Dardani

Dardani
Dardanien

Die Dardaner waren in der Antike ein Volksstamm, der im Inneren der Balkanhalbinsel lebte. Das Gebiet der Dardaner, die von Wissenschaftlern teils zu den Illyrern, teils zu den Thrakern gerechnet werden, umfasste das heutige Kosovo, reichte westlich davon bis ins Tal des Drin und schloss die albanische Landschaft Dukagjin ein. Im Norden erstreckte es sich bis über Naissus hinaus und im Süden gehörte auch die Gegend um Scupi dazu. Dort grenzte das dardanische Land an Pelagonien und Päonien, Landschaften, die im 4. Jahrhundert Provinzen des makedonischen Königreichs geworden waren. Ganz im Süden grenzte das Land der Dardaner an das Gebiet Dassaratia mit der Hauptstadt Lychnidos.

Über die Herkunft und die Ethnogenese der Dardaner ist kaum etwas bekannt. Schon die antike Tradition ging von einem Zusammenhang mit dem mythischen Volk der Dardaner in Kleinasien aus, die nach Homer an der Seite der Trojaner gegen die Griechen kämpften. Dies würde für eine Zugehörigkeit der balkanischen Dardaner zu den Thrakern sprechen. Archäologische Nachweise dafür gibt es jedoch nicht. Die ausgegrabenen dardanischen Artefakte, insbesondere die Keramik und die Fibeln weisen illyrische Formen auf, wie sie auch von illyrischen Fundplätzen in Albanien und an der mittleren Adriaküste bekannt sind. Von der Sprache der Dardaner ist so gut wie nichts überliefert. Bis zur römischen Eroberung lebten sie in einer weitgehend schriftlosen Kultur. Unter der römischen Herrschaft bedienten sich die Einwohner Dardaniens der lateinischen und der griechischen Sprache, wie zahlreiche Inschriften belegen.

Vorgeschichte und hellenistische Zeit

An der Wende vom 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. legten die Dardaner die ersten befestigten Siedlungen an (z.B.: Vlashje bei Prizren). Eine größere Räume umfassende politische Organisation gab es zu jener Zeit nicht. Belegt ist aber, dass die Dardaner schon Handel mit den Nachbarregionen trieben. In den Gräbern findet sich Keramik aus Korinth, Athen und Epidamnos. Wichtigstes Exportgut der Dardaner war Silber. Chemische Analysen haben ergeben, dass die griechischen Kolonien Apollonia und Epidamnos den größten Teil des Silbers für ihre Münzprägungen aus den Bergwerken der Dardaner bezogen. Um 400 v. Chr. gab es zumindest ein städtisches Zentrum in Dardanien. Die Stadt Damastion ist aber nur durch ihre Münzprägungen bekannt und konnte bisher nicht lokalisiert werden.

Politisch traten die Dardaner erstmals im Zusammenhang mit dem Kelteneinfall auf dem Balkan um 280 v. Chr. in Erscheinung. Sie schlugen den Makedonen ein Bündnis gegen die Invasoren vor, das von diesen aber abgelehnt wurde. Die kaiserzeitlichen Historiker Diodor und Ptolemaeus wissen zu berichten, dass die Dardaner zu jener Zeit von Königen regiert wurden. Die Namen der Herrscher nennen sie nicht.

Der makedonische König Philipp V. (Makedonien) (220–179) führte 211 und 199 Krieg gegen die Dardaner. 175 wehrten die Dardaner unter ihrem König Monunios einen Einfall der Bastarner ab. Monunios verheiratete seine Tochter Etleva mit dem illyrischen König Genthios und beide traten um 170 in ein Bündnis mit den Makedoniern gegen die Römer ein. Nach dem Ende des 3. Makedonisch-Römischen Krieges (167) baten die Dardaner den römischen Konsul Lucius Aemilius Paullus um Frieden. Die südlich und westlich an Dardanien angrenzenden Länder waren nun zu römischen Provinzen geworden. Über 50 Jahre unternahmen die Römer aber keine weiteren Vorstöße auf dem Balkan.

Römische Zeit

86 v. Chr. ging Lucius Cornelius Sulla gegen die Dardaner vor, die sich mit Mithridates VI. und den aufständischen Griechen gegen Rom verbündet hatten. Ein Gegenangriff der Dardaner führte bis nach Delphi. Gaius Scribonius Curio (Konsul 76 v. Chr.), der Konsul des Jahres 76, konnte während seiner nachfolgenden Statthalterschaft in Makedonien die Thraker und Dardaner entscheidend schlagen. Als Gaius Iulius Caesar 59 v. Chr. Prokonsul von Gallien und Illyrien wurde, waren die Dardaner bereits in die römische Provinz Illyrien eingegliedert worden. Nach dem illyrischen Aufstand (6–9 n. Chr.) wurde Illyrien in mehrere Provinzen aufgeteilt. Dardanien wurde Teil der Provinz Mösien.

Das gebirgige Gebiet Dardaniens war für die Römer von geringer Bedeutung. Hier waren keine Legionen stationiert und es wurden lange Zeit auch keine lateinischen Kolonien gegründet. Neben Naissus und Scupi (nunmehr municipia) gab es im 1. Jahrhundert keine weiteren Städte von Bedeutung. Dem entsprechend gering war der Grad der Romanisierung bei den Dardanern. Nur der Bergbau des Landes war nach wie vor von überregionaler Bedeutung. In Scupi residierte der dafür verantwortliche römische Beamte mit dem Titel Procurator metallorum Augusti. Kaiser Hadrian (117–138) gründete die Kolonie Ulpiana (bei Lipjan im Kosovo) als drittes Muncipium in Dardania. In der Nähe war man auf bedeutende Bleivorkommen gestoßen; das Metall wurde vor allem für den Bau von Wasserleitungen in großer Menge benötigt.

Kaiser Diokletian (284–305) richtete bei seiner Reorganisation der Provinzialverwaltung eine eigene von Obermösien abgetrennte Provinz Dardania ein. Seit Ende des 3. Jahrhunderts war das Land immer wieder von Einfällen der Barbaren von nördlich der Donau betroffen gewesen. Deshalb wurden die Städte nun stärker befestigt und Truppen in der Provinz stationiert. Viele Dardaner verdingten sich als Soldaten im römischen Heer. Bei der Reichsteilung von 395 wurde Dardanien zum griechischen Osten geschlagen. 441 wurde Naissus vom Hunnenkönig Attila eingenommen und geplündert. Nachdem Kaiser Zenon die Goten nach Italien hatte ablenken können, herrschte in Dardanien Ende des 5. Jahrhunderts einige Jahrzehnte Frieden und die Wirtschaft prosperierte wieder.

Literatur

  • Fanula Papazoglu: The Central Balkan tribes in Pre-Roman times: Triballi, Autaritae, Dardanians, Scordisci and Moesians. Amsterdam 1978
  • Neritan Ceka: Iliret. Tirana 2001. S. 147-164.
  • Dragoslav Srejovic: Iliri i Tracani. O starobalkanskim plemenima. Beograd 2002.
  • Karl Kaser, Wolfgang Petritsch, Robert Pichler: Kosovo/Kosova. Mythen, Daten, Fakten. Wieser-Verlag, Klagenfurt/Celovec 1999, ISBN 3-8512-9304-5; erstes Kapitel

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