East St. Louis Toodle-Oo

East St. Louis Toodle-Oo

East St. Louis Toodle-Oo ist eine Jazz-Komposition von Duke Ellington und Bubber Miley[1] aus dem Jahr 1927.

Inhaltsverzeichnis

Der „Jungle Style“

Der Titel gehörte zum klassischen Repertoire des Duke Ellington Orchesters, war die erste Erkennungsmelodie der Band und die erste Schallplatte in deren Liste der Billboard Top 30-Schellackplatten. Er gehört mit dem gleichzeitig entstandenen Titel Black and Tan Fantasy zu den bekanntesten Beispielen des damaligen „Jungle Style“, der sich gegen Ende der 1920er Jahre durchsetzen konnte. Nach dem Urteil von Hans Ruland waren dafür weniger musikalische als gesellschaftliche Gründe maßgeblich: „Afrikanismus und Negritüde waren bei der damaligen Intelligenz in. Der Wunsch, der erotischen Faszination der schwarzen Welt im weißen Gewand bei einem Glas Champagner im Club zu begegnen, sollte damals die Lust auf ein frivoles, prickelndes, freilich ungefährliches Abenteuer befriedigen. Bubber Mileys Growl-Effekte trafen da voll den Zeitgeschmack“.[2]

East St. Louis Toodle-Oo wurde der erste Chart-Erfolg des Ellington-Orchesters; er erreichte im Juli 1927 Position 10 der Billboard Top 30 und blieb vier Wochen in der Hitparade.

Die Komposition

Nach Einschätzung von Ellingtons Biographen J. L. Collier war der Titel Ellingtons erste bedeutende Komposition.[3] Sie wurde am 18. Dezember 1927 zum ersten Mal von Duke Ellingtons Orchester eingespielt und danach noch unzählige Male in den nächsten 50 Jahren seiner Karriere gespielt und auf Platte veröffentlicht.

Das erste Thema, eine sogenannte „Sägezahn-Melodie“ wird allgemein Bubber Miley zugeschrieben. Bubber hatte die Angewohnheit, die Worte von Werbeschildern zu singen, die ihm Musik suggerierten. Collier gibt in seiner Ellington-Biographie die Geschichte wieder, es sei die Werbung einer Reinigungsfirma namens Lewando, die Miley immer wieder vom Zugfenster aus auf dem Weg von New York nach Boston gesehen hatte. Bubber fing dann an zu singen: „O, lee-wan-doo, o, lee-wan-do“, und so wurde das Thema von East St. Louis Toodle-Oo geboren. „Die Nummer beginnt mit einer achttaktigen Einführung des leewando-Themas, gefolgt nach Bubber 'Geschrei' und Growl, so wild und so dicht, wie er nur konnte. Tricky Sam Nanton bläst das Solo über das zweite Thema, dann spielt die Klarinette sechzehn Takte über das moll-Thema; nun kommt ein Blech-Trio, gefolgt von einem Duett von Klarinette und Sopransaxophon und einem halben Chorus der ganzen Band. Am Schluss spielt Bubber Miley eine achttaktige Coda über das Moll-Thema“, so J.L. Collier in seiner Analyse des Titels.[4] Nach seiner Einschätzung zeigt dieses Stück schon sehr früh ein Kompositionsprinzip, das für Ellington seine ganze Karriere hindurch grundlegend gewesen ist: „Kontrast. In seinem Werk ist überall Vielfalt, Wechsel, Bewegung. Nichts ist statisch, bei jedem Schritt auf dem Weg erscheint etwas Neues. Mit „East St. Louis Toodle-Oo“ hörte Ellington auf, lediglich ein sogenannter "Songwriter" zu sein, er kämpfte darum, ein Komponist zu werden.“[5]

Die Melodielinie des ersten Themas ist so einfach, dass sie – sieht man vom gestopften Blech und den Growl-Effekten ab – aus einem Volkslied stammen könnte. Die über weite Strecken parallel geführte Weise, in der die Melodie begleitet wird, gilt hingegen als beachtenswert und kann nach Gunther Schuller als „Ellington-Effekt“ bezeichnet werden, der von den Musikern des Orchesters kollektiv geschaffen wurde.[6]

