Desalination

Desalination
Fließbild einer dreistufigen Entspannungsverdampfungsanlage zur Meerwasserentsalzung

Als Meerwasserentsalzung bezeichnet man die Gewinnung von Trinkwasser oder Betriebswasser aus Meerwasser durch die Verringerung des Salzgehaltes. Die Entsalzung kann auf verschiedenen Prozessen beruhen, die Salze und Mineralien aus dem Wasser entfernen. Teilweise fallen dabei verwertbare Nebenprodukte wie Kochsalz an.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Der Meerwasserentsalzung wird für die Zukunft eine große Bedeutung zugemessen, da die Versorgung aller Menschen mit sauberem Wasser durch Mangel oder Verschmutzung des vorhandenen Süßwassers immer schwieriger wird. Meerwasserentsalzung wird schon lange auf Schiffen, U-Booten und auf Inseln betrieben. Hier spielen die Kosten nur eine geringe Rolle. Zum Funktionieren des Prozesses darf der Grundstoff allerdings nur sehr niedrige Kontamination (z. B. mit Öl) aufweisen, so dass in der Nähe von Hauptschifffahrtsrouten Meerwasserentsalzungen weniger wirtschaftlich arbeiten. Ein Landbrunnen, der den Meerwasserspiegel erreicht, muss dann helfen, das Meerwasser vorzufiltern.

Im Nahen Osten ist diese energieintensive Form der Trinkwassergewinnung weit verbreitet. In den ölreichen Golfstaaten ist sie die Hauptquelle der Trinkwassergewinnung. Überwiegend wird das Trinkwasser durch gas- oder ölbefeuerte Entsalzungsanlagen gewonnen. Auch kombinierte Gas- und Dampfturbinenkraftwerke mit angeschlossener MSF-Entsalzungsanlage (MSF: Multi Stage Flash Evaporation - Mehrstufige Entspannungsverdampfung) kommen häufig zum Einsatz. Auf den kanarischen Inseln und der deutschen Hochseeinsel Helgoland wird das Trinkwasser durch das Umkehrosmoseverfahren gewonnen.

Etablierte Techniken

Eine Zusammenfassung der auf Sonnenenergie beruhenden Verfahren zur Meerwasserentsalzung findet sich im Artikel Solare Meerwasserentsalzungsanlagen. Weitere nicht solare Verfahren sind: Gefrierverfahren, Evaporationsschläuche aus Kunststoff, Elektrodialyse, Vakuum-Destillationsanlagen mit Wärmepumpen und Anlagen nach dem Brüdenkompressions-Verfahren.[1]

Membrandestillation

siehe Hauptartikel Membrandestillation

Bei diesem Verfahren wird eine mikroporöse Membran eingesetzt, die nur Wasserdampf durchlässt, flüssiges Wasser jedoch zurückhält. Auf der einen Seite der Membran befindet sich warmes Salzwasser und auf der anderen Seite eine kältere Fläche. Durch den Gegenstrombetrieb der Anlage wird erreicht, dass auf ganzer Länge der Membran eine Temperaturdifferenz besteht. Die dadurch entstehende Differenz des Wasserdampfpartialdruckes bewirkt, dass Wassermoleküle von der warmen auf die kalte Seite der Membran gelangen.

Umkehrosmose

Industrielle Anlage zur Umkehrosmose

Bei der Umkehrosmose (engl. RO (reverse osmosis)) wird die Lösung (Meerwasser) zur Überwindung des osmotischen Druckes unter hohem Druck durch eine semipermeable Membran (z.B. Folien aus Polyamid, PTFE oder sulfonierten Copolymeren mit einem Porendurchmesser von 5x10-7 - 5x10-6mm[2]) gepresst. Diese wirkt wie ein Filter und lässt nur bestimmte Ionen und Moleküle durch. Somit erhält man eine Auftrennung der ursprünglichen Lösung. Durch den Membranfilter lassen sich Salze, Bakterien, Viren, Kalk und Gifte wie Schwermetalle zurückhalten.

Der osmotische Druck steigt mit zunehmender Salzkonzentration, der Prozess würde somit irgendwann zum Stehen kommen. Um dem entgegenzuwirken, wird das Konzentrat abgeführt. Da das Auskristallisieren des Salzes oder der Mineralien (Präzipitation) in den Membranen verhindert werden muss, ist die Benutzung der Umkehrosmose nur bis zu einer gewissen Maximalkonzentration des Rückflusses sinnvoll. Je nach Salzkonzentration muss aufgrund des hohen Drucks auch in optimalen Anlagen mit einem Energieaufwand zwischen 2 und 4 kWh pro Kubikmeter Trinkwasser gerechnet werden.

