Deutsch-Südwest-Afrika

Deutsch-Südwest-Afrika
Deutsch-Südwestafrika
(zuvor Südwestafrika)
Lage Deutsch-Südwestafrika
Flagge Deutsch-Südwestafrikas
Bundeswappen_(Deutschland)#Deutscher_Bund
(Details) (Details)
Hauptstadt: Berlin, Deutsches Reich
Verwaltungssitz: 1885–1891: Otjimbingwe
1891–1915: Windhuk
1915 Grootfontein
Verwaltungsorganisation: 6 Bezirke
Oberhaupt der Kolonie: 1884/88: Kaiser Wilhelm I.
1888: Kaiser Friedrich III.
1888/99: Kaiser Wilhelm II.
Gouverneur der Kolonie: siehe hier
Einwohner: zirka 200.000 Einwohner,
davon zirka 12.500 Deutsche (1913)
Währung: Goldmark
Besitzergreifung: 1884–1915
Heutige Gebiete: Namibia

Deutsch-Südwestafrika war von 1884 bis 1915 eine deutsche Kolonie auf dem Gebiet des heutigen Staates Namibia. Mit einer Fläche von 835.100 km² war Deutsch-Südwestafrika ungefähr 1,5 mal so groß wie das Deutsche Kaiserreich. Deutsch-Südwestafrika war die einzige der deutschen Kolonien, in der sich eine nennenswerte Anzahl deutscher Siedler niederließ. 1915 wurde das Gebiet von Truppen der Südafrikanischen Union erobert, unter deren Militärverwaltung gestellt und 1919 gemäss den Bestimmungen des Friedensvertrags von Versailles als Völkerbundsmandat Südwestafrika der Verwaltung Südafrikas übertragen.

Inhaltsverzeichnis

Inbesitznahme

Adolf Lüderitz

Im Auftrag des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz erwarb der 21jährige Heinrich Vogelsang am 1. Mai 1883 von dem Nama-Häuptling Josef Frederick für 200 alte Gewehre und 100 englische Pfund die Bucht von Angra Pequena, die heutige Lüderitzbucht, mit fünf Meilen Hinterland. Dabei ließ Vogelsang offen, ob es sich um die den Nama bekannten englischen Meilen oder die fünfmal längeren deutschen Meilen handeln sollte. Da Lüderitz später von der deutschen Maßeinheit ausging, sahen sich die Namas getäuscht, konnten aber trotz heftiger Proteste ihren Standpunkt nicht durchsetzen. Das erworbene Gebiet wurde am 24. April 1884 unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt, um die Landerwerbungen des Bremer Kaufmanns gegen britische Gebietsansprüche zu sichern. Die erste offizielle Flaggenhissung fand am 7. August 1884 unter Beteiligung des Namahäuptlings Josef Frederick nebst seinen Ratsleuten, der Besatzungen zweier deutscher Kriegsschiffe, der Kreuzerfregatte Leipzig und der Korvette Elisabeth, und Vertretern der Firma Lüderitz am Fort Vogelsang in Lüderitzbucht statt.

Im gleichen Monat schloss Vogelsang einen zweiten Vertrag ab, in dem Lüderitz der Küstenstreifen zwischen dem Oranje-Fluss und dem 26. Breitengrad und ein Gebiet von 20 Meilen landeinwärts von jedem Punkt der Küste aus für weitere 500 Pfund und 60 Gewehre verkauft wurde. 1885 wurde in Otjimbingwe der erste Verwaltungssitz eingerichtet. 1890 vergrößerte sich Deutsch-Südwest um den Caprivizipfel im Nordosten, von dem man sich neue Handelsrouten versprach, und der den Anschluss zum Sambesi-Fluss herstellte. Dieser Gebietsgewinn beruhte auf dem mit Großbritannien abgeschlossenen Helgoland-Sansibar-Vertrag. Am 18. Oktober des gleichen Jahres wurde auf Betreiben des Hauptmanns Curt von François der Grundstein für die Feste „Groß Windhuk“ gelegt. Die Schutzgebietsverwaltung wurde bald darauf in diese Festung verlegt. Um sie herum entstand im Laufe der kommenden Jahre die spätere Landeshauptstadt Windhuk.

Bevölkerung

Vor der deutschen Besiedlung lebten in Südwestafrika etwa 80.000 Herero, 60.000 Owambo, 35.000 Damara und 20.000 Nama. Deutsch-Südwestafrika war die einzige Kolonie Deutschlands, in der eine gezielte Ansiedlung Deutscher in größerem Stil erfolgte (Siedlungskolonie). Neben dem Abbau von Diamanten und Kupfer war es insbesondere die Viehzucht, die deutsche Siedler ins Land lockte. 1902 hatte die Kolonie etwa 200.000 Einwohner, darunter 2.595 Deutsche, 1.354 Buren und 452 Briten. Bis 1914 kamen weitere 9.000 deutsche Siedler hinzu.

