Domhof (Hildesheim)

Domhof (Hildesheim)
Zugang zum Domhof von Nordwesten (Paulustor)
Ostausfahrt durch das ehem. Regierungsgebäude an der Stelle des einstigen Petrustors

Der Domhof in Hildesheim ist der Platz um den Dom mit der umgebenden Bebauung. Es handelt sich um einen relativ geschlossenen Bereich mit nur einer schmalen Autozufahrt. Der Gebäudebestand stammt zu großen Teilen aus dem 18., nur an der Ostseite überwiegend aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Der Zuschnitt ist noch weitgehend der der Domburg Bischof Bernwards. Der Domhof ist neben der jüngeren Marktsiedlung um die Andreaskirche die Keimzelle der Stadt Hildesheim. Der Nordteil trägt auch den Namen „Großer Domhof", während der kleinere südliche Teil auch „Kleiner Domhof“ genannt wird. Die Grenze zwischen beiden bildet das ehem. Residenzschloss.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bernwardinische Domburg

Mauerabschnitt und Rest eines Rundturms der bernwardinischen Domburg

Im Jahr 815 war auf dem Hügel beim Übergang des Hellwegs über die Innerste das Bistum Hildesheim gegründet und in karolingischer Zeit mit einem bereits ummauerten Bestand von Kirch- und Wohngebäuden für Bischof und Domkapitel rund um den Altfrid-Dom ausgestattet worden.

Um 1000 ließ Bischof Bernward diese ältere Domburg mit einer neuen Wehrmauer umgeben, die mehr als die doppelte Fläche umschloss. Dieser Mauerring war mit zwölf vorgesetzten Rundtürmen und zwei Toren ausgestattet. Die Tore befanden sich im Nordwesten und Nordosten der neuen Anlage. Die Handelsstraße, die an der alten Domburg nördlich vorbeigeführt hatte, durchquerte sie jetzt bei diesen Toren. Beide Tore enthielten im Obergeschoss eine Kapelle und hießen nach diesen Petrustor (im Osten) und Paulustor (im Westen). Aus der Zwölfzahl der Türme und deren zum Teil strategisch nutzloser Lage ergibt sich neben der bloß zweckmäßigen eine symbolische Bauabsicht Bernwards. Die Gottesstadt der Johannesoffenbarung, die auf den zwölf Säulen der Apostel ruht, sollte sichtbare Gestalt annehmen.

Fürstbischöfliches Regierungszentrum

Die fürstbischöfliche Residenz, jetzt Generalvikariat

Im Hochmittelalter und in der frühen Neuzeit war der Domhof die Zentrale des Fürstbistums Hildesheim. Die Domkapitulare, die aus dem Adel stammten und in diesem Machtgefüge wichtige Positionen hatten, erhielten standesgemäße Häuser. Die Wehrbedeutung der Domburg nahm ab in dem Maße, wie die äußere Stadtbefestigung ausgebaut wurde. Teile der alten Mauer verfielen oder wurden in neue Gebäude einbezogen. An der Stelle des alten Bischofshauses entstand ein barockes Residenzschloss.

Diözesanverwaltung

Das geistliche Fürstentum Hildesheim endete mit der Säkularisation 1802. Die 1823 neu umschriebene Diözese behielt aber ihren Mittelpunkt am Domhof. Das Kuriengebäude neben dem Paulustor wurde zum Bischofshaus. Das Residenzschloss wurde nach einer Zeit staatlicher Nutzung zurückgekauft und zum Bischöflichen Generalvikariat. Die Bebauung des Domhofs ist bis heute überwiegend Bistumseigentum und beherbergt kirchliche Einrichtungen und Wohnungen für Geistliche und Mitarbeiter.

Zerstörung

Im Zweiten Weltkrieg erlitten die Häuser auf der Nordseite des Domhofes – vor allem Haus Nr. 23 – am 22. Februar 1945 durch Sprengbomben, die in der Straße „Am Steine“ detoniert waren, Dach- und Fensterschäden. Auch einige Fenster des Domes wurden beschädigt. Bei dem schwersten Luftangriff auf Hildesheim am 22. März 1945 wurden der Dom und fast alle Häuser des Domhofs durch Spreng- und Brandbomben zerstört. Nur die Häuser Nr. 16 und Nr. 17 blieben – wenn auch leicht beschädigt – erhalten. Auch das Regierungsgebäude wurde von Brandbomben getroffen, die einen Teil des Dachstuhls und des Obergeschosses in Brand setzten, doch konnte das Feuer schnell gelöscht und der entstandene geringe Sachschaden bald behoben werden.

Wiederaufbau

Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Verlauf der Straßen nicht verändert, so dass der Große Domhof mit seinem Kopfsteinpflaster den Verlauf des Hellweges noch heute widerspiegelt. Die nur leicht beschädigten Gebäude – Regierung sowie die beiden Häuser Domhof Nr. 16 und 17 – wurden bereits im Frühjahr 1945 wieder instand gesetzt. Das ausgebrannte Kapitelhaus (Domhof 4), dessen massives Mauerwerk gut erhalten war, wurde 1946–48 als erstes der zerstörten Bauwerke wieder aufgebaut und schon ab 1946 vom Gymnasium Josephinum für Unterrichtszwecke genutzt. Danach erfolgte 1948 der Wiederaufbau des Hauses Domhof Nr. 15, dessen Mauern sich ebenfalls in einem relativ guten Erhaltungszustand befanden. Im gleichen Jahr begann der Wiederaufbau des Domes, der 1960 eingeweiht wurde. Die zerstörten Kurien des Großen und Kleinen Domhofes wurden in den 1950er Jahren relativ schmucklos mit einheitlichen Fassaden neu errichtet. Beim Wiederaufbau des Bischofshauses (1954 vollendet) und des ehem. Residenzschlosses verzichtete man auf die Wiederherstellung der Verzierungen früherer Jahrzehnte.

