DDR-Recht

DDR-Recht

Die sozialistische Justiz der Deutschen Demokratischen Republik wurde von der Sozialistischen Einheitspartei (SED) stets wachsam und misstrauisch als eher lästiges bürgerliches Relikt betrachtet, das die uneingeschränkte Machtausübung der SED nur einschränkte. Bei besonders wichtigen Strafverfahren griff die SED auch insoweit in die Rechtsprechung ein, dass die Staatsanwaltschaft Urteilsanträge der Staats- und Parteiführung zur Genehmigung vorlegte.

Inhaltsverzeichnis

Auswahl von Richtern und Staatsanwälten

Besonderer Wert wurde auf die Auswahl „bewusster Genossen“ für die Justizlaufbahnen Richter und Staatsanwälte gelegt. Sie sollten zunächst in der Volkswirtschaft bei einer Berufsausbildung oder einem Vorpraktikum Lebenserfahrung sammeln und wurden dann an die wenigen Jurastudienplätze der Universitäten delegiert. Das Jurastudium gehörte zu den am stärksten reglementierten und politisch-ideologisch ausgerichteten Studiengängen in der DDR. In den Anfangsjahren der DDR wurden so genannte Volksrichter in Kursen ausgebildet, um die belasteten Juristen aus der Zeit des Nationalsozialismus schnell zu ersetzen. Dies schloss allerdings nicht eine DDR-Justizkarriere als schnell angepasster ehemaliger nationalsozialistischer Richter aus, blieb aber im Gegensatz zur Bundesrepublik die Ausnahme. So war der erste Präsident des Obersten Gerichts, Kurt Schumann, zuvor NS-Kriegsgerichtsrat. Die Richter „mit einer gefestigten sozialistischen Persönlichkeit und festem Klassenstandpunkt“ wurden jeweils für vier, später für fünf Jahre auf Vorschlag des Justizministers von der örtlichen Volksvertretung (Rat des Kreises beziehungsweise Bezirkes), Richter am Obersten Gericht von der Volkskammer gewählt, was in der Praxis auf eine Ernennung hinauslief, da kaum jemand abgelehnt wurde. Aufgrund dieser Praxis waren die Richterstellen nicht übermäßig begehrt. Wer als Richter mit seiner Rechtsprechung unangenehm auffiel, schied zum nächsten Wahltermin aus dem Richteramt aus oder wurde (sehr selten) abberufen und durfte beispielsweise als einer der zahlreichen Justiziare in einem Betrieb oder einer Behörde arbeiten. Ebenso wurden Schöffen und Mitglieder der Konflikt- und Schiedskommissionen gewählt.

Rechtsanwälte

Zum Ende der DDR gab es zuletzt etwa 530 Rechtsanwälte, die seit 1953 meist in Kollegien auf Bezirksebene zusammengefasst waren. Die Zulassung zum Anwaltsberuf erfolgte durch den Aufnahmebeschluss durch das Kollegium. Einzelzulassungen waren sehr selten (etwa 20 republikweit!) und wurden meist für Rechtsanwälte auf Spezialgebieten wie insbesondere Staatsdelikten (Republikflucht, Ausreisen etc.) vergeben. Rechtsanwalt war auch in der DDR ein privilegierter Beruf mit recht hohem Einkommen bei relativer Selbständigkeit. Von den Einnahmen mussten 40 % als Kostenpauschale an das Rechtsanwaltskollegium abgeführt werden (Haftpflichtfonds inklusive). Bis in die 1950/60er Jahre herrschte in der Justiz eine große Anwaltsfeindlichkeit, die Pflichtverteidiger hatten zumindest in politischen Strafverfahren keine echte Einwirkungsmöglichkeit. Der Rechtsanwalt blieb grundsätzlich ein Fremdkörper im sozialistischen Rechtssystem der DDR. 1980 wurde das Kollegiengesetz eingeführt, das die seit 1953 bestehende Verordnung ersetzte.