Wirtschaft und Infrastruktur

Blick in die namibische Wüste zu Kolonialzeiten

Die ersten deutschen Siedler beschäftigten sich hauptsächlich mit der Viehwirtschaft. Nachdem im Norden Kupfer und später im Süden Diamanten gefunden wurden, entwickelte sich auch eine industrielle Infrastruktur.

Der Bau der ersten schmalspurigen Bahnstrecke Swakopmund–Windhoek wurde 1897 begonnen und am 19. Juli 1902 eröffnet. Sie wurde später von einer Normalspurstrecke abgelöst, und bis zum Ende der deutschen Herrschaft 1915 folgten weitere Bahnverbindungen in den Süden und Norden des Landes; so von Lüderitz nach Aus und Keetmanshoop, von Keetmanshoop nach Windhuk, sowie eine Bahnlinie in das Kupferabbaugebiet bei Tsumeb. Damit hatte Deutsch-Südwestafrika das umfangreichste Streckennetz aller deutschen Kolonien. Es hatte bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine Länge von 2.100 Kilometern. Mit dem Aufbau dieses Bahnnetzes wurde ein entscheidender Anteil am Aufstieg des Landes erreicht. Der frühe, staatlich unterstützte Versuch, mit Lkw das Land zu erschließen, brachte mit zwei importierten Modellen keinen Erfolg, da diese im Wüstensand steckenblieben. So beließ man es bis zum Ende der deutschen Kolonialherrschaft bei den ochsenbespannten Karren, die auch das Militär einsetzte.

Eine regelmäßige Schiffsverbindung mit Deutschland erfolgte ab 1898 am 25. jedes Monats durch die Woermann-Linie. Eine Schiffsverbindung zwischen Kapstadt und Walfischbai wurde durch den Küstendampfer „Leutwein“ bedient.

Kolonialverwaltung bis 1903

Ein typisches Ochsengespann mit Siedlern in Deutsch-Südwestafrika
Lüderitzbucht um 1900

Nachdem Lüderitz die deutsche Regierung von der wirtschaftlichen Bedeutung seiner Niederlassung in Südwestafrika überzeugt und dringend um hoheitlichen Schutz gebeten hatte, wurde Dr. Gustav Nachtigal 1884 als kaiserlicher Generalkonsul und Kommissar für Westafrika ernannt. In die Ära seiner kurzen Amtszeit fiel der Abschluss des Schutzvertrages mit den Namas. Nach Nachtigals Tod ernannte Reichskanzler Bismarck 1885 Heinrich Göring, den Vater des späteren nationalsozialistischen Politikers Hermann Göring, zum neuen Reichskommissar. Dieser schloss weitere Schutzverträge mit den einheimischen Stämmen ab. Ihm zur Seite standen Dr. Büttner als weiterer Unterhändler, sowie der als „Kanzler“ fungierende ehemalige Gerichtsreferendar Nels und der Feldwebel Goldammer, der die Polizeigewalt ausüben sollte.

1887 wurde das Gerücht verbreitet, dass bei der Walfischbucht Gold gefunden worden wäre. Göring wurde daraufhin aufgefordert, vom Reich eine Schutztruppe anzufordern, die die Ordnung auf den vermeintlichen Goldfeldern aufrechterhalten sollte. Die Reichsregierung lehnte mit dem Hinweis, dass das betroffene Gebiet Privatbesitz der Deutschen Kolonialgesellschaft sei, das Ansinnen ab. Die Kolonialgesellschaft stellte daraufhin mit Unterstützung Görings eine eigene Söldnertruppe, bestehend aus zwei Offizieren, fünf Unteroffizieren und 20 schwarzen Soldaten, auf. Der Goldfund stellte sich später als Schwindel heraus, und die Schutztruppe löste sich wieder auf, nachdem sie zuvor lediglich durch ihre Disziplinlosigkeit aufgefallen war.

1888 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Stamm der Witboois und den Hereros, die vergeblich auf Unterstützung der Deutschen hofften. Die Hereros kündigten daraufhin die Schürfrechte der Deutschen und den Schutzvertrag auf. Göring gelang es weder, die Vertragskündigungen rückgängig zu machen, noch die kämpfenden Stämme zu befrieden. Als die Witboois zudem begannen, das ganze Land mit Plünderungen zu terrorisieren, zogen sich Göring und die gesamte deutsche Verwaltung dem Chaos entfliehend in das britische Walfischbai zurück.

