Drei Haselnüsse für Aschenbrödel

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
Filmdaten
Originaltitel Tři oříšky pro Popelku,
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
Produktionsland ČSSR,
DDR
Originalsprache Tschechisch,
Deutsch
Erscheinungsjahr 1973
Länge 82 Minuten
Altersfreigabe FSK ohne Altersbeschränkung
Stab
Regie Václav Vorlíček
Drehbuch František Pavlíček
Produktion Filmstudio Barrandov, Prag
DEFA, KAG „Berlin“
Musik Karel Svoboda
Kamera Josef Illík
Schnitt Miroslav Hájek
Barbara Leuschner
Besetzung
Synchronisation

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (auch: Drei Nüsse für Aschenbrödel) ist einer der bekanntesten[1] Märchenfilme aus der Kooperation ČSSR/DDR. Er entstand 1973 unter der Regie von Václav Vorlíček. Der Film ist seit Jahren fester Bestandteil im Weihnachtsprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender und gilt inzwischen als Kultfilm.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der Schimmel Nikolaus, der Hund Kasperle und eine Schmuckschatulle, die von der Eule Rosalie bewacht wird, sind alles, was Aschenbrödel nach dem Tod ihrer Eltern geblieben ist. Sie lebt bei ihrer Stiefmutter, einer Gutsherrin und deren leiblicher Tochter Dora, die sie nach Kräften erniedrigen und wie eine Dienstmagd behandeln.

Der König und die Königin kommen im Winter auf das Gut der untertänigen Stiefmutter, die sich und ihrer Tochter eine Einladung zum Hofball verdient, wo Dora das Herz des Prinzen gewinnen soll.

Während des königlichen Besuches begegnet Aschenbrödel dem Prinzen das erste Mal im Wald in „eigener“ Gestalt – nämlich verschmutzt und verdreckt. Als der Prinz gerade ein Reh abschießen will, bewirft sie den Prinzen mit einem Schneeball, so dass er das Ziel verfehlt. Der Prinz jagt Aschenbrödel daraufhin mit seinen zwei Gefährten quer durch den Wald, „erwischt“ diese letztendlich auch – nur flieht diese dann auf seinem Pferd, spielt ein wenig Katz und Maus mit den drei Jägern und gelangt ungesehen auf den Hof zurück.

Dora und ihre Mutter gelangen an eine Einladung des Königs zum königlichen Ball. Während Knecht Vinzek für die Herrschaften teure Kleider aus der Stadt mitbringt, fallen ihm drei Haselnüsse in den Schoß (diese werden schicksalhafterweise direkt vom Prinzen dem Knecht aus einem Vogelnest in den Schoß geschossen). Diese bringt er Aschenbrödel mit, da sie sich das wünschte, was ihm auf „dem Weg vor die Nase kommt“.

Die Nüsse sind verzaubert: Die erste Nuss enthält ein Jagdgewand. So ausstaffiert begegnet Aschenbrödel dem Prinzen ein zweites Mal, der mit zwei Freunden übermütig zur winterlichen Vogeljagd ausgeritten ist. Aschenbrödel wird für einen „jungen Jägersmann“ gehalten und überzeugt den Prinzen durch ihre Schießkünste mit der Armbrust, reitet dann jedoch unauffällig weg.

Der Tag des Hofballs rückt heran. Als Schikane vermischt die Stiefmutter Linsen mit Mais, verteilt das Ganze auf dem Boden und lässt Aschenbrödel die Linsen und den Mais sortieren. Dank der tatkräftigen Hilfe von Tauben, die die Arbeit für das Mädchen übernehmen, hat Aschenbrödel genügend Zeit und öffnet die zweite Nuss. Mit dem darin enthaltenen Ballkleid sucht sie den Hofball auf. Der König will unbedingt seinen Sohn verheiraten. Der Prinz, der bisher alle ihm vorgestellten Damen verschmäht hat, tanzt mit dem später erschienenen Aschenbrödel und verliebt sich auf der Stelle. Aschenbrödel trägt einen Gesichtsschleier.

Sie stellt ihm auf dem Ball ein Rätsel, das zeigt, dass sie gerne erkannt werden möchte:

Die Wangen sind mit Asche beschmutzt, aber der Schornsteinfeger ist es nicht.
Ein Hütchen mit Federn, die Armbrust über der Schulter, aber ein Jäger ist es nicht.
Zum Dritten: Ein silbergewirktes Kleid mit Schleppe zum Ball, aber eine Prinzessin ist es nicht mein holder Herr.

Damit spielt sie auf ihre bisherigen drei Begegnungen an, aber der Prinz kann es nicht lösen und so entzieht sie sich ihm abermals durch Flucht, verliert aber auf der Schlosstreppe ihren Schuh.