Eine Sonderstellung hatte der DDR-Bevollmächtigte für humanitäre Fragen, Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Vogel mit Anwaltszulassung in Ost- und Westberlin, der seine Honorare nur von der Bundesrepublik (in DM) bekam. Eine Sonderrolle spielte auch der Strafverteidiger und Publizist Prof. Friedrich Karl Kaul, der als Rechtsanwalt zur Verteidigung von Linken scharfzüngig vor bundesdeutschen Strafgerichten auftrat. Er war zudem Leiter der Rechtsratgebersendung "Fragen Sie Professor Kaul" beim Fernsehen der DDR.

Ein zu DDR-Zeiten bekannter Rechtsanwalt in Berlin war Dr. Friedrich Wolff. Er war Pflichtverteidiger in vielen politischen Prozessen in der DDR, so bei den Schauprozessen in Abwesenheit gegen Politiker der Bundesrepublik mit NS-Vergangenheit vor dem Obersten Gericht der DDR: gegen Theodor Oberländer (1960) und Hans Globke (1963). Er verteidigte nach 1990 u. a. Erich Honecker (Staats- und Parteichef der DDR), Hans Modrow (letzter SED-Ministerpräsident der DDR) und Werner Großmann (Letzter Chef der DDR-Auslandsaufklärung). Friedrich Wolff war auch Nachfolger Kauls mit der Fernsehsendung „Alles was Recht ist“.

Während der Wende 1989/1990 engagierten sich einige Rechtsanwälte in den politischen Parteien und Organisationen: Gregor Gysi, Lothar de Maizière, Wolfgang Schnur, Rolf Henrich und Peter-Michael Diestel (damals Betriebsjustiziar bei Leipzig).

MfS als Strafverfolgungsbehörde

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS, „Stasi“) war in der DDR, neben Polizei und Zoll, laut Strafprozessordnung von 1968 ein eigenes Untersuchungsorgan, also eine Strafverfolgungsbehörde. Die Hauptabteilung (HA) IX in der Berliner Zentrale des Ministeriums und die fachlich nachgeordneten Abteilungen IX in den MfS-Bezirksverwaltungen besaßen die entsprechenden polizeilichen Befugnisse. Außerdem unterhielt das MfS in Berlin sowie bei jeder Bezirksverwaltung in Gestalt seiner Abteilungen XIV eigene U-Haftanstalten. In der Strafvollzugseinrichtung (StVE) Bautzen II verfügte das MfS über Offiziere im besonderen Einsatz in Schlüsselstellungen und damit über besondere Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten gegenüber den politischen Gefangenen. Die Besondere Stellung des MfS in Bautzen II brachte diesem Gefängnis die Bezeichnung "Stasi-Knast" ein. Bautzen II unterstand aber administrativ – wie alle Strafvollzugsanstalten der DDR – dem Ministerium des Innern. Das Personal bestand überwiegend aus Angehörigen der Deutschen Volkspolizei. Anlässlich von Republikjahrestagen wurden wiederholt Amnestien für geringfügige Straftäter gewährt, dies geschah 1972, 1979 und 1987.

Konflikt- und Schiedskommissionen/Eingabenwesen

Besonderheiten des DDR-Rechtswesens waren die ab 1961 gebildeten Konfliktkommissionen für einfache betriebliche Streitigkeiten und geringfügige Straftaten. Ab 1964 kamen die Schiedskommissionen für einfache außerbetriebliche Streitigkeiten insbesondere im Nachbarrecht hinzu. Diese gesellschaftlichen Gerichte entstanden nach dem sowjetischen Vorbild der Kameradschaftsgerichte, die eine einvernehmliche außergerichtliche Regelung zur Beilegung einfacher Streitigkeiten anordnen konnten.

Außerdem war für Anliegen der Bürger das Eingabewesen mit der Einzelentscheidung auf Grundlage des Eingabengesetzes stark ausgebaut, nachdem 1952 mit der Auflösung der Länder die als „bürgerlich“ geltende Verwaltungsgerichtsbarkeit abgeschafft wurde.

