Eleonore von Schottland

Eleonore von Schottland
Eleonore von Schottland

Eleonore von Schottland (auch von Österreich) (* um 1433 in Dunfermline (Schottland); † 20. November 1480 in Innsbruck) war die Tochter des Königs Jakob I. von Schottland und der Johanna Beaufort. 1449 heiratete sie Sigmund von Tirol.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Man weiß wenig über die Jugendzeit Eleonores in Schottland, die sie meist auf Schloss Linlithgow verbrachte. Nach dem Tod ihres Vaters (1437) ging ihre Mutter noch eine Ehe ein und starb 1445. Damals reisten Eleonore und ihre Schwester Johanna nach Frankreich und lebten am Hof König Karls VII. in Tours. Dort erhielten sie drei Jahre lang einen für adelige Mädchen angemessenen Unterricht und Unterhalt.

1448 wurde die Vermählung Eleonores mit Sigmund von Tirol beschlossen. Im September 1448 fand die Prokurationstrauung in Belmont bei Chinon statt. Dann verließ Eleonore den hochkulturellen französischen Hof und reiste auf einer beschwerlichen Route in das wesentlich provinziellere Tirol, dessen Hauptstadt aber dennoch ein deutsches Kulturzentrum war. Am 12. Februar 1449 heiratete sie Sigmund in einer bescheidenen Zeremonie in Meran. Aus ihrer Ehe, die nicht gerade glücklich verlief, gingen keine überlebenden Kinder hervor.

Als Sigmund zwischen 1455 und 1458 dreimal nicht in seinem Land weilte, fungierte Eleonore als Regentin an seiner Stelle. Deshalb wurde sie auch in den Disput verwickelt, den Sigmund mit dem Kardinal Nikolaus von Kues ausfocht. Während ihrer Regentschaft in den Vorlanden (1467) wählte sie sich Thann zur Residenz. Nach 1469 war sie kaum mehr politisch aktiv, sondern übte vor allem karitative Fürsorge aus und kümmerte sich auch um kirchliche Angelegenheiten.

Herzog Sigmund war literarisch sehr interessiert, förderte Autoren und beschäftigte zeitweilig (um 1460) die Humanisten Laurentius Blumenau und Gregor Heimburg). Auch Eleonores heimatlicher schottischer Hof war sehr literarisch geprägt gewesen und sie nahm am kulturellen Verkehr ihres Gatten teil. Als Heinrich Steinhöwel eine Übersetzung von Boccaccios De claris mulieribus verfertigte (1473), widmete er sie Eleonore. Diese unterhielt auch eine rege Korrespondenz mit der Pfalzgräfin Mechthild von Rottenburg und war wahrscheinlich eine der Damen, die 1467 in München bei Ulrich Füetrer eingeladen waren.

Eleonore starb 1480 in Innsbruck bei der Geburt ihres ersten Kindes, Wolfgang (*/† 20. November 1480), im Wochenbett. Ihr Grab befindet sich im Kloster Stams in Tirol.

Literarisches Werk

Eleonore gilt traditionell als die Übersetzerin des auf die anglonormannische Verserzählung Horn et Rimenhild (um 1180) zurückgehenden, Ende des 14. Jahrhunderts verfassten französischen Abenteuerromans Ponthus et la belle Sidoyne ins Deutsche (Pontus und Sidonia, Fassung A, irgendwann zwischen 1449 und 1465 geschrieben). Zweifel, ob sie tatsächlich die Autorin dieser Übersetzung ist, konnten noch nicht bewiesen werden.[1] Da der Roman sprachlich äußerst treffend geschrieben ist, aber Eleonore die deutsche Sprache weniger als die französische beherrschte, wie zwei von ihr selbst geschriebene (heute im Landesarchiv Tirol aufbewahrte) Briefe zeigen, könnte sie bei ihrer Abfassung Unterstützung von einem Schreiber bekommen haben. Nach dem Tod seiner Gattin ließ Sigmund ihr Werk, von dem nur mehr ein Manuskript (Gotha, 1465; von Nicolaus Huber verfasst) vorhanden ist, erstmals bei Hans Schönsperger in Augsburg 1483 drucken. Noch vor diesem Erstdruck gab es etliche Erwähnungen des Romans; daraus kann man ersehen, wie beliebt der abenteuerliche Stoff und wie verbreitet Eleonores Buch war. Der Erstausgabe folgten schon 1485, 1491 und 1498 weitere Drucke und es erfreute sich in der frühen Neuzeit (16./17. Jahrhundert) großer Beliebtheit. So gab es erhebliche Verkaufszahlen, etliche Zitate bei anderen Autoren[2] und auch einige Bearbeitungen[3] des Stoffes. Zum letzten Mal wurde Eleonores Werk 1792 gedruckt. Karl Simrock brachte 1865 eine neue Fassung des Volksbuches heraus.

