Ellen Ammann

Ellen Ammann
Ellen Ammann mit dem päpstlichen Orden „Pro Ecclesia et Pontifice“.

Ellen Aurora Elisabeth Morgenröte Ammann (* 1. Juli 1870 in Stockholm; geborene Sundström; † 23. November 1932 in München) war eine schwedisch-deutsche Politikerin, Gründerin des katholischen Bayerischen Frauenbundes, Landtagsabgeordnete[1] und kirchliche Aktivistin.

Inhaltsverzeichnis

Biografie und Wirken

Die protestantisch getaufte Ellen wurde von ihrer Mutter, die 1881 heimlich zum katholischen Glauben konvertierte, im Geist der katholischen Kirche erzogen. Nach dem Abitur studierte sie schwedische Heilgymnastik. Das Studium schloss Ellen Sundström nicht ab, da sie sich in den deutschen Orthopäden Dr. Ottmar Ammann verliebte, der zur Weiterbildung in ebendieser Heilgymnastik in Stockholm weilte und bei Familie Sundström zur Untermiete wohnte. Im Oktober 1890 heirateten sie und die 20-jährige Ellen Ammann zog mit ihrem Mann nach München. Dem Ehepaar wurden sechs Kinder geboren. Bald engagierte sich Ellen Ammann in karitativer Ehrenarbeit. 1895 war sie Mitbegründerin des Marianischen Mädchenschutzvereins. Zwei Jahre später gründete sie, mit Unterstützung von Gräfin Christiane von Preysing-Lichtenegg-Moos, die erste katholische Bahnhofsmission in München, die sie mehr als zwei Jahrzehnte leitete. Ferner war sie aktiv an der Gründung des Münchner Zweigvereins des Katholischen Frauenbund beteiligt, dessen Vorsitz sie am 6. Dezember 1904 übernahm. 1911 gründete sie den Bayerischen Landesverband des Katholischen Frauenbundes.[2]

Ellen Ammann erkannte sehr bald, dass über die die höhere Mädchenschule abschließende Frauenschule hinaus besondere weibliche Bildungsstätten einzurichten sind, die für die sozial-karitative Tätigkeit der besoldeten oder ehrenamtlichen Sozialbeamtinnen und Hilfskräfte auf diesem Gebiet vorbilden[3]. „Geistige Mütterlichkeit“ allein reichte ihr nicht mehr. Sie vertrat die Ansicht:

Soziale Arbeit darf nicht im Dilettantentum stecken bleiben, denn sie ist verantwortungsvolle Arbeit am Menschen, mehr wie jede andere[4].

Aus dieser Erkenntnis heraus begann Ellen Ammann im Herbst 1909 mit dem Auf-und Ausbau einer sozial-karitativen Frauenschule, die 1916 auf zwei Jahre ausgeweitet wurde mit je einem Examen nach der einjährigen Unter- und nach der einjährigen Oberstufe. Bis zu ihrem Tod unterrichtete sie einmal wöchentlich das Fach „Frauenfrage und Frauenbewegung“. Die von Ellen Ammann gegründete Bildungsinstitution war eine der ersten programmatischen Ausbildungsstätten für soziale Arbeit in Deutschland. Sie wurde im Juli 1970 in die heutige Katholische Stiftungsfachhochschule München integriert. Ihre Tochter Maria Ammann leitete die soziale Frauenschule von 1929 bis 1961.

1914 wurde Ellen Amman für ihren sozial-karitativen Einsatz mit dem Päpstlichen Orden Pro Ecclesia et Pontifice ausgezeichnet. Sie gründete 1919 die „Vereinigung Katholischer Diakonninen“, deren Ursprungsimpuls auf die Idee vom sog. „dritten Frauenberuf“ zurück reicht. Diesbezüglich bilanzierte sie: „Wir brauchen neben der verheirateten Frau eine Schar von unverheirateten Frauen, die unabhängig sind, die aus Liebe zu Gott verzichtet haben auf die Ehe und sich ganz rückhaltlos der Bewegung, der sozialen Versöhnungsarbeit, der Caritas gewidmet haben mit allen ihren Kräften, und zwar nicht als Klosterfrauen, sondern in jenem dritten Beruf der Jungfrau in der Welt, der noch zur vollen Blüte sich entfalten muß“.[5]

Nach Einführung des Frauenwahlrechts im November 1918 wurde Ellen Ammann als eine der ersten Frauen 1919 für die Bayerische Volkspartei in den Bayerischen Landtag gewählt, dem sie bis 1932 angehörte. Sie vertrat im Bayerischen Landtag Tätigkeitsbereiche Jugendfürsorge, Gesundheitswesen, öffentliche Fürsorge und Wohlfahrtspflege.

Als eine der wenigen Politiker der damaligen Zeit betrachtete sie mit besonderer Sorge die zunehmende Erstarkung des Nationalsozialismus, dessen Gefahr sie von Anfang an erkannte, richtig einschätzte und frühzeitig genug davor warnte. Sie war wesentlich an der unblutigen Niederschlagung des Hitlerputsches vom 9. November 1923 beteiligt. Nachdem sie vom geplanten Marsch zur Feldherrnhalle erfahren hatte, versammelte sie alle erreichbaren Regierungsmitglieder in ihrer Schule[6]. In einer Resolution an das bayerische Volk wurde der Putsch als Staatsverbrechen verurteilt. Ammann sorgt dafür, dass sich gefährdete Personen in Sicherheit bringen konnten und dass Einheiten der Reichswehr nach München verlegt wurden. Der seinerzeit amtierende bayerische Kultusminister Dr. Franz Matt erinnerte sich später mit den Worten: „Die Kollegin Ammann hatte damals mehr Mut bewiesen als manche Herren“.[7] [8]

Unmittelbar nach einer Rede über die Hilfe für die kinderreichen Familien im Parlament starb Ellen Ammann an den Folgen eines Schlaganfalls.

Literatur

  • Marianne Neboisa: Ellen Ammann, geb. Sundström 1870-1932. Dokumentation und Interpretation eines diakonischen Frauenlebens. St. Ottilien 1992
  • Manfred BergerAmmann, Ellen Aurora Elisabeth Morgenröte. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 20, Nordhausen 2002, ISBN 3-88309-091-3, Sp. 27–34.
  • Manfred Berger: Frauen in sozialer Verantwortung: Ellen Ammann. In: Unsere Jugend. 59 2007/H.4, S. 176-179
  • Bayerischer Landesverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes e.V.: Neun Jahrzehnte starke Frauen in Bayern und der Pfalz. München 2001.
  • Gerhard Hohenwarter: Der Bayerische Landesverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes. Seine Geschichte und Entwicklung aufgezeigt am Beispiel ausgewählter Frauenbiografien, München 2002 (unveröffentlichte Diplomarbeit)

Einzelnachweise

  1. Ellen Ammann in der Parlamentsdatenbank beim Haus der Bayerischen Geschichte
  2. Zur Gründung des katholischen Bayerischen Frauenbundes durch Ellen Ammann
  3. zit. n. Hohenwarter 2002, S. 8
  4. zit. n. Hohenwarter 2002, S. 9
  5. zitiert nach Berger 2002, Sp. 33
  6. Hohenwarter 2002, S. 18)
  7. zitiert nach Berger 2002, Sp. 32
  8. vgl. Hohenwarter 2002, S. 18 ff.

Weblinks


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