Einakter

Einakter

Der Einakter ist ein in einem einzigen Akt gespieltes Bühnenstück. Er weist deshalb meist einen zeitlich geringeren Umfang auf. Abendfüllende Einakter wie "Fräulein Julie" des Schweden August Strindberg sind seltener in Theaterspielplänen vertreten. Häufig kommen die Stücke ohne größeren Szenenwechsel aus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Einakter ist unter die ältesten dramatischen Formen einzureihen. Schon in der griechischen Antike entwickelten sich im mythisch-dionysischen Umfeld kurze szenische Auftritte, aus denen dann Dramen geboren wurden. Handlung, Zeit und Ort sind in klassischer Weise hier vereint.

In Spanien tauchen diese Elemente in beliebten Einaktern von Lope de Rueda oder in Zwischenspielen von Cervantes auf. Die Fastnachtsspiele von Hans Sachs beweisen, dass der Einakter auch in Deutschland früh Anklang fand. Die Spielform setzte sich in den Theatern erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts allmählich durch. Erfolgreiche Umsetzungen dieses Genres geschahen mit Gotthold Ephraim Lessings "Philotas" (1759) oder in verschiedenen Singspielen des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. In den Zeitaltern der Wiener Klassik und Romantik gefiel die kurze Form. Im Werk Johann Wolfgang von Goethes haben mehrere Einakter ihren Platz gefunden. Der wohl berühmteste Einakter der deutschen Literatur dürfte Heinrich von Kleists Lustspiel Der zerbrochne Krug sein.

Beim Drama im literarischen Impressionismus dominiert der Einakter. Zu den Autoren, die solche Stücke verfassten, gehört auch Franz Werfel und Anton Tschechow.

Moderne Einakter

Im 20. Jahrhundert gewinnt der Einakter Beliebtheit im modernen Drama. Dieses konzentriert sich auf die Darstellung eines verfolgbaren Bruchstücks aus einer komplizierter gewordenen Welt. Bühnengestalten werden einen ausgewählten Lebensabschnitt lang in ihrer Situation oder ihren Problemen geschildert. Im modernen Experimentiertheater ermöglicht der Einakter Szenen des Absurden, der Diskontinuität und allerlei Abstraktheit.

Heutige Einakter zeichnen sich durch einen offenen Beginn und einen offenen Schluss aus. Zu den Dramatikern, die sich dieser Form im Schauspiel bedienten, zählen unter anderem Samuel Beckett, Bertolt Brecht, Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Ferenc Molnár, Günter Grass, die Kammerstücke von Jean Tardieu oder Thornton Wilder.

Opern

Einakter sind innerhalb der Gattung "Oper" rar. Das liegt am Umstand, dass der Einakter keinen episch langen Aufbau einer dramatischen oder tragischen Entwicklung über mehrere Akte zulässt. Die Akteure sind nolens volens an die Darstellung der Folgen gegebener Verhältnisse gebunden. Um das Publikum mit einer nur einstündigen Darbietung nicht zu vergrätzen, werden meist zwei Einakter hintereinander auf der Opernbühne gespielt. Eine beliebte Kombination ist auch die gemeinsame Präsentation von Pietro Mascagnis Einakter "Cavalleria Rusticana" mit Ruggiero Leoncavallos Zweiakter "Der Bajazzo".

Die "Cavalleria Rusticana" ging 1889 aus einem Einakter-Opernwettbewerb des italienischen Musikverlegers Renzo Sonzogno als Siegerin hervor und entwickelte sich zu einem der großen Erfolge in der Musikgeschichte.

Weitere Opern mit nur einem Aufzug schrieben unter anderem Eugen d’Albert (Die Abreise), Bela Bartok (Herzog Blaubarts Burg), Leonard Bernstein (Trouble in Tahiti), Julius Bittner (Das Höllisch Gold), Georges Bizet (Djamileh), Boris Blacher (Die Flut, Die Nachtschwalbe), Luigi Dallapiccola (Volo di notte), Friedrich von Flotow (Witwe Grapin), Hans Werner Henze (Das Wundertheater), Wilhelm Kempff (König Midas), Albert Lortzing (Ali Pascha von Janina, Die Opernprobe), Felix Mendelssohn Bartholdy (Die Heimkehr aus der Fremde),Gian Carlo Menotti (Amahl und die nächtlichen Besucher, Amelia geht zum Ball, Hilfe, Hilfe, die Globolinks, Das Telefon oder Die Liebe zu dritt), Darius Milhaud (Der arme Matrose), Wolfgang Amadeus Mozart (Bastien und Bastienne, Il sogno di Scipione), Carl Orff (Der Mond, Die Kluge), Giacomo Puccini (die drei Opern aus Il trittico), Sergei Rachmaninow (alle drei Opern), Maurice Ravel (L'enfant et les sortilèges, L'heure espagnole), Nikolai Rimski-Korsakow (Mozart und Salieri), Arnold Schönberg (Erwartung), Franz Schubert (Der vierjährige Posten, Die Zwillingsbrüder) Richard Strauss (Salome, Elektra, Feuersnot, Daphne, Friedenstag, Capriccio), Igor Strawinsky (Mavra), Heinrich Sutermeister (Die schwarze Spinne, Peter Tschaikowski (Jolanthe), Richard Wagner (Das Rheingold), Carl Maria von Weber (Abu Hassan), Kurt Weill (Der Zar lässt sich fotografieren), Ermanno Wolf-Ferrari (Susannens Geheimnis) und Alexander von Zemlinsky (Eine florentinische Tragödie, Der Zwerg).

Operetten

Als Begründer der modernen Operette gilt Jacques Offenbach und sein Théâtre des Bouffes-Parisiens als Wiege, in dem dieses neue Genre des Musiktheaters aus der Taufe gehoben wurde. Am Anfang stand eine lange Reihe von Einaktern, von denen an manchen Tagen zwei bis drei an einem Abend über die Bühne gingen. Als Beispiele seien genannt: Die beiden Blinden, Ba-ta-clan, Fortunios Lied, Häuptling Abendwind, Die Insel Tulipatan, Die Verlobung bei der Laterne und Die verwandelte Katze. Einaktige Operetten komponierten auch Franz von Suppè, (z. B. Pique Dame, Fatinitza und Die schöne Galathée), Karl Millöcker (z. B. Der tote Gast, Die lustigen Binder, Die keusche Diana) und Leo Fall (z. B. Brüderlein fein).

Volksstücke

Eine über Jahrzehnte hinweg reichende Tradition hat der Einakter nicht zuletzt im Schwank, im Lustspiel sowie im Volksstück.

Mehrere bayerische Volksstücke dieser Form stammen aus der Feder von Ludwig Thoma. Michael Holzinger schrieb Einakter in der Mundart des Banat.

Film

In der Pionierzeit des Kinos ging es den Filmemachern vordergründig um den kuriosen Schaueffekt der bewegten Bilder. In der Folgezeit entstanden viele kleine „Einakter“, die alltägliche Szenen und kleine humoristische Farcen zum Inhalt hatten. Sie waren technisch auf eine Filmrolle (Reel) beschränkt (vgl. Akt (Film)).


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