Deutsche Volksfront

Deutsche Volksfront

Die Deutsche Volksfront, auch Zehn-Punkte-Gruppe genannt, war eine 1936 gegründete und 1938 zerschlagene vorwiegend sozialdemokratisch geprägte Widerstandsgruppe um Hermann Brill gegen das nationalsozialistische Regime.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklungen im Exil

Initiativen zu einer Volksfront aus SPD und KPD gab es seit längerem. Insbesondere von der Kommunistischen Internationale und der KPD wurde im Jahr 1935 eine Aktionseinheit der beiden Parteien gefordert. Die Exil-SPD lehnte dies nach den Erfahrungen während der Weimarer Republik ab. Vom Vorbild der Volksfrontregierungen in Frankreich und in Spanien beeinflusst, kam es 1936 in Paris zur Bildung eines Ausschusses zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront, des sogenannten Lutetia-Kreises. Daran beteiligt waren unter anderem Willi Münzenberg, Heinrich Mann, Rudolf Breitscheid, Walter Ulbricht, Paul Hertz, Arnold Zweig und Lion Feuchtwanger.

Gründung und Ziele

Beeinflusst von den Ereignissen im Ausland, kam in Berlin eine Reihe von nicht emigrierten Sozialdemokraten zusammen, um am 21. Dezember 1936 ein Gründungsdokument für die Deutsche Volksfront zu erarbeiten. Unter diesen waren Otto Brass, Hermann Brill, Oskar Debus, Franz Petrich, Johannes Kleinspehn und Otto Jenssen. Ob auch die Abgesandte der Kommunistischen Internationale in Berlin, Elli Schmidt, daran beteiligt war, ist nicht klar erwiesen.

Das Manifest der Gruppe enthielt zehn Punkte – daher auch der Name der Vereinigung. Ziel war es, eine Plattform für alle liberalen, demokratischen, sozialistischen und kommunistischen Gruppen in Deutschland zu bilden. Die Gruppe strebte ein Deutschland der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Demokratie an. Die Außenpolitik sollte auf Frieden und Versöhnung ausgerichtet sein. Im Bereich der Wirtschaftspolitik forderte die Gruppe ein Ende des nationalsozialistischen Reichserbhofgesetzes, die Aufteilung des Großgrundbesitzes sowie die Verstaatlichung der Großindustrie.

Die führende Persönlichkeit der Gruppe war Hermann Brill. Von diesem stammten auch die zentralen theoretischen Schriften „Deutsche Ideologie“ (1937), „Begründung eines deutschen Volksfrontprogramms“ (1937) sowie „Freiheit“ (1938). Die Schriften lehnten einen deterministischen Marxismus ab und sprachen sich für eine geistige Erneuerung aus: „Ein neuer Mensch entsteht, kritisch, aktiv im Denken und Tun, schöpferisch und tragisch in erlebter Humanität.[1]

Wirkung und Zerschlagung

Die Gruppe hatte sporadische Kontakte zum Exilvorstand der SPD und zur Sozialistischen Internationale in Brüssel, aber auch zur Gruppe Neu Beginnen. Kontakte mit der Exil-KPD in Moskau lehnte die Volksfront ab. Der Zwang zur Konspiration verhinderte indes eine nennenswerte Wirkung der Gruppe in Deutschland selbst. Sie war zu schwach für einen direkten Widerstand und plante daher für die Zeit nach dem Zusammenbruch des Regimes.

Im Jahr 1938 wurde die Gruppe von der Gestapo zerschlagen. Einige ihrer Mitglieder wurden 1939 verhaftet und zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.

Siehe auch: Antinazistische Deutsche Volksfront

Einzelnachweise

  1. Overesch, Deutsche Volksfront, S.195

Literatur

  • Manfred Overesch: Deutsche Volksfront. In: Wolfgang Benz/Walter H. Pehle (Hrsg.): Lexikon des deutschen Widerstandes. Frankfurt am Main, 1994. ISBN 3-596-15083-3 S.194-196
  • Hartmut Mehringer: Sozialdemokratischer und sozialistischer Widerstand. In: Peter Steinbach/Johannes Tuchel (Hrsg.): Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur. 1933-1945. Bonn, 2004. ISBN 3-89331-539-X S.73f.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Antinazistische Deutsche Volksfront — Die Antinazistische Deutsche Volksfront (ADV) war eine antifaschistische Widerstandsgruppe im Raum München. Die Gruppe konstituierte sich 1937 (ohne sich zunächst einen Namen zu geben) um die beiden Arbeiter Rupert Huber und Karl Zimmet, welche… …   Deutsch Wikipedia

  • Volksfront — bezeichnet oft unscharf ein politisches Bündnis linker Parteien untereinander oder auch eine Koalition von Linksparteien mit liberalen oder anderen bürgerlichen Kräften. Innerhalb der Politikwissenschaft wird der Begriff enger gefasst. Hier… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Soziale Union — Partei­vorsitzender Roberto Rink …   Deutsch Wikipedia

  • Volksfront von Judäa — Filmdaten Deutscher Titel: Das Leben des Brian Originaltitel: Monty Python’s Life of Brian Produktionsland: GB Erscheinungsjahr: 1979 Länge: 90 Minuten Originalsprache: Englisch …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Parteien — Inhaltsverzeichnis 1 Parteien in Parlamenten 1.1 Parteien in den Landtagen 2 An Wahlen teilnehmende Parteien 2.1 Bundestagswahl 2005 2.2 Bundes und Landtagswahlen der letzten 6 Jahre …   Deutsch Wikipedia

  • Volksfront von rechts — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Herbst — Als Deutscher Herbst wird die Zeit und ihre politische Atmosphäre in Westdeutschland im September und Oktober 1977 bezeichnet, die geprägt war durch Anschläge der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF). Die Entführung… …   Deutsch Wikipedia

  • Ausschuss zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront — Der Lutetia Kreis (eigentlich Ausschuss zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront) war ein Komitee verschiedener politischer Strömungen, die einen antifaschistischen Grundkonsens hatten. Nach ihrem Tagungsort, dem Hotel Lutetia, wurde dieser… …   Deutsch Wikipedia

  • Judäische Volksfront — Filmdaten Deutscher Titel: Das Leben des Brian Originaltitel: Monty Python’s Life of Brian Produktionsland: GB Erscheinungsjahr: 1979 Länge: 90 Minuten Originalsprache: Englisch …   Deutsch Wikipedia

  • Exilliteratur: Deutsche Literatur im Exil —   Nur wenige Wochen nach der »Machtergreifung« der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 begann in Deutschland die Verfolgung missliebiger Personen. In der Nacht vom 27. zum 28. Februar, der Nacht des Reichstagsbrandes, setzte mithilfe… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”