Dialektische Theologie

Dialektische Theologie

Die Dialektische Theologie, (auch: Wort-Gottes-Theologie), bezeichnet eine theologische Richtung innerhalb des Protestantismus, die oft synonym gesetzt wird mit der Frühphase des Barthschen Denkens, wie sie dessen Kommentar zum Römerbrief wiedergab.

In der Dialektischen Theologie wurde pointiert eine Theologie „von oben“ betrieben, die ein menschliches Erkennenkönnen Gottes strikt ablehnte und so jedwede Annäherung des Gläubigen der vorausgehenden Offenbarung Gottes unterordnete. Diese Position der „unmöglichen Möglichkeit“ zur Gotteserkenntnis steht in der Tradition der Glaubensphilosophie, wenngleich sie nicht in die radikalisierte Spielart des Fideismus changierte, sondern die Neubegründung des Glaubenkönnens gegen einen theologischen Rationalismus vor Augen hatte, wie ihn vor allem die Liberale Theologie der Zeit, die noch Barths Lehrer Harnack vertrat, aufwies.

Ausgelöst wurde dieses theologische Umdenken durch Karl Barths Kommentar zum Römerbrief von 1919 und (in völlig veränderter 2. Aufl.) 1922. Ihre dogmatische Meinung publizierten die Vertreter der Dialektischen Theologie vor allem im Christian Kaiser Verlag, von denen neben Karl Barth insbesondere Emil Brunner, Rudolf Bultmann, Friedrich Gogarten und Eduard Thurneysen, auch Dietrich Bonhoeffer u.a. zu nennen sind, in der Zeitschrift Zwischen den Zeiten (ab 1923). 1924 kam dann Barths Aufsatzsammlung Das Wort Gottes und die Theologie hinzu.

Eine prägnante Kritik formulierte Johann Hoffmeister, wenn er die Dialektische Theologie als jene Theologie bezeichnete,

[...] an der besonders deutlich wird, inwiefern das Philosophieren aus dem Glauben, das die Vermittlung der denkenden Vernunft verschmäht, in den Abstraktionen und Paradoxien des Verstandes steckenbleibt“.[1]

Die theologisch nie über eine Gegenposition zur verbreiteten Liberalen Theologie konsistente Haltung der Vertreter der Dialektischen Theologie lässt sich vor allem als Ausdruck der unsicheren Zwischenkriegszeit verstehen. Sie mündete dann ab 1933 in den (einmal mehr, einmal weniger deutlich sichtbaren) Widerstand gegen den Nationalsozialismus (siehe Barmer Erklärung), nach dessen Niedergang die beteiligten Personen dann theologisch recht verschiedene Wege gingen.

Einzelnachweise

  1. Hoffmeister: Wörterbuch der philosophischen Begriffe; 2.Aufl., 1955, S. 274

Literatur

  • Karl Barth: Der Römerbrief, 1919 (unv. Nachdr. 1963), neue Bearb. 1922.
  • Christof Gestrich: Neuzeitliches Denken und die Spaltung der dialektischen Theologie, Tübingen 1977.
  • Wilfried Härle: Dialektische Theologie. In: Theologische Realenzyklopädie 8 (1981), S. 683-696 (mit weiterer Lit.)
  • Dietrich Bonhoeffer: Briefwechsel mit Karl Barth, in: Ders., Gesammelte Schriften, hrsg. v. Eberhard Bethge, I, 1955, 106 ff.; II, 1959, 39 ff. 126 ff. 283 ff. 631.
  • Dietrich Korsch: Dialektische Theologie nach Karl Barth, Mohr Siebeck, Tübingen 1996.
  • Jürgen Moltmann (Hg.): Anfänge der dialektischen Theologie, 2 Bde., München 1962 (und mehrere Auflagen).

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