Dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est

Dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est

Dolo agit ist die Abkürzung des lateinischen Rechtssatzes Dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est (sinngemäß: Arglistig handelt, wer etwas verlangt, was er augenblicklich wieder zurückgeben muss).

Inhaltsverzeichnis

Die Bedeutung der dolo-agit-Regel

Der Satz besagt, dass niemand erfolgreich eine Leistung einklagen kann, die er sogleich nach Erhalt zurückgeben müsste, weil dem Schuldner ein entsprechender Gegenanspruch zusteht. Zur Illustration ein Fallbeispiel:

E ist Erbe des verstorbenen X. In seinem Testament hat X angeordnet, dass sein Freund F als Vermächtnis einen bestimmten wertvollen Perserteppich aus der Erbmasse erhalten soll. Den Teppich hat F bereits als Leihgabe von E im Besitz. Nach dem Erbfall will E das Leihverhältnis beenden und den Teppich zurückhaben. Seiner auf den Leihvertrag bzw. das Eigentum am Teppich, das durch den Erbfall auf ihn übergegangen ist, gestützten Klage kann F die Einrede Dolo agit entgegenhalten. Daher muss er nicht erst den Teppich an E zurückgeben, um dann in einem zweiten Prozess seinen Anspruch auf Rückgabe aufgrund des Vermächtnisses durchzusetzen.

Ursprung der dolo agit-Regel im römischen Recht

Der Satz stammt in seiner originalen, leicht abweichenden Formulierung dolo facit, qui petit quod redditurus est von dem römischen Juristen Iulius Paulus, der Ende des zweiten und Anfang des dritten Jahrhunderts nach Christus lebte. Die Äußerung des Paulus ist gleich zweimal in die Digesten, eine von dem spätantiken Kaiser Justinian veranlasste Sammlung von Fragmenten aus den Werken der klassischen Juristen, aufgenommen worden. Sie findet sich sowohl unter D. 44, 4, 8pr. als auch unter D. 50,17, 173, 3.

Mit der Formulierung dolo facit (er handelt arglistig) bringt Paulus zu Ausdruck, dass dem Gläubiger, der etwas einfordert, was er sofort erstatten müsste, die exceptio doli (Einrede der Arglist) entgegengehalten werden kann: Nach römischem Recht konnte der Beklagte im Prozess sich gegen einen Anspruch dann erfolgreich verteidigen, wenn er geltend machte, der Kläger verhalte sich arglistig. Diese Einrede der Arglist konnte entweder darauf gestützt werden, dass der Kläger sich schon im Vorfeld des Prozesses, insbesondere bei Begründung der nun eingeklagten Forderung arglistig (d.h. betrügerisch oder unfair) verhalten habe, oder darauf, dass sein derzeitiges Verhalten, also gerade die Erhebung der Klage, arglistig sei. Um einen Fall der letztgenannten Art, also des dolus praesens oder der gegenwärtigen Arglist handelt es sich, wenn die Klage der Erlangung einer Leistung dient, die der Gläubiger sofort nach Erhalt wieder an den Gläubiger zurückgeben müsste.

Bei Paulus steht die Aussage im Zusammenhang mit der Erörterung eines erbrechtlichen Falls, der dem zu Anfang vorgestellten Fallbeispiel ähnelt. In den Digesten ist der Satz jedoch aus seinem ursprünglichen Kontext gelöst und in den Digestentitel D. 50, 17 eingereiht, in dem zahlreiche allgemein anwendbare Rechtsregeln versammelt sind.

Die dolo-agit-Regel im heutigen deutschen Recht

Die dolo-agit-Regel gilt auch im heutigen deutschen Recht. Sie besagt nach wie vor, dass eine Klage keinen Erfolg haben darf, wenn der Kläger die eingeklagte Leistung sofort an den Beklagten zurückgeben müsste, weil diesem ein Gegenanspruch zusteht. Allerdings existiert im modernen Recht die römisch-rechtliche exceptio doli nicht mehr. Die Erfolglosigkeit der Klage wird daher heute auf § 242 BGB gestützt.

Der Dolo-agit-Grundsatz ist somit eine spezielle Ausprägung des Prinzips von Treu und Glauben, das in § 242 BGB verankert ist. Zu diesem Grundsatz stellt § 863 BGB jedoch eine Ausnahme dar.

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