Druckentwässerung

Druckentwässerung

Als Druckentwässerung bezeichnet man abwassertechnische Systeme, in denen das aus den angeschlossenen Haushalten kommende Schmutzwasser in Sammelschächte eingeleitet und von dort mit darin eingebauten Pumpen in ein Druckleitungsnetz eingebracht wird. Die von den einzelnen Stationen kommenden Stichleitungen münden in einem Hauptstrang, in welchem das Abwasser unter Druck z.B. zur nächsten Kläranlage, in eine Sammelpumpstation oder in ein weiteres Kanalisationsnetz befördert wird.

Systeme dieser Art stellen in zersiedelten Gebieten oft eine wirtschaftliche Alternative zum Freispiegelkanal dar, da dieser mit sinkender Besiedelungsdichte vor allem hinsichtlich der Baukosten oft unwirtschaftlich wird.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Anfallendes häusliches Abwasser kann nicht immer im freien Gefälle zur nächstliegenden öffentlichen Kanalisation oder zur Kläranlage fließen. Seit Ende der 1960er Jahre wird daher das Druckentwässerungsverfahren in Deutschland eingesetzt. Diese Art der Abwasserentsorgung wird im Arbeitsblatt A 116 der DWA als Sonderentwässerungsverfahren beschrieben und ist vor allem in zersiedelten Wohn- und Erholungsgebieten mit ungünstigen Geländebedingungen oder widrigen Bodenbeschaffenheiten geeignet. Bei der Druckentwässerung handelt es sich i.d.R. um ein Trennsystem, d.h. das anfallende häusliche Abwasser wird getrennt vom Niederschlagswasser beseitigt.

Technische Umsetzung

Ein Abwassersammelschacht, üblicherweise aus Kunststoff (oft Polyethylen), seltener aus Beton, mit einer Abwasserpumpe ausgerüstet, übernimmt den Transport des zulaufenden häuslichen Abwassers in die Sammelleitung. Die Stromversorgung für die Pumpe kommt zumeist aus den jeweils angeschlossenen Haushalten, der Strombedarf für die Pumpen ist vergleichsweise gering. Kommt in ein- und derselben Stadt oder Gemeinde die Druckentwässerung und die Freigefällekanalisation vor, dann begegnet man dem Umstand, dass die Anlieger der Druckentwässerung zusätzlich Stromkosten zu tragen haben, oft durch etwas geringere Abwasserbeiträge.

Zusammen mit den übrigen an das System angeschlossenen Pumpen wird das Wasser in der Sammelleitung dann weiterbefördert, oft über mehrere Kilometer. Der für den Abtransport des Abwassers erforderliche Druck im System wird i.d.R. allein durch die in den Anschlussschächten vorhandenen Pumpen aufgebaut. Am Ende wird das Abwasser an eine weitere Druckleitung übergeben, in einen öffentlichen Abwasserkanal oder eine zentrale Sammelpumpstation eingeleitet oder bis zur Kläranlage gefördert. Die Druckleitungen können in verschiedenen Netzformen (verästeltes Netz oder Ringnetz) vom Entwässerungsbereich bis zum Ziel verlegt werden. Heute kommen oft Schneidradpumpen zum Einsatz. Diese haben den Vorteil, dass sie die Feststoffe im Abwasser zerkleinern und das Abwasser somit etwas homogenisieren. Dies wirkt sich positiv auf den Gesamtwirkungsgrad im System (Feststoffe verringern diesen) und ein wenig auch auf die Reinigung des Abwassers aus. Schließlich wird so auch die Gefahr einer Verstopfung im System verringert, da Stoffe, die die Schneidradpumpen passieren, im nachfolgenden System i.d.R. keine Probleme mehr verursachen können. Bei Einsatz von Schneidradpumpen sind meist geringere Druckleitungsdurchmesser möglich. Zum Einsatz kommen hierbei Druckleitungen ab DN 32, die mit deutlich geringerem Aufwand und somit auch mit geringeren Kosten und etwas geringerem Eingriff in die Oberfläche verlegt werden können als es bei der Freigefällekanalisation der Fall ist.

Bei der Druckentwässerung ergibt sich - vor allem bei Einsatz von Schneidradpumpen - gegenüber der Freigefällekanalisation oft noch ein für den Betreiber des Netzes recht praktischer Vorteil: Werden in einem angeschlossenen Haushalt Gegenstände in das System gegeben, die dort nicht hineingehören, verursacht dies Verstopfungen im Anschlussschacht des Verursachers, und dieser kann gezielt auf die Probleme hingewiesen und zur Rechenschaft gezogen werden.

Wirtschaftlichkeit

Die Druckentwässerung ist aus verschiedenen Gründen oft eine wirtschaftliche Alternative für die kommunale Entwässerung im Vergleich zum konventionellen Freispiegelkanal:

  • Es werden keine bzw. nur wenige Kontrollschächte in den Sammelleitungen erforderlich, dies spart Bau- und Betriebskosten und verringert den Platzbedarf der Hauptleitungen (wichtig bei beengten Verhältnissen).
  • Dadurch dass Druckleitungen eingesetzt werden, ist man unabhängig vom Geländegefälle.
  • Man kann Hindernissen (z.B. Versorgungsleitungen, kreuzende andere Kanäle, sonstige unterirdische Bauwerke) leichter und mit geringeren Kosten ausweichen als beim Freigefällekanal.
  • Es ist durch die Verlegung von Druckleitungen eine deutlich geringere Verlegetiefe erforderlich als beim Freigefällekanal.
  • Da die Druckentwässerung ein geschlossenes System ist, kommt es praktisch nicht zu Geruchsbelästigungen. Diese sind bei der Freigefälleentwässerung - vor allem in warmen Sommern - oft ein echtes Problem.
  • Im Gegensatz zur Unterdruckentwässerung (oft auch als Vakuumentwässerung bezeichnet) wirken sich Schäden an den Anschlussstationen nicht nachteilig auf das übrige System aus.

Trotz der großen Vorteile der Druckentwässerung sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Einzelfall zu prüfen ist, welches Entwässerungssystem unter Berücksichtigung aller Aspekte am wirtschaftlichsten ist, pauschale „beste“ Lösungen gibt es nicht. Die wirtschaftliche Planung eines Druckentwässerungssystems ist in jedem Fall von Fachleuten durchzuführen und die Grundlage für den erfolgreichen Einsatz.

Der Kostenfaktor Energie wird bei dieser Entwässerungslösung oft kritisch gesehen, in gut geplanten Druckleitungsnetzen oder beim Einzelhausanschluss beläuft sich der Jahresenergiekostenanteil eines Vierpersonenhaushaltes allerdings nur auf etwa 10 Euro.

Ein Systemvergleich unter Anwendung der „Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen“ der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) belegt dieses durch eine klare Kostenstruktur. Berücksichtigt wurden Investitionskosten, Betriebskosten und Nutzungsdauer. Voraussetzung für einen objektiven Variantenvergleich ist das Vorgehen mit gleicher Planungstiefe.

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Juristische Hinweise


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