Neben der Übersetzung Eleonores (Fassung A) existiert noch eine weitere, unabhängige, etwa gleichzeitig entstandene von einem unbekannten Autor (Fassung B), die in fünf Manuskripten vorliegt, aber nie gedruckt wurde. Dazu trug außer dem Fehlen des adligen Namens auch bei, dass sich diese Version vor allem stilistisch von Eleonores Pontus und Sidonia insofern unterscheidet, als sie statt der einfacheren und knapperen eine mehr artifizielle Sprache mit vielen rhetorischen Figuren verwendet.

Inhaltlich hält sich Eleonore ziemlich genau an ihre Vorlage, auch wenn sie ab und zu die Handlung etwas kürzt. Der Protagonist ist der aus Galicien stammenden Königssohn Pontus, der vor den Heiden aus seinem Reich in die Bretagne flüchtet. Dort fängt er Liebe für die Königstochter Sidonia. Es folgen Auseinandersetzungen mit einem Nebenbuhler, der auch um die Gunst Sidonias ringt und Pontus bei ihr verleumdet. Er muss zunächst für ein Jahr in die Ferne ziehen, wo er heldenhaft zahlreiche Ritter besiegt, wird nach seiner Rückkehr erneut falsch beschuldigt und hält sich nun sieben Jahre vom Hof fern. Rechtzeitig gelangt er wieder zurück zu seiner Geliebten, die er davor retten kann, mit seinem Nebenbuhler zwangsverheiratet zu werden. Stattdessen findet nun die Hochzeit zwischen Pontus und Sidonia statt und der Held kann die Heiden aus seinem väterlichen Reich vertreiben sowie seinen Gegner gänzlich ausschalten. Auf dieses glückliche Ende hin ist die ganze Erzählung des Romans gerichtet. Der Held wird als fehlerloses Idealbild des Mannes dargestellt, nämlich als extrem tapfer, schön, christlich usw., während seine Feinde (die Heiden und sein Nebenbuhler) als bösartig und areligiös charakterisiert werden. Der Autor will seinen Lesern nämlich durch das makellose Verhalten des Protagonisten ein Leitbild und eine Unterweisung für ein tugendhaftes und frommes Leben zur Verfügung stellen. Das Zentralmotiv des solchermaßen konzipierten Romans ist daher eine idealistisch dargestellte Ritterlichkeit und wirkt nicht gerade sehr wirklichkeitsnah. Demgegenüber geht es in den etwas früher verfassten Werken der Elisabeth von Nassau-Saarbrücken derber zu und sie erwecken einen realistischeren Eindruck.

Literatur

  • Eleonore. In: Brigitte Hamann (Hg.), Die Habsburger. 1988, S. 79.
  • Jens Haustein: Eleonore von Österreich. In: Killys Literaturlexikon. Bd. 3, S. 231f.
  • Hans-Hugo Steinhoff: Eleonore von Österreich. In: Verfasserlexikon. 2. Aufl. Bd. 2, Sp. 470-473.
  • Reinhard Hahn: Von frantzosischer zungen in teütsch. Das literarische Leben am Innsbrucker Hof des späteren 15. Jahrhunderts und der Prosaroman ‚Pontus und Sidonia (A)'. Frankfurt a. M. 1990 (Mikrokosmos 27).
  • Derselbe (Hrsg.): Eleonore von Österreich: Pontus und Sidonia. Berlin 1997 (Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit 38) - Ausgabe
  • Karl Bartsch: Eleonore (von Oesterreich). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 6, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 5.

