EU NAVFOR Somalia - Operation Atalanta

EU NAVFOR Somalia - Operation Atalanta
Flagge EU NAVFOR Somalia

Die EU NAVFOR Somalia – Operation Atalanta ist eine multinationale Mission der EU zum Schutz von humanitären Hilfslieferungen nach Somalia, der freien Seefahrt und zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias am Horn von Afrika im Golf von Aden und bezeichnet gleichzeitig einen gemischten multinationalen Marineverband (Flottille). Die Mission ist die erste Marineoperation der EU.

Die Abkürzung NAVFOR steht für Naval Forces (dt. „Seestreitkräfte“). Der Operationsname Atalanta lehnt sich an die gleichnamige jungfräuliche Jägerin aus der griechischen Mythologie an.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Hintergrund

Die Küste vor Somalia gilt aufgrund der Bedrohung durch Piraten als eines der gefährlichsten Gewässer der Welt. Besonders im Golf von Aden – zwischen dem Jemen und dem Norden Somalias –, der eine zentrale Schifffahrtslinie vor allem für Öllieferungen aus dem Nahen Osten bildet, ist der Schutz der Handelsschiffe notwendig. 2008 kaperten Piraten aus Somalia mehr als 30 Schiffe.[1]

Siehe auch: Piraterie vor der Küste Somalias

Aufstellung

Im September 2008 wurde zunächst eine Zelle (European Union Naval Coordination Cell – EU NAVCO) eingerichtet, die den Auftrag hatte, im Rahmen der Resolution 1816 des UN-Sicherheitsrates den Schutz des Schiffsverkehrs vor der somalischen Küste zu koordinieren.[2]

Anfang November 2008 beschloss die Europäische Union im Rahmen der Mission EU NAVFOR Somalia (Operation Atalanta) mehrere Kriegsschiffe und Soldaten zur Bekämpfung der Piraterie vor die Küste Somalias zu entsenden und die bisherige NATO-Operation Allied Provider mit Schiffen der Standing NATO Maritime Group 2 abzulösen. Die EU-Operation übernahm die Aufgaben der EU NAVCO und begann am 8. Dezember 2008 mit französischen und britischen Schiffen. Sie ist zunächst auf einen Zeitraum von zwölf Monaten begrenzt.[3]

Verlauf der Operation

Die Operation begann am 8. Dezember 2008, am 13. Dezember wurde eine erste Anfangsbefähigung (Initial Operational Capability) erreicht und der erste Einsatz erfolgte mit der Begleitung des Schiffes MV Semlow von Mombasa nach Mogadischu durch die britische Fregatte HMS Northumberland.[4]

Am 25. Dezember 2008 wehrten deutsche Soldaten einen Piratenangriff auf den ägyptischen Frachter Wabi al Arab ab. Die Kaperung konnte durch den Einsatz eines Bordhubschraubers der Fregatte Karlsruhe verhindert werden. Das Piratenboot wurde im weiteren Verlauf durch die Karlsruhe aufgebracht und die Angreifer entwaffnet, aber später freigelassen.[5][6]

Durch die französischen Soldaten der Fregatte Floréal wurden am 27. Januar 2009 zwei verdächtige Schiffe aufgebracht und deren Besatzung festgenommen.[7]

Am 3. März[8] gelang eine Festnahme einiger Piraten nach einem Angriff auf einen Frachter. Beteiligt waren Hubschrauber der Fregatte Rheinland-Pfalz und der USS Monterey.

Auftrag

Missionsziel

Die spanische Fregatte Viktoria (F 82) während der Begleitung eines Konvois durch den Golf von Aden

Der Auftrag des Marineverbands ist der Schutz humanitärer Hilfslieferungen nach Somalia, der Handelsseefahrt im Golf von Aden und Bekämpfung jeglicher Piraterie. Laut Beschluss des Rats der Europäischen Union vom 10. November 2008 ist die Mission zur Abwehr von Überfällen auf See zu allen notwendigen Mitteln befugt, um ihre Aufgabe durchzusetzen.[9]

Rechtsgrundlage

Die rechtliche Grundlage der Operation bilden das allgemeine Völkerrecht, das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982, die Bestimmungen der Resolutionen 1814 (2008), 1816 (2008), 1838 (2008), 1846 (2008) und 1851 (2008) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (UNSC), die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP des Rates der Europäischen Union vom 10. November 2008 und gegebenenfalls erforderliche multilaterale Vereinbarungen.

