Düppel (Radartäuschung)

Düppel (Radartäuschung)
Düppel (Chaff) links im Container, rechts freigesetzt
Abwurfvorrichtung für Düppel und Flares an einer Transall

Als Düppel (engl. chaff oder window) bezeichnet man ein Täuschmittel, mit dem Radargeräte gestört werden können. Es ist eine Entwicklung des Zweiten Weltkriegs.

Inhaltsverzeichnis

Namensgeschichte

Der Name „Düppel” ist ein militärischer Eigenname, der dadurch entstand, dass dieses Mittel von der deutschen Luftwaffe in der Nähe von Berlin-Düppel getestet wurde. Die Kriegsgegner des Zweiten Weltkriegs hatten Düppel etwa gleichzeitig entwickelt. Bei der britischen Royal Air Force hatten sie den Tarnnamen window, in den USA werden sie chaff (Spreu) genannt. Zunächst wagte es jedoch keine der Kriegsparteien, sie einzusetzen, um dem Gegner das Geheimnis nicht zu verraten.

Zusammensetzung und Physik

Die Düppel bestehen aus leitfähigen Fäden unterschiedlicher Länge. Früher wurden Stanniol-Streifen verwendet, heute handelt es sich meist um metallbedampfte hauchdünne Kunstfasern oder leitfähige Kohlefasern. Sie werden auf unterschiedliche Weise in der Luft verteilt. Wenn ein Radarstrahl das Material trifft, wirken die Fäden als Reflektoren und senden einen Teil der Strahlung zurück. Am effektivsten ist diese Reflexion, wenn die Fäden halb so lang sind wie die verwendete Wellenlänge des Radargeräts. Dieses empfängt dann ein Falschecho und kann die echten Flugzeuge nicht mehr von den zahlreichen Düppelstreifen unterscheiden. Moderne Radaranlagen sind durch diesen Effekt allerdings nur noch sehr begrenzt zu stören, unter anderem, weil sie in der Lage sind, durch den Dopplereffekt die Geschwindigkeit des Objekts zu ermitteln. Da die Düppel in der Luft sehr schnell abgebremst werden, können ihre Echos elektronisch herausgefiltert werden. Große Düppelwolken erzeugen Radarabschattungen, die auch moderne Radargeräte nicht durchdringen können. Was hinter einer solchen Wolke (Chaff corridor) liegt, kann nicht erfasst werden.

Militärischer Einsatz

Ein Lancaster-Bomber der Royal Air Force (RAF) beim Abwurf von „Window”
Störung des Wetterradars durch Düppelabwurf über der Nordsee

Es gibt unterschiedliche Verfahren des Düppeleinsatzes. Von einem Flugzeug aus kann das Material wie ein Vorhang abgeworfen werden, den Radaranlagen kaum durchdringen können. Dadurch können Aktivitäten getarnt werden. Erster Einsatz war in der Nacht zum 25. Juli 1943 während der schweren Luftangriffe auf Hamburg (Operation Gomorrha), bei dem die Würzburg-Riese Radargeräte für die Feuerleitung der deutschen Flak durch den Abwurf mehrerer Tonnen Aluminiumstreifen praktisch ausfielen. Die britischen Angreifer verloren nur 3 % ihrer eingesetzten Flugzeuge, sonst waren es oft mehr als 10 %.[1] Nur wenige Monate später stand für die Radargeräte in Form des „Würzlaus-Verfahrens” ein sehr wirkungsvolles Gegenmittel zur Verfügung, und die Flak konnte wieder ihre Ziele exakt orten. Die Düppel hatten in kürzester Zeit ihre Wirkung fast gänzlich verloren.[2]

Eine defensive Möglichkeit des Düppeleinsatzes besteht darin, im Falle eines Angriffs von Flugkörpern oder Flugzeugen einzelne kleinere Düppelwolken mit Raketen oder anderen Geschossen zu verschießen, um den Angriff auf diese Falschziele zu lenken. In der Zeit des Kalten Krieges hatten große amerikanische Bomber Radarempfänger, die die Wellenlänge der gegnerischen Radaranlagen messen konnten, sowie Düppelschneidemaschinen, die aus kilometerlangen, aufgerollten Stanniolstreifen Düppel der passenden Länge schnitten. Auch heute sind noch kleinere, weiterentwickelte Geräte in diversen Kampfflugzeugen im Gebrauch.

Auch heute sind Düppel zusammen mit Flares ein Bestandteil der defensiven Schutzmaßnahmen von modernen Kampfflugzeugen.

Am 19. Juli 2005 und im März 2006 traten über der Nordsee Falschbilder in der Wetterradarbeobachtung auf. Dabei wurden über Zeiträume von ca. zehn Stunden Regenschatten beobachtet, obwohl es keine Bewölkung gab. Teilweise wird angenommen, dass diese Phänomene auf militärische Versuche mit Düppeln über der Nordsee zurückzuführen sind.[3] Nach weiteren wissenschaftlichen Forschungen scheint sich diese These mit großer Wahrscheinlichkeit zu bestätigen.[4] Insbesondere im „Temporary Restricted Airspace“ (TRA LAUTER), über dem Pfälzerwald und dem nordöstlichen Saarland, das von der US-Armee als militärisches Übungsgebiet genutzt wird, sind derartige Phänomene zu beobachten. Entsprechend seiner Herkunft ist Düppel (Chaff) meist zuerst als punktförmiges Echo in 1 bis 2 km über dem Boden zu erkennen. Die metallhaltigen Streupartikel bewegen sich mit dem Wind in der entsprechenden Höhe, breiten sich dabei aus und sinken zu Boden.[5]

Meteorologischer Einsatz

Düppel werden nicht nur verwendet, um Radargeräte zu täuschen. Sie werden auch in der Erdatmosphärenforschung zur Untersuchung von Winden in der Hochatmosphäre verwendet. Hierfür werden Düppel mit Hilfe von Höhenforschungsraketen in die entsprechenden Schichten gebracht und ihre Flugbahnen mit Radar verfolgt. Auf diese Weise können leicht hochatmosphärische Luftströmungen vermessen werden.

Belege

  1. Entwicklung der Funkmesstechnik auf geschichtsspuren.de (vormals lostplaces.de) von Markus Scholz, 14. Juni 2005
  2. Cajus Bekker: „Augen durch Nacht und Nebel. Die Radar-Story“, Heyne Verlag, 1988, ISBN 978-3-453-00583-9
  3. Rätselhafte Geisterwolken, Artikel auf wdr.de, via archive.org
  4. http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,445727,00.html
  5. http://www.radar-info.de

Weblinks

 Commons: Düppel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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