Der stählerne Traum

Der stählerne Traum

Der stählerne Traum (englisch The Iron Dream) ist ein 1972 erschienener Science-Fiction-Roman des US-amerikanischen Schriftstellers Norman Spinrad. Die deutsche Ausgabe erschien im Jahre 1981.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der Roman spielt in einer Alternativwelt, in der das Leben Adolf Hitlers anders verlief als in der Zeit des Nationalsozialismus.

Nach dem Ersten Weltkrieg schloss sich Adolf Hitler zunächst einer rechtsradikalen Gruppe in München an, doch war er von der politischen Entwicklung enttäuscht. Daraufhin wanderte er Ende 1919 in die Vereinigten Staaten aus und ließ sich in New York nieder. Er lernte Englisch und arbeitete als Comic-Zeichner, Straßenmaler, Illustrator und Übersetzer.

1930 wurden seine Illustrationen vom Science-Fiction-Magazin Amazing Stories angenommen, und er wurde als Illustrator dessen Mitarbeiter. Er lernte Hugo Gernsback kennen. Ab 1935 schrieb Hitler Science-Fiction-Geschichten beim Magazin Storm, die ziemlich beliebt waren, obwohl sie literarisch der Trivialliteratur („Schund“) zuzuordnen waren. In seinem Todesjahr 1953 verarbeitete er seine arische Ideologie in sechs Wochen in einem Roman Der Herr des Hakenkreuzes. Für dieses Werk wurde er im Jahre 1955 postum mit dem Hugo Award ausgezeichnet.

Der Herr des Hakenkreuzes

Nach einem großen Krieg, der mit Atomwaffen geführt wurde, ist die Menschheit in zwei Rassen geteilt: in Menschen und Mutanten.

Der junge Feric Jaggar ist von den ihn umgebenden Mutanten angewidert und beschließt, aus dem Exil in seine Heimat Heldon zu ziehen, wo nur „reinrassige“ Menschen leben. Nach einem kurzen Gentest in der Zollfestung, der ihn als reinrassig klassifiziert, kann er in Heldon als Bürger und "Rechtmann" einreisen. Doch er ist nicht begeistert darüber, dass die Sicherheitsmaßnahmen der Einreisekontrolle sehr lax gehandhabt werden. Vor allem glaubt er in einem Schreiber einen "Dom", einen Dominator-Mutanten, zu erkennen. Die Doms sind eine verräterische, intrigante Mutantengattung, welche in ihrem Reich Zind Sklaven züchtet und nach der Zerstörung der reinen Menschen trachtet.

Als Feric hinter der Zollfestung in der Stadt Ulmgarn in ein Gasthaus geht, hört er zufällig aufrührerische Reden von Seph Bogel, dem Redner der "Partei der menschlichen Wiedergeburt". Bogel ist jedoch nicht in der Lage, die Missstände im Land Heldon klar hervorzubringen. Als die Stimmung im Publikum gegen Bogel umschlägt, ergreift Feric das Wort und wiegelt die Menge schnell auf. Er erkennt sein Talent als Redner und Führer und bringt die Menge dazu, mit ihm die Zollfestung zu stürmen. Dort erschlagen sie den Dom, der seine Schuld gesteht, indem er die reinen Menschen verflucht. Die ganze Garnison bedankt sich bei Feric Jaggar für ihre Befreiung aus dem "Dominanzmuster" des Mutanten, das ihren Willen versklavt hatte.

Nach dem Vorfall überredet Bogel Jaggar, die Führung der "Partei der menschlichen Wiedergeburt" zu übernehmen. Am nächsten Tag reisen sie in einem Dampfwagen durch den Smaragdwald. Der Wald ist ein Ort voller Legenden und der Ursprung des Reiches Heldon. Der Reichsgründer Held hat dort angeblich seinen heiligen Knüppel, den "Stahlkommandeur", versteckt, der seitdem verschollen ist. Nur ein absolut reiner Mensch von edelstem Geblüt kann diese Waffe führen. Der Dampfwagen wird von einer Motorradbande überfallen, die sich die "Schwarzen Rächer" nennen. Deren Anführer Stag Stopa verlangt von den Reisenden Geld für seinen Krieg gegen die Mutanten. Jaggar weigert sich zu zahlen und fordert Stopa zum Zweikampf auf. Stopa meint, wenn Feric die Aufnahmeprüfung der Rächer bestehe, könne er seinen Kampf haben.

Bogel und Feric werden von den Bikern zu deren Lager gefahren. Trotz ihres "geringen" Intellekts ist Feric von ihrer rassischen Reinheit, ihrer Wildheit und Instinkten beeindruckt. Im Feuerschein besteht er die Prüfungen ohne Mühe oder Furcht. Als es zum direkten Zweikampf zwischen Jaggar und Stopa kommt, wird zu seinem Erstaunen der verschollene Stahlkommandeur zwischen sie gelegt. Im Verlauf des Kampfes greift er den Knüppel und pariert Stopas letzten Hieb. Da er das heilige Relikt zu führen vermag, gehen die Rächer vor ihm auf die Knie und schwören ewige Treue. Der Stahlkommandeur bestätigt Feric Jaggars Abstammung und sein Übermenschentum. In diesem Augenblick erkennt Jaggar seine Bestimmung: die Rettung der wahren Menschen und die Ausrottung der Mutanten. Er benennt die Rächer in die Ritter des Hakenkreuzes um und will mit der Partei Bogels die Macht in Heldon gewinnen.

