Die fetten Jahre sind vorbei

Die fetten Jahre sind vorbei
Filmdaten
Originaltitel Die fetten Jahre sind vorbei
Produktionsland Deutschland
Österreich
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2004
Länge 127 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Stab
Regie Hans Weingartner
Drehbuch Katharina Held
Hans Weingartner (Y3 Film)
Produktion Hans Weingartner
Antonin Svoboda (coop99)
Musik Andreas Wodraschke
Kamera Daniela Knapp
Matthias Schellenberg
Schnitt Dirk Oetelshofen
Andreas Wodraschke
Besetzung

Die fetten Jahre sind vorbei ist der zweite Spielfilm des österreichischen Regisseurs Hans Weingartner.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Die WG-Bewohner Jan (Daniel Brühl) und Peter (Stipe Erceg) sind zwei zwanzigjährige Großstadtrevolutionäre, die eine außergewöhnliche Form des Widerstands gegen das etablierte Bürgertum entwickelt haben. Sie brechen in Villen ein, stehlen jedoch nichts. Stattdessen verrücken sie Möbel, zweckentfremden Luxusgegenstände und hinterlassen die Botschaften „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder „Sie haben zu viel Geld“, letztere unterzeichnet mit der Signatur: „Die Erziehungsberechtigten“. Sie wollen damit die Geschädigten verunsichern.

Peters Freundin Jule (Julia Jentsch) ist noch im Stadium latenter Revolution; ihr „Krieg“ gegen die reiche Oberschicht und deren Handlanger ist kein freiwilliger; sie agiert nicht, sie reagiert nur. Durch einen Auffahrunfall hat sie bei dem Besitzer eines Mercedes-Benz S-Klasse 94.500 Euro Schulden. Daher arbeitet sie als Kellnerin in einem Nobelrestaurant. Ihr nicht ganz devotes Verhalten führt allerdings ständig zu Kritik und schließlich zu ihrer Entlassung. Als ihr auch noch die Wohnung gekündigt und mit dem Verlust der Kaution gedroht wird, falls sie nicht tadellos renoviert, beschließen sie und Peter, dass er allein in den geplanten Kurzurlaub fliegt. Währenddessen hilft ihr Jan bei der Renovierung. Dabei lernen die beiden einander kennen und es entwickelt sich zwischen ihnen eine Romanze. Jule glaubte bislang, die nächtlichen Abwesenheiten von Peter und Jan seien dem Plakatieren geschuldet. Jan weiht sie ein und zeigt ihr eine Villa, die er gerade ausspäht.

Als Jule in Berlin-Zehlendorf die Villa ihres Gläubigers, des Geschäftsmanns Justus Hardenberg (Burghart Klaußner), entdeckt, überredet sie Jan zu einem Spontaneinbruch. Die beiden räumen die Möbel um und amüsieren sich im Schwimmbecken. Als Jule auf die Terrasse tritt und dadurch eine Alarmanlage auslöst, fliehen sie. Am nächsten Tag kehrt Peter zurück, die beiden verschweigen ihm aber die Aktion.

Später bemerkt Jule, dass sie ihr Mobiltelefon in der Villa hat liegen lassen. Jan und Jule fahren erneut dorthin und werden von Justus Hardenberg überrascht. Sie schlagen ihn nieder. Dann rufen sie Peter um Hilfe. Gemeinsam entführen sie ihr Opfer in eine entlegene, Jules Onkel gehörende Almhütte hoch über dem Tiroler Achensee.

Bald stellt sich heraus, dass der entführte Klassenfeind alles andere als ein herzloser „Bonze“ ist. Vielmehr berichtet er von seiner Zeit im Vorstand des SDS, seiner Bekanntschaft mit Rudi Dutschke und all den Affären in seiner damaligen WG (bestehend aus drei Männern und drei Frauen), wo er auch seine spätere Ehefrau kennen lernte. Als Hardenberg meint, die „Freie Liebe“ sei für sie ja nichts Neues, bemerkt Peter die Beziehung zwischen Jan und Jule, die sich weiter vertieft hat. Er bricht mit den beiden und fährt ab, kehrt aber in der Nacht darauf - betrunken - zurück.

Die drei Jugendlichen kommen zum Schluss, dass die Entführung „moralisch unter aller Sau“ war, und bringen Hardenberg zu seiner Villa zurück. Vor dem Abschied drückt dieser Jule eine handgeschriebene Verzichtserklärung auf die Ansprüche aus dem Auffahrunfall in die Hand und sagt dabei: „Ich will doch nicht dein Leben verbauen“. Ferner sagt Hardenberg, dass man sich wegen „der Bullen“ keine Sorge machen solle.

