Einlaufverhalten

Einlaufverhalten
Die graue Fläche stellt einen Reifen (von oben) dar; die gelb-gestrichelte Linie ist die Schnittlinie der Radmittenebene und der Fahrbahnebene; M ist die auf die Fahrbahn projizierte Radmitte; v deutet den Geschwindigkeitsvektor des Reifens an und α ist der Schräglaufwinkel

Der Schräglaufwinkel ist bei einem nicht schienengebundenen Landfahrzeug der Winkel zwischen der Richtung, in die ein Reifen zeigt, und der Richtung, in der er sich tatsächlich auf der Fahrbahn bewegt. Die Definition nach DIN 70 000 lautet: Der Schräglaufwinkel ist der Winkel zwischen der Schnittlinie der Radmittenebene und Fahrbahnebene einerseits, und der Projektion des Geschwindigkeitsvektors der Radmitte auf die Fahrbahn andererseits. Das Aufbauen des Schräglaufwinkels infolge Änderung der Seitenführungskraft wird als Einlaufverhalten bezeichnet.

Ein Reifen, der geradeaus zeigt, während sich das Fahrzeug gleichförmig geradeaus bewegt, hat somit einen Schräglaufwinkel von 0°; ein Reifen, der um 5° nach links zeigt, während sich das Fahrzeug wegen Aquaplaning weiterhin geradeaus bewegt (Untersteuern) weist einen Schräglaufwinkel von 5° auf. Man unterscheidet zumeist nur grob zwischen Schräglaufwinkel an Vorder- und Hinterachse, für genauere Betrachtungen und insbesondere Computersimulationen werden alle Reifen des Fahrzeugs betrachtet.

Damit ein Reifen Seitenführungskräfte aufbauen kann, muss er seitlich rutschen (driften). Was bei Rallyepiloten auf Schotter gut sichtbar wird, ist prinzipiell bei jeder Kurvenfahrt der Fall, d. h. auch bei einer sehr brav gefahrenen Kurve nimmt jeder Reifen einen (kleinen) Driftwinkel ein. Dies ist nicht zu verwechseln mit dem Lenkeinschlag.

Sowohl Vorder- als auch Hinterräder driften. Den Drehwinkel gegen die Bewegungsrichtung, den das gesamte Fahrzeug dadurch einnimmt, nennt man Schwimmwinkel. Dieser kann kleiner als der Schräglaufwinkel der Hinterräder sein, weil eine gute Hinterachse ein bisschen mitlenkt (hervorgerufen durch das Ein-/Ausfedern der Räder des in der Kurve schräg liegenden Fahrzeugs) und so das Heck z. B. in Wechselkurven stabilisiert.

Die Regel, dass die Vorderräder einen größeren Kreis fahren als die Hinterräder (dass also die Vorderräder zuerst "außen anecken"), gilt nicht immer: in Kurven mit großen Radien kann wegen des Schwimmwinkels auch das Gegenteil der Fall sein – auch wenn kein Übersteuern vorliegt. Wenn man dann an den äußeren Kurvenrand gerät, verlässt das Hinterrad zuerst die Fahrbahn. Das folgende Einbrechen der Seitenführungskräfte an der Hinterachse hat schwer beherrschbare Folgen (Übersteuern, Dreher).

Ein Reifen erreicht seine maximale Seitenführungskraft bei etwa 10 Grad Schräglaufwinkel (unterschiedlich je nach Fabrikat und Bodenbelag), danach nimmt sie wieder ab. Wird dieser Punkt überschritten, öffnet sich die Bahn des Wagens nach außen, da der Reifen den Wagen nicht mehr in der Kurve halten kann; das Lenkrad kündigt oft (besonders in sportlichen Wagen) den Eintritt in diesen Grenzbereich an, da die Lenkkräfte plötzlich zurückgehen. Es erfordert viel Aufmerksamkeit und Routine vom Fahrer, sich in diesem Grenzbereich zu bewegen, da hier unter anderem die Regel gilt, dass es nur schadet, den Lenkeinschlag zu erhöhen, um den Wagen in die gewünschte Bahn zu lenken. Richtiges Verhalten in einer solchen Situation ist: Lenkeinschlag halten oder leicht zurücknehmen, behutsam Geschwindigkeit verringern, bis das Fahrzeug wieder unter Kontrolle ist. Ein plötzliches, schreckhaftes Gaswegnehmen oder gar Bremsen kann hier zu unkontrollierbarem Übersteuern führen, da sich das Gewicht des Fahrzeugs schlagartig auf die Vorderräder verlagert und somit den Schräglaufwinkel der lenkenden Vorderräder im Vergleich zu dem der Hinterräder verringert.

Besonders Sport- und Rennreifen haben die Eigenheit, dass dieser Grenzbereich schon sehr früh (bei kleinen Schräglaufwinkeln) anfängt und der darüber hinausgehende Bereich von recht promptem Verlust der Haftung des Reifens geprägt ist.

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