Delta-Sigma-Modulation

Delta-Sigma-Modulation

Die Delta-Sigma-(ΔΣ)-Modulation ist eine Form der Analog-Digital-Umsetzung oder Digital-Analog-Umsetzung, welche sich von der Deltamodulation ableitet. Trotz der Entwicklung der ΔΣ-Technik in den frühen 1960ern lässt sich diese Technik erst seit den 1990ern mit den Fortschritten in der CMOS-Technologie preiswert fertigen. Delta-Sigma-Modulatoren werden von vielen großen Halbleiterherstellern als fertige integrierte Schaltung angeboten.

Inhaltsverzeichnis

Prinzip

Bild 1: Grundsätzliches Blockschaltbild eines ΔΣ-Modulators erster Ordnung mit digitalem Ausgang.
Bild 2: Blockschaltbild eines ΔΣ-Modulators zweiter Ordnung, welcher einen besseren Signal-Rauschabstand als der aus dem ersten Bild bietet.

Das Prinzip der Delta-Sigma-Modulation beruht auf einer zunächst groben Messung des Signals (Quantisierer, im Bild engl. „Quantizer“). Der dabei entstehende Messfehler wird integriert (im Bild engl. „Integrator“) und über eine Gegenkopplung schrittweise kompensiert. Je nachdem, ob eine Analog-Digital-Umsetzung (ADC), eine Digital-Analog-Umsetzung (DAC), eine Analog-Analog-Umsetzung (bei der SACD) oder eine Digital-Digital-Umsetzung (denkbar zur Abtastratenkonvertierung) vorgenommen werden soll, sind die einzelnen Blöcke des Delta-Sigma-Modulators digital oder analog ausgeführt. (Unter dem in den Blockschaltbildern gezeigten „1-Bit-DAC“ muss man sich einen Zuordner vorstellen, der einem „1“-Bit den größtmöglichen und einem „0“-Bit den kleinstmöglichen Eingangswert zuordnet – ob dies nun Spannungen (Analogeingang) oder PCM-Daten (Digitaleingang) sind.) Die besagten Schritte werden sehr häufig durchgeführt, beispielsweise mit der 128-fachen[1] Rate der den PCM-Daten zugrundeliegenden Abtastrate (Überabtastung).

Werte in verschiedenen Stufen des Delta-Sigma Umsetzers

Das mittlere Ausgangssignal gibt das Eingangssignal wieder. Dabei hat die Delta-Sigma-Modulation die Eigenschaft, dass die spektrale Leistungsdichte des unerwünschten Wandlungsrauschens bei niedrigen Frequenzen verkleinert und bei hohen Frequenzen (die außerhalb des zu erfassenden Frequenzbandes liegen) erhöht wird – anschaulich gesagt wird die Rauschleistung zu höheren Frequenzen verschoben; diese Tatsache wird als „Rauschformung“ oder engl. „Noise Shaping“ bezeichnet. Damit können die niederfrequenten Signalanteile mit hohem Rauschabstand erfasst werden.

Höhere Frequenzen werden aufgrund des ungünstigen Signal-Rauschverhältnisses nicht genutzt, und durch einen Filter (ein digitales Filter für einen Digitalausgang (ADC) bzw. ein analoges Filter für einen Analogausgang (DAC); im Bild engl. „Digital Filter“) entfernt. Im Falle eines digitalen Ausgangs führt dieses Filter gleichzeitig eine Abtastratenkonvertierung auf die gewünschte Ausgangsbandbreite durch und erweitert die Wortbreite des Quantisierers für einen passenden Dynamikumfang (auch engl. als decimation bezeichnet).

Die Anzahl der Integratoren bzw. die Anzahl der Gegenkopplungsschleifen charakterisieren die Ordnung des ΔΣ-Modulators. Je höher die Ordnung ist, umso stärker wird die Verschiebung des Rauschens, umso höhere Frequenzen können genutzt werden. Nachteilig ist bei höheren Ordnungen das prinzipiell mögliche Auftreten von Schwingungen und Instabilitäten in der Modulatorschaltung.

