Das gute Krokodil

Das gute Krokodil
Das Leistenkrokodil: Mythischer Ursprung Timors

Das gute Krokodil (Tetum: Lafaek Diak) ist der einheimische Schöpfungsmythos der Insel Timor. Die Insel wird daher auch das Land des schlafenden Krokodils genannt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Satellitenbild von Timor. Der Kopf des Krokodils liegt im Osten (links).[2]

Eines Tages fand ein Junge ein Krokodilbaby, das versuchte von der Lagune ins Meer zu kommen. Weil es sehr schwächlich war, nahm der Junge das kleine Krokodil und trug es zum Meer. Das Krokodil war sehr dankbar und versprach dem Jungen sich zu revanchieren. Es sagte dem Jungen, es wolle mit ihm auf Reisen gehen. Der Junge solle zum Meer kommen, es rufen und das Krokodil würde ihm helfen.

Nach einiger Zeit erinnerte sich der Junge an das Versprechen des Krokodils und ging zum Ufer der See. Er rief das Krokodil dreimal. Als das Krokodil erschien, waren beide sehr froh über das Wiedersehen. Das Krokodil sagte dem Jungen, er solle sich auf seinen Rücken setzen und das Krokodil trug den Jungen viele Jahre lang auf vielen, vielen Reisen.

Aber obwohl das Krokodil und der Junge Freunde waren, blieb das Krokodil immer noch ein Krokodil. Es fühlte den unwiderstehlichen Drang den Jungen zu fressen. Dies störte das Krokodil und so fragte es bei anderen Tieren um Rat. Es fragte den Wal, den Tiger, den Wasserbüffel und viele andere Tiere und alle sagten, „Der Junge war nett zu Dir, Du kannst ihn nicht fressen“. Schließlich fragte das Krokodil den weisen Affen. Nachdem der Affe sich die Geschichte angehört hatte, verfluchte er das Krokodil und verschwand.

Das Krokodil schämte sich und entschied, den Jungen nicht zu fressen. Stattdessen nahm es den Jungen wieder auf seinen Rücken und zusammen reisten sie, bis das Krokodil sehr alt wurde. Das Krokodil fühlte, es würde niemals die Güte des Jungen vergelten können und sagte deswegen zum Jungen: „Ich werde bald sterben. Aber mein Körper wird ein neues Land bilden, für Dich und Deine Nachkommen.“

Aus dem Krokodil wurde die Insel Timor, die auch heute noch die Form eines Krokodils hat. Der Junge hatte viele Nachkommen, die von ihm seine Güte, seine Freundlichkeit und seinen Sinn für Gerechtigkeit erbten.

Zoologischer Hintergrund

Das Leistenkrokodil ist das größte Raubtier, das auf Timor, beziehungsweise an dessen Küsten lebt. Es ist das einzige Krokodil, das auch im Meer lebt und ist zwischen der Ostküste Indiens und der Nordküste Australiens in der gesamten südostasiatischen Inselwelt heimisch.

Kulturelle Bedeutung

Die Bewohner Timors nennen das Krokodil Großvater und immer wenn sie einen Fluss überqueren, rufen sie: „Krokodil, ich bin Dein Enkel – friss mich nicht!“ Bei den Fataluku wird neben der Bezeichnung „Sonnenaufgang“ (vacu hia sukana) und „Sonnenuntergang“ (vacu isinu), der Osten „Kopf des Landes“ (mua cao) und der Westen „Schwanz des Landes“ (mua ulafuka) genannt.[2]

Das Krokodil ist auf Timor ein beliebtes Symbol. Es wird traditionell auf Handarbeiten, Kunstwerken und als Schnitzereien oder Zeichnungen in den heiligen Häusern (Tetum:Uma Lulik; Fataluku:lee teinu) ebenso verwendet, wie als nationales Symbol in Osttimor. Dabei hat es in traditioneller Darstellung aus europäischer Sicht oft eher Ähnlichkeit mit einer Eidechse. Der Premierminister Osttimors und Schriftsteller Xanana Gusmão schrieb ein Gedicht mit dem Titel „Großvater Krokodil“[3]

Auch in Metaphern hat das Krokodil Einzug gefunden. So wurde der Exodus timoresischer Flüchtlinge während der Besatzung durch Indonesien „Leaving the crocodile“ bezeichnet.[1]

Quellen und Weblinks

Verkehrsschild in Dili

Einzelnachweise

  1. a b Reconnecting family histories: striving to link communities with Timor Lorosa’e.
  2. a b Andrew McWilliam: Austronesians in linguistic disguise: Fataluku cultural fusion in East Timor
  3. UN Chronicle - Grandfather Crocodile'-Timor-Leste's Cultural Heritage

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