Das Buch Judith

Das Buch Judith
Judith und Dienerin mit dem Haupt des Holofernes – SixtinaMichelangelo

Das Buch Judit ist ein deuterokanonisches bzw. apokryphes Buch des Alten Testaments. Es wurde wahrscheinlich um 150 v. Chr. auf Hebräisch in Judäa (möglicherweise in Jerusalem) verfasst. Die schöne und gottesfürchtige Witwe Judith geht unbewaffnet in das Heerlager des nebukadnezaischen Generals Holofernes und enthauptet ihn mit seinem eigenen Schwert. Judith übernimmt indirekt die Rolle des Mose und rettet das Volk Israel. Judiths mutige Tat ist keine Glorifizierung des Mordes oder Krieges, sondern eine gerade den mörderischen Krieg aufs schärfste verurteilende Handlung.

Inhaltsverzeichnis

Judith

Von seiner Form her kann man es nicht als geschichtlichen Bericht, sondern als einen lehrhaften, weisheitlichen Roman verstehen, denn viele Angaben im Text sind offensichtlich unhistorisch und wären vermutlich auch zeitgenössischen Lesern sofort als solche aufgefallen; so war etwa Nebukadnezar in der Realität (und im Rest der Bibel) König von Babylonien, nicht wie im Buch geschildert von Assyrien. Außerdem gelang ihm die Eroberung Judäas, wie im 2. Buch der Könige geschildert, während diese im Buch Judit scheitert.

Das Buch wurde nicht in den jüdischen Kanon aufgenommen, ist aber Teil der Septuaginta und wird von Katholiken und orthodoxen Christen (nicht aber von Protestanten) als Teil der Bibel angesehen. Das Buch ist in mehreren griechischen Übersetzungen, der lateinischen Übersetzung, einer aramäischen Fassung und einer (sicher nicht originalen) hebräischen Fassung überliefert.

Die Geschichte

Die Belagerung

Verärgert wegen mangelnder Unterstützung in einem – siegreich beendeten – Krieg sendet der assyrische König Nebukadnezar seinen Oberbefehlshaber Holofernes mit einem gewaltigen Heer gegen alle Länder des Westens. Alle Länder sollten erobert und bestraft werden; alle, die Widerstand leisten, sollten schonungslos dem Tod und der Plünderung preisgegeben werden. Holofernes zog verheerend durch einen Teil von Kleinasien und Syrien und kam so auch an die Nordgrenze von Palästina (Kap. 1-3).

Die Israeliten trafen nach Anweisung ihres Hohenpriesters sogleich Verteidigungsmaßnahmen und sperrten die Bergpässe, wandten sich aber auch mit Buße und Gebet an Gott den Herrn, Kap. 4. Demgemäß sah sich Holofernes vor der kleinen Bergfestung Betulia, die den Schlüssel zum nördlichen Palästina bildete, aufgehalten. Voll Grimm darüber erkundigte er sich bei den moabitischen und amonitischen Fürsten in seinem Heer, welches Volk es sei, das ihm so zu widerstehen wage. Die Antwort gab ihm der Ammoniterfürst Achior in einem vollständigen Abriss der jüdischen Geschichte, als deren Resultat er hinstellte, dass die Israeliten unüberwindlich seien, solange sie ihren Gott den Einzigen nicht beleidigten, Kap. 5. Hiermit zog Achior sich den Unwillen aller assyrischen Großen zu, besonders auch deswegen, weil der assyrische König auf die höchste göttliche Verehrung Anspruch machte und jede fremde Religion vertilgen wollte. Demzufolge ließ Holofernes den Ammoniterfürsten gebunden nach Betulia führen, damit er sich bei der Einnahme der Feste von der Torheit seiner Behauptung und der Allgewalt der Assyrer überzeuge und dann elend mit den Juden zu Grunde gehe.

Von den Israeliten aufgenommen, erregte er durch seine Erzählung großen Schrecken; doch fassten die Israeliten sich wieder im Vertrauen auf den allmächtigen Gott, Kap. 6. Als aber Holofernes Betulia mit 180.000 Mann einschloss und die Wasserleitung abschnitt, sank den Belagerten der Mut. Als sich die Wasservorräte zu Ende neigten, forderten die Belagerten am 34. Tag der Belagerung den Stadtobersten Usija auf, die Festung zu übergeben. Usija versprach, ihnen nachzugeben, wenn in fünf Tagen keine Rettung komme, Kap. 7.