Organisation

An der EU NAVFOR Somalia nehmen bis zu sechs Schiffe, drei Aufklärungsflugzeuge sowie Bordschutzkräfte teil. Eine logistische Basis wurde in Dschibuti (Stadt) eingerichtet.

Beteiligte Nationen

Folgende Nationen stellen derzeit Kräfte im Einsatzgebiet (Stand 9. Februar 2009):[10][11]

Beabsichtigte Teilnahme:[16]

Führung

Das Hauptquartier auf der militärstrategischen Ebene (Operation Headquarter) befindet sich in Northwood bei London.

Operation Commander für den vorgesehenen 12-Monats-Zeitraum ist der britische Konteradmiral Philip Jones (Berufung am 8. November 2008). Sein Stellvertreter ist der französische Konteradmiral Jean Pierre LaBonne, dessen Nachfolger nach sechs Monaten ein deutscher Offizier sein wird.[17]

Vor Ort wird der Verband durch den Force Commander geführt, den im viermonatigen Wechsel Griechenland, Spanien und die Niederlande stellen:

Nr. Land Dienstgrad Name Beginn der Berufung Flaggschiff
1. Griechenland Kapitän zur See Antonios Papaioannou 8. Dezember 2008 Fregatte F Psara (F 454)
2. Spanien Kapitän zur See Juan Garat Caramé vorauss. April 2009 Fregatte Numancia (F 83)
3. Niederlande vorauss. August 2009

Beitrag der Bundeswehr

Mandat

Die deutsche Beteiligung erfolgte ab 22. Dezember 2008 durch Beschluss des Bundestags vom 19. Dezember 2008 mit 491 Ja-Stimmen (88 Prozent) von 558 abgegebenen Stimmen. Der Schwerpunkt des deutschen Beitrags liegt im „Schutz für die Schiffe des Welternährungsprogramms“, auch durch Einsatz „von bewaffneten Kräften an Bord dieser Schiffe, insbesondere wenn sie die Hoheitsgewässer Somalias durchqueren“. Darüber hinaus sollen die deutschen Kräfte „im Einzelfall und bei Bedarf […] zivilen Schiffen im Operationsgebiet“ Schutz gewähren und zur „Überwachung der Gebiete vor der Küste Somalias, einschließlich der somalischen“, sowie „zur Abschreckung, Verhütung und Beendigung von seeräuberischen Handlungen oder bewaffneten Raubüberfällen, die im Operationsgebiet begangen werden könnten“ beitragen.[18]

Der Beschluss des Bundestags schreibt für die Bundeswehr eine Personalobergrenze von 1.400 Soldaten vor und legt als Einsatzgebiet das Seegebiet und den Luftraum vor Somalia bis zu 500 Seemeilen vor der Küste und seiner Nachbarländer fest. Es ist zeitlich zunächst bis zum 15. Dezember 2009 begrenzt.

Eingesetzte Kräfte

Die deutsche Fregatte Karlsruhe (F 212)
Nr. Verband / Einheit Beginn des Einsatzes Bemerkungen
1. Fregatte F212 Karlsruhe 22. Dezember 2008 235 Soldaten
2. Fregatte F209 Rheinland-Pfalz 8. Februar 2009[19] 235 Soldaten

Kritik in Deutschland

Kritiker der Mission merken an, dass die Mission nicht die gesellschaftlichen Ursachen der Piraterie anpacke.[20]

Überfischung durch illegal operierende Fisch-Trawler aus der EU, Russland und Asien sowie die illegale Müllentsorgung in somalischen Gewässern sollen viele ehemalige Fischer und Angehörige der Küstenwache nach dem Kollaps des somalischen Staates 1991 in die Piraterie getrieben haben.[21]

Zweifel gibt es auch darüber, ob die Grundrechtseingriffe gegenüber Tatverdächtigen hinreichend gesetzlich legitimiert sind.[22]

Sonstiges

Alle zivilen und militärischen Schiffe können im Rahmen der Nothilfe bei einem Piratenüberfall Hilfe leisten. Außerhalb der explizit dafür vorgesehenen Operation Atalanta beteiligen sich verschiedene Nationen am Einsatz gegen die Piraterie in diesem Seegebiet.

