Dreifaltigkeitskirche (Görlitz)

Dreifaltigkeitskirche (Görlitz)

Die Dreifaltigkeitskirche ist eine evangelische Kirche in Görlitz. Sie wurde zwischen 1234 und 1245 als Klosterkirche des Franziskanerklosters am heutigen Obermarkt errichtet. 1564 wurde das Kloster in ein Gymnasium umgewandelt, die Kirche diente als Schul- und seit 1712 als Parochialkirche.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Dreifaltigkeitskirche

Um 1200 wird die Stadt Görlitz in dem Gebiet zwischen Lunitz, Neiße, dem heutigen Elisabethplatz und Brüderstraße angelegt. Damals noch vor den Mauern der Stadt beginnen 1234 die Mönche des Franziskanerordens vor den Toren der Stadt mit dem Bau des Klosters und der Kirche. Grund und Boden stiftet das Adelsgeschlecht der Wirsynge. Da die Franziskaner ihre Klöster in der Regel innerhalb des Mauerrings der Städte errichteten, ist es möglich, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Erweiterung der Stadtanlage beabsichtigt wurde. Am 21. August 1245, dem Montag nach Mariae Himmelfahrt (15. August), weiht Bischof Conrad von Meißen die Kirche zu Ehren der Jungfrau Maria und des Heiligen Franziskus von Assisi. Fortan soll die Feier der Kirchweihe (Kirmes) immer am Montag nach dem 18. August stattfinden – bis in das 20. Jahrhundert hinein gleichzeitig der Beginn des Görlitzer Kirmesmarktes.

1458 beschließt das in Braunschweig tagende Ordenskapitel der Franziskaner in Görlitz ein Partikularstudium einzurichten, in dem 8 bis 10 Brüder, von „zwene vorstendliche und woltuchtige lesemeister […] nach gote, zucht ere und redlicheit des ordens“ ausgebildet werden sollten. Im Gefolge wuchs die Bibliothek des Konvents von 77 Büchern Mitte des 14. Jh auf über 300 gegen Ende des 15. Jahrhundert an. Der Bestand befindet sich nach seiner Auslagerung im Zweiten Weltkrieg, heute nahezu vollständig erhalten in der Universitätsbibliothek Breslaus.

In der Mitte des 15. Jahrhunderts gewinnt im sächsischen Franziskanerorden die sogenannte Observanzbewegung an Einfluss, die auf eine Reform des Ordenslebens hin zu einer strengeren Beachtung der Ordensregeln hinarbeitet. Trotz einer Predigtreise von Johannes Capistranus, die ihn zum Jahreswechsel 1452/3 auch in den Görlitzer Franziskanerkonvent führt, können sich die Observanten jedoch, anders als in Böhmen, wo sie die Unterstützung des böhmischen Königs und Görlitzer Landesherren Vladislav II. genießen, nicht durchsetzen. Auch auf Drängen des Stadtrates, wird das Kloster 1462 zwar reformiert, bekennt sich aber weiterhin zu den Konventualen. Es ist Teil der sogenannten Martinianischen Reform, einer "Observanzbewegung außerhalb der Observanz", der sich, nach einem Vermittlungsversuch des Pabstes Martin V. 1430, viele Klöster der Fransiskanerprovinz Saxonia anschließen.

An der Neugestaltung des Klosterlebens, im Sinne des Armutsgelübdes der Franziskaner, beteiligt sich auch der Rat der Stadt Görlitz intensiv. Ihm ging es dabei zum Einen um die Qualität der klösterliche Seelsorge, zum Anderen aber auch um seinen Einfluss auf den Klosterbesitz, den er durch sein Besetzungsrecht für das Prokuratorenamt, im Sinne des Klosters und der Stifter verwaltete. Konkret hoffte man, dass sich der Anteil des vom Rat verwalteten Klosterbesitzes erhöhen würde, da die Reform nicht nur den Mönchen persönliche Armut, sondern auch den Konventen Besitzlosigkeit vorschrieb. Allgemein gilt für die Franziskaner, durch ihre Ablehnung von Besitz und Geldverkehr, dass sie in großem Maße von der Bürgerschaft und den Räten der Städte abhängig waren, in denen sie sich ansiedelten, was zweifelsohne auch für das Görlitzer Konvent gilt. Diese Abhängigkeit kam den Görlitzer Bürgern im "Bierstreit" mit dem Pfarrer der Görlitzer Hauptkirche Johannes Behem sehr gelegen. Als der Rat diesem 1488 den Ausschank importierten Bieres verbot, belegte Behem kurzerhand die Stadt mit dem Interdikt. Lediglich im Kloster, für das die Anordnung des Weltgeistlichen nicht galt, und in der Heilig-Kreuz-Kapelle, wo für 1490 und 1491 eine Ausnahmeerlaubnis beim Meißner Bischof erlangte, konnten die Görlitzer Bürger nun mehr die Messe hören. Endgültig beigelegt werden konnte der Streit übrigens erst 1501 mit dem Abtritt Behems.

