Dessous

Dessous
Reizwäsche um 1900

Als Reizwäsche oder Dessous (Lehnwort aus dem Französischen für „Unteres“) werden Kleidungsstücke bezeichnet, die dazu dienen können, den Geschlechtspartner sexuell zu erregen. Dies ist insbesondere Kleidung aus dem Bereich der Unterwäsche, die häufig speziell aus Materialen hergestellt wird, die als erotisierend empfunden werden und üblicherweise nicht im Bereich funktionaler Unterwäsche eingesetzt werden, beispielsweise Seide, Samt, Spitze, Lycra oder Satin. Diese Wirkung wird zusätzlich mit speziellen Schnitten unterstrichen. Dessous und Reizwäsche gibt es sowohl für Frauen wie auch für Männer, wobei das Angebot für Frauen deutlich vielfältiger und reichhaltiger ist. Häufig werden elegantere und hochwertiger verarbeitete Wäscheteile als Dessous bezeichnet[1], während provokantere Wäsche, insbesondere in bestimmten Farben wie Schwarz oder Rot, eher als Reizwäsche bezeichnet wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Dessous und Reizwäsche sind in ihrer Gestaltung oft an Vorbilder aus dem französisch geprägten späten 19. Jahrhundert angelegt, in dem zunehmend ansprechende Wäsche produziert wurde. Dies erklärt auch den häufigen Ursprung einzelner Bezeichnungen für derartige, damals ausschließlich für Frauen konzipierte Wäschestücke aus der französischen Sprache. Während Frauen bis weit ins 20. Jahrhundert ihre Unterwäsche nach den Gesichtspunkten der Körperformung, beispielsweise mittels Korsetts und später auch Büstenhaltern (BH) und Miedern, nach hygienischen Maßstäben oder der Sittlichkeit auswählten, veränderte sich diese Haltung mit der modischen Entwicklung der Krinoline. Vor deren Einsatz war die weibliche Unterwäsche größtenteils weit geschnitten und praktisch, dies veränderte sich zunehmend hin zu körpernahen und kleineren Schnitten.

Nach und nach entwickelten die Wäscheproduzenten aus diesen Formen neue Modelle, aber erst in den 1960ern verbreitete sich allmählich die heutige Vorstellung sexuell ansprechender Unterwäsche. Im 21. Jahrhundert erweiterte die Wäscheindustrie ihre Produktpalette um die sogenannten Dessous-dessus, Wäsche für darunter, die auch darüber getragen werden kann. Unterwäsche wurde nicht mehr sittsam versteckt, sondern durfte zumindest in Teilen, beispielsweise BH-Träger oder Strings auch unter der Oberbekleidung sichtbar sein.

Funktion

Die Funktion der Reizwäsche geht über den Gebrauchswert der üblichen Unterwäsche hinaus und reicht von im Alltag bequem zu tragenden Dessous bis hin zu Kleidungsstücken, die den Status eines Sexspielzeugs oder eines sexuellen Fetischs annehmen können. Teilweise ist Reizwäsche auch so geschnitten, dass sie beim Geschlechtsverkehr getragen werden kann, ohne dabei zu behindern. Ausnahmen hiervon werden oft durch aktuelle Modeströmungen geschaffen, die verschiedene Dessous als Accessoire einsetzen oder betonen, beispielsweise Bodys, Korsagen, Nylonstrümpfe oder sogenannte G-Strings, die teilweise als Oberbekleidung und deutlich sichtbar getragen werden. Die Einordnung von Kleidungsstücken als Reizwäsche oder Dessous ist abhängig von der individuellen Moralvorstellung und der Einstellung zur Mode sehr subjektiv.

Reizwäsche für Damen

Büstenhalter und Slips

Essbare Unterwäsche

Dessous und Reizwäsche bestehen üblicherweise aus mindestens zwei zusammenpassenden Teilen, meist einem BH und Slip, die in dieser Kombination als BH-Set bezeichnet werden. Funktionale BHs bestehen üblicherweise aus einem Textilgemisch aus Baumwolle, Polyamid und elastischen Fasern wie beispielsweise Elastan. Diese Kombination kommt auch bei erotisierender Wäsche zum Einsatz, darüber hinaus werden jedoch auch Stoffe verwendet, die von ihren Trageeigenschaften nicht als Alltagswäsche konzipiert sind. Hierzu gehören BHs und Slips aus glänzenden oder hochglänzenden Stoffen wie Lack oder Latex, die keine atmungsaktiven Eigenschaften besitzen, und transparenten Stoffen, zum Beispiel Spitze oder Netzstoffen. Sets dieser Art gibt es auch aus sehr harten Materialien wie Edelstahl, Ketten oder Perlensträngen, sowie nur einmal zu tragender Wäsche aus essbaren Materialen wie Liebesperlen oder sogenannte Candy-Wäsche.