Siehe hierzu: Militärische Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias

Verweise

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Einzelheiten in EU-NAVCO presentation, 15 October 2008 eingesehen am 23. Dezember 2008
  2. Präsentation zu den Aufgaben der EU NAVCO auf der Homepage der EU NAVFOR Somalia (PPT, 3,21 MB, engl.)
  3. „Britischer Admiral: Noch ungelöste Fragen über Umgang mit Piraten“, Artikel vom 9. Dezember 2008 auf www.eu-info.de; eingesehen am 10. Dezember 2008.
  4. Pressemitteilung „BRITISH WARSHIP COMPLETES 1st EU NAVAL MISSION“ der EU NAVFOR Somalia vom 18. Dezember 2008 (PDF, 120 kb, engl.)
  5. „Deutsche Marine leistet Nothilfe bei Piratenangriff – 1. Fortschreibung: Piraten entwaffnet“, Pressemitteilung auf bundeswehr.de vom 25. Dezember 2008, 22:30 Uhr
  6. „German frigate stops pirate attack“, CNN.com – 25. Dezember 2008
  7. „News in brief: Operation EU NAVFOR warship FLOREAL captures suspected pirates“ vom 29. Januar 2009 auf der Homepage der EU; eingesehen am 30. Januar 2009
  8. sueddeutsche.de: Bundeswehr vereitelt Piraten-Überfall
  9. COUNCIL JOINT ACTION 2008/851/CFSP of 10. November 2008 (PDF, 56 kb, englisch), abgerufen am 23. Dezember 2008
  10. „Press Conference on the occasion of the launch of the EU NAVFOR - Edited transcript“ vom 9. Dezember 2008 auf der Homepage der EU (PDF, 80 kb, engl./franz.)
  11. „News in brief: French, British, German and Greek frigates in the theatre“ vom 7. Januar 2009 auf der Homepage der EU; eingesehen am 30. Januar 2009
  12. „La fragata Victoria llega al puerto de Yibuti para integrarse en la Operación Atalanta contra la piratería“ vom 4. Februar 2009 auf der Homepage des spanischen Verteidigungsministeriums
  13. Spanische Beteiligung an Operation Atalanta Pressemitteilung vom 19. Dezember 2008 auf der Homepage des Spanischen Verteidigungsministeriums; eingesehen am 19. Dezember 2008. (spanisch)
  14. http://www.rp.pl/artykul/182403,242842.html
  15. Italienische Beteiligung an Operation Atalanta Pressemitteilung auf der Homepage des Italienischen Verteidigungsministeriums; eingesehen am 20. April 2009. (italienisch)
  16. „Vor der Küste Somalias - EU-Mission gegen Piraten beginnt“ vom 9. Dezember 2009 auf faz.net; eingesehen am 4. Januar 2009
  17. Zusammenfassung der Eröffnungsrede von Rear Admiral Jones anlässlich der Pressekonferenz zum Beginn der Operation Atalanta in Brüssel am 9. Dezember 2008 auf der Homepage der EU (PDF, 92 kb, engl.)
  18. Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Operation Atalanta, Bundestagsdrucksache 16/11337 vom 10. Dezember 2008 (PDF, 152 kb).
  19. Süddeutsche Zeitung: Wachwechsel am Horn von Afrika
  20. Claudia Haydt: „Maritimes Säbelrasseln“, Artikel aus der jungen Welt vom 5. Dezember 2008, zitiert auf der Homepage der AG Friedensforschung an der Uni Kassel; eingesehen am 20. Dezember 2008.
  21. „EU-Einsatz ATALANTA gegen Piraten ist auch ein Militäreinsatz zur Absicherung wirtschaftlicher Interessen“, Pressemitteilung 2008/030 vom 25. November 2008 auf http://tobiaspflueger.twoday.net/; eingesehen am 20. Dezember 2008.
  22. „Grundrechte auch im Ausland beachten“, Artikel auf www.bundestag.de über eine Anhörung des Menschenrechtsausschusses zum Thema extraterritoriale Staatenpflichten am 17. Dezember 2008; eingesehen am 20. Dezember 2008.

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