Das Verhältnis der Abtastratenkonvertierung (englisch Oversampling Ratio, OSR) und die Ordnung N bestimmen den möglichen Dynamikumfang eines Delta-Sigma-Konverters. Der Dynamikumfang, das Verhältnis zwischen der Leistung eines gerade noch unverzerrt digitalisierbaren Sinustones und der Rauschleistung, ergibt sich zu:

DR=\frac{3(2N+1)}{2\pi^{2N}}OSR^{2N+1}

Je höher die Überabtastung und je größer die Ordnung ist, umso größer ist der Dynamikumfang des Umsetzers.

Vorteilhaft gegenüber anderen AD-Umsetzungsprinzipien ist die hohe Abtastrate des Analogsignals im Vergleich zur Bandbreite des Nutzsignals. Durch diese Überabtastung benötigt ein analoger Bandbegrenzungsfilter, welcher zum Einhalten des Nyquist-Shannon-Abtasttheorems erforderlich ist, nur eine geringe Flankensteilheit und kann entsprechend einfach aufgebaut sein. Siehe auch Abschnitt Ordnung im Artikel Filter.

Anwendung

Aufgrund seiner Eigenschaften findet er in einer Reihe von Applikationen vorteilhaft Anwendung:

  • Im Bereich der Audiosignalverarbeitung hat er andere Umsetzertechniken nahezu vollständig verdrängt. Ausführungen mit einer Signalbandbreite von 100 kHz und einem Signal-Rauschabstand von 120 dB sind seit 2005 kommerziell verfügbar. Der Sigma-Delta-Modulator bildet insbesondere die Grundlage des in der Super Audio Compact Disc verwendeten Direct Stream Digital genannten Kodierungsverfahrens. Dabei wird im Prinzip eine „verteilte“ Analog-Analog-Modulation durchgeführt, wobei bei der Aufnahme das aus dem Quantisierer kommende 1-Bit-Signal (vor dem Filter) auf die SACD aufgezeichnet wird. Erst bei der Wiedergabe wird der Datenstrom von einem analogen Filter zum Ausgangssignal verarbeitet.
  • Bei der niederfrequenten Messdatenerfassung kommen spezielle Ausführungen mit Bandbreiten von weniger als 50 Hz in Seismometern, elektronischen Waagen und ähnlichen Geräten zum Einsatz. Diese Umsetzer verfügen meist auch über ein spezielles digitales Filter, welches die Stromnetzfrequenzen von 50 Hz und 60 Hz und deren Oberschwingungen unterdrückt.
  • In PLL-Schaltungen zur gebrochen-rationalen Takterzeugung (fractional-N-PLLs) können Sigma-Delta-Modulatoren im Rückkopplungszweig verwendet werden, um zwischen den in fractional-N-PLLs alternierend verwendeten Teilerverhältnissen umzuschalten. Vorteil von fractional-N-PLLs ist das geringere Phasenrauschen und die für eine gleichbleibende Ausgangsfrequenz höhere maximale Schleifenbandweite, da ein höherer Referenztakt verwendet werden kann als bei gewöhnlichen PLLs [2]. Die fortlaufende Umschaltung des Teilerverhältnisses bedeutet jedoch eine zusätzliche Quelle für Rauschen. Durch die Steuerung der Umschaltung des Teilerverhältnisses mittels eines Sigma-Delta-Modulators kann jedoch die Eigenschaft des Noise-Shapings benutzt werden, um das zusätzliche Phasenrauschen weg von der Ausgangsfrequenz der fractional-N-PLL zu verschieben, wo es durch die Tiefpasswirkung der PLL gefiltert werden kann.

Einzelnachweise

  1. Datenblatt CS4390 – 24-Bit, Stereo D/A Converter for Digital Audio, S. 1
  2. Technical Brief SWRA029 - Fractional/Integer-N PLL Basics von Texas Instruments.

Siehe auch

Delta-Sigma-Verfahren

Weblinks/weiterführende Literatur


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