Judith rettet das Gottesvolk

Judith enthauptet Holofernes – Artemisia Gentileschi

Von diesem Abkommen hörte die fromme Witwe Judit, die Tochter Meraris von Betulia. Manasse, ihr Mann, starb schon Jahre vorher zur Zeit der Gerstenernte an einem Hitzschlag. Sie wird mit folgenden Worten in der Bibel beschrieben:

Sie hatte eine schöne Gestalt und ein blühendes Aussehen. Ihr Gatte Manasse hatte ihr Gold und Silber, Knechte und Mägde, Vieh und Felder hinterlassen, die sie in ihrem Besitz hielt. Niemand konnte ihr etwas Böses nachsagen, denn sie war sehr gottesfürchtig.(Jdt 8, 7-8)

Sie war ganz anderer Ansicht, machte den Ältesten der Stadt Vorhaltungen wegen ihres Mangels an Gottvertrauen und begehrte für sich und ihre Magd freie Passage durch das Stadttor, Kap. 8. Nachdem ihr diese zugesagt worden war, warf sie sich in inbrünstigem Gebet vor Gott nieder, um dessen Segen zu ihrem kühnen Plan zu erflehen, Kap. 9, schmückte sich dann aufs herrlichste und ging mit ihrer Magd ins assyrische Lager. Hier angekommen erregte sie durch ihre Schönheit großes Aufsehen und wurde sogleich zu Holofernes geführt, Kap. 10. Es gelang ihr, durch kluge Reden ihn zu berücken, Kap. 11, so dass sie Freiheit erhielt, im assyrischen Lager aus- und einzugehen. Bei einem Mahl dann am 40. Tag der Belagerung, welches ihr zu Ehren gegeben wurde, wurde Holofernes so sehr betrunken, Kap. 12, dass Judit, welche mit ihm allein gelassen worden war, ihm mit seinem eigenen Schwert das Haupt abschlagen konnte. Letzteres brachte sie mit sich zurück nach Betulia zum freudigen Erschrecken aller dort Befindlichen, Kap. 13.

Auf Achior machte dies solchen Eindruck, dass er sich zur jüdischen Religion bekannte. Nach Judits Rat aber machten nun die Belagerten einen Ausfall, und so wurde den Assyrern bekannt, was geschehen war, Kap. 14. Voll Schrecken darüber suchten sie in wilder Flucht ihr Heil, und das ganze Lager wurde eine Beute der Hebräer. Darüber hoch gefeiert, Kap. 15, gab Judit in herrlichem Loblied ihrer Dankbarkeit gegen Gott Ausdruck und zog sich dann wieder in die Stille des Witwenlebens zurück. Solange Judit lebte, und noch lange nach ihrem Tod, war niemand mehr, der Israel erschreckte, Kap. 16.

Zur Wirkungsgeschichte in Kunst, Musik und Literatur

Judith – August Riedel

Die Szene der Enthauptung des Holofernes war ein sehr beliebtes Thema in der abendländischen Kunst und wurde – um nur die bekanntesten Beispiele zu nennen – unter anderen von Donatello, Caravaggio, Botticelli, Lucas Cranach, Paolo Veronese, Bartolomeo Manfredi, Peter Paul Rubens und Gustav Klimt dargestellt. Eine ganz besonders wichtige Rolle spielt sie im Werk von Artemisia Gentileschi.

Die Gestalt der Judit erscheint auch in bildlichen Darstellungen der Neun Guten Heldinnen, sie ist in dieser ikonografischen Reihe eine Vertreterin des Judentums.

Dramatisch wurde das Thema unter anderen von Friedrich Hebbel verarbeitet, dessen Drama Judith wiederum von Johann Nestroy als Judith und Holofernes parodiert wurde.

Der Barockkomponist Alessandro Scarlatti gestaltete den durchaus operngerechten Stoff sogar zweimal als Oratorium ("La Giudita") in seiner römischen Zeit, als dort per päpstlichem Erlass Opern verboten waren. Eines dieser beiden sehr selten gespielten Werke brachte das Staatstheater Mainz in seiner Spielzeit 2007/08.

Literatur

  • Barbara Schmitz: Trickster, Schriftgelehrte oder femme fatale? Die Juditfigur zwischen biblischer Erzählung und kunstgeschichtlicher Rezeption, in: Biblisches Forum, Ausgabe 2004 (Auszug als PDF)
  • Uppenkamp, B. (2004) Judith und Holofernes in der italienischen Malerei des Barock.

Siehe auch

Weblinks


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