Dreiviertelsäule

Dreiviertelsäule

Als Halbsäule wird eine Säule bezeichnet, deren Schaft nur zur Hälfte aus einer Wand, oder dem Kern eines Pfeilers hervortritt.[1] Innerhalb der Geschichte der Architektur wurden Halbsäulen sowohl zur Gliederung von Fassaden, als auch zur Umformung von tragenden Pfeilern benutzt. In diesen Zusammenhängen existieren auch die Begriffe Viertel- und Dreiviertelsäule.

Fassadengliederung

Maison Carrée, Nîmes, römischer Tempel um 19 v. Chr

In der antiken Architektur treten seit dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. Halbsäulen zur Fassadengliederung auf.[2] Sie finden sich sowohl im Zusammenhang mit durchfensterten Außenfassaden, wie beim Erechtheion auf der Akropolis in Athen, als auch bei Innenraumgestaltungen.[2] Diese dekorativen Elemente hatten keine tragende Funktion, gelten als statisch irrelevant und waren sowohl in der griechische Architektur als auch in der römischen Architektur weit verbreitet.[2]

In der nachantiken Zeit wurde das Motiv der Halbsäule immer wieder aufgegriffen und spielte insbesondere in der Fassadengestaltung der Renaissance eine große Rolle.[3] Im 18. und 19. Jahrhundert wurde vermehrt die Dreiviertelsäule oder aber die Vollsäule verwendet.[3]

Pfeiler und Dienste

Dienstbündel in der Kathedrale von Laon

Mit komplexeren Gewölbekontruktionen und deren Bögen entwickelten die lastabtragenden Pfeiler in nachantiker Zeit differenziertere Formen. So beispielsweise beim Kreuzpfeiler mit einem quadratischen Kern und jeweils einer rechteckigen Vorlage an den vier Seiten.[4] Bereits in der Romanik kam es zur Zufügung von sogenannten Diensten. Dienste sind vorgelagerte Viertel- Halb- oder Dreiviertelsäulen, die sich in die Rippen eines Gewölbes fortsetzen und Lasten abtragen.[5]

Der Kunsthistoriker Hans Jantzen schreibt im Zusammenhang mit der Umformung der Pfeiler zwischen Mittelschiff und Seitenschiff in den Kathedralen der Gotik:

„Die Romanik gestaltete die Arkadenstützen als einen kreuzförmig gebildeten Mauerpfeiler, der, auch wenn er noch mit Vorlagen versehen wird, strukturmäßig noch den Zusammenhang mit der als homogene Mauermasse aufgefassten <Wand> bewahrt. Die Gotik kann diesen Pfeiler nicht verwenden, da sie die <Wand> plastisch durchknetet und im Prinzip darauf ausgeht, sie aus lauter rundstabförmigen Elementen zusammenzufügen.“[6]

Vor diesem Hintergrund wurde der Kantonierte Pfeiler (bzw. Gliederpfeiler) verwendet. Im Verlauf der Hochgotik immer dichter von Diensten umformte Pfeiler werden auch Bündelpfeiler genannt.

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Satz nach Nikolaus Pevsner, Hugh Honour, John Fleming: Lexikon der Weltarchitektur, 3. Auflage, München, Prestel, 1992, Lemma Halbsäule
  2. a b c Satz nach Christoph Höcker: Metzler Lexikon antiker Architektur, Stuttgart, Metzler/Poeschel, 2004, Lemma Halbsäule
  3. a b Satz nach Hans-Joachim Kadatz: Wörterbuch der Architektur, Leipzig, 1988, Lemma Halbsäule
  4. Satz nach Wilfried Koch: Baustilkunde, 27. Auflage, Gütersloh/München, 2006, Stichwortverzeichnis Pfeiler bzw. folgende Komposita unter [567]
  5. Satz nach Wilfried Koch: Baustilkunde, 27. Auflage, Gütersloh/München, 2006, Stichwortverzeichnis Dienst [171]
  6. Zitat nach Hans Jantzen: Kunst der Gotik. Klassische Kathedralen Frankreichs Chartres, Reims, Amiens, Rowohlt, 1957/1968, S. 18

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