Bemerkenswerterweise hatte das Stück keine vollständig festgelegte Struktur: Die Komposition besteht aus zwei Teilen, die – wie die frühen Aufnahmen der Ellington-Band zeigen, in unterschiedlicher Art aneinander gefügt werden können: ABA’B’B“A oder aber ABAB’A’B“A, wobei das letzte A nur eine achttaktige Reprise des 32-taktigen A-Teils ist.[7]

Literatur

  • James Lincoln Collier: Duke Ellington. Berlin, Ullstein, 1999
  • Hans Ruland: Duke Ellington - Sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Oreos, Gauting
  • Gunther Schuller: Early Jazz. Its roots and musical development. New York usw.: Oxford University Press 1986; ISBN 0-19-504043-0

Anmerkungen

  1. Collier betrachtet die Bedeutung Ellington als Komponist vieler der von ihm und seinem Orchester gespielten Werke kritísch und kommt zum Ergebnis, dass East St. Louis Toodle-Oo in erster Linie auf den musikalischen Ideen Bubber Mileys beruht; vgl. Collier, S. 436. Er schreibt, dass von all den frühen Songs, auf denen Ellingtons Ruhm als Songwriter ebenso wie seine ASCAP-Tantiemen gründen, lediglich der Titel Solitude ganz allein sein Werk sei.
  2. zit. nach Ruland, S. 66
  3. zit. nach Collier, S. 164. Nach Collier wird der Titel „tu-dul-o“ ausgesprochen.
  4. Collier. S. 165 f.
  5. Collier, S. 167
  6. Schuller, Early Jazz, S. 327
  7. Schuller, Early Jazz, S. 329

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • East St. Louis, Illinois — Geobox City name = East St. Louis native name = other name = other name1 = category = City image size = image caption = East St. Louis houses. flag type = flag size = symbol type = symbol = symbol size = nickname = motto = country = United States …   Wikipedia

  • Liste der Top-30-Schellackplatten des Duke Ellington Orchestra — Hinweise zur Nutzung der Liste Diese Liste enthält Titel und Komponist(en) der Stücke, Aufnahmedatum, Datum des Eintritts in die Charts, höchste Position und Verweildauer in den Charts. Die Voreinstellung erfolgt nach dem Eintrittsdatum in die… …   Deutsch Wikipedia

  • The Washingtonians — Duke Ellington und das Duke Ellington Orchestra 1943 Das Duke Ellington Orchestra (auch: Duke Ellington and his Orchestra, zunächst The Washingtonians) war eine Jazzband des Swing von den 1920er bis in die 1970er Jahre in unterschiedlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Duke Ellington discography — This is the discography of Duke Ellington. The majority of these recordings are listed under the year they were recorded, rather than released. Reissues are listed for most of the recordings released before the 1950s, as the original 78s are rare …   Wikipedia

  • Duke Ellington Orchestra — Duke Ellington und das Duke Ellington Orchestra 1943 Das Duke Ellington Orchestra (auch: Duke Ellington and his Orchestra, zunächst The Washingtonians) war eine Jazzband des Swing von den 1920er bis in die 1970er Jahre in unterschiedlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • On Duke's Birthday — Mike Westbrook Orchestra – On Duke s Birthday Veröffentlichung 1984 Label HatOLOGY Format(e) LP, CD Genre(s) Jazz Anzahl der Titel 5 Laufzeit 74:34 …   Deutsch Wikipedia

  • Duke Ellington — Frankfurt am Main, February 6, 1965 Background information Birth name Edward Kennedy Ellington Born …   Wikipedia

  • Bubber Miley — James „Bubber“ Miley (* 3. April 1903 in Aiken, South Carolina; † 20. Mai 1932 in New York City) war ein US amerikanischer Jazztrompeter und komponist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Bedeutung 3 Sekundärliteratur …   Deutsch Wikipedia

  • List of songs about New York City — This article lists songs about New York City, set there, or named after a location or feature of the city.It is not intended to include songs where New York is simply name checked along with various other cities, e.g. New York, London, Paris,… …   Wikipedia

  • Duke Ellington — Pour les articles homonymes, voir Ellington. Duke Ellington …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”