Dem Prinzen gelingt es aber, Aschenbrödel zu verfolgen und erreicht so schließlich den Hof der Stiefmutter. Doch keinem der hier lebenden Mädchen und Frauen passt der Tanzschuh der Unbekannten. Schließlich fällt einem der Knechte Aschenbrödel ein, das aber spurlos verschwunden scheint. Nachdem auch der letzte Versuch der Stiefmutter, ihre Tochter Dora mit dem Prinzen zu vermählen, scheitert, findet der Prinz Aschenbrödel, welcher der Schuh passt. Das Brautkleid Aschenbrödels zur folgenden Hochzeit mit dem Prinzen entstammt der dritten Haselnuss.

Die Schlussszene zeigt, wie Aschenbrödel und der Prinz über die verschneiten Felder zum Schloss reiten und der Prinz den Präzeptor mitsamt seiner Historienstunde ignoriert.

Hintergrund

Auf dieser Treppe von Schloss Moritzburg entstand die Szene mit dem verlorenen Schuh
Ausstellung im Schloss Moritzburg

Der Film wurde in den Kinos der ČSSR erstmals am 1. November 1973 gezeigt, in der DDR im März 1974 und in der Bundesrepublik Deutschland am 19. Dezember 1974, wo am 26. Dezember 1975 die Erstsendung im Fernsehen folgte. Er wird seit über 30 Jahren jedes Jahr in der Advents- und Weihnachtszeit von vielen europäischen Fernsehstationen, beispielsweise in Deutschland, Norwegen und der Schweiz, ausgestrahlt.

Der Film entstand nach Motiven des gleichnamigen Märchens von Božena Němcová, die das Grimmsche Motiv Aschenputtel variiert, in dem sie drei Haselnüsse als Wunschinstrumente integriert – ein Motiv, das in den wohl über 400 bekannten Varianten des Märchens auf mehreren Kontinenten seit der Antike allerdings weit verbreitet ist.

Bekannt wurden durch diesen Film die Schauspielerin Libuše Šafránková und der Schauspieler Pavel Trávníček.

Gedreht wurde der Film in den Babelsberger Studios der DEFA, rund um Schloss Moritzburg bei Dresden, in den Filmstudios Barrandov in Prag und an verschiedenen Orten in der damaligen Tschechoslowakei, beispielsweise im Wasserschloss Švihov (Schwihau) und im Böhmerwald.

Bekannt wurde auch die Filmmusik des Komponisten Karel Svoboda, die als Soundtrack auf CD erschienen ist. Ende 2008 hat der britisch-deutsche DJ und Produzent Shaun Baker aus der ursprünglich instrumentalen Musik ein neues Werk erschaffen, das als „Maloy – Could You, Would You, Should You“ erschienen ist. Ein Jahr später erschien eine deutsche Version des Themas mit dem Titel „Küss mich, halt mich, lieb mich“, interpretiert von Ella Endlich. Diese Version war die erste, die von den Erben Karel Svobodas in deutscher Sprache genehmigt wurde. Sie war in Deutschland sehr erfolgreich und erreichte Platz 12 der deutschen Singlecharts.[2]

Jährlich wächst auch die Zahl derer, die in Moritzburg nach der Treppe fragen, auf der Aschenbrödel ihren Schuh verlor und nach dem Ballsaal, in dem sie den Prinzen verzauberte. Der Film selbst ist inzwischen fester Teil der Schlossgeschichte. Die gleichnamige Sonderausstellung im Winter 2009/2010 zog mehr als 150.000 Besucher an. Ungezählt bleiben diejenigen, die sogar im Sommer nach Moritzburg pilgern, um die originalen Spielstätten zu sehen oder auf der berühmten Treppe einen Heiratsantrag machen. Ab 5. November 2011 folgt eine Fortsetzung der einstigen Sonderausstellung.

Die neue Ausstellungsfläche umfasst über 2000m² auf vier Etagen und bedeutet damit eine ganz neue Dimension gegenüber der Sonderausstellung im Jahr 2009/2010 mit 460 m². Die Festsäle des Schlosses und die originalen Filmstätten wurden verstärkt in das neue Konzept einbezogen und bieten den würdigen Rahmen nicht nur für die »königlichen« Requisiten des Films, sondern auch für die Kostüme. In die Gesamtkonzeption flossen außerdem viele Wünsche und Vorschläge von Fans und Besuchern ein. Diese wesentlich größere Fläche bietet nun mehr Komfort für den Besucher und auch den Filmstars kann damit mehr Platz eingeräumt werden. Dazu wurde ein Ausstellungsrundgang konzipiert, der die Besucher durch das winterlich dekorierte Schloss führt. Mit viel Liebe zum Detail sind Kulissen des Films, wie der Bauernhof der Stiefmutter oder die „Gute Stube“ überarbeitet worden oder neu entstanden. Exklusive Interviews mit Regisseur und Darstellern erzählen über die Entstehungsgeschichte des Films und die Lebensläufe der Akteure. Zwei Räume des Schlosses werden zu Kinosälen „umfunktioniert“. Hier wird u.a. über eine exklusiv gefertigte Dokumentation des Filmgymnasiums Potsdam eine der wichtigsten Besucherfragen beantwortet, nämlich die nach der Entstehung des Ballsaals. Dank der wiederholten Unterstützung der Aschenbrödel-Fangemeinde, allen voran Katrin Miebach, können zahlreiche Leihgaben leidenschaftlicher Filmfans gezeigt werden.