Gebäude

Neben dem Paulustor, das noch heute außen wie ein Zangentor tief hinter die Mauerfront zurückweicht, beginnt die Nordbebauung mit dem 1701 erbauten Bischofshaus, das seit 1829 Wohnsitz des Bischofs ist und nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1954 wieder aufgebaut wurde, und weiteren alten Kapitelshäusern. Am Haus Nr. 29 A fällt ein spätgotischer Erker von 1518 auf. Er wurde anfangs „Chörlein“ genannt und gehörte ursprünglich zu einer Kurie, die sich auf dem Grundstück Domhof Nr. 30, der heutigen Dombibliothek, befand. Nach dem Abriss der Kurie 1880 wurde er an der Dompost befestigt, die nach starker Beschädigung 1945 und dem Wiederaufbau in den 1950er Jahren 1994 der Dombibliothek weichen musste. Der Erker wurde vor dem Abriss der Dompost abgetragen und an den Westgiebel des Hauses Domhof 29 A versetzt. Das letzte der alten Kapitelshäuser ist nur in konservierten Resten erhalten, hier ist eine Giebelwand mit Wappenschild sehenswert.

Daran schließt sich der postmoderne Bau der 1994 errichteten Dombibliothek an. Die Ostseite wird zur Hälfte vom ehemaligen preußischen Regierungsgebäude eingenommen (erbaut 1887–89 im Stil des Historismus und 1945 nur leicht beschädigt), zur anderen von der um 1444 erbauten und 1945 ausgebrannten Antoniuskirche und dem zu Beginn der 1950er Jahre errichteten Joseph-Godehard-Haus, die zum engeren Domkomplex gehören, und den barocken und modernen Gebäuden des bischöflichen Gymnasium Josephinum. Die Antoniuskirche ist vor allem wegen des Azelinleuchters aus dem 11. Jahrhundert und wegen ihres Lettners von 1546 bekannt, der 1942 abgebaut und ausgelagert wurde und so der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg entging. Die dreigeschossige Giebelfassade (1694) des Josephinums überstand den Krieg und prägt das Bild des südlichen Teils des Domhofs, der auch „Kleiner Domhof“ genannt wird. Zwischen dem Gymnasium und dem Dom erhebt sich das heute vom Dommuseum genutzte Kapitelhaus (Domhof 4), ein dreigeschossiges, im Mittelalter errichtetes Gebäude aus Sandstein, in dessen Westfassade und Giebel die Umrisse eines großen, zugemauerten gotischen Fensters gut erkennbar sind. Im Erdgeschoss befinden sich typisch gotische spitzbogige Fenster und eine ebensolche Tür.

Im Südosten gibt es einen alten schmalen Zugang, der Stinekenpforte heißt – ein Name, der durch verhüllende Metathese entstand, da hier die Abwässer des Domhofs in die (jetzt unterirdische) Treibe hinabflossen. Die Stinekenpforte, heute eine abschüssige, auf beiden Seiten von einer Mauer aus Bruchsteinen begrenzte Gasse, erinnert an den früheren wehrhaften Charakter der Domburg. Sie ist mit einer Länge von 56 m eine der kürzesten Straßen Hildesheims und gleichzeitig eine der engsten. Die Stinekenpforte verbindet den Domhof mit den Straßen Hückedahl, Treibestraße und Neue Straße.

An der Süd- und Südwestseite folgen weitere historische oder nach der Kriegszerstörung nachempfundene Wohnhäuser. Hinter deren Gärten ist die alte Domburgmauer noch in größeren Abschnitten sichtbar. Hier findet sich auch der einzige erhaltene Rest der Bernwardsmauer und einer ihrer Türme.

Die Häuser Domhof 16 und 17 überstanden – abgesehen vom Regierungsgebäude – als einzige Bauwerke des Domhofs den Zweiten Weltkrieg, sie konnten nach nur leichter Beschädigung bereits im Sommer 1945 wieder genutzt werden. Haus Nr. 16 wurde 1887 erbaut, im Erdgeschoss fallen die Scheinquaderung sowie drei Rundbogenfenster auf. Beim Bau des Hauses Nr. 17 im Jahre 1901 wurden Teile des Vorgängerbaues verwendet. Das Untergeschoss mit einem spitzbogigen Portal ist aus verputztem Fachwerk, das Ober- und Dachgeschoss – ebenfalls aus Fachwerk – ragen deutlich vor.

Die Westseite des Domhofs wird vom ehemaligen Residenzschloss, Domhof 18–20, und seinen Anbauten beherrscht. Die relativ schmucklose Fassade wird durch zwei repräsentative Portale gegliedert. Bereits unter Bischof Hezilo (1054–79) soll sich an dieser Stelle ein Bischofshaus befunden haben. Die fürstbischöfliche Residenz liegt genau dem Westwerk des Domes gegenüber und wurde unter Bischof Clemens August (1724–61) erbaut. Vorher residierten die Bischöfe auf Burg Steuerwald unweit nördlich von Hildesheim. Die vorderen Gebäude brannten 1945 aus, während der rückwärtige Teil der Anlage – wenn auch beschädigt – erhalten blieb. Bis 1974 befand sich in dem Gebäudekomplex das Landgericht, seitdem beherbergt er das Bischöfliche Generalvikariat.


Literatur

  • Maike Kozok und Karl Bernhard Kruse, Hildesheim um 1022 – Ein Modell, Hildesheim 1993

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Domhof (Hildesheim) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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