Deindustrialisierung

Deindustrialisierung
Neue Fabrikanlagen entstehen (Zeichnung um 1860)

Industrialisierung bezeichnet

Die Industrialisierung begann zunächst in England während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Später verbreitete sie sich schrittweise in andere Länder Europas und Nordamerikas, seit Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend auch in Asien und Lateinamerika.

Die Phase des eigentlichen Durchbruchs der industriellen Entwicklung wird als Industrielle Revolution bezeichnet.

Folgt man der Sektoreneinteilung von Jean Fourastié (siehe Drei-Sektoren-Hypothese, Wirtschaftssektor) - "Primärer Sektor" der Rohstoffgewinnung (Ackerbau, Viehzucht, Förderung von Bodenschätzen), "Sekundärer Sektor" der Verarbeitung, "Tertiärer Sektor" der Dienstleistungen, auch schon: "Quartärer Sektor" der Freizeitwirtschaft, "Quintärer Sektor" der Abfallwirtschaft - so sind in allen Sektoren Industrialisierungsprozesse aufgetreten, historisch ausgehend vom Sekundären Sektor.

Der Gegensatz der „Industrialisierung“ wird als „Deindustrialisierung“ („De-Industrialisierung“) bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

England als Mutterland der Industrialisierung

Hier waren der Absolutismus und die Grundherrschaft früher als in anderen Ländern Europas gelockert, Zunftzwang gab es im Gegensatz zu deutschen Ländern schon lange nicht mehr. Somit waren die Voraussetzungen für die freiere Ausbreitung des Handels, der Kapitalbildung und der technischen Erneuerung gelegt. Meilensteine waren die Erfindung der Dampfmaschine (Erfindung 1712 durch Thomas Newcomen, entscheidende Weiterentwicklung 1769 durch James Watt) sowie von Spinnmaschinen (Spinning Jenny), mechanischem Webstuhl und des Puddelverfahrens bei der Eisengewinnung. Bedeutsam war auch die Erfindung der Dampflokomotive und der ersten öffentlichen Eisenbahnen.

Begünstigende Faktoren

  • Kapitalbildung
  • Infrastruktur: In England wurden wesentlich früher als in anderen Staaten die Bedeutung der Nutzung von Wasserwegen (Kanalbau) und der Eisenbahn erkannt. Infolge dessen, und aufgrund der Insellage von England, hatte dieses früher als jedes andere Land ein gut ausgebautes Kanalnetz.
  • Ausreichende Rohstoffvorkommen, vor allem Erz, Kohle und Baumwolle aus den Kolonien. Hinzu kam die günstige Lage von Rohstoffvorkommen im Inland, die räumlich nah genug waren, um sie effektiver nutzen zu können.
  • Ausreichendes Angebot an Arbeitskräften. Der Wandel in der Landwirtschaft entzog zahlreichen Kleinbauern die Lebensgrundlage, die daraufhin in die sich entwickelnden Industriezentren zogen.
  • Absatzmärkte durch wachsende Nachfrage nach Textilien (Bekleidung)
  • Unterdrückung von wirtschaftlicher Konkurrenz in seiner Position als Welt- und Kolonialmacht, wie beispielsweise der indischen Baumwollindustrie.
  • Große Seemachts- und Handelsflotte, die zur Verschiffung von Gütern und Rohstoffen und deren Schutz genutzt wurde.
  • Im Vergleich zu anderen Staaten große Macht des Bürgertums (durch das Parlament) in Relation zu der des Monarchen.
  • Leistungsstarke Landwirtschaft zur Versorgung der schnell wachsenden Bevölkerung und als Kapitalbasis

Rückgang

Seit die Anzahl der Industriearbeiter in vielen im 19. Jahrhundert industrialisierten Gesellschaften (Dienstleistungsgesellschaften) relativ auffällig sinkt, wird in der Soziologie auch von De-Industrialisierung gesprochen (vgl. Tertiarisierung).
Ehemalige Industrieanlagen und Gebäude werden oft als Industriedenkmäler erhalten.

Vom Industrie- zum Freizeitzentrum: Der Innenhafen in Duisburg
 
Innenhafen Duisburg: Früher ein Getreidespeicher, dient heute als Kneipe oder Museum

Heutige Bedeutung

Die Industrialisierung wird heutzutage auch als Sinnbild für die Standardisierung/Automatisierung von Verfahren/Prozessen verwendet. Man möchte damit den Wechsel von einer individuellen handwerklichen Tätigkeit hin zu einer standardisierten industrialisierten Tätigkeit kennzeichnen. Als Beispiel sei hier die Softwareentwicklung genannt: Bei der Programmierung wird kein Gegenstand im herkömmlichen Sinne hergestellt. Die Herstellung des Produktes Software kann in vielen Firmen als handwerkliche Tätigkeit aufgefasst werden, da sie jedes mal anders und individuell vorgenommen wird. Ziel der Industrialisierung ist es, gemeinsame Herstellungselemente zu standardisieren, so dass sie effektiver, produktiver und gleichförmig eingesetzt werden können. Nur wenn die einzelnen Phasen charakterisiert sind, können zum Beispiel Teile als Offshoring-Tätigkeit abgegeben werden. Auch sieht man in der Industrialisierung häufig ein Umweltproblem.

Begleiterscheinungen der Industrialisierung

Als der Industrialisierung folgende Auswirkungen kann man nennen die Urbanisierung, der Wechsel von Selbstversorgungs- (Subsistenzwirtschaft) zur Fremdversorgungsgesellschaft, Geburtenrückgang, Prosperität .

Siehe auch


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