Anmerkungen

  1. H.-H. Steinhoff (s. Lit.), Sp. 471 hält die Autorschaft von Eleonore für gesichert
  2. z. B. von Johannes Agricola, 750 Teutscher Sprichwörter (1534); Johann Fischart, Podagrammisch Trostbüchlein (1577); Andreas Gryphius, Peter Squentz (1657/58)
  3. z. B. Hans Sachs (1558)

Weblinks



Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eleonore von der Provence — (französisch Éléonore de Provence) (* um 1223 in Aix en Provence; † 24./25. Juni[1] 1291 in Amesbury) heiratete 1236 den englischen König Heinrich III. Sie ist die Mutter des späteren englischen Königs Eduard I. Ihre Eltern sind Raimund Berengar… …   Deutsch Wikipedia

  • Eleonore von Österreich — Eleonore von Österreich, 1448–80 Gemahlin des Erzherzogs Siegmund von Österreich, Grafen von Tirol, Schwester des Königs Jakob II. von Schottland, übersetzte den Roman von Pontus und Sidonia aus dem Französischen ins Deutsche (Augsb. 1485 u. ö.) …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Margarethe von Schottland — Margarethe von Schottland, Dauphine von Frankreich Prinzessin Margarethe von Schottland aus dem Hause Stuart (französisch Marguerite d Écosse; englisch Margaret of Scotland, Margaret Stuart oder Margaret Stewart; * 25. Dezember 1424 in Perth,… …   Deutsch Wikipedia

  • Joan Beaufort (Königin von Schottland) — Joan Beaufort (* 1406; † 15. Juli 1445 auf Dunbar Castle) wurde als viertes Kind und erste Tochter von John Beaufort, 1. Earl of Somerset und Margaret Holland geboren. Sie war eine Enkelin von John of Gaunt, 1. Duke of Lancaster. Am 14. Februar… …   Deutsch Wikipedia

  • Eleonore — Eleonore,   Herrscherinnen:    1) Eleonore von Aquitanien, Eleonore von Poitou [ pwa tu], Eleonore von Guyenne [ gɥi jɛn], französisch Aliénor [alje nɔr], Erbtochter Wilhelms X., Herzog von Aquitanien, aus dem Haus Poitou, * um 1122, ✝ …   Universal-Lexikon

  • Stammtafel von England — Zeit und Abstammungstafel der englischen und britischen Monarchen seit Wilhelm dem Eroberer, farbcodiert nach Dynastien. Stammliste von England mit den in der Wikipedia vertretenen Personen und wichtigen Zwischengliedern. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Stammliste von England — Zeit und Abstammungstafel der englischen und britischen Monarchen seit Wilhelm dem Eroberer, farbcodiert nach Dynastien. Stammliste von England mit den in der Wikipedia vertretenen Personen und wichtigen Zwischengliedern. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Verena von Stuben — (* um 1410; † nach 1472 vermutlich auf der Sonnenburg) war ab 1440 Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Sonnenburg im Pustertal, das damals an der Römerstraße Via Claudia Augusta Altinate lag. Als sie sich den Reformbestrebungen des Brixner… …   Deutsch Wikipedia

  • James Stewart, 2. Herzog von Rothesay — Jakob I. (Schottland). Jakob I. (engl. James I, * 10. Dezember 1394 im Dunfermline Palace; † 20. oder 21. Februar 1437 in Perth) war von 1406 bis zu seinem Tod König von Schottland, bis 1424 allerdings nur nominell. Er wurde als dritter Sohn von… …   Deutsch Wikipedia

  • Bilgeri von Heudorf — Bilgeri von Heudorf, auch Pilgrim von Heudorf oder Peregrin von Heudorf, (* um 1406 in Salem; † 1476 auf Schloss Langenstein) war ein schwäbischer Ritter, Feudalherr und Kriegsherr, der eine 27 jährige Fehde mit der Stadt Schaffhausen führte.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”