Aelia Pulcheria

Aelia Pulcheria
Münze mit Bild von Aelia Pulcheria. Zu beachten ist links die kleine Hand Gottes, die Pulcheria krönt.

Augusta Aelia Pulcheria (* 19. Januar 399 in Konstantinopel; † 18. Februar 453 ebenda), Tochter des Kaisers Arcadius und der Aelia Eudoxia, Enkelin des Kaisers Theodosius I., war eine Kaiserin des Oströmischen Reiches.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Als Kaiser Arcadius im Jahr 408 verstarb, wurde der erst siebenjährige Theodosius II. zum Kaiser des Oströmischen Reiches gekürt. Aelia Pulcheria, seine damals dreizehnjährige älteste Schwester, scheint früh großen Einfluss auf ihn ausgeübt zu haben. 414 überredete sie ihren Bruder, den mächtigen Prätorianerpräfekten Anthemius zu entlassen, der seit 408 faktisch mit der Regentschaft betraut gewesen war. Fortan scheint sie eine noch wichtigere Rolle gespielt zu haben und kümmerte sich um ihre jüngeren Geschwister.

Ebenfalls 414 verlieh ihr Theodosius den Titel Augusta. Damit wurde sie zwar nicht formell Mitregentin ihres noch unmündigen Bruders - Frauen durften nach römischem Verständnis grundsätzlich nicht herrschen -, der weiterhin als Imperator Caesar Augustus an der Spitze des Reiches stand. Doch standen ihr nun kaiserliche Würden und Ehren zu. Vorher genoss sie als Nobilissima bereits Vorrechte gegenüber anderen Mitgliedern der kaiserlichen Familie. Pulcheria regierte faktisch als „jungfräuliche Prinzessin“ das Oströmische Reich, indem sie ihren jüngeren Bruder Theodosius leitete, bis dieser 416 mündig wurde. Eventuell spielte sie 420 eine wichtige Rolle beim Ausbruch eines zweijährigen Perserkrieges, der von römischer Seite offenbar auch religiös begründet wurde (Holum 1977). In der Folgezeit schwand Pulcherias Einfluss auf den Kaiser. 443 konnte sie sich noch gegen ihre Schwägerin und Rivalin, die ebenfalls zur Augusta erhobene Kaisergattin Athenaïs, behaupten; doch 447 führten Konflikte mit dem mächtigen praepositus sacri cubiculi Chrysaphius dazu, dass Pulcheria für einige Zeit den Kaiserhof verließ und im Palast Hebdomon in klösterlicher Einsamkeit lebte. Nach dem Unfalltod ihres Bruders im Jahr 450 spielte sie aber eine Rolle bei der Regelung seiner Nachfolge. Wie entscheidend ihr Einfluss hierbei war, ist umstritten (Burgess 1993/94). Sie heiratete den neuen Kaiser Markian, der so an die theodosianische Dynastie anschließen konnte, führte wegen ihres Keuschheitsgelübdes aber demonstrativ eine Josefsehe und lebte noch bis 453.

Regierung

Eine selbstständige Regierung im engeren Sinne führte Pulcheria nie, immer war sie entweder an ihren Bruder oder später an ihren Mann gebunden.

Aelia Pulcheria galt einerseits als sehr sozial. Sie wurde für ihre Großzügigkeit gegenüber Armen gelobt und war fürsorglich gegenüber Mönchen und Klerikern. Andererseits war sie in ihrem teils überbordenden christlichen Eifer sehr intolerant gegenüber Andersgläubigen. Auf ihr Betreiben hin wurden Juden und Heiden vom römischen Beamtentum und aus der Armee ausgeschlossen. Es wird ihr auch nachgesagt, Gesetze befürwortet zu haben, die zur Gewalt gegen Andersgläubige aufriefen.

Besondere Bedeutung erreichte die Einladung des Kaiserpaares an den Papst Leo I. zur Teilnahme am Konzil von Chalcedon 451, einer der größten christlichen Kirchenversammlungen der Geschichte. Dieses religiöse Engagement trug Pulcheria umgekehrt die Feindschaft der Monophysiten ein, deren Position 451 verdammt wurde; während daher prochalkedonische (also katholische und orthodoxe) Quellen die Kaiserin sehr stark idealisieren, bieten antichalkedonische Texte ein genau gegenteiliges Bild. Nach Ansicht mancher Forscher wurde die tatsächliche Rolle, die die Augusta spielte, dabei womöglich von beiden Seiten - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - stark übertrieben. Pulcheria diente demnach Zeitgenossen und Späteren als Projektionsfläche.

Das Kaiserpaar wird in der römischen und orthodoxen Kirche als heilig verehrt. Eine Plastik des Kopfes der Pulcheria, aus der Mitte des 5. Jh. stammend, befindet sich im Castello Sforzesco in Mailand. Erwähnenswert ist weiter ihr Bild mit Zepter, Krone und Lilie im Gemälde von G. Reni in Rom, S. Maria Maggiore, Cap. Paolina.

Literatur

  • Richard W. Burgess: The accession of Marcian in the light of Chalcedonian apologetic and monophysite polemic. In: Byzantinische Zeitschrift. Band 86/87, 1993/1994, S. 47–68.
  • Kenneth Holum: Pulcheria’s Crusade and the Ideology of Imperial Victory. In: Greek, Roman and Byzantine Studies. Band 18, 1977, S. 153–172.
  • Kenneth Holum: Theodosian Empresses. Women and Imperial Dominion in Late Antiquity. Berkeley 1982, S. 79-111.
  • Fergus Millar: A Greek Roman Empire. Power and Belief under Theodosius II. Berkeley 2006.

Weblinks


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