Dynamische Abplattung

Dynamische Abplattung

Unter dynamischer Abplattung versteht man bei Himmelskörpern – insbesondere der Erde – jene Abplattung (Abflachung der Kugelgestalt), die sich aus der Präzession der Rotationsachse errechnen lässt.

Dieser Zyklus der Präzession – eine langsame Achsverlagerung entlang eines Kegelmantels – entsteht durch etwas unsymmetrische Anziehungskräfte anderer Himmelskörper bei jedem nicht-kugelförmigen Planeten und dauert bei der Erde etwa 25.800 Jahre.

Die dynamische Abplattung unterscheidet sich geringfügig von der geometrischen Abplattung eines Himmelskörpers, wenn er ungleichförmige Massenverteilung in seinem Inneren hat. Dies ist bei der Erde hauptsächlich durch ihre deutliche Schichtung in Erdkruste, Erdmantel und Erdkern der Fall. Die Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche (Ozeane, Kontinente, Gebirge) fallen demgegenüber kaum ins Gewicht.

Als erster Wissenschaftler hat Immanuel Kant aus der auf Sternwarten feststellbaren Präzession die dynamische Abplattung der Erde berechnet – und das, ohne angeblich ein einziges Mal seine Stadt Königsberg zu verlassen. Er modellierte die Störkräfte, die Sonne und Mond auf den „Äquatorwulst“ der Erde (größerer Äquator- als Polradius) ausüben und die sich langfristig wie eine sanfte Kraft auf die Achse des „Kreisels Erde“ auswirken. Unter solchen Kräften weicht eine Kreiselachse bekanntlich um 90° seitlich aus, wie man schon an einem Kinderkreisel testen kann.

Die dynamische Abplattung der Erde beträgt nach neueren astronomisch-geodätischen Forschungen 1:305, die geometrische Abplattung hingegen 1:298,257 (Längenunterschied der Halbachsen des Erdellipsoids von 21.384,7 m dividiert durch die Länge der großen Halbachse von 6378.137 m). Daraus kann man mit modernen Mitteln errechnen, dass der Eisen- bzw. NiFe-Kern der Erde 2900 km tief liegen muss. Dieser Wert konnte mit Methoden der Geophysik – vor allem der Seismologie – auf 2898 km verfeinert werden.

Die tatsächliche Abplattung der Erde ist größer als die dynamische, weil der Erdkern aus physikalischen Gründen kugelähnlicher als ihre Oberfläche ist. Bei der Erdabplattung sind aber (streng genommen) noch zwei Details zu unterscheiden:

Letztere errechnete man in der Zeit vor der Raumfahrt aus Störungen der Mondbahn mit Werten zwischen 1:297 und 1:300. Doch bereits nach dem zweiten US-Satelliten des Vanguard-Projekts konnte man die auf 1:298,2 bis 1:298,3 eingrenzen, weil sich die Form der Erde auf so nahe Satelliten 100-mal stärker auswirkt als auf den Mond.

Heute bestehen nur mehr geringe Differenzen zwischen geometrischer und statischer Abplattung, weil die Erdmodelle inzwischen auch Dichte-Anomalien im Erdmantel und die Plattentektonik berücksichtigen.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Abplattung — Unter Abplattung versteht man die Verformung eines Planeten oder anderen Himmelskörpers durch seine Rotation. Die geometrische Abplattung eines ellipsoidischen Körpers ist der relative Unterschied des Radius am Äquator und am Pol. Die… …   Deutsch Wikipedia

  • McLaurin-Ellipsoid — Als MacLaurin Ellipsoid wird in der Geophysik und der Planetologie ein homogenes Ellipsoid bezeichnet, das für die Berechnung theoretischer Planeten und Erdmodelle dient. McLaurin Ellipsoide haben die genaue Form eines Rotationsellipsoids und… …   Deutsch Wikipedia

  • Erdabplattung — Die Erdabplattung bezeichnet die Abplattung des Planeten Erde und entsteht durch die Fliehkraft der Erdrotation, welche am Äquator am größten und an den Polen null ist. Da das Erdinnere etwas plastisch ist, gibt unser Planet (wie auch andere im… …   Deutsch Wikipedia

  • MacLaurin-Ellipsoid — Als MacLaurin Ellipsoid wird in der Geophysik und der Planetologie ein homogenes Ellipsoid bezeichnet, das für die Berechnung theoretischer Planeten und Erdmodelle dient. McLaurin Ellipsoide haben die genaue Form eines Rotationsellipsoids und… …   Deutsch Wikipedia

  • Massenverteilung — Als Massenverteilung bezeichnen Geowissenschafter, Physiker und Techniker die räumliche Verteilung der Masse innerhalb eines Festkörpers oder gut definierbaren Fluids. Durch die mathematische oder koordinative Beschreibung der Massen – etwa als… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiechert-Modell — Wiechert Modelle sind zweischalige Erdmodelle, die von Ellipsoiden begrenzt sind und von denen das äußere die Dimensionen des Erdellipsoids hat. Sie dienen der Berechnung realistischer Gleichgewichtsfiguren für den Erdkörper, indem sie in ein… …   Deutsch Wikipedia

  • Erde, Erdmessung [1] — Erde, Erdmessung (Gradmessung). Nach der heute als gültig betrachteten Hypothese über die Entstehung des Sonnensystems ist die Erde ein Körper, der sich aus einem rotierenden kosmischen Gasball durch Abkühlung und Zusammenziehung allmählich… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Erddrehung — Veranschaulichung der Erdrotation Die Erdrotation ist die Drehbewegung der Erde um ihre eigene Achse. Die Rotationsachse nennt man Erdachse. Die Erde dreht sich nach Osten, was sich durch Orientierung mit einem Kompass bei Sonnenaufgang leicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Erdumdrehung — Veranschaulichung der Erdrotation Die Erdrotation ist die Drehbewegung der Erde um ihre eigene Achse. Die Rotationsachse nennt man Erdachse. Die Erde dreht sich nach Osten, was sich durch Orientierung mit einem Kompass bei Sonnenaufgang leicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Erde [1] — Erde. I. (Astron. u. phys. Geogr.). A) Die E. nimmt in ihrem kosmischen Verhältniß, als weltkörperliche Masse (Erdkörper), in dem Planetenreich des Sonnensystems zwischen Venus u. Mars die 3. Stelle ein. Ihre Form ist die einer, an den Polen,… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”