East Side Gallery

East Side Gallery
Der Beginn der East Side Gallery nahe der Oberbaumbrücke
Dmitri Wrubel: „Mein Gott hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben“ – East Side Gallery, 1991

Die East Side Gallery in Berlin-Friedrichshain ist ein nach Öffnung der Berliner Mauer im Frühjahr 1990 von 118 Künstlern aus 21 Ländern bemaltes Stück der Hinterlandmauer in der Mühlenstraße zwischen dem Berliner Ostbahnhof und der Oberbaumbrücke entlang der Spree. Sie stellt mit einer Länge von 1316 Meter die längste dauerhafte Open-Air-Galerie der Welt dar. Die Künstler kommentierten in gut hundert Gemälden auf der ehemaligen Ostseite der Mauer mit den unterschiedlichsten künstlerischen Mitteln die politischen Veränderungen der Jahre 1989/90.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die East Side Gallery ist der größte und bekannteste erhaltene Rest der Grenzanlagen der Berliner Mauer. Die eigentliche Grenze bildete an dieser Stelle die Spree. Die Galerie befindet sich an der so genannten Hinterlandmauer, die das Grenzgebiet nach Ost-Berlin hin abschloss.

Ab Dezember 1989 wurden in Berlin Verhandlungen über den Zusammenschluss der beiden deutschen Künstlerverbände, dem Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) und dem Verband Bildender Künstler der DDR (VBK), geführt. Nach dem erfolgreichen Abschluss unter Leitung von Barbara Greul Aschanta, dem Sprecher des BBK Bodo Sperling und dem Sprecher des VBK der DDR Jörg Kubitzki wurde der Vorschlag von David Monti aufgenommen, als erstes gesamtdeutsches Kunstprojekt die Mauer an der Mühlenstraße von Künstlern aus allen Teilen der Welt bemalen zu lassen, und schließlich mit offiziellem Auftrag des Ministerrats der DDR die East Side Gallery gegründet.

Am 28. September 1990 wurde die Galerie eröffnet. 1991 wurde der als East Side Gallery benannte Mauerstreifen unter Denkmalschutz gestellt.

Im Laufe der Jahre sind viele Bilder der East Side Gallery stark verwittert. 1996 gründete sich unter dem Vorsitz von Kani Alavi der Verein „Künstlerinitiative East Side Gallery e.V.“, der sich seither um den Erhalt und die Sanierung bemüht.[1] Die Sanierung im Jahr 2000 war eine wichtige Etappe der Bemühungen. Mit Hilfe des Verbandes der Lackindustrie wurden 40 der stark angegriffenen Bilder restauriert. Die Betonflächen wurden geglättet und die noch vorhandenen Kunstwerke mit einem Speziallack versehen, der eine leichte Entfernung von Graffiti möglich macht. Ein Großteil der Gemälde blieb dennoch sanierungsbedürftig. Vor allem Witterungseinflüsse und Graffiti schädigen die East Side Gallery. Die brüchige Substanz sowie die Planungen zur Verwertung und Erschließung des Geländes zwischen Flussufer und Mauer stellen eine Bedrohung des Bestandes dar. Im Rahmen des Investorenprojektes Mediaspree wurde mit dem Bau der neuen Mehrzweck-Veranstaltungshalle O2World der US-amerikanischen Anschutz Entertainment Group auf dem ehemaligen Ostgüterbahnhof nördlich der Mühlenstraße die East Side Gallery auf einem 45 Meter breiten Stück für einen platzartigen Durchgang zur Spree unterbrochen.

Wrubel während der Restaurierung des Bildes „Bruderkuss“ im Juni 2009, das neue Bild ist schon schemenhaft als Skizze zu erkennen

Im Oktober 2008 begann die erneute Sanierung der East Side Gallery. Hierfür standen 2,2 Millionen Euro zur Verfügung. Gesamtprojektleiter war die S.T.E.R.N. Auf einer Pressekonferenz anlässlich des Beginns der Sanierung beschrieb Kulturstaatssekretär André Schmitz die East Side Gallery als Teil des Berliner Gesamtkonzepts zur Erinnerung an die Berliner Mauer.

„Die East Side Gallery ist Teil des Berliner Gesamtkonzepts zur Erinnerung an die Mauer und zum Gedenken an deren Opfer. Während der Checkpoint Charlie der internationale Ort der Mauergeschichte ist, das Brandenburger Tor der nationale und die Bernauer Straße der Berlinische, haben wir die East Side Gallery und das Parlament der Bäume im Regierungsviertel als die beiden Orte des Umgangs mit der Mauer nach deren Fall in das Konzept aufgenommen“

Kulturstaatssekretär André Schmitz[2]

„Die Masken“ von Vyatcheslav Schlyakhov wurde als erstes wiederhergestelltes Bild im März 2009 enthüllt. Die Wiedereröffnung der sanierten Galerie fand am 6. November 2009 statt. [3]