Es gibt Überlegungen, den Druck am Fuß von Fallwindkraftwerken zu nutzen, um mit Hilfe der Umkehrosmose Trinkwasser herzustellen. Der dafür notwendige Druck von ca. 70 bar würde bei wirtschaftlichen (und technisch realisierbaren) Dimensionen des Fallturms von 1200 m Höhe und 400 m Durchmesser erreicht. Besonders die küstennahen Gebiete Nordafrikas und der Golfregion würden sich für solche Projekte eignen. [3]

Die Trinkwasseraufbereitungsanlagen können je nach Art der Wasserverunreinigung mit weiteren Vorfiltern ausgestattet werden. Grobstoffe können so bis zu einer Partikelgröße von 20 Mikrometern (entspricht der halben Dicke eines menschlichen Haares) abgetrennt werden. Ein zusätzlicher Aktivkohlefilter scheidet organische Stoffe wie Pflanzenschutzmittel ab. Auch kann eine UV-Bestrahlung nachgeschaltet werden, was eine zusätzliche Sicherheitsstufe gegen Keime darstellt.

Eine weitere Verbesserung der Filtereffektivität wird neuerdings durch den Einsatz von Nanotunneln erreicht.

Mehrstufige Entspannungsverdampfung

Hierbei handelt es sich um ein thermisches Verfahren mit der Abkürzung „MSF“ (englisch für Multi Stage Flash Evaporation). Ihr Vorläufer war die Multi-Effekt-Destillation.

Bei diesem Verfahren wird das zugeführte Meerwasser mit der Abwärme eines Kraftwerkes auf eine Temperatur von 115°C erwärmt. Das im so genannten Brine-Heater aufgeheizte Salzwasser verdampft in nachgeschalteten Entspannungsstufen unter Vakuum, der Wasserdampf schlägt sich als Kondensat innerhalb dieser Stufen an mit Kühlflüssigkeit gefüllten Rohrleitungen nieder und wird als salzfreies Wasser abgezogen. Das durch den Verdampfungsprozess immer stärker mit Salz angereicherte Wasser wird auch Brine (Salzlake) genannt und in einem nachgeschalteten Wärmeübertrager auf die Kondensationstemperatur (~40°C) des Dampfes des zugeführten Frischwassers abgekühlt. Es dient dann anschließend in den Rohrleitungen als Kühlflüssigkeit. Die Rohrleitungen selbst werden kontinuierlich mit Schwammgummikugeln von auskristallisierendem Salz gereinigt. Zuletzt wird dem Brine frisches Salzwasser zugeführt und erneut durch die Abwärme der Gasturbine aufgeheizt. Der gesamte Vorgang stellt also einen geschlossenen Kreislauf dar. Der Überschuss des sich im Kreislauf konzentrierenden Salzes wird wieder ins Meer zurückgeführt, wodurch örtlich die Lebensgrundlage vieler Meeresbewohner zerstört werden kann.

Das bei der Kondensation anfallende Destillat ist für eine direkte Verwendung als Trinkwasser zu salzarm. Weiterhin sind derartige salzarmen Wässer für Eisenwerkstoffe korrosiv, da keine Kalk–Rost–Schutzschicht gebildet werden kann. Durch Zusatz von Calciumhydrogencarbonat wird deshalb der Gehalt an Carbonathärte im Wasser wieder erhöht. Das Calciumhydrogencarbonat wird durch eine Reaktion von Calciumhydroxid (Kalkmilch) mit CO2–Gas hergestellt. Das hierfür notwendige CO2 wird häufig durch Verbrennung von Erdgas mit Luft gewonnen.

Großanlagen, wie das in Dubai befindliche GuD-Kraftwerk (Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk) „Jebel Ali“ (25° 3′ 20″ N, 55° 6′ 46″ O25.05555555555655.1127777777787), können täglich bis zu 500.000 Kubikmeter Trinkwasser aus dem Meerwasser gewinnen. Ähnliche Mengen werden auch von den in der Region vorhandenen Ölkraftwerken erzeugt. Mit erneuerbarer Energie betriebene Entsalzungsanlagen können eine sehr wirtschaftliche Möglichkeit sein, Trinkwasser hoher Qualität zu gewinnen.

