Description de l'Égypte

Description de l'Égypte
Titelblatt der Erstausgabe, 1809

„Description de l'Égypte“ (frz.: Beschreibung Ägyptens) ist der Titel einer berühmten Text- und Bildsammlung, die als Ergebnis der Ägyptischen Expedition Napoléon Bonapartes (1798-1801) entstanden ist. Sie gilt als ein wesentlicher Anstoß zur Entstehung der Ägyptologie als Wissenschaft. Der vollständige Titel lautet: « Description de l'Égypte ou recueil des observations et des recherches qui ont été faites en Égypte pendant l'expedition de l'Armée Française publié par les ordres de Sa Majesté l'empereur Napoléon le Grand ». (frz.: Beschreibung Ägyptens oder Sammlung der Beobachtungen und Nachforschungen, die in Ägypten während der Expedition der französischen Armee durchgeführt wurden, veröffentlicht auf Befehl Seiner Majestät, Kaiser Napoleon des Großen.)

Inhaltsverzeichnis

Ägypten als Ziel

Offiziell diente der Feldzug dem Ziel, das ägyptische Volk von der Herrschaft der Mamluken und der osmanischen Oberhoheit zu befreien und ihm die Errungenschaften der westlichen Zivilisation zugänglich zu machen. Dahinter stand das politische Motiv, Ägypten in eine französische Provinz zu verwandeln, den Einfluss Frankreichs im Mittelmeerraum zu vergrößern und zu stabilisieren und damit indirekt die erfolgreichere Kolonialmacht England zu treffen. Die persönlichen Beweggründe Napoléons bestanden darin, seinen Gegnern in Paris für einige Zeit aus dem Wege zu gehen und den eigenen Ruhm durch Eroberungen im legendären Afrika zu vergrößern.

Napoléon hatte nicht nur politische und militärische Ambitionen, sondern war auch Mathematiker und interessierte sich für Wissenschaft und Künste. So verband er seine militärische Planung für den Feldzug in Ägypten von Anfang an mit wissenschaftlichen und kulturellen Zielen. Die „Description de l'Égypte“ ist im wesentlichen seiner Initiative zu verdanken. Dieser Teil seines Unternehmens war verknüpft mit einer Reihe früherer Aktivitäten: 1787 war der umfassende Reisebericht „Voyage en Egypte et in Syrie“ des Comte de Volney erschienen (der Autor gehörte dann später zu den zivilen Begleitern Napoléons in Ägypten). Während des ganzen 18. Jahrhunderts hatten Gelehrte neue Kenntnisse über den Orient gesammelt, daraus resultierte 1793 die Gründung einer Ecole Publique im Rahmen der Nationalbibliothek, wo Arabisch, Türkisch und Persisch gelehrt wurde. 1795 entstand das Institut National de France, an dem auch orientalistische Studien betrieben werden sollten.

Das Forschungsunternehmen

Tempel von Philae, Vorhof

Das Direktorium – zu diesem Zeitpunkt die entscheidende Instanz der Französischen Revolution – bewilligte schließlich außer den Kriegskosten für Napoléons Unternehmen noch beträchtliche Summen für nichtmilitärische Aktivitäten: 215 000 Livres für die wissenschaftliche Ausrüstung und über 25 000 Livres für Anschaffung und Transport einer speziellen Bibliothek, deren 550 Bände von Napoléon persönlich ausgewählt wurden.

Kopf einer Statue aus Theben

Der Feldzug begann im Mai 1798, rund 35 000 Soldaten nahmen daran teil. Dazu kamen etwa 500 Zivilisten, unter ihnen 21 Mathematiker, 3 Astronomen, 17 Ingenieure, 13 Naturforscher und Bergbauingenieure, 4 Architekten, 8 Zeichner, 10 Geisteswissenschaftler, ferner 22 Schriftsetzer, die über lateinische, griechische und arabische Buchstaben verfügen konnten. Nach einer für die Mamluken äußerst verlustreichen Schlacht an den Pyramiden von Gizeh wurde Kairo eingenommen. Napoléon glaubte den Feldzug schon gewonnen. Noch 1798 gründete er in Kairo ein Ägyptologisches Institut (Institut d´Ègypte). Die hier tätigen Forscher erhielten die Aufgabe, alle erdenklichen Aspekte des Lebens in Ägypten, sowohl historische als auch aktuelle, zu untersuchen.