Laut S.T.E.R.N. war eine nachhaltige Instandsetzung des Mauerwerks Grundvoraussetzung der Sanierung. Dazu wurden die Stahlbewehrungen freigelegt, um sie von Korrosion zu befreien. Bei diesem Verfahren musste ein Großteil der Bilder abgestrahlt werden. Die entstandenen Löcher wurden mit einem speziellen Beton verfüllt, verspachtelt und grundiert. Zur Wiederherstellung der Motive wurden die Künstler der Werke, die ausfindig gemacht werden konnten, nach Berlin eingeladen, um ihr Bild ein zweites Mal an die Berliner Mauer zu malen. Dieser Aufforderung kamen 87 der noch lebenden 115 Künstler nach. Jeder Künstler erhielt eine Aufwandsentschädigung von 3000 Euro und eine Verpflegungskostenpauschale. Künstler, die nicht aus Berlin kamen, wurden die Fahrt- und Unterkunftskosten erstattet.[4][5]

Einige der Künstler protestieren gegen die Sanierung: Sie seien zuvor nicht nach ihrem Einverständnis gefragt worden, bekämen ein Pauschalhonorar von 3000 Euro für die Rekonstruktion ihrer eigenen Werke, während die Lottostiftung Berlin für die Sanierung insgesamt knapp 1 Million Euro bereitgestellt habe. Von den Werken hätten über die Jahre nur andere mit Print-Publikationen profitiert, weshalb etwa der Künstler Jim Avignon seinen Beitrag auf der Mauer bereits mit dem Wort „moneymachine“ (Geldmaschine) übermalt hatte. 14 Künstler gründeten daher die Gründerinitiative East Side mit dem Ziel, die Mittel der Lottostiftung ausschließlich den beteiligten Künstlern zur Wiederherstellung ihrer Bilder zukommen zu lassen.[6][7] Diese Bemühungen setzten sich jedoch nicht durch.

Acht Künstler weigerten sich, Plagiate ihrer Bilder von 1990 zuzulassen. Sie sahen durch die Beseitigung der Werke ihre Urheberrechte verletzt, kritisierten die geringe Aufwandsentschädigung und beteiligten sich nicht an der Rekonstruktion. So bestehen zwischen den bunten Flächen vereinzelt unbemalte Felder.[8] Auch der Lehrstuhlinhaber für Denkmalschutz an der TU Cottbus Leo Schmidt, der mit der Sanierung der Bernauer Straße, eines weiteren 250 Meter langen noch originalen Reststücks der Berliner Mauer beauftragt ist, unterstützte die Haltung der „Gründerinitiative East Side“, die gegen die Zerstörung der Originalbilder protestierte und für eine sachgerechte Restaurierung unter Einbezugnahme der vielen Graffiti waren.

„Es gehört zur Lebensgeschichte der Mauer, dass sie kaputt ist.“

Leo Schmidt[9]

