoch ist die Einordnung in das Genre Emo wegen der sehr vagen musikalischen Merkmale und Gemeinsamkeiten etwa mit anderen Emo-Bands nicht unumstritten. Auch die Bands selbst sehen ihre Eingruppierung in eine Hardcore-Punk-nahe Musikrichtung sehr skeptisch. So äußerte der Gitarrist Tom Linton, der ebenfalls diesem Indierock-Emo zugerechneten Band Jimmy Eat World, in einen Interview 2007:

„Wir haben zwar Emo aus den achtziger Jahren gehört, werden aber nicht gerne mit diesem Label versehen, weil es eben woanders herkommt als wir. […]wir haben uns immer nur als Rockband auf der Suche nach dem perfekten Song verstanden“[6]

Emo und Mode

Etwa seit dem Jahr 2000 erfolgt die Genre-Einordnung oft aufgrund von äußeren Merkmalen. „Emo“ existiert seit diesem Zeitpunkt als von der Musikszene unabhängige Modeerscheinung. Bei den ersten Vertretern des Emo-Genres gab es noch keinen einheitlichen Dresscode – „Emos“ dieser Generationen kleideten sich so wie es in Hardcore- und Punkkreisen üblich war.

Bei der Masse der sich in den neunziger Jahren dem Indierock-Emo zugehörig Fühlenden war die Mode durchaus anders geprägt. Dort waren Hornbrillen, enge Pullover, Westen, Cordhosen, Hemden, Worker-Jackets und Lederschuhe die vorherrschenden Kleidungsstücke.

Gegen Ende der neunziger Jahre entstand im Emotional-Hardcore-Bereich ein Modestil, der als „Spock-Rock“ bezeichnet wurde und wird. Er wurde von Justin Pearson, dem Sänger der damals aktiven Swing Kids, geprägt. Charakteristisch dafür waren gerade geschnittene, ungescheitelte Haare (Pony), ähnlich den Romulanern und Vulkaniern aus der Serie Star Trek. Das Schwarzfärben der Haare trat zum ersten Mal vermehrt auf. Modisch wies die Spock-Rock-Szene nur wenige Besonderheiten auf, häufig getragen wurden Hochwasserhosen und schwarze, enge T-Shirts.

Emo, im heutigen Verständnis als Modeerscheinung, greift verschiedene Elemente der früheren Generationen auf und vermischt sie mit Elementen der Gothic-Mode und Anleihen des Pop-Punk. Charakteristisch sind: ein schwarz (vereinzelt auch platinblond) gefärbter, meist gescheitelter Pony, Röhrenjeans, enge T-Shirts, Arm- oder Schweißbänder, Buttons, Sportschuhe, dunkel geschminkte Augen (bei beiden Geschlechtern) sowie Nietengürtel. Essentiell für die heutige Emo-Mode ist dabei nicht nur das Vorhandensein der oben genannten Dinge, sondern auch Farbe, Marke und Muster. Schwarz nimmt in der heutigen Szene eine besondere Stellung ein und wird vermehrt getragen, oft wird sie mit rot oder pink gemischt, sowohl bei der Kleidung als auch bei der Haarfarbe. Die dominanten Schuhmarken sind Converse und Vans, von welchen vermehrt die Typen Chucks und Slip-On getragen werden. Schuhe sowie Accessoires (beispielsweise Schweiß-, Armbänder, Ketten etc.) weisen oft ein Karomuster auf. Charakteristisch ist unter anderem die Mischung von Dingen, die im allgemeinen Verständnis als „süß“ gelten, wie etwa Hello-Kitty-Accessoires, mit düsteren Symbolen, etwa Totenköpfen und Skeletten. Der Szene wird, wie früher der Schwarzen Szene, ein Hang zur Autoaggression (umgangssprachlich als „Ritzen“ oder „Schnibbeln“ bezeichnet) und zur Suizidalität nachgesagt. Diese umstrittene Ansicht wird häufig auch von den Medien verbreitet.

parallellaufende musikalische Entwicklungen

A Static Lullaby, deren Post-Hardcore Stil oft mit Emo in Verbindung gebracht wird

Gerade im Zuge des jugendkulturellen Modetrends Emo wurden und werden viele – teilweise kommerzell sehr erfolgreiche – Bands, die musikalisch stärker dem Alternative Rock[7], Post-Hardcore[8] oder Metalcore[9] zugeordnet werden, mit Emo beschrieben.