Verwaltungsgerichtsbarkeit

Nachdem zunächst durch Befehl der Sowjetischen Militäradministration 1947 die Verwaltungsgerichtsbarkeit wieder errichtet wurde, fiel diese zunächst der Verwaltungsreform von 1952 wieder zum Opfer. In der Folge der Babelsberger Konferenz wurde schließlich auf eine gerichtliche Kontrolle des Verwaltungshandelns vollständig verzichtet. Den Bürgern wurde lediglich die Möglichkeit eingeräumt Eingaben einzureichen. Neue Ansätze einer sozialistischen Verwaltungsgerichtsbarkeit beim Obersten Gericht traten erst im Juli 1989 in Kraft, wurden aber nicht mehr praxiswirksam.[1]

Zivilrecht

Im Sachenrecht der DDR nach dem Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) war die Trennung zwischen dem privat errichteten Gebäude und dem Grundstück (Volkseigentum) möglich, was nach der Wende 1989 bzw. der Wiedervereinigung zu rechtlichen Problemen mit den Alteigentümern führte. Meist konnten aber die Gebäudebesitzer das Grundstück preiswert dazu kaufen (so genanntes Modrow-Gesetz vom 7. März 1990). Da es keinen nennenswerten Grundstücks- oder Wohnungsmarkt gab (nur Zuweisung oder Tausch), spielten Grundbuch- und Immobilienrecht kaum eine Rolle. Generell waren die Vermögensstreitigkeiten nicht so bedeutend wie heute, da die materiellen Unterschiede zwischen den Menschen nicht so groß waren. Ehescheidungen waren einfach (ohne lange Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Ex-Ehepartner) und billig möglich, daher hatte die DDR auch eine der höchsten Scheidungsraten weltweit, aber auch eine der höchsten Heirats- und Wiederheiratsraten.

Rechtsstaatlichkeit

Inwieweit das Pauschalurteil Unrechtsstaat DDR gerechtfertigt ist, ist strittig.

Im Bereich des politisch motivierten Strafrechts herrschte Willkür, insbesondere in den Jahren des Kalten Krieges. Typische Staatsdelikte mit großen Interpretationsspielräumen (umgangssprachlich „Gummiparagraph“) durch Richter und Staatsanwälte waren z. B. „Sabotage“, „staatsfeindlicher Menschenhandel“ bzw. „staatsfeindliche Hetze“ (§§ 104, 105, 106 DDR-StGB), „Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten“ (§ 249 DDR-StGB)[2], „Rowdytum“ oder „ungesetzliche Verbindungsaufnahme“ (§§ 215, 219 DDR-StGB).

Das Recht auf den gesetzlichen Richter war durch Polizei und Stasi manipulierbar durch den besonderen Gerichtsstand des Ortes der Untersuchungshaft. Höhere Gerichte hatten das Recht, jede Strafsache an sich zu ziehen, und öffentliche Geschäftsverteilungspläne waren an den Gerichten unbekannt.

Im Bereich des Zivilrechts, beispielsweise im Familien- und Scheidungsrecht, herrschte hingegen eine weitgehend vorhersehbare Justiz. Die außergerichtlichen betrieblichen Konflikt- und gesellschaftlichen Schiedskommissionen zur Regelung einfacher Rechtsstreitigkeiten hatten durchaus wegweisenden Charakter. Die Schöffen hatten eine gleichberechtigte Stellung zu den Berufsrichtern.

Hinsichtlich der Aufhebung der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen (§ 218 StGB der Bundesrepublik Deutschland) oder der Strafbarkeit der Homosexualität (§ 175 StGB) war die DDR-Gesetzgebung im Vergleich eher liberal. Erst 1987 wurde die Todesstrafe in der DDR abgeschafft, war allerdings seit 1981 (Werner Teske) nicht mehr vollstreckt worden. Hingegen hatte das formalisierte Eingabenwesen mit seinen nicht öffentlich nachprüfbaren Einzelentscheidungen eher Willkürcharakter. In der Rechtswissenschaft war ein Meinungsstreit mit einer Vielfalt von Kommentarliteratur weitgehend unbekannt, die Gesetzestexte waren kurz und auch für Laien gut verständlich. Es gab jeweils ein Lehrbuch und einen Kommentar zum Gesetzestext, herausgegeben vom Justizministerium, und dies musste zur Ausbildung reichen. Aktuelle Debatten wurden ansatzweise in der offiziösen Monatsschrift „Neue Justiz“ (einzige juristische Fachzeitschrift in der DDR) geführt.