Um die Frage, wer in dem Kloster die Visitation vornehmen soll, nachdem es sich der martinianischen Reformbewegung angeschlossen hatte, bricht 1498 ein langjähriger Streit zwischen dem Provinzialminister der Franziskaner Johannes Heymstede und dem Rat der Stadt offen aus. Während der Provinzialminister forderte, den Konvent wieder dem Kustos der Kustodie Goldberg zu unterstellen, bestand der Rat auf die Visitation der martinianischen Franziskanerklöster Görlitz, Zwickau, Leipzig und Schweidnitz durch den Visitator regiminis. Mit der Drohung, das Kloster andernfalls der Observanzbewegung anzuschließen und unter Einschaltung des Kardinalprotektors Giuliano della Rovere, setzte sich der Rat schließlich durch. Am 28. Juli 1498 muss Heymstede den Schweidnitzer Lesemeister Benedikt von Löwenberg zum Visitator für Görlitz und Schweidnitz einsetzen. Diesem werden bis 1503 auch die Konvente von Berlin, Dresden, Frankfurt a.d. Oder, Gransee, Wittenberg, Zerbst und Zwickau unterstellt. Noch 1508 finden sich mahnende Worde des Rates an Heymstedes Nachfolger Ludwig Henning, dass der Rat für die Ordensdisziplin nicht bürgen könne, wenn dieser das Görlitzer Kloster der Kustodie zu unterstellen wünsche. Henning sichert daraufhin in einem Brief zu, nichts zu unternehmen, was der geistlichen Zucht schädlich sein könnte.

1510 ändert sich die Situation erneut, als, der nun zum Papst Julius II. gewählte, della Rovere jedem Franziskanerkonvent entweder den Anschluss an die Konventualen oder die Observanten befahl. Es war nunmehr das Bestreben des Rates, einen Anschluss des Klosters an die Observanzbewegung zu verhindern. Entsprechende Verhandlungen wurden bereits 1511 zwischen Henning und den Kustodien Goldberg und Breslau geführt. Der Rat verhindert daraufhin die Teilnahme der Görlitzer Mönche am Provinzialkapitel. Gleichzeitig bittet er den böhmischen König und den Ordensgeneral der Franziskaner Philipp de Bagnacavallo um Intervention. Tatsächlich wird von letzterem der Status quo erneut bestätigt. Auch in den Auseinandersetzungen mit den Franziskanern zeigt sich wieder der große Einfluss, den der Rat nicht nur auf das Kloster, sondern auch auf allen Ebenen der Ordensorganisation geltend machen konnte.

Bereits unmittelbar zu Beginn der Reformation, erste lutherische Predigten sind in Görlitz für das Jahr 1521 belegt, begannen auch in Görlitz die Mönche das Kloster zu verlassen, so dass 1563 der Letzte Mönch Urban von Weißbach das Kloster der Stadt übergab. Er tat dies unter der Bedingung, dass der Rat eine Schule in den Gebäuden einrichtete, was dieser 1565 tat. 1568 wurde vom evangelischen Schulpfarrer Melchior Scheffler die erste evangelische Predigt, in dem nun als Schulkirche dienenden Sakralbau, gelesen. 1712 erhielt die Kirche schließlich eine eigene Parochie und wurde 1715, nach dreijähriger Renovierung der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht.