So gründet sich 2002 Funeral for a Friend. Eine Band, die kommerziell erfolgreich sein wird, deren Stil musikalisch und inhaltlich an sich nicht mehr viel mit dem Emo-Sound zu tun hat. Dennoch gilt die Band gerade in der Jugendkulturellen-Modeszene und in der Musikpresse als Inbegriff des Genres[10], was oft als undifferenziert oder gar falsch angesehen wird. Deren Sound werden sich viele nachfolgende Bands mehr oder weniger zu eigen machen. Ebenfalls 2002 entsteht beispielsweise auch Silverstein, deren Stil genauso stark mit dem Genre umschrieben wird, jedoch nur noch mittelbar mit diesem zu tun hat.

In unterschiedlicher Intensität werden etwa auch die überwiegend dem Post-Hardcore und Metalcore zugehörigen Bands Senses Fail, Alesana, Hawthorne Heights, Chiodos und viele weitere als typische Beispiele des Genres Emo oder Screamo gesehen.

Von Anhängern dieses Phänomens wird in diesem Zusammenhang zwar häufiger betont, dass es sich bei der Masse der von ihnen als Emo oder Screamo umschriebenen Alternative Rock-, einfachen Post-Hardcore- und Metalcore-Bands entweder um eine Weiterentwicklung oder um eine mit dem existierenden Emo / Screamo verbundene neue Entwicklung handele – Dies steht aber in mäßigem bis krassem Widerspruch zu den wenig bis gar nicht vorhandenen musikalischen und inhaltlichen Gemeinsamkeiten (siehe etwa hier und hier).

Größeren Anteil an dieser Entwicklung solche Bands mit diesem Genre zu umschreiben dürfte sowohl die allgemeine Musikpresse[11] als auch die kommerzielle Zwecke verfolgende Musikindustrie haben.

Stil

Generell ist eine stilistische Beschreibung von Emo wegen der Differenzierung innerhalb, gerade auch mit Blick auf die eher vom Indierock geprägten Emobands, schwierig.

Das Hauptaugenmerk liegt deshalb auf dem klassischen „emotional Hardcore“.

Musikalisch gesehen handelt es sich bei Emo um eine Form von Post-Hardcore, jedoch deckt der Begriff längst nicht alle Möglichkeiten des Subgenres mit ab. Die Unterscheidung zwischen Post-Hardcore-Bands und Bands, die auch dem Genre Emo zugeschrieben werden ist deshalb teilweise schwierig.

Die Ursprünge des Emos liegen im D.C. Hardcore Anfang der 1980er Jahre und den Mitte der 80er entstehenden Post-Hardcore-Gruppen gleichermaßen. Gerade in den 1990er Jahren festigte sich der Emo-Stil. Als Stilprägend gelten bis heute unter anderem:

Charakteristisch für den Emotional Hardcore ist etwa der Gesang. Üblicherweise wechselt dieser zwischen melancholisch bis anklagend und traurig vorgetragenen (selten Sprech-) Parts und explosiveren emotional halbgeschrienen und geschrienen Momenten. Gerade die Band Moss Icon prägte dieses Schema stark mit. Dabei sind die Parts zwischen den Bandmitgliedern weder besonders verteilt, noch ist der Wechsel vom Ruhigen ins Lautere immer klar zu erkennen. Ein oder mehrere Sänger wechseln im selben Atemzug oft zwischen wispern und schreien.

Bei Andy Radin ist zu lesen:

„The vocal style is usually much more intense[…] ranging from normal singing in the quiet parts to a kind of pleading howl to gut-wrenching screams to actual sobbing and crying“[12]

Gerade im Screamo, bei dem hauptsächlich aggressives Schreien zum Einsatz kommt, ist der Wechsel im Gesang noch stärker ausgeprägt und erstreckt sich zwischen ganz leisen, teilweise fast weinend gesungenen oder gesprochenen Wörtern bis hin lauten aggressiv geschrienen Texten.

Die Songstruktur ist nicht immer geradlinig, wobei eine Schema mit Strophe und Refrain teilweise schwerer, bei Screamo-Bands überhaupt nicht mehr, zu erkennen ist. Weiterhin sind neben klassischeren Hardcore-Punk und Punk-Rhythmen relativ komplizierte Figuren mit teilweise unüblichen Takten, gerade bei den langsamen Parts, verbreitet.

Außerdem spielt der Oktav-Akkord gerade beim Spiel der Gitarren eine Rolle.[13] Weiterhin sind auch Dissonanzen prägend. Die Verzerrung orientiert sich dabei stärker am „schrammligeren“ D.C. Hardcore-Sound.