Eine unabhängige Justiz mit neutralen Richtern als Teil eines bürgerlich-demokratischen Systems der Gewaltenteilung hat es in der DDR nie gegeben. Viele Richter waren zugleich Abgeordnete in der Legislative. Das Oberste Gericht galt als Parlamentsorgan der Volkskammer. Andererseits bestand gegenüber Gesetzen der Volkskammer kein richterliches Prüfungsrecht. Die Gewaltenteilung war auch nicht beabsichtigt, da es dem sozialistischen Staatsverständnis vom „demokratischen Zentralismus“ völlig widersprach. Vielmehr war die Justiz nur eines der Machtmittel der SED zum Aufbau des Sozialismus in der DDR.

Organisation und führende Juristen

Justizminister: Vorläufer Deutsche Zentralverwaltung für Justiz 1946-49) Max Fechner (1949-1953), Hilde Benjamin (1953-67, SED), Kurt Wünsche (1967-1972 und 1990, LDPD), Hans-Joachim Heusinger (1972-1990, LDPD),

  • Staatssekretär: Herbert Kern (ab 1973, SED), zuständig für Kaderfragen und Gerichte
  • Stellv. Minister: Stephan Supranowitz (1972-82, SED), zuständig für Gesetzgebung und Wirtschaftsrat
  • Stellv. Minister: Hans Breitbarth (NDPD), zuständig für Organisation und Verwaltung
  • Hauptabteilung Militärgerichte, Generalmajor Günter Kalwert (ab 1962)

Gerichtsstruktur:

Gebäude des Obersten Gerichts der DDR, Berlin-Mitte
  • Oberstes Gericht der DDR in Berlin , Anleitung der unteren Gerichtsinstanzen mit Richtlinien (mit Gesetzeskraft), internen Berichten, Thesen, Orientierungen und Standpunkten zur einheitlichen Rechtsanwendung in der Justiz, dies wurde den Richtern durch die Direktoren der Kreis- bzw. Bezirksgerichte in wöchentlichen Sitzungen vermittelt; jeder Senat wurden jeweils von einem Oberrichter geleitet

Präsidenten: Kurt Schumann (1949-60, NDPD), Heinrich Toeplitz (1960-86, CDU), Günter Sarge (1986-1989, SED) Vizepräsidenten: Hilde Benjamin (1949-1953); Vizepräsident und Vorsitzender des Kollegiums für Strafrecht: Walter Ziegler, (neu 1. Vizepräsident) Günter Sarge (1977-1986) Vorsitzender des Kollegiums für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht: Werner Strasberg

  • Bezirksgerichte in allen 16 Bezirksstädten inklusive Berlin
  • Kreisgerichte bzw. Stadtbezirksgerichte (hier waren auch die wenigen Gerichtsvollzieher angesiedelt)
  • Gesellschaftliche Gerichte: Konflikt- und Schiedskommissionen mit ehrenamtlichen Schiedsleuten

Generalstaatsanwaltschaft beim Obersten Gericht der DDR, Berlin

  • Generalstaatsanwälte: Ernst Mehlsheimer (1949-1960, SED), Josef Streit (1962-1986), Günter Wendland (1986-1989), Harri Harland (1989/1990), Hans-Jürgen Joseph (1-6/1990);

Stellvertretende Generalstaatsanwälte: Günter Wendland (bis 1986), Karl-Heinz Borchert, ab 1990 u. a. Peter Przybylski (langjähriger Pressesprecher/ Staatsanwalt für Öffentlichkeitsarbeit, u. a. in DFF-Fernsehsendung "Der Staatsanwalt hat das Wort"); Prof. Lothar Reuter

  • Bezirksstaatsanwaltschaften
  • Kreisstaatsanwaltschaften

Militärkollegium beim Obersten Gericht der DDR: Vorsitzender des Kollegiums: Günter Sarge (1963-1977), zuständig für MdI, MfNV und MfS

  • Militärobergerichte in den NVA-Militärbezirken Berlin/ Leipzig/ Neubrandenburg
  • Militärgerichte
  • Militärstaatsanwaltschaften seit 1956