Hendrik Witbooi

Auf Drängen der Kolonialgesellschaft entsandte die Reichsregierung im Mai 1889 unter der Leitung des Leutnants Hugo von François eine 21köpfige Truppe, die später auf 50 Mann erweitert wurde, um die deutsche Verwaltung wieder einzusetzen und das Land zu befrieden. François schnitt den Hereros die Waffenzufuhr ab und baute Windhuk zu einer Festung aus. Durch das energische Auftreten beeindruckt, nahmen die Hereros 1890 die Kündigung des Schutzvertrages zurück. Im gleichen Jahr kehrte Göring nach Deutschland zurück und François wurde am 12. Mai 1891 zum vorläufigen Reichskommissar und Landeshauptmann ernannt. Damit lagen die zivile und die militärische Macht in einer Hand. François sah es als seine wichtigste Aufgabe an, die Witboois unter ihrem Häuptling Hendrik Witbooi zurückzudrängen, denn sie überfielen nun zunehmend die deutschen Siedler. Nachdem die Schutztruppe noch einmal auf nun 212 Soldaten und zwei Offiziere vergrößert wurde, nahm François im April 1893 den Kampf gegen die Witboois auf.

Theodor Leutwein mit Samuel Maharero

Als François nach einem halben Jahr die Witboois noch immer nicht besiegt hatte und seine Aufgaben als Landeshauptmann kaum noch wahrnahm, kam sowohl in Südwestafrika als auch in Deutschland Unmut auf. Die Reichsregierung entsandte den Major Theodor Leutwein im Dezember 1893 nach Afrika, zunächst mit der Order, François in seinen Verwaltungsaufgaben zu unterstützen. Schnell arbeiteten beide aber auch militärisch zusammen. Nachdem es ihnen gelungen war, eine Reihe von Militärstationen im Witbooi-Gebiet zu errichten, quittierte François seine Ämter und kehrte nach Deutschland zurück. Leutwein stand nun noch vor der Aufgabe, den Kampf gegen die Witboois unter ihrem Kapitän Hendrik Witbooi zu beenden, die sich inzwischen in der Naukluft, einer unzugänglichen Felsenlandschaft, verschanzt hatten. Nachdem die deutschen Truppen noch einmal durch Nachschub aus Deutschland verstärkt worden waren, griff Leutwein die Witboois am 27. August 1894 mit drei Kompanien an und zwang sie nach für beide Seiten strapaziösen Gefechten am 11. September zur Aufgabe. Mit Kapitän Hendrik Witbooi wurde ein Schutzvertrag abgeschlossen, der seinem Stamm ein eigenes Siedlungsgebiet zusicherte, das allerdings unter der Aufsicht einer deutschen Garnison stehen sollte. Die Witboois hielten sich bis zum Ausbruch des Hereroaufstandes an diesen Vertrag. Nachdem es Leutwein anschließend auch gelang, die Hererostämme zu befrieden, kehrte abgesehen von kleineren Geplänkeln für knapp zehn Jahre Ruhe in Deutsch-Südwestafrika ein. In den 1890er Jahren übernahmen deutsche Siedler (z.B. Gustav Voigts) Farmland. 1898 wurde Leutwein zum Gouverneur der Kolonie ernannt.

Der Herero-Aufstand

2. Marine-Feldkompanie
Generalleutnant Lothar von Trotha
Überlebende Herero nach der Flucht durch die Wüste

Hauptartikel: Aufstand der Herero und Nama

Der Aufstand der Hereros unter ihrem Kapitän Samuel Maharero begann am 12. Januar 1904, nachdem sich die Volksgruppe durch massive Landkäufe der Deutschen Kolonialgesellschaft immer mehr aus ihrem Siedlungsgebiet zurückgedrängt sah und sie durch skrupellose Händler an den Rand der wirtschaftlichen Existenz gebracht worden waren. Zunächst wurden einzelne Farmen, Eisenbahnlinien und Handelsstationen angegriffen. Heftige Kämpfe gab es um die Stadt Okahandja. Die zunächst zahlenmäßig unterlegene deutsche Schutztruppe wurde im Februar durch 500 Marineinfanteristen und eine Freiwilligentruppe verstärkt. Der Kampf gegen die Hereros wurde mit drei Abteilungen aufgenommen. Da Leutwein die Kampfkraft der Hereros falsch einschätzte, gelang es zunächst nicht, entscheidende Vorteile zu erringen. Die Reichsregierung war mit dem Verlauf der Operationen unzufrieden und ernannte den Generalleutnant Lothar von Trotha zum neuen Oberbefehlshaber der Schutztruppe. Im Gegensatz zu Leutwein verfolgte von Trotha das Ziel der völligen Vernichtung des Gegners. Er ließ noch einmal Verstärkung aus Deutschland kommen und stellte die Hereros am 11. August 1904 zur Entscheidungsschlacht am Waterberg.