Inhaltlich geht es vorwiegend um persönlichere und emotionalere Sichtweisen, klassische und einfach dargestellte Themen über Liebeskummer, die verlorene Liebe und ähnliches finden sich jedoch kaum. Stattdessen sind (links-) politische und gesellschaftliche Sichtweisen, die unter einem persönlichen Aspekt betrachtet werden, als auch Beziehungen zwischen Menschen als Themen präsent wobei in der Mehrzahl melancholische bis wütende und verzweifelte Ansichten vorherrschen. Die Texte sind oft abstrakter gehalten und meistens nicht ganz einfach zu entschlüsseln. Oftmals wirken die Texte auch wie „nur“ aneinander gereihte Satzfetzen oder Wörter.[14]

Aktuellere musikalische Beispiele

Sleepytime Trio

Die Band aus dem Raum Washington D. C. gehört seit Mitte der 1990er Jahre zu den kontinuierlich spielenden Emobands. Ihr Sound ist typisch für das Genre: mit-tempo D.C. Hardcore mit ruhigeren, monotoneren Momenten und emotionalem Gesang sowie auf der anderen Seite aggressivem, chaotischerem Gitarrenspiel und – teils brachialen – Schreiparts. Die Band steht für das D.I.Y.-Prinzip, macht keine Werbung, spielt nicht in einem größeren kommerziell ausgerichteten Rahmen sondern bevorzugt eher Kellerräume und Alternative Zentren.[15] In den – teilweise abstrakteren – Texten verarbeitet die Band persönliche Gefühle und Erfahrungen.

Off Minor

Die eine der beiden Nachfolgebands der stilprägenden Screamo-Gruppe Saetia spielt einen stärker am Screamo denn am ursprünglichen Emo orientieren Stil. Auch hier wechseln sich etwas verzwickt wirkende ruhige Parts mit längeren Schreieinlagen ab.

Life at These Speeds

Die 2007 aufgelöste Band spielte einen für viele klassischen Emo, wie er Anfang der 90er prägend war. Schnellere Hardcore-Punk-lastige Parts und Lieder oder auch chaotischere, härtere Songteile mit halbgeschrienem, anklagendem Gesang und emotionalen Schreien wechseln sich mit ruhigeren längeren Songs und Liedteilen ab, die oftmals etwas weggetreten und melancholisch wirken.

Screamo

Die Screamo-Band Funeral Diner live in Deutschland

Hauptartikel: Screamo

Screamo ist das einzige wirkliche Emo-Subgenre. Frei übersetzt bedeutet es „Schrei-Emo“ und ist eine Art extreme Form des Emos.

Entstanden sind die meisten Screamo-Bands Ende der achtziger bzw. Anfang der neunziger Jahre. Im gewissen Sinne lässt dies die Vermutung zu, dass die Entwicklung von Screamo eine, sich auf die Hardcore-Wurzeln berufende, Reaktion auf den stark vom Indierock beeinflussten Emo darstellt.

Als Ursprungsorte gelten vor allem die anderen beiden großen Hardcore-Schulen – die Westküste um Kalifornien und New York/New Jersey. Als wichtigste Vertreter des Genres wären hier Orchid, Envy (Band), Saetia und Funeral Diner zu nennen.

Die deutsche Band Escapado

In Deutschland gelten etwa die Band Yage oder auch Escapado und andorra~atkins als wichtigste Vertreter des Genres.

Musikalisch gesehen nimmt das Schreien (sehr selten auch Brüllen) von Emotionen und emotionalen Texten die Leadfunktion des Sängers ein. Zwischendurch gibt es clean – oft übertrieben emotional – gesungene und gesprochene Parts. Im Gegensatz zum „normalen“ Emo, bei dem das Verhältnis eher zum „cleanen“ als zum geschrienen Gesang tendiert, ist dies beim Screamo eindeutig entgegengesetzt. Die Songs wirken oft chaotisch, wobei eine klare Songstruktur mit Refrain, Strophe etc. kaum zu erkennen ist. Dabei lässt sich eine gewisse Verwandtschaft zum Grindcore erkennen.

Politik, Straight Edge und D.I.Y. (Do it yourself)

Obgleich Emo als Subgenre eher persönliche Probleme anspricht, sind viele Emobands auch (links-)politisch positioniert. Teilweise kann diese Verbindung von Emo-Band und Politik sicherlich auch vor dem Hintergrund der Abgrenzung vom kritisierten „Tough Guy“-Hardcore als auch von rechten, nicht emanzipatorischen Einstellungen, die im Hardcore-Punk aufkamen, gesehen werden.