Baugeschichte

Die ursprüngliche Mönchskirche war eine einfache Saalkirche. Sie entsprach damit dem Bestreben der Franziskaner, ihrem Armutsgelübde auch nach Außen zu entsprechen. So durfte, gemäß der im 13. Jahrhundert gültigen Ordensregel, die Kirche eines Franziskanerkonvents nicht höher als 30 Fuß sein, die übrigen Klostergebäude nicht höher als 20 Fuß. Auch sollten die Kirchen keinen Glockenturm und, abgesehen vom Chor, keine farbigen Fenster haben, beim Bau des Klosters sollte des Weiteren auf Stein möglichst verzichtet werden. Im 14. Jahrhundert wandten sich die Franziskaner einer repräsentativeren Bauweise zu, was sich auch in den Bautätigkeiten am Görlitzer Franziskanerkloster widerspiegelt.

Zwischen 1371 und 1381 wurde die spätromanische Apsis durch den gotischen Chor erweitert und der Glockenturm hinzugefügt, der auch „Mönch“ genannt wird. Seine Uhr geht übrigens bis heute stets sieben Minuten vor. Diese Besonderheit stammt aus dem Mittelalter, man wollte damit erreichen, dass die Stadtwache immer pünktlich ihren Dienst antrat. Der Chor ist das älteste Bauwerk der Gotik in Görlitz. Aus dieser Zeit stammt auch der älteste Görlitzer Grabstein in der Barbarakapelle. Diese selbst wurde erst von 1450 bis 1470 erbaut. Die Einwölbung des ursprünglich flach gedeckten Kirchenschiffes erfolgte möglicherweise durch Conrad Pflüger, der 1490 einen Vertrag mit dem Stadtrat über seine Berufung als Stadtbaumeister abschließt.

Setzt man voraus, dass die Stadterweiterung bereits zu Baubeginn beschlossene Sache war, liegt die Klosteranlage – sie erstreckte sich ursprünglich über den Klosterplatz bis an die Stadtmauer, etwa auf Höhe des heutigen Elisabethplatzes – innerhalb der Stadtmauern, sowie an der Hauptverkehrsachse des mittelalterlichen Görlitz. Ebenfalls ist das Kloster, in Hinblick auf die Bevölkerungsschichten, denen sich die Franziskaner mit besonderer Aufmerksamkeit widmeten, in unmittelbarer Nähe zu den Handwerker- und Armutsquartieren angelegt. All dies ist typisch für Klosteranlagen der Franziskaner.

Der Innenraum der Kirche wird heute durch den barocken Hochaltar, vor dem sich noch die Sitzbänke der Klosterbrüder befinden, beherrscht. Dem neuen Altar musste während der Renovierung von 1712 bis 1715 das eigentliche Kleinod der Kirche, der spätgotische Marienaltar, der heute die Barbarakapelle ziert, weichen. Der Flügelaltar wurde zwischen 1510 und 1520 angefertigt und zeigt geöffnet Maria inmitten eines Zyklus aus Weihnachtsbildern und geschlossen einen Passionszyklus. 1670 erhielt die Kirche eine mit Darstellungen der Apostel verzierte Kanzel an der Nordwand.

Ausstattung

  • Skulptur „Christus in der Rast“
  • Grablegungsgruppe, 1493 von Hans Olmützer
  • barocker Hochaltar von Caspar Gottlob von Rodewitz
  • spätgotischer Flügelaltar „Goldene Maria“. Er wurde nach seiner Restaurierung im September 2001, am Tag des offenen Denkmals, der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht und ist damit erstmals nach 20 Jahren wieder komplett zu sehen und voll funktionstüchtig.
  • Chorgestühl

Weblinks

Literatur

  • Ferdinand Doelle: Die Reformbewegung unter dem Visitator regiminis der sächsischen Ordensprovinz. In: Franziskanische Studien 3 (1916).
  • Ferdinand Doelle: Reformtätigkeit des Provinzials Ludwig Henning in der sächsischen Franziskanerprovinz (1507–1515). In: Franziskanische Studien Beiheft 3. Münster 1915.
  • Dieter Berg (Hrsg.): Management und Minoritas. Lebensbilder Sächsischer Franziskanerprovinziale vom 13. bis zum 20. Jahrhundert. In: Saxonia Franciscana Beiheft 1. Kevelaer 2003.
  • Ingo Ulpts: Stadt und Bettelorden. In: Wissenschaft und Weisheit 58.1 (1995), S. 223–260.
  • Bettelordenskirchen. In: Lexikon des Mittelalters Bd. 1.
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