Die Formen der Sets sind vielfältig und reicht von Bustiers und Torseletts, die einen großen Teil des Torsos bedecken, bis hin zu BHs und Slips ouvert, die beispielsweise die Brustwarzen und die Vulva unbedeckt lassen. Typische Slipformen sind beispielsweise Stringtangas, G-Strings, C-Strings, sowie Micro-Strings, Tangas und Panties, beziehungsweise French Knickers. Eine Zwischenform stellen die Bodysuits dar, die auch als Stringbody angeboten werden.

Strümpfe und Strumpfhosen

Zu den verbreiten Accessoires weiblicher Dessous gehören sowohl Strumpfhosen wie auch Strümpfe, die meist aus Nylon bestehen, aber auch als Netzstrümpfe, sogenannte Fishnets angeboten werden. Strümpfe und Strumpfhosen sind häufig gemustert, verfügen wie die klassischen Cuban Heels über eine Naht oder besitzen ein breites Abschlussband aus Spitze. Für Strümpfe kommen neben der ursprünglichen Befestigungsart des Strumpfbandes, das heute meist nur dekorativen Zwecken dient, vor allem Strapse und Tanzgürtel zur Verwendung. Eine weitere Strumpfform verzichtet auf Haltersysteme und ist durch eine Beschichtung des oberen Abschlusses mit Kunststoffen halterlos tragbar.

Aus Nylon oder Netzstoffen bestehende Catsuits haben einen ähnlichen optischen Effekt wie Strümpfe, bedecken aber neben den Beinen häufig auch den ganzen Körper. Eine ähnliche Form ist der Zentai, der üblicherweise aus Lycra besteht und zusätzlich auch den Kopf bedeckt.

Formende Kleidung

Schaufenster mit diverser Reizwäsche

Teilweise kommen Dessous und Reizwäsche auch eine formende Funktion zu, hierzu zählen insbesondere die starkformenden Korsetts, aber auch die weniger stark formenden Korsagen und Korseletts. Meist können an diesen Kleidungsstücken auch Strapsbänder zur Befestigung von Strümpfen angebracht werden. Die Materialen können bei Korsetts auch sehr schwer sein, beispielsweise Brokatstoff oder Leder, während die Stoffe der anderen Formen eher denen der BHs entsprechen. Die Schnitte entsprechen teilweise hergebrachten historischen Formen und werden in Taillen- Unterbrust- und Überbrustformen unterschieden. Typisch für diese Wäschestücke ist die Schnürung, die bei weniger hochwertiger Wäsche oft keine Funktion erfüllt. Neben einer taillenformenden Wirkung haben einige dieser Kleidungsstücke eine brustanhebende Wirkung, ähnlich einer Büstenhebe

Nachtwäsche und Negligés

Negligés und freizügig geschnittene Nachthemdchen zählen ebenfalls zu den Dessous, diese bestehen häufig aus Seide oder anderen fliessenden Stoffen mit Spitzenbesatz. Eine weitere Form ist das aus den 1950ern stammende Babydoll, das ebenfalls häufig mit Spitze und Rüschen besetzt ist.

Accessoires

Neben der eigentlichen Reizwäsche werden bestimmte Accessoires zur Verstärkung der erotischen Wirkung der Wäsche eingesetzt, hierzu zählen beispielsweise Federboas, Spitzen- und Netzhandschuhe, sowie Armlinge oder Stulpen. Obwohl Schuhe im eigentlichen Sinne keine Wäsche sind, werden insbesondere Overknees mit stark überhöhten Absätzen oder sehr hochgeschnittene Stiefel, die sogenannten Thigh-Highs als Bettstiefel bezeichnet und verkauft. Als Material wird wegen der zum Anziehen benötigten Dehnbarkeit häufig Stretchlack oder Latex verwendet.

Reizwäsche für Herren

Tanga

Als Reizwäsche oder Dessous für Männer werden meist Unterhosen oder Unterwäsche aus durchsichtigen beziehungsweise netzartigen Materialen verstanden, die Materialien entsprechen weitgehend funktionaler Wäsche. Gängige Formen sind Tangas, Strings, Thongs, Hüftpants oder Jockstraps. Darüber hinaus gibt es häufig dazu passende Unterhemden, beispielsweise Netzunterhemden, aber auch Bodys, beziehungsweise String-Bodys.

Literatur

  • Curt Braun, Doris Binger, Annette Gilles: Vom Mieder zum Dessous- eine Kultur- und Produktgeschichte der Miederwaren in Deutschland, Deutscher Fachverlag, 2005, ISBN 3871508802
  • Thomas Rusche: Kleines Soer- Brevier der Kleidungskultur: Der Ratgeber für den Herrn, LIT Verlag Berlin-Hamburg-Münster, 1991, Seite 205 bis 217, ISBN 389473101X
  • Marion Ohrendorf: Taschenlexikon der Modebegriffe, Schlütersche, 2004, ISBN 3899940164

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Walter de Gruyter, 2002, Seite 192, ISBN 3110174731

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