Der Zerrissene

Der Zerrissene
Daten des Dramas
Titel: Der Zerrissene
Gattung: Posse mit Gesang
Originalsprache: Deutsch
Autor: Johann Nestroy
Musik: Adolf Müller senior
Erscheinungsjahr: 1844
Uraufführung: 9. April 1844
Ort der Uraufführung: Theater an der Wien, Wien
Ort und Zeit der Handlung: 1. Akt: Landhaus des Herrn von Lips, 2. und 3. Akt: auf Krautkopfs Pachthofe um 8 Tage später
Personen
  • Herr von Lips, ein Kapitalist
  • Stifler, Sporner und Wixer, seine Freunde
  • Madame Schleyer
  • Gluthammer, ein Schlosser
  • Krautkopf, Pächter auf einer Besitzung des Herrn von Lips
  • Kathi, seine Anverwandte
  • Staubmann, Justitiarius
  • Anton, Josef und Christian, Bediente bei Herrn von Lips
  • Erster, Zweiter, Dritter und Vierter Knecht bei Krautkopf
  • Gäste, Bediente, Landleute

Der Zerrissene ist eine Posse mit Gesang in drei Akten von Johann Nestroy.

Das Stück wurde am 9. April 1844 im Theater an der Wien[1] in Wien uraufgeführt. Der Autor spielte die Rolle des Herrn von Lips, sein langjähriger Bühnenpartner Wenzel Scholz den Schlosser Gluthammer. Die Musik komponierte Adolf Müller.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Der Stoff lehnt sich an die französische comédie-vaudeville L'homme blasé von Felix Auguste Duvert und Adolphe Theodore de Lauzanne de Vauxroussel an, das am 18. November 1843 in Paris uraufgeführt wurde. Am Abend vor der Premiere des „Zerrissenen“ hatte die deutsche Bearbeitung in Wien Premiere, verschwand aber - anders als die Nestroy-Umsetzung - nach wenigen Aufführungen wieder vom Spielplan.

Die Handlung

Erster Akt

Im Gartenpavillon des reichen Herrn von Lips. Es findet ein Fest mit großer Gesellschaft statt. Der Schlosser Gluthammer ist auf dem Balkon mit der Anbringung eines Geländers beschäftigt, soll jedoch wegen des Lärms damit aufhören. Gluthammer trifft die redliche Kathi, Patenkind des Lips und eine Verwandte seines Freundes Krautkopf. Sie ist im Landhaus des Lips, um eine Schuld der verstorbenen Mutter zu bezahlen. Gluthammer berichtet von seinem Unglück: Am Tag vor seiner Hochzeit hat er seine Braut, Mathilde, verloren, seither fehlt ihm jede Spur von ihr und er glaubt an eine Entführung.

Kurze Szene aus der Inszenierung des Salzburger Straßentheaters 2010

Lips tritt auf den Balkon und bezeichnet sich selbst in einem Monolog als „Zerrissenen“: Trotz oder gerade wegen seines Reichtums hat er keine Freude am Leben; er ist angewidert davon, mit Geld allen Schwierigkeiten - und Abenteuern - aus dem Weg gehen zu können. Seine drei Freunde Stifler, Sporner und Wixer machen verschiedene Vorschläge, um ihn aufzuheitern. Lips selbst nimmt sich aber vor, etwas gänzlich Originelles zu tun: Er will die erstbeste Frau, der er begegnet, heiraten. Dies ist die verwitwete Frau von Schleyer, die hinzutritt, um zu einem Ball zu eigenen Gunsten einzuladen. Auffällig schnell geht sie auf das Eheangebot ein und bittet der Form halber um eine Viertel Stunde Bedenkzeit. In dieser Spanne erkennen Stifler, Sporner und Wixer in Frau von Schleyer die früher von allen angebetete Mathilde Flunck wieder. Alle versprechen sich Vorteile von der unvermuteten Ehe. Kathi, die zuvor beiseite geschoben worden ist, bekommt die durchaus selbstsüchtige Unterhaltung der Vier mit und berichtet Gluthammer zornig vom Gehörten. Dieser glaubt, seine entführte Braut Mathilde in der Gewalt des Herrn von Lips. Als Frau von Schleyer und Herr von Lips die Hochzeitspläne besprechen, stürzt er wutentbrannt herbei, rangelt mit Lips und stürzt gemeinsam mit ihm (wegen des losen Geländers) vom Balkon hinab ins Wasser. Beide werden für tot gehalten, doch Lips kann durchnässt und unerkannt ans Ufer gelangen und hält sich nun für den Mörder Gluthammers.