Es gelang den Hereros zwar, wie im Falle einer Niederlage geplant, nach Südosten auszuweichen, sie unterschätzten jedoch die Schwierigkeiten, welche sich durch eine Flucht mit Rinder - und Ziegenherden, Frauen, Kindern und Verwundeten durch die Omaheke-Trockensavanne ergaben. Während der Kämpfe und der Flucht kamen nach unterschiedlichen Quellenangaben bis zu 60 Prozent des Hererovolkes ums Leben.

Im Oktober 1904 erhoben sich die Nama im Süden des Landes. Der abtrünnig gewordene Kapitän Hendrik Witbooi ließ den ihm freundlich gesinnten Bezirksamtmann von Gibeon von Burgsdorff töten. Gleichzeitig erhob sich Kapitän Jakob Morenga und griff in die Kämpfe ein. Es folgte ein jahrelanger zermürbender Kleinkrieg mit der Schutztruppe, der erst 1907/08 endgültig niedergeschlagen werden konnte. Die Vorgänge kosteten durch Krankheiten, Hunger und Durst, Kampfhandlungen, Überfälle, Flucht und vielfach menschenunwürdige Missstände in den Internierungslagern nach Schätzung zwischen 24.000 und 64.000 Herero, etwa 10.000 Nama sowie 1.365 Siedlern und Soldaten das Leben. 76 Weiße galten als vermisst und sind wohl größtenteils durch Kriegseinwirkung umgekommen.

Friedenszeit 1908–1914

Gouverneur Friedrich von Lindequist

Durch die Aufstände war die Wirtschaft von Deutsch-Südwestafrika nahezu zum Erliegen gekommen, die Farmwirtschaft musste völlig neu aufgebaut werden, es gab kaum noch Vieh. Der Wiederaufbau war bereits von dem am 19. November 1905 ernannten neuen Gouverneur Friedrich von Lindequist eingeleitet worden. Mit Entschädigungen in Höhe von insgesamt 7 Millionen Reichsmark sorgte die Reichsregierung dafür, dass die meisten Farmer im Land gehalten werden konnten. 1908 wurde Bruno von Schuckmann neuer Gouverneur. Er sorgte für eine effektive Verteilung der Beihilfen, schob Landspekulationen einen Riegel vor und förderte die Einfuhr von Vieh. Sehr vorteilhaft für die südwestafrikanische Wirtschaft wirkte sich die Einfuhr von Karakulschafen aus, deren Fell und Fleisch sich ausgezeichnet vermarkten ließen. Auch die Eröffnung der Bahnlinie Lüderitzbucht–Keetmanshoop im Juli 1908 trug zur Förderung des Wirtschaftslebens bei.

Auf Drängen der weißen Bevölkerung erließ die Reichsregierung am 28. Januar 1909 eine Verordnung über die Selbstverwaltung in Deutsch-Südwestafrika, mit der Gemeinde- und Bezirksverbände sowie ein Landesrat ins Leben gerufen wurden. Der Landesrat, der im April 1910 erstmals zusammentrat, hatte die Aufgabe, den Gouverneur, der weiterhin an der Spitze der Kolonialverwaltung stand, zu beraten.

Im Juni 1908 wurde östlich von Lüderitz der erste Diamant gefunden, der einen Massenansturm auf das Gebiet auslöste und dem Land einen neuen Wirtschaftszweig, die Diamantenförderung, bescherte. Bereits nach drei Monaten waren Diamanten von insgesamt 2720 Karat gefunden worden, bis zum Jahresende betrug der Wert der Förderung bereits 1,1 Millionen Reichsmark. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden Diamanten im Wert von 152 Millionen Reichsmark gefördert. Sehr zum Unwillen der Bevölkerung sperrte das Reichskolonialamt das Gebiet der Diamantenfelder südlich des 26. Breitengrades bis zum Oranje in einer Breite von 100 Kilometern und vergab das alleinige Schürfrecht an den Grundeigentümer, die Deutsche Kolonialgesellschaft. Ab 1912 wurde die Diamantenförderung mit einer Steuer von 6,6 Prozent belegt, wodurch der Kolonialverwaltung jährlich etwa 10 Millionen Reichsmark zuflossen.