Staatliches Vertragsgericht beim Ministerrat der DDR (nur für Streitigkeiten zwischen Betrieben, kein Rechtsprechungsorgan der Justiz, weisungsgebunden, konnte Sanktionen bis 500.000 Mark der DDR verhängen; führte auch das "Register der volkseigenen Wirtschaft"): Vorsitzender: Max Herrman Masius (1951–1957, Flucht in die Bundesrepublik), Manfred Flegel

  • Zentrales Vertragsgericht Berlin
  • Bezirksvertragsgerichte

Staatliches Notariat seit 1952 jeweils an den Bezirksgerichten und wenige Einzelnotare

Berüchtigte Strafanstalten (unter Verwaltung des MdI):

Strafvollzugsanstalt "Roter Ochse" Halle (Saale)

Amt für Rechtsschutz des Vermögens der DDR (AfR), beim Ministerrat

Bedeutende Gesetzgebung

  • Verfassungen der DDR, 1949, 1968 (mit Volksaussprache und Volksentscheid), 1972
  • Arbeitsgesetzbuch 1950
  • Gerichtsverfassungsgesetz 1952, Einführung der dreistufigen Gerichtsorganisation
  • Eingabenverordnung 1953
  • LPG-Gesetz 1959
  • Familiengesetzbuch (FGB) 1966 (ersetzte den Familienrechtsteil im BGB)
  • DDR-Staatsbürgerschaftsgesetz 1967
  • Strafgesetzbuch und Strafprozeßordnung 1968
  • Strafrechtsänderungsgesetze 1974, 1977, 1979, 1987 und 1988
  • Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB), 1976, das das sozialistisch interpretierte BGB endgültig ablöste
  • Vertragsgesetz, zuletzt geändert 1982
  • sogenanntes Modrow-Gesetz vom 7. März 1990, ermöglichte Hauseigentümern den Grundstückskauf zu günstigen Preisen

Maßgebliche Personen

Vorsitzende der Gesetzgebungskommission beim Staatsrat der DDR: Dr. Hilde Benjamin (1963-1989)

Arbeitsgruppe Staats- und Wirtschaftsrecht beim Ministerrat der DDR: Staatssekretär Dr. Stephan Supranowitz (1970-72)

Vorsitzender des Verfassungs- und Rechtsausschusses der Volkskammer: Prof. Wolfgang Weichelt (1967-1990)

Abteilungsleiter Staats- und Rechtsfragen im ZK der SED: Dr. Klaus Sorgenicht (1954-1989) (auch Mitglied des Staatsrates)

Vorsitzender des Rates der Vorsitzenden der Kollegien der Rechtsanwälte: Dr. Friedrich Wolff (zugleich Vorsitzender des Berliner Kollegiums 1954-1970, 1984-1988, 1990); Dr. Gregor Gysi (1988-1989)

Vereinigungen

Vereinigung der Juristen der DDR (VdJ), gegründet 16. Juli 1949 in Berlin: Präsident: meist der jeweilige Präsident des Obersten Gerichts; Vizepräsidenten: Friedrich Wolff (1985-1990); Generalsekretär: Ulrich Roehl (1976-1990), Zentralvorstand und Sekretariat; Teil der Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen (IVDJ) in Brüssel

Gesellschaft für Völkerrecht in der DDR, Präsident Harry Wünsche (ab 1965 Generalsekretär, 1973-1990 Präsident); Vizepräsidenten: Prof. Herbert Kröger (1965-89)

Staatliche Auszeichnung: Medaille "Verdienter Jurist der DDR", 1979 eingeführt mit 5.000 Mark Prämie "für hervorragende Verdienste bei der Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit und langjährige Arbeit in den Organen der Rechtspflege." ausgezeichnet wurden u. a. Hilde Benjamin und Erich Mielke

Juristenausbildung und Forschung

Bis in die 1950er Jahre gab es die althergebrachte zweistufige Ausbildung als Student und Referendar zum Volljuristen mit zwei Staatsexamen, danach folgte die Umstellung zum Diplomjuristen. Es erfolgten über die Jahrzehnte viele verschiedene Versuche die juristische Theorie und Praxis zu vereinen, so dass die Studienordnung häufig geändert wurde. Hochschulausbildung zum Diplom-Juristen in vier Jahren (zzgl. ein Praxisjahr für künftige Richter/Staatsanwälte): Universitäten mit Juristischer Fakultät beziehungsweise Sektion: Berlin, Jena (Richter und Staatsanwälte), Halle und Leipzig (Wirtschaftsjuristen)

Justizsekretäre (heute Rechtspfleger) wurden an der Juristischen Fachschule in Weimar ausgebildet.