Der Schluss des Films bietet gewisse Freiräume für Interpretationen. Klar ist, dass sich die drei in ein spanischsprachiges Land abgesetzt haben (früher im Film wird Nicaragua erwähnt) und so der Erstürmung ihrer Wohnung durch ein Spezialeinsatzkommando der Polizei entgehen. Nicht eindeutig ist, welche Rolle Hardenberg bei diesen Aktionen gespielt hat oder haben könnte, jedoch ist er bei der Erstürmung der Wohnung anwesend. Die Polizei findet dort aber nichts vor außer der Nachricht: „Manche Leute ändern sich nie – Die Erziehungsberechtigten“.

In einer anderen Version, die in Deutschland im Kino gezeigt wurde und die auch auf DVD zu finden ist, folgt jedoch noch eine weitere Szene. In ihr sieht man die drei in vornehmen Anzügen auf einer Yacht zu einer Insel aufbrechen. Die Yacht gehört mutmaßlich Justus Hardenberg, da sich ein älterer Bootsführerschein mit seinem Bild und dem Wohnort „2400 Lübeck“ im Boot befindet. Diese Insel wurde schon zweimal vorher im Film auf einem Foto gezeigt und Jan plante schon länger, die dort befindlichen wichtigen Steuerungsanlagen von Fernsehsatelliten lahmzulegen. In dieser zweiten Version des Films spielt im Abspann eine Cover-Version von Beige GT des Hits 'Knights of the Jaguar' von DJ Rolando.

Kritiken

  • Film-Dienst: „Erfreulich engagierte Filmerzählung über drei jugendliche Rebellen, die nicht zuletzt dank großartiger Darsteller überzeugt.“
  • Frankfurter Rundschau: „eine erfrischende, glänzend gespielte Anti-Globalisierungskomödie.“
  • Die Welt: „… furios inszenierter deutscher Cannes-Vertreter und in München zurecht Sieger des Förderpreises Deutscher Film für die beste Regie, führt exemplarisch vor, was das deutsche Kino derzeit zu sagen hat.“

Trivia

  • Der Film wurde mit digitalen Videokameras absichtlich im Handkamera-Stil gedreht, wodurch das Bild oft leicht wackelig ist.
  • Europaweit verzeichnete der Film rund 1,3 Millionen Kinobesuche – davon knapp 900.000 in Deutschland, 70.000 in Österreich und 70.000 in der Schweiz. Die höchsten Besucherzahlen in nichtdeutschsprachigen Ländern erreichte der Film in Frankreich und in der Türkei mit jeweils 70.000 Besuchern.[1]
  • Die von Jeff Buckley interpretierte Version von Cohens Hallelujah ist im Film zwar prominent platziert, aber nicht auf dem Soundtrack enthalten. Es findet sich dort allerdings eine Version dieses Songs von Lucky Jim.
  • Die Hintergrundmusik im DVD-Menü sowie in einem Filmtrailer ist der Song Easy to Love der Band Slut ohne Gesang.
  • Laut Regisseur wollte er den Film mit dem „schlechten“ Ende enden lassen, so wie in der Kino-Fassung geschehen. Aufgrund von Anfragen entschloss er sich dann jedoch, das vermeintlich positive Ende auf die DVD zu packen.
  • Der Film wird in Folge 314 der ARD-Serie Polizeiruf 110 zitiert. Die Handlung ist ähnlich und an einer Stelle ist ein Filmposter zu sehen.

Auszeichnungen

Als erste deutschsprachige Produktion seit 1993 nahm der Film beim Filmfestival in Cannes am Wettbewerb um die Goldene Palme teil. Dort wurde er vom Publikum mit Standing Ovations gefeiert. In München wurde der Film im Sommer 2004 mit dem bayerischen Filmförderpreis ausgezeichnet.

Daniel Brühl wurde bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises 2004 als Bester Darsteller nominiert, musste sich aber Javier Bardem für den Film Das Meer in mir geschlagen geben. Der Film gewann beim Deutschen Filmpreis als Bester Spielfilm in Silber und Burghart Klaußner als Bester Nebendarsteller. Zudem erhielt Die fetten Jahre sind vorbei eine Nominierung für die Beste Regie.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lumiere – Datenbank über Filmbesucherzahlen in Europa

Wikimedia Foundation.

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