East Side Gallery April 2010
East Side Gallery April 2010

Künstler und Motive

  1. Oskar (Hans Bierbrauer)
  2. Narenda K. Jain: Die sieben Stufen der Erleuchtung
  3. Fulvio Pinna: Hymne an das Glück
  4. Kikue Miyatake: Paradise Out Of The Darkness
  5. Günther Schäfer: Vaterland
  6. Georg Lutz Rauschebart
  7. César Olhagaray: Ohne Titel
  8. Jens-Helge Dahmen: Pneumohumanoiden
  9. Gábor Simon: Space Magic
  10. Siegrid Müller-Holtz: Gemischte Gefühle
  11. Ursula Wünsch: Frieden für Alles
  12. Oliver Feind, Ulrike Zott: Ohne Titel
  13. Ana Leonor Rodriges
  14. Muriel Raoux, Kani Alavi: Ohne Titel
  15. Muriel Raoux: Les Yeux Ouverts
  16. Ditmar Reiter: Ohne Titel
  17. Santoni: Trilogie-Maschine Macht
  18. Bodo Sperling: Die Transformierung des Pentagramms zu einem Friedensstern in einem großen Europa ohne Mauern
  19. Barbara Greul Aschanta: Deutschland im November
  20. Willi Berger: Soli Deo Gloria (nach einem Werk von Johannes Meissel)
  21. André Sécrit, Karsten Thomas: Du hast gelernt, was Freiheit ist
  22. Theodor Chezlav Tezhik: The Big Kremlin's Wind
  23. Catrin Resch: Europas Frühling
  24. Irina Dubrowskaja: Die Wand muss weichen wenn der Meteorit der Liebe kommt
  25. Dmitri Wrubel: Mein Gott hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben (Nach einem Foto von Régis Bossu)
  26. Marc Engel: Marionetten eines abgesetzten Stücks
  27. Alexey Taranin: Ohne Titel
  28. Michail Serebrjakow: Diagonale Lösung des Problems
  29. Rosemarie Schinzler: Ohne Titel
  30. Rosemarie Schinzler: Wachsen lassen
  31. Christine Fuchs: How's God? She's Black
  32. Gerhard Lahr: Berlyn
  33. Karin Porath: Freiheit fängt innen an
  34. Lutz Pottien-Seiring: Ohne Titel
  35. Wjatschleslaw Schjachow: Die Masken
  36. Dmitri Wrubel: Danke, Andrej Sacharow
  37. Jeanett Kipka: Ohne Titel
  38. Gamil Gimajew: Ohne Titel
  39. Jürgen Große: Die Geburt der Kachinas
  40. Christopher Frank: Stay Free
  41. Andreas Paulun: Amour, Paix
  42. Joaquim Antonio Gocalves Borregana: O Povo Unido Nunca Mais Sera Veicido
  43. Greta Csatlòs (Künstlergruppe Ciccolina): Sonic Malade
  44. Henry Schmidt: Vergesst mir die Liebe nicht
  45. Thomas Klingenstein: Umleitung in den japanischen Sektor
  46. Karsten Wenzel: Die Beständigkeit der Ignoranz
  47. Pierre-Paul Maillé: Ohne Titel
  48. Andy Weiß: Geist Reise
  49. Gabriel Heimler: Der Mauerspringer
  50. Salvadore de Fazio: Dawn of Peace
  51. Gerald Kriedner: Götterdämmerung
  52. Christos Koutsouras: Einfahrt Tag und Nacht freihalten
  53. Yvonne Onischke (geb. Matzat; Künstlername seit 2005 Yoni): Berlin bei Nacht
  54. Peter Peinzger: Ohne Titel
  55. Elisa Budzinski: Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt
  56. Sabine Kunz: Ohne Titel
  57. Jay One (Jacky Ramier): Ohne Titel
  58. Klaus Niethardt: Justitia
  59. Mirta Domacinovic: Zeichen in der Reihe
  60. Patrizio Porrachia: Ohne Titel
  61. Ines Bayer, Raik Hönemann: Es gilt viele Mauern abzubauen
  62. Thierry Noir: Ohne Titel
  63. Teresa Casanueva: Ohne Titel
  64. Stephan Cacciatore: La Buerlinica
  65. Karina Bjerregaard, Lotte Haubart: Himlen over Berlin
  66. Christine Kühn: Touch the Wall
  67. Rodolfo Ricàlo: Vorsicht
  68. Birgit Kinder: Test the Best
  69. Magaret Hunter, Peter Russell: Ohne Titel
  70. Peter Russell: Himmel und Sucher
  71. Magaret Hunter: Joint Venture
  72. Sándor Rácmolnár: Waiting for a New Prometheus
  73. Gábor Imre: Ohne Titel
  74. Pal Gerber: Sag, welche wunderbaren Träumen halten meinen Sinn umfangen
  75. Gábor Gerhes: Ohne Titel
  76. Sándor Györffy: Ohne Titel
  77. Gruppe Stellvertretende Durstende
  78. Laszlo Erkel (Kentaur): You can see Infinity
  79. Kani Alavi: Es geschah im November
  80. Jim Avignon, Miriam Butterfly, Tomas Fey: Doin it cool for the East Side
  81. Peter Lorenz: Ohne Titel
  82. Dieter Wien: Der Morgen
  83. Jacob Köhler: Lotus
  84. Carmen Leidner: Niemandsland
  85. Jens Hübner, Andreas Kämper: Ohne Titel
  86. Hans-Peter Dürhager, Ralf Jesse: Der müde Tod
  87. Jolly Kunjappu: Dancing to Freedom
  88. Susanne Kunjappu-Jellinek: Curriculum Vitae
  89. Mary Mackay: Tolerance
  90. Carsten Jost, Ulrike Steglich: Politik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln
  91. Brigida Böttcher: Flora geht
  92. Ignasi Blanch i Gisbert: Parlo d'Amor
  93. Kiddy Citny: Ger-Mania
  94. Petra Suntinger, Roland Gützlaff: Ohne Titel
  95. Andrej Smolak: Ohne Titel
  96. Youngram Kim-Holdfeld: Ohne Titel
  97. Karin Velmanns: Ohne Titel
  98. Rainer Jehle: Denk-Mal, Mahn-Mal
  99. Kamel Alavi: Ohne Titel
  100. Kasra Alavi: Flucht
  101. Ingeborg Blumenthal: Der Geist ist wie Spuren der Vögel am Himmel
  102. Youngram Kim

Auszeichnungen

  • 2010: 1. Sonderpreis „Gelebte Einheit“ „365 Orte im Land der Ideen“ unter Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler getragen von der Bundesregierung.[10][11]

Literatur

Weblinks

 Commons: East Side Gallery – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Spiegel online
  2. Pressemitteilung des Landes Berlin
  3. Welt
  4. Der Kuss
  5. Galerie-Seite
  6. art – Das Kunstmagazin, Artikel vom 7. April 2009
  7. ddp, Spiegel-Online, Artikel vom 5. November 2009
  8. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. Dezember 2009, Nr. 279, S. 34, „Das gefälschte Denkmal“ von Peter Geimer
  9. Akute Einsturzgefahr an der Bernauerstrasse
  10. Die längste Open-Air-Galerie der Welt
  11. Landespressestelle
52.50511313.439424

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