Diadochenkriege

Diadochenkriege

Als Diadochenkriege bezeichnet man die kriegerischen Auseinandersetzungen der Nachfolger (Diadochen) Alexanders des Großen um sein Erbe und die Alleinherrschaft. Insgesamt gab es sechs Auseinandersetzungen, die sich über vier Jahrzehnte erstreckten.

Verlauf

Schon kurz nach dem Tode Alexanders wurde die Rivalität zwischen den Nachfolgern offenbar. Alexander hatte keinen legitimen Nachfolger, weswegen Streitigkeiten um den Thronfolger entbrannten. In einem Kompromiss entschied man sich, den geisteskranken (die Quellen sind hier unklar) Halbbruder Alexanders, Arrhidaios, als Philipp III. auf den Thron zu setzen und das noch ungeborene Kind aus der Verbindung Alexanders mit der baktrischen Prinzessin Roxane als weiteren Thronanwärter in Aussicht zu stellen. Man wollte den Titel Epitropos vermeiden, da dieser die volle Souveränität eines Vormundes bedeutet hätte. Es wurde mit anderen Worten keine Reichsverweserschaft beschlossen. Stattdessen wurde die Macht geteilt:

  • Antipatros behielt die Stellung als Stratege von Europa.
  • Krateros (nach dem Tod des Hephaistion der zweite Mann hinter Alexander) wurde zum Prostates (Vorsteher der königlichen Belange, Führer des Reichsheeres und Verwalter der königlichen Finanzen). Allerdings befand sich Krateros damals noch mit dem zur Heimkehr nach Makedonien befindlichen Heer in Kilikien und man rechnete daher nicht mit einer baldigen Übernahme des Amtes.
  • Perdikkas übernahm in Vertretung die Prostasie des Krateros, was aber zu einem Dauerzustand wurde. Er war Chiliarch ("der erste nach dem König"), sowie Großwesir und führte den Befehl über die erste Hipparchie der Hetairenreiterei. Damit war er Aufseher über Babylon und das asiatische Reich Alexanders und hatte somit die wichtigste Position inne.
  • Ptolemaios erhielt die Satrapie Ägypten. Diese reichste und wertvollste, durch Wüsten geschützte Satrapie bot die Möglichkeit, gute Beziehungen zu Griechenland aufbauen. Daneben wurden ihm auch die angrenzenden Landstriche Arabiens und Libyen zugeteilt.
  • Lysimachos erhielt das unruhige Thrakien (die Satrapie war dort neu geschaffen worden, indem man sie vom Europareich abgetrennt hatte).
  • Antigonos (der "Einäugige") behielt die Satrapie Großphrygien.
  • Seleukos, der Hipparch der Hetairenreiterei, erhielt nur eine hohe Befehlsstelle im Heer und das Kommando über das Königsschwadron, welches er vom abgesetzten Meleager übernahm.
  • Kassandros, Antipatros ältester Sohn bekam eine hohe Befehlsstelle im Heer und wurde Kommandant der königlichen satelites und stipatores (Amt im persönlichen Gefolge des Königs), denn Perdikkas wollte ein gutes Verhältnis zu dessen Vater haben.
  • Eumenes, einer der wenigen Griechen, die eine Satrapie erhielten, musste Kappadokien erst erobern. Dies gelang ihm mit Hilfe des Reichsheeres unter Perdikkas.
  • Laomedon erhielt als einziger Grieche mit Syrien eine vollwertige Satrapie.
  • Peithon nahm die Satrapie Medien an und
  • Leonnates die hellespontische Phrygien.

Dies sind die wichtigsten Persönlichkeiten für die nun folgenden Auseinandersetzungen.

Perdikkas, Alexanders Stellvertreter, der Asien verwaltete und Oberaufseher der Satrapien war, versuchte die Einheit des Reiches zu bewahren und sich selbst zum Reichsverweser (in Stellvertretung von Alexanders noch ungeborenen Sohnes) ernennen zu lassen. Gegen ihn verbündeten sich Antipater (Stratege von Makedonien und Griechenland), Krateros (Prostates des makedonischen Königtums), Antigonos I., der von Perdikkas aus seiner Satrapie vertrieben worden war (Großphrygien, Lykien und Pamphylien), sowie Ptolemaios I. (Ägypten), der in der kurzen Zeit beträchtlich an Macht gewonnen hatte und dem es zudem gelungen war, die Leiche Alexanders "abzufangen" und nach Memphis zu bringen.

Damit begann 321 v. Chr. der erste Diadochenkrieg. Perdikkas verschaffte sich die Verweserschaft des makedonischen Königtums und griff danach Ägypten an, scheiterte aber am Nilübergang und wurde schließlich ermordet.

Der Feldherr Seleukos erhielt für seine Verdienste von Antipater Asien. Im Zuge des ersten Diadochenkrieges entstanden fünf Nachfolgestaaten unter den einzelnen Feldherren:

Diese fünf Herrscher einigten sich in der Reichsordnung von Triparadeios auf Antipater als neuen Reichsverweser. Noch vor seinem Tod als fast 80-jähriger Mann im Jahre 319 v. Chr. hat er als Nachfolger den schon unter Alexander dienenden Feldherren Polyperchon zum Reichsverweser und Strategen von Europa ernannt und überging damit seinen eigenen Sohn Kassandros.

Das diese Nachfolgeregelungen für den Reichsverweser weder von Kassandros, welcher Herrscher von Makedonien werden wollte, noch von Antigonos, welcher nach der Alleinherrschaft strebte, anerkannt wurde, entbrannte der zweite Diadochenkrieg. Die folgenden Kämpfe dauerten drei Jahre an, brachten aber keine Entscheidung.