Zweiter Akt

Auf dem Hof des Bauern Krautkopf, Pächter des Herrn von Lips. Lips flüchtet sich, als Knecht verkleidet, zum Hof des Krautkopf, wo ihn Kathi freudig erkennt. Er will zur Tarnung bei Krautkopf in Dienst treten, was dieser wegen mangelnder landwirtschaftlicher Kenntnisse nur widerwillig annimmt. Aber auch Gluthammer ist nicht ertrunken, hält sich seinerseits für den Mörder von Lips und flüchtet sich ebenfalls zu seinem Freund Krautkopf. Dieser versteckt ihn vor der vermeintlichen Verfolgung auf seinem Pachthof. Kathi versorgt von Lips liebevoll, Krautkopf den Gluthammer eher unwillig. Da kündigt sich eine Kommission zur Besichtigung des Hofes an: Ein Justitiarius zeigt den Herren Stifler, Sporner und Wixer, die im Testament des Herrn von Lips als Erben eingesetzt sind, ihre neuen Besitztümer. Alle äußern sich höchst verächtlich über den vermeintlich verstorbenen, angeblichen Freund. Dies hört auch der als Knecht verkleidete Lips. Während alle den Hof besichtigen, versieht Lips sein herumliegendes Testament auf der Rückseite mit einer auf den Tag vor seinem Verschwinden datierten Änderung: Alles soll Kathi erben.

Dritter Akt

Als alle Kathi als neue Erbin erkennen müssen, beginnt sogleich das Buhlen um die Hand der guten Partie, Krautkopf eingeschlossen. Kathi, die sich inzwischen längst in ihren Paten verliebt hat, will voll Freude und Aufregung sogleich zum neuen Knecht, dem verkleideten Lips, eilen. Daraufhin unterstellt man ihr eine Liebe zu diesem. Kathi sieht sich genötigt, dies zu leugnen und hässlich über ihn zu reden, was Lips aus seinem Versteck mitanhören muss. Kathi will unter vier Augen gerade ihre Zuneigung gestehen, als die drei Enterbten herbeitreten. Lips gibt sich als lebendig zu erkennen, sieht sich nun aber mit dem Vorwurf des Mordes an Gluthammer konfrontiert. Er wird vom Justitiar in ein Zimmer eingesperrt. Auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit trifft er unter einer Luke im Boden auf das Kellerversteck des Schlossers. Beide, die einander ja tot wähnen, begegnen voller Schrecken dem vermeintlichen Geist des Ermordeten.

Erst Krautkopf bringt Klarheit in die Situation, als er das Verstecken des Gluthammer zugibt; mithin gibt es also weder Mörder noch Ermordete. Die drei „Freunde“ beginnen gleich wieder, sich bei von Lips einzuschmeicheln, werden aber davongejagt. Lips versöhnt sich mit Gluthammer, gibt ihm Kapital und auch den Segen zur Verbindung mit „Mathilde“, was dieser jedoch dankend ausschlägt. Mit einer Umarmung zwischen Kathi und Lips und dem Eingeständnis beider Liebe schließt das Stück.

Kurz

Ein zynischer und blasierter reicher Mann wird durch die Erfahrung echter Zuneigung und menschlicher Güte von seiner Zerrissenheit geheilt.

Werkausgaben

  • Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Herausgegeben von Vinzenz Chiavacci und Ludwig Ganghofer, Band 3, Stuttgart 1890, S. 109-154.
  • Johann Nestroy: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe. Herausgegeben von Fritz Brukner und Otto Rommel, Band 12, Wien 1929, S. 229–324.
  • Johann Nestroy: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Herausgegeben von Jürgen Hein, Johann Hüttner, Walter Obermaier und W. Edgar Yates, Band 21, Zsolnay, Wien 1996, S. 25-93, ISBN 3-216-30229-6

Weblinks

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. http://www.nestroy.at/nestroy-stuecke/54_zerr/index.html Nestroy.at

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