In der Stadt Walder übernimmt Feric, legitimiert durch den Stahlkommandeur, die Führung von Bogels Partei. Er benennt sie in „Die Söhne des Hakenkreuzes“ um und erklärt unverblümt seine Ziele. Nach Kundgebungen und Aufmärschen nimmt er an den Nationalratswahlen teil. Bei den Wahlen kommt es immer wieder zu blutigen Straßenkämpfen, aus denen die Ritter stets siegreich hervorgehen. Feric wird Mitglied des Nationalrats, der zu seinem Entsetzen von einem Dom kontrolliert wird. Um sich selbst zu schützen, lässt er daraufhin die Schutzstaffel, kurz SS, gründen. Nur die in Jaggers Augen rassisch Wertvollsten dürfen sich dieser anschließen.

Nach einigen Wochen erfährt er, dass der Dom-Minister ihn beseitigen will und dass Stopa ihn verraten hat. Feric Jaggar führt mit der SS einen gewagten Putsch durch, in dessen Verlauf der Nationalrat liquidiert wird. Stopa und seine Offiziere teilen dieses Schicksal. Jaggar übernimmt mit dem Militär die Macht und bereitet alles für die rassistische Säuberung Heldons und den Krieg mit Zind vor. Diesen Krieg trägt er an der Spitze seines Heeres in die Staaten der Mutanten, den Stahlkommandeur immer in seiner Hand.

Jaggars Fanatismus und Grausamkeit kennt keine Grenzen, aber als die Mutanten in Zind schon fast besiegt scheinen, lösen sie eine Atomexplosion mit den aus dem letzten Krieg übriggebliebenen Waffen aus, deren Fallout die gesamte Erde und das Erbgut aller Lebewesen verseucht. Daraufhin lässt Jaggar ein Genetikprogramm entwickeln, in dessen Rahmen alle Menschen sterilisiert werden und der Erhalt der Menschheit nur noch über geklonte, genetisch gezüchtete und „verbesserte“ männliche Angehörige der von Jagger propagierten Herrenrasse erfolgt.

Das Ende des Romans stellt eine Kundgebung dar, bei der der gealterte Jaggar die Besiedlung des Alls einleitet und die erste Kolonistenrakete mit geklonten blonden SS-Männern und einem genetischen Duplikat Jaggers als „von der Vorsehung dazu bestimmt, Menschen zu führen“[1] in den Weltraum startet.

Nachwort

In einem Nachwort werden durch einen fiktiven Rezensenten sowohl Stil und Inhalt des Romans Der Herr des Hakenkreuzes und die dahinterstehende Ideologie als auch die Person des Autors Adolf Hitler einer vernichtenden Kritik unterzogen.

Indizierung des Romans

Der Roman wurde 1981 in deutscher Sprache veröffentlicht, doch die erste Auflage wurde unter dem Vorwurf der „Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts“ von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert. Der Wilhelm Heyne Verlag kämpfte um die Freigabe des Romans, bis das Oberverwaltungsgericht Münster 1985 die Indizierung aufhob. Diese Entscheidung wurde 1987 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt.[2]

Romanelemente und Realität

Spinrad verarbeitet in dem von seiner Figur Adolf Hitler verfassten Roman Der Herr des Hakenkreuzes reale Begebenheiten und Personen der nationalsozialistischen Machtübernahme und Herrschaft in Deutschland wie den Röhm-Putsch (die Niederschlagung der Revolte Stopas) und die Eroberungskriege gegen Polen und am Ende die Sowjetunion („Zind“). Einzelne Staaten und Personen der realen Geschichte sind durch Namensähnlichkeiten leicht identifizierbar. Auch die Vernichtungspolitik gegenüber der jüdischen Bevölkerung („Mutanten“) und den östlichen Nachbarvölkern des Deutschen Reiches wird fiktional nachgezeichnet, inklusive des Vorhabens, den neu eroberten Lebensraum Heldons durch die Internierung und Vernichtung der einheimischen Bevölkerung in speziellen Lagern zu sichern.

Im „Nachwort“ greift Spinrad in der Rolle eines Buchkritikers namens Homer Whipple sowohl die Literaturgattung der Low Fantasy als auch die in Der Herr des Hakenkreuzes vorgebrachten Ideen des Nationalsozialismus an.

Trivia

Der mit Norman Spinrad befreundete Musiker Richard Pinhas benannte sein Bandprojekt Heldon nach dem Buch und vertonte Motive daraus auf dem Album Electronique Guérilla (1974).

Ausgaben

Literatur

  • Wolfgang Jeschke: "Der stählerne Traum" und die Deutschen. In: Heyne Science Fiction Magazin # 3, München 1982, ISBN 3-453-30811-5, S. 231–273.
  • Wolfgang Jeschke: "Der stählerne Traum" von Norman Spinrad immer noch auf dem Index. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 1986, Wilhelm Heyne Verlag München, ISBN 3-453-31233-3, S. 278–292.
  • Gavriel D. Rosenfeld: The World Hitler Never Made. Alternate History and the Memory of Nazism. Cambridge University Press, 2005, ISBN 0-521-84706-0
  • Norman Spinrad: Schreiben als Hitler. In: bücher. Heft 2/2007

Weblinks

  • Eintrag in der Internet Speculative Fiction Database
  • Rezension von Ursula K. Le Guin, Science Fiction Studies, Vol. 1, Part 1, Frühling 1973
  • Rezension von T. M. Wagner, sfreviews.net, 1999
  • Rezension von Peter Schünemann, literra.info, 11. November 2006

Fußnoten

  1. Zitat aus Der stählene Traum, Übersetzung Walter Brum, Heyne, 4. Auflage München 1987, ISBN 3-453-30684-8, S. 288.
  2. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 1987; Az.: 1 C 16.86

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