Deckenmalerei

Deckenmalerei
Deckenmalerei in der Abtei von Melk, Wachau um 1730

Unter Deckenmalerei (auch Deckengemälde, Deckenbild, Plafondmalerei) versteht man die Bemalung (Fassung) von Decken oder Gewölben in sakralen und profanen Innenräumen.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Deckenmalerei ist wie ihr Gegenstück auf vertikalen Flächen, die Wandmalerei, seit der Antike bekannt. Die Farben wurden in Ermangelung anderer ebenso haltbarer Farben bis ins 20. Jahrhundert vorwiegend in al fresco-Technik aufgetragen, bei der die Pigmente mit dem noch feuchten Putzuntergrund in einer chemischen Reaktion verkieseln und so für lange Zeit farbgetreu erhalten bleiben. Daneben wurden auch die Seccotechik angewendet. Bei der Seccomalerei, auch Trockenmalerei genannt (vom italienischen al secco aufs Trockene), handelt es sich um eine Technik, bei der die Farben auf das schon trockene Mauerwerk aufgebracht werden. Im Mittelalter fanden vor allem Kalk-, Kasein- und Temperafarben Verwendung, später auch Öl- und Silikatfarben. Besonders in der Romanik (ca 1000 - 1200 n. Chr.) wurde am häufigsten in dieser Technik gearbeitet. Auch bei heutigen Ausführungen erfolgt der Farbauftrag fast ausschließlich al seccozu, wobei bevorzugt Acrylatfarben verwendet werden.

Diese relativ umständliche Vorgehensweise wurde von vielen Malern als hinderlich angesehen und war Anlass für zahlreiche Versuche, den Effekt der Haltbarkeit mit neuen Farbmischungen herzustellen. Ungleich schwieriger waren die über Kopf zu malenden Deckenfresken. Hierzu musste frühmorgens der Putzer auf das Gerüst steigen und nach den Schablonen des Künstlers das Tagwerk (das an einem Tag vom Künstler zu schaffende Werk) mit einer frischen Putzschicht vorbereiten. Dies schränkte die künstlerische Schöpfungkraft erheblich ein: Wenn der Künstler das Tagwerk nicht schaffte, musst die verbleibende Putzschicht am nächsten Tag abgeschlagen und neu aufgebracht werden. Wenn andererseits die Arbeit gut vonstatten ging oder der Künstler während der Arbeit einen anderen Verlauf eines Motivs zeichnen wollte, wurde seine Schöpfungskraft von der vorbereiteten Putzfläche begrenzt.

Einen der berühmtesten Versuche, sich von diesen Einschränkungen zu befreien, stellt das "Letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci dar, bei dessen Ausführung da Vinci selbstentwickelte Farben einsetzte, die jedoch aufgrund ihrer organischen Beschaffenheit nicht die gewünschte Haltbarkeit aufwiesen und schon zu Lebzeiten Da Vincis restauratorische Eingriffe nötig machten.

Mittelalter

Deckenmalerei in der Kapelle Notre-Dame-du-Tertre in Chatelaudren, Bretagne, Frankreich
Beispiel für eine romanische Deckenmalerei in der Sigwardskirche (Idensen)(um 1130)

Im Mittelalter wurden zum Bemalen von Holzkassettendecken auch Tempera- und Ölfarben verwendet. Thema waren in diesen Fällen oft sich wiederholende Ornamente, Wappen, Standessymbole oder auch Bilderfolgen mit erzählendem Inhalt. Da das früher bekannte Wissen um die Perspektive verlorengegangen war, wurden die dargestellten Objekte liegend und parallel zur Deckenfläche dargestellt.