Erster Weltkrieg und das Ende der Kolonie

Nachdem in Europa am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausgebrochen war, erwartete man in Deutsch-Südwestafrika einen Angriff der mit Großbritannien alliierten Südafrikanischen Union, rief daher am 8. August die Mobilmachung aus und evakuierte einen 50 Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze zu Südafrika. Am 9. September beschloss das südafrikanische Parlament die Kriegsteilnahme.

Erste Schüsse fielen bereits am 13. September 1914 bei den Polizeistationen von Nakop und Ramansdrift, und bereits am 19. September besetzten südafrikanische Truppen in Stärke von 2000 Mann die Lüderitzbucht. Einen Tag später überschritt eine Abteilung der Unionstruppen den Oranje, die jedoch von den deutschen Truppen zurückgeschlagen werden konnte. Danach verlagerten die Südafrikaner ihre Angriffe wieder an die Lüderitzbucht und konnten dort entlang der Bahnlinie bis zum 9. November 70 Kilometer ins Inland vorstoßen. Im März 1915 marschierten südafrikanische Truppen von Walfischbai aus in Richtung Keetmanshoop, das ihnen am 19. April in die Hände fiel. Im Süden musste die deutsche Schutztruppe der Übermacht des Feindes weichen und zog sich nach Norden zurück. Es stellte sich nun heraus, dass die deutsche Schutztruppe den Südafrikanern hoffnungslos unterlegen war; das galt sowohl für die Truppenstärke als auch für die Ausrüstung. Während die deutsche Truppe bei Ausbruch des Krieges durch Seeleute, Reservisten, Freiwillige und Einheimische auf 5000 Mann aufgestockt worden war, stand ihr auf der gegnerischen Seite ein Heer von 8000 Soldaten gegenüber. Den Deutschen standen zwei veraltete Flugzeuge und fünf Kraftwagen zur Verfügung, wogegen die Südafrikaner sechs moderne Kampfflugzeuge und 2000 Motorfahrzeuge einsetzen konnten.

Deutsch-Südwest-Devotionalien in einem Geschäft in Swakopmund

Nachdem die Unionstruppen die deutschen Verteidiger auch im Norden immer weiter zurückgedrängt hatten, bot Gouverneur Seitz dem südafrikanischen General Botha am 21. Mai 1915 vergeblich einen Waffenstillstand an. Am 1. Juli erlitt die Schutztruppe ihre letzte und endgültige Niederlage bei einem Gefecht bei Otativi, westlich von Grootfontein. Am 9. Juli 1915 unterzeichneten Gouverneur Seitz und Oberstleutnant Franke eine Erklärung über die Übergabe der deutschen Schutztruppe an die Südafrikanische Union.

Der aktive Teil der Schutztruppe wurde in einem Lager bei Aus interniert, die Reservisten konnten nach Deutschland zurückkehren. Die Verwaltung der deutschen Kolonie übernahm das südafrikanische Militär. Etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung Südwestafrikas wurde bis zum Juli 1919 nach Deutschland zurückgeschickt. Das Ende von Deutsch-Südwestafrika wurde mit dem Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919 besiegelt. Es wurde zum Mandatsgebiet des Völkerbundes erklärt und unter die Verwaltung der Südafrikanischen Union gestellt.

Siehe dazu auch: Der Erste Weltkrieg in Deutsch-Südwestafrika

Spuren der deutschen Kolonialzeit: Hinweisschild zu deutschen Kulturdenkmälern in Windhuk: Christuskirche, Reiterdenkmal und Alte Feste

Siehe auch

Literatur

  • Udo Kaulich: Geschichte der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Eine Gesamtdarstellung
  • Otto von Weber: Geschichte des Schutzgebietes Deutsch-Südwest Afrika, Kuiseb-Verlag, ISBN 99916-40-08-8
  • Deutsche Kolonialgesellschaft: Kleiner Deutscher Kolonialatlas, Verlag Dietrich Reimer, Berlin 1899
  • Gerhard Seyfried: Herero, ISBN 3746620260
  • Uwe Timm: Morenga. Roman. dtv. 2004, 5. Auflage. ISBN 3-423-12725-2
  • Gisela Graichen/Horst Gründer: Deutsche Kolonien Traum und Trauma, Ullstein 2005, ISBN 978-3-548-36940-2
  • André Brink: Die andere Seite der Stille, Roman, aus d. Englischen von Michael Kleeberg, Osburg Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-940-73107-4
  • Joachim Zeller/Hrsg von: Jürgen Zimmerer: Völkermord in Deutsch-Südwestafrika, Christoph Links Verlag, ISBN-13 978-3-86153-303-1

Weblinks


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