Da Antigonos offen nach der Alleinherrschaft strebte, hielt der Frieden nicht lange an. Im Jahre 315 v. Chr. schloss Kassandros ein Kampfbündnis mit Lysimachos und Ptolemaios gegen den Strategen von Asien. Ein weiteres Mal endeten die Kämpfe unentschieden. Diesmal dauerten sie aber vier Jahre, bis man 311 v. Chr. endlich Frieden schloss und den dritten Diadochenkrieg beendete.

Zwischen diesem und dem vierten Diadochenkrieg zeigte sich, dass Demetrios, Sohn von Antigonos, mehr Glück im Kampf hatte als sein Vater. 307 v. Chr. eroberte er Athen, das im Lamischen Krieg vor Makedonien kapituliert hatte. Er vertrieb die makedonischen Besatzer und stellte die attische Demokratie wieder her. Ein Jahr später schlug er bei Salamis (Zypern) die ägyptische Flotte von Ptolemaios vernichtend. Danach nahmen sowohl Antigonos I. Monophthalmos als auch Demetrios I. Poliorketes den Königstitel von Makedonien an. Um auf gleicher Augenhöhe zu bleiben, vollzogen die anderen Diadochen diesen Akt ein Jahr später in ihren Herrschaftsgebieten.

Sein Glück herausfordernd, versuchte Demetrios 304 v. Chr. Rhodos zu erobern. Diesmal scheiterte er, nicht zuletzt, weil Rhodos Unterstützung der Ägypter bekam. Demetrios blieb trotz der Niederlage höchst aktiv im Kampf um die Nachfolge Alexanders. 302 v. Chr. erneuerte er den Korinthischen Bund, um seine Schlagkraft zu erhöhen. Zusammen mit seinem Vater übernahm er die Führung des Bundes. Dem entgegen brachte der makedonische König Kassandros I. eine Koalition mit den Ägyptern, Thrakiern und Seleukiden zusammen.

Es begann der vierte Diadochenkrieg. Die Koalition schlug bei Ipsos in Anatolien 301 v. Chr. Antigonos I., der im Kampf fiel. Im Ergebnis der vierten kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Alexanders Nachfolgern entstanden vier Reiche:

  • Makedonien und ein Teil Kilikiens (Kassandros)
  • Thrakien und Kleinasien (Lysimachos)
  • Syrien, Mesopotamien und der persische Osten (Seleukos)
  • Ägypten mit Koilesyrien und Nebenländern wie der Kyrenaika (Ptolemaios)

Nun schien der Status quo gefunden zu sein. Denn es folgten fast 20 Jahre, in denen keine Auseinandersetzungen zwischen den Nachfolgern stattfanden. Und dies obwohl Demetrios I. 294 v. Chr. Athen eroberte (er stellte dort ein zweites Mal die Demokratie her), Sparta besiegte, den Sohn von Kassandros I. ermorden ließ und von der Heeresversammlung zum makedonischen König ausgerufen wurde.

Erst 288 v. Chr. führten die Anstrengungen Demetrios’ I. zur Erringung der Alleinherrschaft und der damit verbundenen Rüstungsausgaben zum fünften Diadochenkrieg (288–286 v. Chr.). Lysimachos, Seleukos I. Nikator und Ptolemaios I. schlossen eine Allianz gegen Demetrios und konnten für diese auch den Molosserkönig von Epeiros Pyrrhos gewinnen. Von zwei Seiten fielen sie in Makedonien ein. Demetrios I. flüchtete nach Griechenland. Makedonien wurde zwischen Lysimachos und Pyrrhos aufgeteilt.

Fünf Jahre später besiegte Seleukos I. Nikator in der Schlacht von Kurupedion den thrakischen König Lysimachos. Danach zog er weiter nach Makedonien, um sich die Königskrone zu sichern. Doch wurde er von Ptolemaios Keraunos ermordet, der dann von der Heeresversammlung zum König ausgerufen wurde und sich gegen Antigonos II. Gonatas durchsetzte. Mit dem Sieg der Seleukiden endete der sechste Diadochenkrieg und auch die Zeit der Diadochen.

Ergebnisse

Als Ergebnis der Diadochenkämpfe bildeten sich drei Dynastien die ihre Reiche stabilisieren konnten:

Keines der Diadochenreiche war selbst stark genug, das Alexanderreich wieder herzustellen. Später sollten sich Ägypten und das Seleukidenreich noch in sechs syrischen Kriegen zu Gunsten der Römer und Parther aufreiben.

Im Laufe der Kämpfe wurden fast alle Angehörigen Alexanders umgebracht, so 316 v. Chr. Alexanders Mutter Olympias, 310 v. Chr. Roxane und ihr 12jähriger Sohn Alexander IV. Aigos (beide auf Anweisung Kassanders) und 309 v. Chr. Herakles, der illegitime Sohn Alexanders, und seine Mutter (auf Anweisung des Polyperchon).

Literatur

  • Hermann Bengtson: Die Diadochen. Die Nachfolger Alexanders (323-281 v. Chr.). München 1987.
  • Johann Gustav Droysen: Geschichte des Hellenismus. 3 Bände, Gotha 1877–1878 (Neudruck Darmstadt 1998).
  • Graham Shipley: The Greek World After Alexander, 323–30 BC. London und New York 2000.

Siehe auch die Literaturhinweise im Artikel Hellenismus.


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