Die sogenannte Juristische Hochschule (JHS) oder Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit in Potsdam-Eiche, war die höchste Ausbildungsstätte zur Ausbildung von Stasi-Offizieren, Abschluss Diplom-Jurist. Der juristische Lehrinhalt war dabei eher unbedeutend.

Forschung (Deutsche) Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften "Walter Ulbricht" (ASR) in Potsdam-Babelsberg: Rektoren: Herbert Kröger (1955-64), Gerhard Schüßler (1972-1984), Horst Steeger (1984-1990) Ausbildung von Diplom-Staatswissenschaftlern (Mitarbeitern im Staats- und Parteiapparat), Institut für rechtswissenschaftliche Forschung, bis ca. 1960 Ausbildung von sogenannten Volksrichtern, Weiterbildung von Justizmitarbeitern. Bedeutenden Einfluss auf die sozialistische Staatsrechtslehre und den Staatsaufbau unter Walter Ulbricht hatte Prof. Karl Polak (1905-1963), zuletzt Mitarbeiter im ZK der SED und Mitglied des Staatsrates, 1959 erschien sein Standardwerk "Zur Dialektik in der Staatslehre".

Zeitschrift Neue Justiz. Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft. Herausgegeben vom Ministerium der Justiz der DDR ab 1949

Zitate

„Unsere Juristen müssen begreifen, dass der Staat und das von ihm geschaffene Recht dazu dienen, die Politik von Partei und Regierung durchzusetzen.“

SED-Vorsitzender Walter Ulbricht auf der sog. Babelsberger Konferenz im April 1958

Quellen

  1. Rainer Schröder: Geschichte des DDR-Rechts: Straf- und Verwaltungsrecht, forum historiae iuris
  2. § 249 StGB der DDR vom 12. Januar 1968, auch in der Neufassung vom 4. Dezember 1988 (GBl. 1989 Nr. 3 S. 33) lautete:
    Abs. I: Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.
    Abs. II: Ebenso wird bestraft, wer der Prostitution nachgeht oder in sonstiger Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch asoziale Lebensweise beeinträchtigt.

Literatur

  • Karl Wilhelm Fricke: Politik und Justiz in der DDR, Wissenschaft und Politik, Köln 1990, ISBN 3-8046-8568-4.
  • Uwe-Jens Heuer (Hrsg.): Die Rechtsordnung der DDR – Anspruch und Wirklichkeit, Baden-Baden 1995, ISBN 3789036315.
  • Johannes Raschka: Justizpolitik im SED-Staat, Köln 2000, ISBN
  • Dieter Gräf: Im Namen der Republik – Rechtsalltag in der DDR, München 1988, ISBN 3-77661491-9.
  • Erich Buchholz: Unrechtsstaat DDR? - Rechtsstaat BRD? Berlin: Edition Ost, 2006, ISBN 978-3-360-01077-3
  • Erich Buchholz: Strafrecht im Osten. Ein Abriss über die Geschichte des Strafrechts in der DDR, Kai-Homilius-Verlag, Werder, 2008, ISBN 3897068575.
  • Falco Werkentin: Politische Strafjustiz in der Ära Ulbricht, Berlin 1995, ISBN 3-86153-069-4.
  • Inga Markovits: Gerechtigkeit in Lüritz. Eine ostdeutsche Rechtsgeschichte, Verlag C.H.Beck, München 2006, ISBN 3406550541.
  • Hermann Wentker: Justiz in der SBZ/DDR 1945-1953. 2001, ISBN 3486565443, Online
  • Jens Wuttke: Konfliktvermeidung und Streitbeilegung in Familienrechtssachen in der DDR, Tectum-Verlag, Marburg 2008, ISBN 978-3828895362.

Weblinks

DDR-Gesetze

Siehe: Waldheimer Prozesse, Arbeitsgesetzbuch


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