Direkte Aktion

Direkte Aktion
Blockade der Spree als Protest gegen die ufernahe GentrifizierungMediaspree“, 2008
Kranbesetzung durch Robin Wood in Dresden

Direkte Aktion ist ein Begriff aus der Sozialgeschichte und beschreibt direktes Eingreifen in ökonomische und politische Zusammenhänge. Bei der Direkten Aktion wird keine Macht an Interessensvertreter, etwa Parlamentarier oder Gerichte delegiert. Die Betroffenen werden unmittelbar zur Durchsetzung ihrer Interessen tätig. Beispiele für direkte Aktionen sind Selbstorganisation, Boykotts, Streiks, Sabotage, Smart Mob, Sitzblockaden, Demonstrationen und Besetzungen von Häusern, Bäumen, Betrieben, Baustellen und Feldern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Begriff wurde 1920 von William Mellor in seinem Buch Direct Action verwendet, nachdem zuvor Voltairine de Cleyre schon einen Text dazu verfasst hatte[1] und Emma Goldman in einem Werk von 1911 ihn von der ökonomischen auf die allgemeine Ebene hob:

„Die direkte Aktion, die sich schon auf ökonomischem Gebiet als erfolgreich erwiesen hat, ist im Bereich des Individuums gleichermaßen wirksam. Hunderte von Zwängen beeinträchtigen dort sein Dasein, und nur hartnäckiger Widerstand dagegen wird es endlich befreien. Direkte Aktion gegen die Betriebsführung, direkte Aktion gegen die Autorität des Gesetzes, direkte Aktion gegen den zudringlichen, lästigen Einfluß unseres Moralkodexes ist die folgerichtige, konsequente Vorgehensweise des Anarchismus.“[2]

In Mellors Definition, die sich auf Arbeitskämpfe bezieht, ist Direkte Aktion die Nutzung einer ökonomischen Macht derjenigen, die diese Macht besitzen, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Zu den Mitteln zählt er neben Aussperrungen und Kartellen auch Streik und Sabotage. Im anglo-amerikanischen Raum wird die Direkte Aktion in einem radikaldemokratischen Verständnis auch als Gewaltfreie Aktion verstanden. Beispiele sind die Aktionen der Suffragetten für Frauenrechte, die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung und später die gewaltfreien Aktionen der Friedensbewegung. In Gruppen der Friedensbewegung wird auch von „gewaltfreien direkten Aktionen“ (nonviolent direct action) gesprochen.

Direkte Aktion und Anarchismus/Anarchosyndikalismus

Zerschneiden von Grenzbefestigungen durch die AATW 2007

Direkte Aktion ist essentiell als Aktionsform von Autonomen, Anarchisten und Anarchosyndikalisten, die den Prinzipien Selbstorganisation und Herrschaftslosigkeit gerecht werden soll. Seit 1968 werden mit dem Begriff der direkten Aktion oftmals alle Aktionen verstanden, die praktisch und militant sind, so die Veränderung von Wahlplakaten und die Blockade von Bahngleisen etwa bei Transporten von Atommüll.

Historisch sind mit Direkten Aktionen kollektive, ökonomische Aktionen gemeint, die sich - im Gegensatz zu Verhandlungen - direkt auswirken. Daher werden als Mittel der Direkten Aktion oftmals Streik, Boykott und Sabotage genannt. In der anarchosyndikalistischen Theorie ist der Generalstreik die zentrale Direkte Aktion. Verbunden mit der Aneignung der Produktionsmittel durch die Arbeiter stellt sie für die Anarchosyndikalisten die soziale Revolution dar.

Im Gegensatz zur Direkten Aktion ist die Propaganda der Tat eine individualistische, nicht zwingend ökonomische Aktionsform, die historisch von nicht-syndikalistischen Anarchisten angewandt wurde, aber auch von anderen politischen Strömungen, einschließlich von Nationalisten. Während die Direkte Aktion ausschließlich Mittel zum Zweck sein soll, sollte die „Propaganda der Tat“ Vorbildcharakter haben. Daher sind nicht nur historische Attentate, sondern auch die Gründung von Kommunen und anderen selbstverwalteten Strukturen durchaus als „Propaganda der Tat“ aufzufassen. Insofern der Aufbau alternativer Strukturen auch den Zweck ökonomischer Existenzsicherung erfüllen soll, kann auch dies als „Direkte Aktion“ verstanden werden.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Direkte Aktion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Direct Action by Voltairine De Cleyre (undatiert)
  2. Emma Goldman: Der Anarchismus und seine wirkliche Bedeutung anarchistische Texte 11 Libertad Verlag 1983, S. 15

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Direkte Aktion — Type Bimonthly newspaper Publisher Direkte Aktion e.V. Founded 1977 ( …   Wikipedia

  • Direkte Aktion — Saltar a navegación, búsqueda Direkte Aktion (DA) es el periódico del sindicato „Freie Arbeiter Union“ (FAU). Es un sindicato anarcosindicalista y parte de la Asociación Internacional de los Trabajadores (AIT), fundada en 1922. Directe Aktion,… …   Wikipedia Español

  • Direkte Aktion (Zeitung) — Logo der Zeitung Direkte Aktion Die Direkte Aktion (DA) ist eine Zeitung der Basisgewerkschaft Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU). Sie wird in einem zweimonatlichen Rhythmus herausgegeben. Zurzeit erscheint sie mit 16 Seiten im Berliner …   Deutsch Wikipedia

  • direkte Aktion — dirẹkte Aktion,   französisch action directe [ak sjɔ̃ di rɛkt], die Parole und Kampfmethode der Verfechter des Syndikalismus, fordert unter Ablehnung der repräsentativen Demokratie den unmittelbaren Kampf jedes einzelnen Proletariers gegen die… …   Universal-Lexikon

  • Aktion — bezeichnet: allgemein das Handeln (von lat. actio – Handlung, Tätigkeit), den griechischen Namen der antiken Hafenstadt Actium, Gruppenoperation, in der Mathematik eine Verknüpfung einer Menge mit einer Gruppe, eine Wirkung (Physik), eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Aktion (Zeitschrift) — Aktion war, so der Untertitel, ein anarchistisches Magazin, erschienen von 1981 bis 1988 mit insgesamt 37 Ausgaben; jeweils 30 bis 70 Seiten Umfang und oftmals farbig illustrierten Titelseiten; zuerst zweimonatlich, später unregelmäßig mit… …   Deutsch Wikipedia

  • Aktion Bau auf Blau — Arminia Bielefeld Voller Name Deutscher Sportclub Arminia Bielefeld e.V. Gegründet 3. Mai 1905 als 1. Bielefelder FC „Arminia“ …   Deutsch Wikipedia

  • Aktion (UML) — Eine Aktion (engl. Action) ist ein Modellelement in der Unified Modeling Language (UML), einer Sprache für die Modellierung der Strukturen und des Verhaltens von Software und anderen Systemen. Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 1.1 Aufruf Aktionen …   Deutsch Wikipedia

  • Aktion Saubere Leinwand — Die Aktion Saubere Leinwand – gemeint war damit die Kinoleinwand – war eine in den 1960er Jahren gestartete Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die sich nach zaghaftem Beginn immer rascher ausbreitende Sexualisierung der Massenmedien… …   Deutsch Wikipedia

  • Aktion Schulhof — Das Projekt Schulhof CD war eine Werbeaktion deutscher Rechtsradikaler [1] aus dem Lager der militanten Freien Kameradschaften im Jahr 2004, bei der kostenlose Musik CDs in der Nähe von Schulen und Jugendtreffs im gesamten Bundesgebiet verteilt… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”