Die aus New Jersey kommende Band Policy of 3 erklärte die Gründung der Band, auch aus politischer und szenebezogener Sicht, wie folgt:

„The real motivation behind the band and the urgency directed to our music probably had more to do with the absurdities which were frequently and consistently expelled from the hardcore/punk scene before and during our early days as a band. This was a time of skinheads and the spectacular implosion of the straightedge scene on the East Coast when the self-righteous fell off the wagon. This was a time of Hare Krishna and vegan facism […]This was a time of creeping commercialism and slick professionalism. This was a time when hardcore bands praised the Gulf War.“[16]

Vielfach lässt sich die politische Einstellung auch an Hand von Bandnamen aufzeigen. So steht etwa der Name der Emo-Band Four Hundred Years für Four Hundred Years of Slavery (Vierhundert Jahre Sklaverei) und bezieht sich damit auf die im 16. Jahrhundert beginnende Unterdrückung, Auslöschung und Zurückdrängung der nordamerikanischen Ureinwohner. Mit dem Namen Policy of 3 ist ein Zusammenschluss dreier chinesischer Bauern gemeint, der sich gegen die feudale Unterdrückung in China Ende der 1930er auflehnte.[17] Die Swing-Jugend, nach der sich die Band Swing Kids benannte, war die sich mit Swing-Jazz identifizierende rebellische und oppositionelle Jugendkultur, vor allem während der Nazizeit. Zudem sind sowohl Albentitel als auch viele Songs durch politische und sozialkritische Themen charakterisiert.

So sind vor allem auch der Gedanke der Unkommerzialität und des D.I.Y., wie sie auch im Hardcore-Punk und Punk anzutreffen sind, Ausdruck eines politischen Bewusstseins. Viele Emobands bzw. die Szene verstehen sich auch als Teil der D.I.Y. Hardcore-Punk und Punkszene.

City Of Caterpillar etwa sagten dazu in einem Interview 2003:

„Für uns als Band ist DIY natürlich ganz essentiell. Wir alle sind mit Punkrock groß geworden und DIY-Einstellung war immer ein integraler Bestandteil davon.“[18]

Weiterhin veröffentlicht ein Großteil der Emo-Bands ihre Alben bei kleinen Szene-Independent-Labeln oder bringt sie selbst heraus. Die CDs und vor allem Schallplatten werden oft in kleinen Stückzahlen produziert und mit kreativen und aufwändigen Artworks versehen. Teilweise verzichten einige Band, wie Catena Collapse oder Policy of 3, sogar auf die Veröffentlichung auf CD und bringen nur LPs/EPs heraus. Gerade auch im Screamo-Bereich ist dies genauso anzutreffen.

Die Emo/Post-Hardcore Band Daniel Striped Tiger erklärt D.I.Y. für sich in einem Interview folgendermaßen:

„The DIY scene has always been important to us as kids and musicians. The community is really strong and positive.“[19]

Andere Einstellungen und Meinungen, die beim Hardcore-Punk üblich sind, wie etwa Veganismus, die Beschäftigung mit Tierrecht/Antispeziesismus und Tierbefreiung werden auch von Emo-Bands, hier vor allem auch Sinaloa[20] oder Thursday, gelebt und aktiv propagiert.

Policy of 3 waren zudem beispielsweise eine wichtige Straight-Edge-Band. Auch andere Akteure im Emobereich verstehen sich als Straight Edge.

So schrieb etwa Kent MacClard, Gründer und Eigentümer von Ebullition Records, zur „XXX – some ideas are poisenous“-Compilation:

„I have been straight edge for more than half of my life; twenty years and counting.[…]I also wanted to point out that many straight edge bands are not caught up in the stereotype of mosh and regurgitated Youth of Today songs. Straight edge to me was never about belonging to the crew or trying to fit in with some preconceived idea of existence. Instead I believe straight edge to be a deeply personal philosophical choice that will effect your life in both good and bad ways for the rest of your days on the planet.[…]“[21]

Labels

Wie schon erwähnt, ist der D.I.Y.-Gedanke auch bei vielen Emobands vorhanden – und so gibt es viele kleinere unabhängige Labels, die auch zu den hauptsächlichen Veröffentlichern von Bands des Genres gehören.