Ansicht eines Dorfes am Nil

Die klimatischen Bedingungen waren denkbar ungünstig, die alltäglichen Lebensumstände ungewohnt hart. Dennoch erledigten die meist jungen Wissenschaftler und Studenten ihre Arbeit effektiv und mit anhaltender Begeisterung für ihren Oberkommandierenden Bonaparte. Vivant Denon, zuvor in Paris Direktor des Louvre und nun verantwortlich für das Ägyptologische Institut, schrieb: „Ein einziges Wort des Helden ... genügte für meine Entscheidung, mit ihm zu gehen“ und traf damit offenbar die Stimmung auch seiner Mitarbeiter. Über die Situation vor Ort, in der Nachhut einer Armee im Kriegszustand, berichtete Denon, man habe ein Land durchquert, „das, außer dem Namen nach, bei den Europäern praktisch unbekannt war; folglich war alles wert, aufgezeichnet zu werden. Die meiste Zeit fertigte ich meine Zeichnungen auf den Knien an. Einige musste ich im Stehen machen, und andere sogar auf meinem Pferd...“. Archäologische Funde wurden systematisch registriert und nach Möglichkeit restauriert, untersucht wurden aber auch Bewässerungssysteme, Ackerbau und Handwerk. Die französischen Orientalisten in der Expedition bemühten sich, ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Vertretern der beiden unterschiedlichen Kulturen herzustellen, indem sie sich mit den Einwohnern in deren Umgangssprache austauschten. In der Konfrontation mit den realen Lebensbedingungen ging die in Europa verbreitete, idealisierende Vorstellung von Ägypten als einem Paradies auf Erden rasch verloren.

Nach einem turbulenten Kriegsverlauf auf verschiedenen Schauplätzen der Region, zuletzt von einer englischen Armee entscheidend geschlagen, mussten die Franzosen im Spätsommer 1801 Ägypten wieder verlassen. Napoléon hatte sich schon zwei Jahre zuvor in einer geheimen Aktion von dem Expeditionskorps abgesetzt, um in Frankreich seine Karriere fortzusetzen. Die französischen Wissenschaftler weigerten sich, ihre Arbeitsergebnisse in Ägypten zurückzulassen, obwohl sie deswegen zeitweilig mit dem Tode bedroht wurden. Schließlich ließen ihnen die Engländer das schriftliche Material, beschlagnahmten aber die Kunstobjekte, darunter den Stein von Rosetta. Er war im Nildelta gefunden worden und schien mit seiner dreifachen Beschriftung – Hieroglyphen, demotischen Zeichen und griechischen Buchstaben – den Schlüssel zur Entzifferung der altägyptischen Bilderschrift zu liefern. Der Stein ging als Kriegsbeute an das British Museum in London, Kopien der Beschriftung gelangten auch nach Paris. Nach langem wissenschaftlichen Wettstreit konnte 1822 zuerst der Franzose Jean-François Champollion das System der Hieroglyphen entziffern.

Die Veröffentlichung

Im Februar 1802 veranlasste Napoléon die Veröffentlichung der umfangreichen wissenschaftlichen und künstlerischen Ergebnisse seiner militärisch fehlgeschlagenen Expedition. Das Resultat war eine vollständige Beschreibung Ägyptens zum Zeitpunkt des Feldzuges – seiner Altertümer, aber auch seines Alltagslebens und seiner Tier- und Pflanzenwelt. Die Arbeit von 400 Kupferstechern über annähernd 20 Jahre erbrachte 837 Kupferstichtafeln mit insgesamt mehr als 3000 Abbildungen, gegliedert in elf Abschnitte: fünf für Altertümer, drei für Naturgeschichte, zwei für Zeitgenössisches und einer für Karten. Die Erstausgabe der „Description de l'Égypte“ unter der Leitung von Francois Jomard erschien in mehreren Partien zwischen 1809 und 1828, sie umfasste neun Quartbände und 11 Bildbände in übergroßem Format. Das Gesamtwerk hat den Charakter einer Enzyklopädie und ist auch oft mit Diderots Encyclopedie verglichen worden. Ludwig XVIII., seit 1814 König von Frankreich, ließ als Zeichen seiner Anerkennung an 70 Mitarbeiter des Werkes 100 000 Francs verteilen. Im öffentlichen Bewusstsein verschwand allmählich das politisch-strategische Desaster des Feldzuges hinter dem Umfang und der Bedeutung seines kulturellen Ertrages, in Frankreich entwickelte sich eine regelrechte Ägyptomanie.

Galerie

Literatur

  • Description de l'Égypte. Taschen GmbH Köln. 2007. ISBN 978-3-8228-3775-7

Weblinks



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