Renaissance - Rokoko

Decke der sixtinischen Kapelle von Michelangelo Buonarroti
Prophet Jona, Datail der sixtinischen Kapelle
Innenraum derWieskirchemit Deckenmalerei aus dem Rokoko (um 1750
Entwurf für das Deckenfresko der Villa Pisani in Stra von Giovanni Battista Tiepolo(um 1760

In der Renaissance begann die Blütezeit der Deckenmalerei auf gewölbten und architektonisch strukturierten Deckenflächen, die schließlich in der Barockzeit ihren Höhepunkt fand. Während vorher die Perspektive eine untergeordnete Rolle spielte bzw. ganz aus dem Allgemeingedächtnis der Künstler verschwunden war, machten sich die Künstler der Renaissance mit Begeisterung die Möglichkeiten der wiederentdeckten Perspektive zunutze und schufen besonders in Kirchen phantastische Architekturwelten, die die Betrachter mit Staunen und Andacht erfüllen sollten. Nicht umsonst waren es die architektonisch Begabten und Ausgebildeten unter den Künstlern wie Filippo Brunelleschi, der als der Erfinder der Perspektive gilt, sowie Giotto und Leon Battista Alberti die als erste die Logik der Fluchtlinien Ihren Bildkonstruktionen zugrunde legten.

Obwohl Filippo Brunelleschi das Verdienst der Entdeckung der Perspektive für seine Zeit zusteht, handelte es sich tatsächlich um eine im Altertum durchaus bereits bekannte Maltechnik. So fanden sich in dem 79 nach Chr. vom Vesuv verschütteten Pompeji Wandfresken, die den Raum perspektivisch in einen gemalten Garten fortsetzten. In den darauf folgenden Jahrhunderten wurde dieses Wissen jedoch nicht weiterentwickelt und geriet schließlich in Vergessenheit; die frühchristliche und mittelalterliche Malerei bediente sich fast ausschließlich der Bedeutungsperspektive, d. h. die Größe der dargestellten Personen und Gegenstände wurde durch deren Bedeutung im Bild bestimmt, nicht durch ihre räumliche Anordnung. Räumliche Wirkung wurde vorwiegend durch eine kulissenartige Malweise erzeugt, wobei Vordergrundebenen vor Hintergrundflächen für die gewünschte Tiefenwirkung sorgten.

Besonders mithilfe der von den Renaissance - und Barockmalern bevorzugten Zentralperspektive wurde malerisch die raumabschließende Wirkung der realen Decke aufgehoben und der Blick des Betrachters wurde auf einen scheinbaren Raum jenseits der Decke gezogen (Trompe-l’œil). Oft wurden damals Himmelsdarstellungen gemalt, die einen unendlichen Raum an der Decke vortäuschten. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Deckengemälde in der Marmorhalle im Melker Stift, eine Gemeinschaftsarbeit von Gaetano Fanti (Malerei der Scheinarchitektur) und Paul Troger (Malerei der Himmelsöffnung).

Das wohl berühmteste Deckengemälde ist die von Michelangelo (Buonarroti) zwischen 1508 und 1512 im Auftrag von Papst Julius II. ausgemalte Decke der sixtinischen Kapelle im Vatikan. Sie wurde am 1. November 1512 enthüllt und zeigt Szenen aus der Genesis auf insgesamt 520 m² mit 115 überlebensgroßen Charakteren. Eindrucksvoll gelungen sind - nicht zuletzt aufgrund des bildhauerischen Schaffens Michelangelos - die Verzeichnungen (perspektivische Darstellung des Körpers) der Körper der dargestellten Personen. Besonders der Ausschnitt „Die Erschaffung Adams“ ist ein weltberühmtes und oft reproduziertes Werk. Es zeigt Gottvater, der mit ausgestrecktem Finger Adam zum Leben erweckt. Obwohl Michelangelo von seiner Ausbildung und Neigung eher Bildhauer war und das Deckengemälde nur unter größten Mühen und teilweise sogar unter Zwang durch Papst Julius II. zu Ende brachte, gilt das Gemälde bis heute als Synonym für Deckenmalerei überhaupt.

Weblinks

 Commons: Deckenmalerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Publikationen


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