Evaporationsschläuche aus Kunststoff

Das französische Forschungszentrum CEA/GRETh hat im Rahmen eines europäischen CRAFT-Projektes eine innovative Meerwasserentsalzungsanlage entwickelt, in der die Metallbauteile weitgehend durch Polymere ersetzt wurden. Dies hat den Vorteil, dass Kunststoffe wesentlich weniger korrodieren und damit beständiger als Metalle sind. Durch den Einsatz von Kunststoff kann der Prozess unter Normalbedingungen bei 100 °C und 1 bar ablaufen. Die Anlage kann daher wesentlich einfacher und robuster konzipiert werden. Der Apparat erreicht eine Trinkwasserproduktionsleistung von 100 l/h. Da das Wasser auf 100 °C erhitzt wird, ist es steril und enthält nur noch geringe Mengen an Salz. Der Herstellungspreis von einem Kubikmeter Wasser aus einer solchen Anlage beläuft sich auf 4 €.

Dieses Verfahren kann aufgrund der geringen Datenmenge nicht beurteilt werden. Deshalb ist es auch nicht möglich, das Verfahren in eine Kategorie einzuordnen.

Gefrierverfahren

Durch Abkühlen von Meerwasser bilden sich Eiskristalle, die frei von Salzen sind. Rein energetisch betrachtet wäre das Auskristallisieren von Wasser deutlich günstiger als das Verdampfen und Rekondensieren von Wasser. Die technischen Schwierigkeiten bestehen jedoch im Wesentlichen in der Abtrennung der Eiskristalle von der Mutterlauge. Die Eiskristalle müssen von der Mutterlauge gewaschen werden. Dabei besteht wiederum ein erheblicher Bedarf an Süßwasser, der dieses Verfahren in der Praxis hat scheitern lassen.

Elektrodialyse

Die Elektrodialyse ist nur bei sehr niedrigen Salzgehalten wirtschaftlich. Die Energiekosten stehen in einem linearen Verhältnis zum Salzgehalt. Das Verfahren lohnt sich daher oft nur für Brackwasser.


Auswirkungen auf die Umwelt

Die erste vollkommen umweltfreundliche, schwimmende Entsalzungsanlage auf Grundlage der Umkehrosmose ist seit Sommer 2007 in der südlichen Ägäis vor der Insel Iraklia in Betrieb und liefert täglich etwa 70 m³ Trinkwasser von hoher Güte. Die benötigte Energie zum Betrieb der Anlage ist durch Solarstrom gewährleistet. Die Anlage kann sogar ferngesteuert werden. Das Pilotprojekt ist eine Entwicklung der griechischen Universität der Ägäis und erfuhr im Rahmen der Verleihung des Europäischen Innovationspreises Regiostar 2008 lobende Erwähnung.[4]

Noch vor Jahren war nach einer Untersuchung der Umweltorganisation WWF die Entsalzung von Meerwasser teuer und energieintensiv. Die Erzeugung der dazu benötigten Energie führe zu einer Zunahme von Treibhausgasen; sehr große Anlagen würden Küstenregionen verschandeln und die Rückführung des entzogenen Salzes als Sole in das Meer habe in den betroffenen Küstenregionen negative Folgen für Fischbestände, Korallen und Wasserpflanzen. Meerwasserentsalzung könne in Einzelfällen zwar sinnvoll sein, sei aber keine allgemein geeignete Lösung, um der drohenden Wasserknappheit zu begegnen. Zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung seien vor allem Maßnahmen zur besseren Nutzung vorhandener Wasserressourcen und ein besseres Wassermanagement vorzuziehen; auch die Abwasseraufbereitung sollte als Alternative in Betracht gezogen werden.[5] [6] Diese Bedenken sind mit der neusten Anlage in Iraklia nicht mehr relevant. Sogar das gewonnene Salz kann wiederverwertet werden.

Befürworter der Entsalzung halten den oben genannten Vorwürfen überdies entgegen, die durch die Rückführung bedingte erhöhte Salzkonzentration sei bereits innerhalb weniger Meter im Meer messtechnisch nicht mehr nachweisbar.[6]

Einzelnachweise

  1. Aquavendola: Meerwasserentsalzungsanlagen, Schwerpunkt kleine Umkehrosmoseanlagen
  2. Meerwasserentsalzung
  3. http://physicaplus.org.il/zope/home/en/1124811264/1137833043_en/#a004
  4. Ydriada: A floating, autonomous, environmentally friendly and efficient desalination unit. Abgerufen am 12. August 2008.
  5. Bitteres Süßwasser aus dem Meer. Abgerufen am 19. Juli 2008.
  6. a b Meerwasser-Entsalzung: Keine Lösung des Trinkwasserproblems. pressetext austria, 20. Juni 2007. Abgerufen am 18. Juli 2008.

Weblinks


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