So zum Beispiel:

Literatur

  • Steve Emond: Emo Boy Volume 1: Nobody Cares about Anything Anyway, So Why Don’t We All Just Die?: Nobody Cares About Anything Anyway, So Why Don’t We All Just Die? (2006); Slave Labor Books, ISBN 978-1-59362-053-0 (englisch)
  • Andy Greenwald: Nothing Feels Good: Punk Rock, Teenagers, and Emo (2003); St. Martin’s Griffin, ISBN 978-0-312-30863-6 (englisch)

Einzelnachweise

  1. www.markprindle.com: Guy Picciotto – 2003, Zugriff: 12. Juli 2007
  2. http://www.fourfa.com/history.htm; Zugriff am 06.12.2007; Zitat: The summer of 1985 becomes known as 'Revolution Summer' when […] bands forms out of the DC punk musician pool with diverse rock sounds – Three, Gray Matter, Soulside, Ignition, Marginal Man, Fire Party, Rain, Shudder to Think, etc.[…].These bands' sound eventually becomes known as the classic 'D.C. sound.'[…]ff.
  3. www.fourfa.com: [1]; Zugriff am 06.12.2007
  4. Aus einem Review bei Green Hell; http://www.greenhell.de/katalog/hardcore_sxe_newschool/detail_16946.html?page=1&searchstring=Yage&bezeichnung=band_album&searchmediatype=-1&listcount=15; Zugriff am 21.04.2008; Zitat: „[Musik, die] in unseren schönen Land, sogar in Europa eine Klasse für sich darstellt.“
  5. www.allmusic.com: Review, Zugriff: 12. Juli 2007
  6. FUZE Magazine; Nr.7 Dec07/Jan08; S. 20
  7. http://bands.rock-im-park.de/bands.asp?artistid=14&year=2007;Zugriff am 26.12.2007; Zitat:„[…]katapultierte die Band (My Chemical Romance, Annahme der Redaktion) aus New Jersey gleich bis an die Spitze des Screamo/Emocore-Genres.“
  8. http://www.arte.tv/de/kunst-musik/tracks/20050106/1477894.html;Zugriff am 26.12.2007; Zitat aus dem ARTE-Magazin TRACKS: „Alexisonfire ist Kanadas Vorführ-Export im Genre Emo.[…]Sie spielen mit den Genres, haben aber auch kein großes Problem mit dem Stempel Emo.[…]“
  9. http://www.powermetal.de/cdreview/review-6456.html; Zugriff am 26.12.2007; Zitat: „Bisher war ich in der Screamo-Emo-Schiene mit […] MY CHEMICAL ROMANCE eigentlich sehr gut bedient, und so stellte sich schnell die Frage, ob der für BULLET FOR MY VALENTINE im Plattenregal freigehaltene Platz sinnvoll ist.“
  10. http://www.musicchannel.cc/index.php?page=http://www.musicchannel.cc/music_stories/1/835112; Zugriff am 26.12.2007; Zitat:„Funeral For A Friend spielen astreinen Emo/Sreamo.“
  11. hier vor allem zu erwähnen die großen Musikmagazine wie dieVisions und weitere vor allem Jugendliche ansprechende Formate, die immer wieder derartige Alternative Rock-, Post-Hardcore- und Metalcore-Bands als Emo bzw. Screamo-Bands auf die Titelseiten bringen
  12. http://www.fourfa.com/styles/index.htm; Zugriff am 05.07.2008;
  13. vgl. mit http://www.fourfa.com/styles/index.htm; Zugriff am 07.07.2008; Zitat: „One of the most recognizable and universal elements of emo shows up in the guitar sound of this style: the octave chord.“
  14. vgl. http://www.fourfa.com/styles/index.htm; Zugriff am 07.07.2008; Zitat: „Lyrics tend toward somewhat abstract poetry, and are usually low in the mix and hard to decipher. Record inserts have lyrics, but often so disorganized and haphazard that they're very difficult to read“
  15. vgl. etwa mit der englischen Wikipedia; http://en.wikipedia.org/wiki/Sleepytime_Trio, Zugriff am 02.02.2008; Zitat:„The band enjoyed a modest following, playing in mostly basement venues with fair at best sound systems“
  16. “An Anthology” (Policy of 3) – Booklet; Ebullition Records; Seite 2 ff.
  17. “An Anthology” (Policy of 3) – Booklet; Ebullition Records; Seite 2
  18. Interview bei Broken Violence; http://www.brokenviolence.de/interviews/icity0103.htm; Zugriff am 26.05.2008
  19. Interview im Shot Me Again Webzine; http://www.shootmeagain.com/interviews/56_danielstripedtiger_vo; Zugriff am 26.05.2008
  20. vgl. Split etwa den mit Ampere, zweites Booklet über Tierechte und Veganismus
  21. http://www.ebullition.com/catalog21.html; Unter „V/A – XXX LPx2/CD“; Zugriff am 27.05.2008

Weblinks


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