Diatret

Diatret
Diatretglas aus Köln. Die Umschrift lautet "Bibe multi annis" (Antikensammlung München).

Ein Diatretglas (gr. diatreton „durchbrochen“, „durchbohrt“) ist ein meist glockenförmiges, prunkvolles doppelwandiges Gefäß mit durchbrochenem Glas. Gemeint ist damit, dass der Gefäßkörper von einem durchbrochenen Glasnetz umfangen wird. Die Gefäße werden daher im Englischen auch als cage cups (Käfiggläser) bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Herstellungstechnik

In der nachrömischen Zeit wurde das erste derartige Glas 1680 in Norditalien wiederentdeckt. Seit der Zeit versucht man die Herstellungsweise zu ergründen und sie eventuell nachzubilden.

Es gibt zwei Theorien, wie ein Diatretglas hergestellt wurde.
  • Schleiftheorie: Zuerst wurde das Motiv als Relief herausgeschliffen und anschließend das Material dahinter, bis auf einige Glasstege, entfernt.
Die Verbindungsstege zwischen Gefäßkörper und der durchbrochenen Netzhülle sind unbeschliffen. Detail des Münchner Diatretglases aus Köln
  • Presstheorie: Mit einem perforierten Zwischenbecher aus Gips oder einer Mischung aus Gips und Quarzmehl konnte ein zweischaliger Glasrohling hergestellt werden, der dann aufgeschliffen wurde.

Funktion

Die Diatrete werden meist als Trinkgefäße angesprochen, weil sie oft die Form von Trinkbechern haben und mit Trinksprüchen verziert sind. Allerdings spricht die für die Diatrete typische abgesetzte Lippe der erhaltenen Gefäße, die bei einem Exemplar im Glasmuseum Corning (New York) von einem dreihenkligen Bronzering umfasst ist, gegen dieses Verständnis. Dieser Haltering weist das Gefäß als hoch aufgehängten Leuchtkörper aus. Damit ist die Funktion der Gefäßlippe erklärt, was die Untersichtigkeit sämtlicher Diatrete und selbst Becherform und Trinksprüche aus dem Zusammenhang mit dem Dionysus-Kult herleiten würde, vgl. Ampel und Ampelos und den Lykurgosbecher.[1] Überdies inszenieren die veröffentlichten Fotografien der Diatrete mit entsprechender Beleuchtungsführung den Leuchtkörper von Glaslampen mit schwimmendem Docht.[2] Allerdings sind beispielsweise die aus Kölner Gräbern des 4. Jahrhunderts bekannten Exemplare in einer Zeit in die Erde gelangt, als im Rheinland die Beigabe von Lampen längst unüblich geworden war. Eine eindeutige, einheitliche Deutung der Funktion der Diatretgläser ist daher wohl nicht möglich.

Verbreitung

Diatretglas war ein wertvolles Prunkglas der römischen Zeit; es gab sogar antike Gesetze zur Regelung der Schadenshaftung für Diatretglasschleifer. Die ersten derartigen Glaser sind aus dem 1. Jahrhundert bekannt. Im 3. und 4. Jahrhundert war die Glasschleifkunst auf ihrem Höhepunkt. Bis heute sind etwa 50 Exemplare bekannt, die häufig nur noch als Scherben überliefert sind.

Bekannte Diatretgläser

Das Braunsfelder Diatretglas auf einer Berliner Briefmarke (1986)
  • Lykurgosbecher: Entstanden im 4. Jahrhundert und seit 1945 im Besitz des Britischen Museums. Er besteht aus einem 16,5 cm hohem und 13,2 cm im Durchmesser großen Goldrubinglas, welches im Gegenlicht rot und im Auflicht opak-gelbgrün erscheint. Dieser Effekt entsteht, weil in das Glas kleinste Gold- und Silberpartikel (etwa 70 nm) im Verhältnis von drei zu sieben eingearbeitet wurden. Damit ist es das einzige vollständig erhaltene Glas mit einem solchen Effekt und mit seiner figurativen Gestaltung ist es ebenfalls einmalig.
  • Köln-Braunsfelder Diatretglas: 1960 im Kölner Stadtteil Braunsfeld gefunden. Sie hat eine Inschrift, die aus dem Griechischen übersetzt heißt: Trinke, damit du immer gut lebst. Datieren lässt sich das Glas auf die Zeit von 330 bis 340 n. Chr. Es ist heute im Römisch-Germanischen Museum in Köln zu sehen.

Bilder von Diatretgläsern

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. http://www2.archlsa.de/lightkultur/luxluxus/ampel.htm
  2. http://www.chaman.ch/lychnos/edition/ouvragespublies/nl2003/_doc/pdf/wunderlich.pdf

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