Ein besonderer Höhepunkt dürften zwei lebensgroße Wachsfiguren von Aschenbrödel und dem Prinzen sein, die Arm in Arm zur beliebten Filmmusik von Karel Svoboda „tanzen“. Ein detailgetreues Modell des Ballsaals im Maßstab 1:8 wurde neu überarbeitet. Einige Filmfiguren können mittels einer Kurbel zum tanzen animiert werden oder eine Trickkamera zeigt die Verwandlung der Haselnuss in das berühmte Hochzeitskleid von Aschenbrödel.

Synchronisation

Die deutsche Synchronbearbeitung entstand in den Ateliers der DEFA Filmstudios, Babelsberg.[3]

Rolle Darsteller Synchronsprecher
Aschenbrödel Libuše Šafránková Dorothea Meissner
Prinz Pavel Trávníček Peter Reusse
Stiefmutter Carola Braunbock Carola Braunbock
König Rolf Hoppe Rolf Hoppe
Königin Karin Lesch Karin Lesch
Dora Dana Hlaváčová Illeolore Kuhnert
Präzeptor Jan Libíček Ivan Malré
Knecht Vinzek Vladimír Menšík Kurt Böwe
Jäger Miloš Vavruška Joachim Pape
Kamil Vítězslav Jandák Joachim Siebenschuh
Vítek Jaroslav Drbohlav Gerd Blahuschek
Wirtschafterin Míla Myslíková Waltraut Kramm

Kritiken

  • „Regisseur Vaclav Vorlicek (…) gelang mit dieser frischen Variante eine der schönsten Märchenadaptionen der Filmgeschichte. Die Autorin der literarischen Vorlage, Božena Němcová, ist in Tschechien so bekannt wie in Deutschland die Brüder Grimm. Libuse Safránková verkörpert vollkommen glaubhaft die grimmsche Märchengestalt Aschenputtel und war von dieser Zeit an nicht mehr aus tschechischen Märchen- und Kinderfilmen wegzudenken.“ – Prisma (Online-Filmdatenbank) [4]
  • „Die tschechische Version des bekannten Märchens bemüht sich nicht nur um Witz und Humor, sondern läßt Aschenbrödel auch aktiv und engagiert werden.“ – Ronald M. Hahn, Volker Jansen, Norbert Stresau: Lexikon des Fantasy-Films, 1986. [5]
  • „Auch in Böhmen ist das Aschenbrödel bekannt und beliebt, dort darf es schießen, reiten und auf Bäume klettern. Originelle Bearbeitung eines Märchenklassikers.“ (Wertung: 2½ von 4 möglichen Sternen = überdurchschnittlich) – Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz: 'Lexikon „Filme im Fernsehen“ [6]
  • „Die tschechoslowakische Variante des bekannten Märchens: Aschenbrödel nimmt hier nicht alles hin, sondern den Kampf gegen die Ungerechtigkeit auf - mit List, Witz und drei Zaubernüssen. Die Autorin der literarischen Vorlage ist in ihrer Heimat so bekannt wie hierzulande die Gebrüder Grimm. Ein erfrischend frecher und witziger Film, vorwiegend an Naturschauplätzen gedreht.“ – Lexikon des internationalen Films[7]

Auszeichnungen

Der Film hat weltweit diverse Filmpreise gewonnen, unter anderem den „Goldenen Eisvogel“ (Tschechien). Er ist in Tschechien zum besten Märchenfilm des 20. Jahrhunderts gewählt worden.

Literatur

  • Božena Němcová: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel. Eulenspiegel-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-359-01653-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel auf S. 295–298 in 77 Märchenfilme – Ein Filmführer für jung und alt (hrsg.) Eberhard Berger, Joachim Giera u.a. Henschel Verlag GmbH; Berlin 1990; ISBN 3362004474
  2. Chartplazierungsverfolgung von "Küss mich, halt mich, lieb mich"
  3. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel in der Deutschen Synchronkartei; abgerufen am 1. November 2008
  4. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel bei prisma-online.de; abgerufen am 1. November 2008
  5. Ronald M. Hahn, Volker Jansen, Norbert Stresau: Lexikon des Fantasy-Films. 650 Filme von 1900 bis 1986. Heyne, München 1986, ISBN 3-453-02273-4, S. 110
  6. Adolf Heinzlmeier, Berndt Schulz: Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 170
  7. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel im Lexikon des Internationalen Films

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